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Das erste Rätsel, vor dem ich stand, war: Wie konnte es sein, dass ich immer noch depressiv war, obwohl ich Antidepressiva nahm? Ich machte alles richtig - und doch lief etwas falsch. Warum?
Das zweite Rätsel: Warum gibt es heute so viel mehr Menschen, die unter Depressionen und schweren Ängsten leiden? Was hat sich verändert?
Da ging mir auf, dass noch ein drittes Rätsel über allem schwebte. Konnte es sein, dass etwas anderes, und nicht die Chemie in meinem Hirn, Depressionen und Ängste bei mir und so vielen anderen Menschen auslöste? Und wenn ja: Was konnte es sein?
»Wenn Sie sich
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Produktbeschreibung
Das erste Rätsel, vor dem ich stand, war: Wie konnte es sein, dass ich immer noch depressiv war, obwohl ich Antidepressiva nahm? Ich machte alles richtig - und doch lief etwas falsch. Warum?

Das zweite Rätsel: Warum gibt es heute so viel mehr Menschen, die unter Depressionen und schweren Ängsten leiden? Was hat sich verändert?

Da ging mir auf, dass noch ein drittes Rätsel über allem schwebte. Konnte es sein, dass etwas anderes, und nicht die Chemie in meinem Hirn, Depressionen und Ängste bei mir und so vielen anderen Menschen auslöste? Und wenn ja: Was konnte es sein?

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»Mit seinem persönlichen Erfahrungsbericht und der gleichzeitigen Gesellschaftsanalyse trifft Johann Hari den Nerv unserer Zeit.« psychologie.neuropraxis
Autorenporträt
Hari, JohannJohann Hari hat u.a. für die New York Times, Guardian und Le Monde geschrieben. Für seine journalistische Arbeit wurde er mit dem Martha Gellhorn Prize for Journalism ausgezeichnet und zweifach zum Journalisten des Jahres ernannt. Sein Enthüllungsbuch "Drogen. Die Geschichte eines langen Krieges" wurde in elf Sprachen übersetzt und wird derzeit verfilmt. Sein vielbeachteter TED-Talk über die Funktionsweise und Lösung von Süchten hat bereits 20 Millionen Zuschauer erreicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2019

Widerlegte Ansichten
Abenteuerlich: Johann Hari findet Antidepressiva unnötig

Im vorliegenden Buch erzählt der englische Publizist und Sozialwissenschaftler Johann Hari den Verlauf seiner depressiven Erkrankung (unipolare Depression). In dieser Hinsicht handelt es sich um ein autobiographisches Buch zu einem Thema, über das bereits oft autobiographisch geschrieben wurde. Alle diese Bücher haben das Problem, dass wegen der extremen Heterogenität der Depression eine individuellen Krankengeschichte zwar für den Leser interessant und gegebenenfalls auch hilfreich sein mag, aber aus solchen individuellen Verläufen nur sehr vorsichtig verallgemeinernde Folgerungen abzuleiten sind.

Einen solchen vorsichtigen Umgang mit seinen persönlichen Erfahrungen demonstriert der Autor leider ganz und gar nicht. Er äußert sich auf der Basis seiner eigenen Krankheitsgeschichte sehr pointiert zu Ursachen von depressiven Erkrankungen und ihrer Behandlung mit Antidepressiva. Wobei selektive Hinweise auf Fachliteratur den Eindruck erwecken sollen, seine Ansichten wären der aktuelle Stand der Wissenschaft.

Doch seine Ausführungen zu primär sozialpsychiatrischen Ursachen der unipolaren Depression sind schon seit vielen Jahren widerlegt. Die Ansicht, dass die Ursachen der depressiven Erkrankung primär im soziokulturellen und sozialen Umfeld des Patienten liegen, sind auch nicht etwa neu, wie im Buch behauptet, sondern wurden schon vor Jahrzehnten formuliert und seitdem intensiv beforscht. Faktoren wie Vereinsamung, negative Lebensereignisse und ungünstige soziale Faktoren können Auslöser der depressiven Episode sein und auch den Verlauf der Erkrankung beeinflussen, sind aber nicht die Ursache.

Bei einer Zahl von vier bis fünf Millionen Menschen in Deutschland, die an unipolarer Depression leiden, kann jeder betroffen sein, ob alt oder jung, glücklich oder unglücklich, reich oder arm. Die Meinung des Autors, dass ein auskömmliches Einkommen für alle Depression verhindern könnte, ist abenteuerlich.

Nicht weniger ist es die Schlussfolgerung, die er aus der Behandlung seiner unipolaren Depression mit Medikamenten ableitet, nämlich die Unwirksamkeit der Antidepressiva. Er beschreibt eine über zehn Jahre gehende und letztlich unwirksame Behandlung mit Paroxetin, einer Substanz aus einer Klasse von Antidepressiva, die in den Stoffwechsel des Botenstoffs Serotonin im Gehirn eingreifen (SSRI: selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer). Er erwähnt keinen Wechsel zu einer anderen Substanz, auch keine Behandlung mit Psychotherapie, nur die beständige Versicherung seines Arztes, die verordnete Substanz müsse eigentlich wirken. Das klingt nicht glaubhaft.

In England wie in Deutschland gibt es seit vielen Jahren einen strukturierten Zugang zur Depressionsbehandlung. Nach einem initialen Behandlungsversuch mit einem der vielen relativ gut verträglichen SSRI wechselt man in der Regel bei nicht ausreichender Wirkung - das betrifft ungefähr ein Drittel der Patienten - auf ein Antidepressivum, das eher Noradrenalin oder auch beide Neurotransmitter beeinflusst. Dass Ärzte, von der Pharmaindustrie getrieben, geradezu krampfhaft an der Ansicht festhalten, ein gestörter Serotoninhaushalt sei Ursache von Depression, ist Unfug. Auch nach Präparatwechsel gibt es immer noch einige Patienten, die nicht oder nur ungenügend ansprechen. Hier gibt es verschiedene Strategien, die Wirksamkeit des Antidepressivums mit anderen Substanzen zu verstärken, so dass im Rahmen dieses Behandlungskonzeptes den meisten Patienten geholfen werden kann.

Daneben gibt es als zweite Säule die Psychotherapie, wo gerade einige verhaltenstherapeutische Verfahren gut wirksam sein können, aber auch nicht jedem Patienten helfen. All das kam, glaubt man dem Autor, bei ihm nicht zur Anwendung, nicht einmal die Reduktion der bei ihm aufgetretenen sexuellen Nebenwirkungen, die leicht durch den Wechsel auf einen anderen SSRI hätten vermieden werden können. Demnach ist er einfach schlecht behandelt worden. Was sich der Autor auch einfach hätte klarmachen können, denn die Therapiestandards sind leicht zugänglich. Statt die Möglichkeit einer ungenügenden oder falschen Therapie auch nur zu erwähnen, zieht er unter Zuhilfenahme einseitig gewählter Literatur vielmehr den Schluss, dass Antidepressiva so gut wie unwirksam seien.

Auf diese Weise verstärkt der Autor mit seinem Buch immer noch anzutreffende Vorurteile gegen Antidepressiva und die Angst vor Effekten, die mit ihnen verknüpft werden: Gewöhnung, Suchtgefahr, Persönlichkeitsveränderung, Toxizität. Auf diesem Terrain mit pseudowissenschaftlichen Fehlinformationen zu operieren ist nicht nur abenteuerlich, sondern auch unverantwortlich, weil es zur Verunsicherung depressiver Patienten beiträgt.

WALTER E. MÜLLER.

Johann Hari: "Der Welt nicht mehr verbunden". Die wahren Ursachen von Depressionen - und unerwartete Lösungen.

Aus dem Englischen von S. Schumacher, B. Steckhan, G. Gockel. Harper Collins, Hamburg 2019. 400 S., geb., 20,- [Euro].

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