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Das öffentliche Interesse an der Debatte über die Rekonstruktion von Baudenkmalen könnte erlahmen, nachdem es konservativen Politikern, Sprechern von konservativen pressure groups, Tourismusmanagern und insbesondere den Machern der Ausstellung "Geschichte der Rekonstruktion - Konstruktion der Geschichte", Pinakothek der Moderne (München, 22. Juli - 31.Oktober 2010) gelungen zu sein scheint, sie als müßigen Prinzipienstreit unter Denkmalpflegern zu marginalisieren. Wozu, könnte die Rekonstruktionslobby fragen, eine Debatte fortsetzen, nachdem doch weithin Einverständnis darüber zu…mehr

Produktbeschreibung


Das öffentliche Interesse an der Debatte über die Rekonstruktion von Baudenkmalen könnte erlahmen, nachdem es konservativen Politikern, Sprechern von konservativen pressure groups, Tourismusmanagern und insbesondere den Machern der Ausstellung "Geschichte der Rekonstruktion - Konstruktion der Geschichte", Pinakothek der Moderne (München, 22. Juli - 31.Oktober 2010) gelungen zu sein scheint, sie als müßigen Prinzipienstreit unter Denkmalpflegern zu marginalisieren. Wozu, könnte die Rekonstruktionslobby fragen, eine Debatte fortsetzen, nachdem doch weithin Einverständnis darüber zu herrschen scheint, daß die Rekonstruktion untergegangener Bausubstanz einfach eine Selbstverständlichkeit ist?
Die in der Reihe Bauwelt Fundamente erscheinende Publikation gegen das Rekonstruieren von Baudenkmalen tritt dem Mainstream in streitbarer Absicht entgegen. Als Plädoyer gegen die Simulation historischer Bausubstanz will sie die Rekonstruktionsdebatte in der Bundesrepublik inhaltlich beleben.


Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Prof. Dr. Adrian von Buttlar, Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik, Technische Universität Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.04.2011

Eine Kopie ist nur die halbe Wahrheit
Kampf dem Attrappenkult: Die Debatte über die Rekonstruktion verlorener Bauwerke bleibt heftig
Nun gibt es, endlich, doch wieder einmal so etwas wie eine öffentliche Debatte über Architektur. Das Gelände, auf dem sie ausgetragen wird, war schon einmal ein Schlachtfeld, um und nach 1900. Damals stellte der Dresdner Kunsthistoriker Cornelius Gurlitt die Praxis in Frage, verlorene Denkmäler in fiktiven Idealzuständen wiederherzustellen. Kurz darauf löste die beabsichtigte Rekonstruktion des Heidelberger Ottheinrich-Schlossflügels heftige Auseinandersetzungen über den Umgang mit dem Bauerbe aus. Die Denkmalpflege begann ihrem Begriff gerecht zu werden, nämlich Denkmäler zu pflegen, statt historisch versierte Architekten die überlieferten Bauten vervollständigen zu lassen. In den letzten hundert Jahren hat sich das Begriffs- und Wertesystem der Fachleute in zahllosen Diskussionen, Tagungen, Charten ausdifferenziert. Man sollte meinen, die Branche und ihr Publikum wüssten, was sie wollen.
Gilt das noch? Seit einigen Jahren scheint sich das Blatt abermals zu wenden. Rekonstruktion ist kein Gegenstand, der nur vorsichtig mit der Pinzette aufgegriffen würde, sondern eine Forderung des Tages. Sie wird von weiten Teilen des bürgerlichen Publikums erhoben, unterstützt von einer größer werdenden Zahl von Kunsthistorikern, Journalisten und konvertierten Denkmalschützern. Der Umfang der zuletzt erschienenen Publikationen macht das geradezu symbolisch deutlich. Zwei schwergewichtige Bände, von Uta Hassler, Professorin am Zürcher Institut für Denkmalpflege, und dem Direktor des Münchner Architekturmuseums Winfried Nerdinger im vergangenen Jahr herausgegeben, stellen die bisher geübte Reserve gegenüber architektonischen Nachbildungen in Frage. Der eine erschien nach einem Zürcher Colloquium, der andere zur Münchner Ausstellung „Rekonstruktion der Geschichte – Geschichte der Rekonstruktion“ (SZ vom 22. Juli 2010). Die Verteidiger bisheriger Prinzipien denkmalgerechten Verhaltens müssen sich dagegen jetzt mit einem – freilich inhaltsreichen – Bändchen aus der Reihe der Bauwelt-Fundamente begnügen.
„Gegen die Rekonstruktion von Baudenkmälern“ lautet der Untertitel der Aufsätze von sechs Fachkollegen, die längere Zitate aus der einschlägigen Literatur beibringen. Erklärtermaßen entstand diese Sammlung auch als Reaktion auf Nerdingers Ausstellung, die in einer beigefügten Rezension von Michael S. Falser einer scharfen, detaillierten Kritik unterzogen wird. Die Münchner Schau hatte zweifellos das Verdienst, mit einem untrüglichen Gefühl für die Aktualität des Themas breites Material zur Praxis der Jahrtausende verfügbar zu machen, von den Ise-Schreinen bis zur Leipziger Paulinerkirche. Was als klärende Übersicht über eine Vielfalt von Rückholtechniken und entsprechenden Tatmotiven angekündigt war, religiösen, patriotischen, lokalen, ästhetischen, archäologisch-experimentellen Motiven, bewerten die meisten Autoren des neuen Bandes aber als Anstiftung, den Sehnsuchtsbildern des Vergangenen nachzugehen. Wo die Jahrtausende hindurch so viel rekonstruiert worden sei, komme es auf ein paar weitere Wiederholungen nicht an, ist ihre Lesart der Münchner Botschaft.
Daran ist Nerdingers Präsentation in Katalog und Eröffnungsrede nicht unschuldig. Die Parole, die er ausgegeben hat, klingt wie die Eröffnungstakte zu Beethovens Schicksalssymphonie. Drei Achtelnoten fortissimo auf g, eine halbe auf es: „Eine Kopie ist kein Betrug, ein Faksimile keine Fälschung, ein Abguss kein Verbrechen und eine Rekonstruktion keine Lüge.“ Wer sich von den Faksimiles über ihr Alter und ihre Authentizität hinwegtäuschen lasse, sei selber schuld; er habe sich nicht ausreichend informiert. Doch: Muss man Kunstgeschichte studiert haben, um in den Dialog mit einem Baudenkmal einzutreten? Da waren frühere Generationen weniger hochmütig. Alois Riegl, der 1903 den Begriff des „Alterswertes“ in die Diskussion einführte, fand es unerlässlich, dass sich das überkommene Kunstwerk an alle wende, ungeachtet des Unterschiedes „zwischen Gebildeten und Ungebildeten, Kunstverständigen und Nichtverständigen“.
Der neue Band der sechs Autoren, die ihrerseits Fachleute des vergangenen Jahrhunderts in längeren Auszügen zitieren, erinnert an Einsichten, die in den Köpfen ihrer Gegner verlorenzugehen drohen: Wenn alles wiederholbar wird, verliert das einzelne Baudenkmal seine Qualität als Zeugnis der Geschichte. Unser Begriff von Zeit, der historischen Zeit, verläuft nicht zyklisch wie mythische Zeit, sondern unumkehrbar. An sie ist das Bauwerk in seiner Materialität, in seinen Entstehungsbedingungen, in seinem Bedeutungszusammenhang gebunden. In ihr erfährt es seine Veränderungen, die seine Komplexität ausmachen, erhält es seine Lebens- und Leidensspuren, seine Autorität, seine Aura, wie es Walter Benjamin genannt hat. Dem in der Zeit gewordenen Denkmal verdanken wir die existentielle Erfahrung, von Zeugen begleitet zu sein, die älter sind als wir. Wir können die Hand auf den Stein legen und wissen: da ist etwas, das uns Vergangenheit voraushat, auch wenn es irgendwann seinem Ende entgegengeht, wie wir.
Georg Mörsch kam auf den nur scheinbar kuriosen Gedanken, in seine Textauswahl die „Lederhosen-Saga“ des Freiherrn von Münchhausen aufzunehmen. Die Ballade handelt von einem Familienstück, das der Großvater aus dem Leder eines stolzen Hirsches anfertigen ließ und den folgenden Generationen vermachte. Alternd verändert es sich, wechselt die Farbe, nimmt andere Form an; gelegentlich müssen die Hirschhornknöpfe ausgewechselt werden. Doch die emotionale Zuwendung der Träger bleibt dem Erbstück sicher. Keine Neuanfertigung könnte da mithalten. Komplett-Rekonstruktionen liefern allenfalls ein Abziehbild des Originals, erzählen nichts von seiner Geschichte, weil sie keine haben.
Wenn sie gut gemacht sind, also verwechselbar mit dem Alten, ziehen sie die tatsächlich erhaltenen Erbstücke in Frage, weil sich der Mehltau des Zweifels auf alles legt, was historisch aussieht. Die Warnung kann man schon bei den Patriarchen der Denkmaltheorie nachlesen.
Ist eine Vermittlung denkbar zwischen den Positionen, hier freie Bahn für den reproduzierenden Umgang mit der Überlieferung, dort eine auf Grundsätzen beruhende Handlungsmoral? Bei näherer Betrachtung verringert sich die Zahl der großen Streitfälle auf die sogenannten Totalsimulationen. Solche „Vollrekonstruktionen“ beschwören aus dem Nichts, was einst an Ort und Stelle stand (oder gar woanders). Repliken nach Jahren oder manchmal auch Jahrhunderten der Nichtexistenz sind es, die den Verfechtern denkmalpflegerischer Prinzipien vor allem Sorge machen. Dass ein beschädigtes, aber noch vorhandenes Denkmal ausgebessert, ergänzt, wieder aufgebaut, anderen Zwecken angeglichen, zeitgenössisch oder historisierend verändert wurde und weiterhin wird, taktvoll sich einfügend oder originell weiterführend, das war nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Es gilt auch für die weitaus größte Menge aller Beispiele, die bei Hassler und Nerdinger als Rekonstruktionen figurieren. Ohne die Wiederherstellung ruinierter Bestände wären unsere Städte nach dem Zweiten Weltkrieg erinnerungsfreies Neuland geworden. Wiederaufbau und Weiterbau boten Freiheitsmargen, die den Gang der Entwicklung auch bei erfüllter Verpflichtung gegenüber Tradition und Geschichte sicherten. Selbst den Parthenon in Athen veränderte und vergrößerte Architekt Iktinos gegenüber dessen nur wenig älterem, noch unfertigem, aber klassisch-perfekt gedachtem Vorgänger: um zwei zusätzliche Säulen an den Giebelfronten, um eine an den Längsseiten. Nach dem Sieg über die Perser gönnten die Athener sich einen längeren Säulenumgang und dahinter eine größere Cella, in der Phidias seine kolossale Athena-Statue aufstellen konnte. Wer wollte bestreiten, dass die Geschichte sich dank solcher produktiven Erneuerungen fortbewegt? Rückgriff war ebenso üblich wie Weiterführung, Korrektur und Innovation.
Es wäre an der Zeit, gemeinsam über Kriterien zu diskutieren, die bei Rekonstruktionen angelegt werden sollten, um ihnen ein Mindestmaß an historischer Glaubwürdigkeit zu sichern. Einige gehen aus dem neuen Band hervor, andere lassen sich hinzufügen: Die andauernde Gegenwärtigkeit des Verlorenen; die Zeitspanne, die seit dem Verlust vergangen ist; die Verlässlichkeit der Dokumentationslage; die Unberührtheit und Verfügbarkeit des ursprünglichen Standortes; das Vorhandensein materieller Relikte, als Beglaubigung des Neualtbaus. Und nicht zuletzt die Verträglichkeit der neuen Funktion mit der alten Form, damit nicht polynesische Männerhäuser hinter Schlüter’schen Barockfenstern aufragen.
Alternative wäre: sich widerspruchslos mit der gleitenden Skala der Repliken abzufinden, die von einer mehr oder weniger verantwortungsvollen Wiederholung bis zur beliebigen Erfüllung herbeiphantasierter Träume reicht. Das Barockschloss wieder herbeizuzaubern, das in der Französischen Revolution untergegangen ist. Die Entwurfsskizze aus dem Zeichenheft des prominenten Baukünstlers in die dreidimensionale Tat umzusetzen. Der Zitatlust die Zügel zu lassen: den venezianischen, seinerseits im Jahre 1902 zusammengebrochenen und sofort wieder errichteten Markusturm nicht nur schöpferisch zu variieren, wie in den Kolonien der Serenissima oder in Seestädten wie Kiel oder Stockholm geschehen, sondern auch 1:1 in den Vergnügungsparks der Touristenwelt zu imitieren, in Las Vegas oder Macao. Dort wirkt er eher als Las-Vegas- denn als Venedig-Zitat, als Zitat eines Zitates.
Was man sich unter keinen Umständen wünscht: dass die Diskussion sich weiterhin unter Verunglimpfung Andersmeinender vollzieht. Rekonstruktionsskeptiker werfen den Reproduktionsfreunden ideologischen, interessengesteuerten Missbrauch der Denkmäler vor. Sie selbst werden der Dogmatik, der Wichtigtuerei und des Substanzfetischismus bezichtigt. Wer je als Redner einer öffentlichen Veranstaltung über eine der aktuellen Architektursimulationen entkommen ist, wird dankbar der Abschaffung der Lynchjustiz gedenken. In den Fachdisziplinen reicht die Verleumdungspraxis von gelehrten Folterinstrumenten wie dem Ausschluss abweichend denkender Autoren aus den Literaturverzeichnissen bis zur karrieregefährdenden Exkommunikation des Gegners aus der Gemeinde satisfaktionsfähiger Gesprächspartner.
Übrigens, alles was recht ist: Eine Kopie ist weniger als ein Original, ein Faksimile nicht die Sache selbst und eine Rekonstruktion, wenn keine Lüge, so doch nur die halbe Wahrheit. WOLFGANG PEHNT
ADRIAN VIN BUTLAR, GABI DOLFF-BONEKÄMPER, MICHAEL S. FALSER, ACHIM HUBEL, GEORG MÖRSCH (Hrsg.): Denkmalpflege statt Attrappenkult. Gegen die Rekonstruktion von Baudenkmälern – eine Anthologie. Bauwelt Fundamente, Band 146. Birkhäuser Verlag, Basel, Berlin 2010. 218 S., 24,90 Euro.
Komplett-Rekonstruktionen
liefern allenfalls ein
Abziehbild des Originals
Die Diskussionen sollten künftig
ohne Diffamierung
Andersmeinender geführt werden
Mit verändertem Grundriss wieder errichtet: Das Palais Thurn und Taxis in Frankfurt am Main. Foto: Agentur Bilderberg, Rene Spalek
Seit Jahren das umstrittenste Rekonstruktionsvorhaben: das HumboldtForum im Berliner Schlosss. Der Kulturstaatsminister hat in diesen Tagen das Projekt noch einmal nachdrücklich verteidigt. Die Computergraphik zeigt den Neubau nach den Plänen Franco Stellas von der Nordostseite. Foto: BBR/Stella/ddp
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Soll man zerstörte Gebäude im alten Stil wieder aufbauen? Rekonstruktion ist derzeit mächtig in Mode (man denke nur an das Berliner Schloss). Die Texte in dem hier vorliegenden Sammelband stemmen sich dagegen, erklärt Rezensent Jürgen Tietz und fasst einige wesentliche Argumente zusammen: Der Zürcher Denkmalpfleger Georg Mörsch weist darauf hin, dass die Entstehung in der Vergangenheit für ein Denkmal unabdingbar ist. Das neue ist kein Denkmal. Andere sehen in der Rekonstruktion eine "Flucht aus der Verantwortung" und einen Trend zur Restauration. Der ehemalige schleswig-holsteinische Landeskonservator Johannes Habich formuliert es, von Tietz zitiert, am schärfsten: Es gehe bei vielen Rekonstruktionen in erster Linie "um die Herstellungen von Symbolen kultureller und nationalpolitischer Identität - und zwar (...) durch eine Rückbindung, die sich als Brückenschlag über die nationale Katastrophe der Nazizeit und deren Folgen (...) darstellt". Tietz findet das lesens- und bedenkenswert.

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