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Sozialdemokratische Parteien in der Regierungsverantwortung stehen seit Ende der 90er Jahre in fast allen europäischen Ländern vor der Frage, wie der Spagat zwischen Tradition und Moderne zu bewältigen ist. Welche Politik verfolgt die "neue Mitte" angesichts der alten Fragen wie Integration in den Arbeitsmarkt, Verhinderung von Armut, Zugang zu Bildung und Ausbildung, sozialstaatliche Sicherung und Verhinderung von Einkommens- und Vermögensdifferenzen? Die Beiträge dieses Bandes bieten Orientierungspunkte für die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Dritten Wegen in den einzelnen Ländern Europas.…mehr

Produktbeschreibung
Sozialdemokratische Parteien in der Regierungsverantwortung stehen seit Ende der 90er Jahre in fast allen europäischen Ländern vor der Frage, wie der Spagat zwischen Tradition und Moderne zu bewältigen ist. Welche Politik verfolgt die "neue Mitte" angesichts der alten Fragen wie Integration in den Arbeitsmarkt, Verhinderung von Armut, Zugang zu Bildung und Ausbildung, sozialstaatliche Sicherung und Verhinderung von Einkommens- und Vermögensdifferenzen?
Die Beiträge dieses Bandes bieten Orientierungspunkte für die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Dritten Wegen in den einzelnen Ländern Europas.
Autorenporträt
PD Dr. Wolfgang Schroeder, geboren 1960 in Mayen, Studium der Sozialwissenschaften in Marburg, Wien, Tübingen und Frankfurt. Seit 1991 Mitarbeit beim Vorstand der IG Metall, Vertretungsprofessur an der TU Darmstadt. Privatdozent an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frannkfurt. Veröffentlichungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.2002

Der dritte Holzweg
Sozialdemokraten aller Länder mit programmatischem Reinheitsgebot

Wolfgang Schröder (Herausgeber): Neue Balance zwischen Markt und Staat? Sozialdemokratische Reformstrategien in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Verlag Wochenschau, Schwalbach 2001, 288 Seiten, 14,30 Euro.

Diese Aufsatzsammlung ist zu einem Zeitpunkt konzipiert worden, zu dem sämtliche Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens sozialdemokratisch geführt waren. Um ein Haar wäre in den Vereinigten Staaten mit der Wahl Al Gores auch noch die amerikanische Variante einer rot-grünen Regierung ins Weiße Haus eingezogen. Doch das Umfeld hat sich mittlerweile grundlegend geändert. Die amerikanischen Democrats haben mittlerweile die Regierung abgegeben, Frankreichs Wähler gaben vor wenigen Wochen Lionel Jospin den Laufpaß. Auch für Tony Blair und Gerhard Schröder sind Meinungsumfragen derzeit eine zunehmend unerfreuliche Lektüre. Dennoch bleibt die Frage nach dem gemeinsamen Nenner sozialdemokratischer Reformprogramme gerade vor dem Hintergrund der heißen Wahlkampfphase aktuell.

Bill Clintons Berater boten 1992 eine einfache Erklärung seines Wahlerfolgs: "It's the economy, stupid." Europas Politiker haben es indes viel schwerer. Der Sockel der Arbeitslosigkeit hat in Deutschland steigende Tendenz. Auch die Steuerlast wächst, wobei zum Leidwesen der Sozialdemokraten ihre eigene Wahlklientel dazu einen wachsenden Anteil beiträgt. 1960 trugen Lohnsteuern erst 12 Prozent des gesamten Steueraufkommens, 1995 waren es schon 35 Prozent. Inzwischen reduzieren Privatisierungen und Maastricht-Kriterien den Spielraum für staatliche Wirtschaftsinterventionen. SPD und Gewerkschaften erleiden seit Jahren Mitgliederschwund.

Auf der Suche nach neuen Ansätzen schien Anthony Giddens' Begriff des "Dritten Weges" Clinton, Blair, Jospin und Schröder eine gemeinsame Reiseroute vorzugeben. Bernhard Wessels erinnert daran, daß es sich hierbei um eine Reaktivierung eines mindestens seit den fünfziger Jahren gebräuchlichen Begriffs handelt, mit dem sich Sozialdemokraten von Liberalismus und Kommunismus abgrenzen wollten. Nach dem Zusammenbruch der planwirtschaftlichen Systeme nahm die Sozialdemokratie keine Mittlerstellung mehr ein. In einem radikal veränderten Umfeld war eine neue Standortbestimmung angesagt. Und so ließen Blair und Schröder ihre Berater Peter Mandelson und Bodo Hombach ein Thesenpapier ausarbeiten, das der innerparteilichen Diskussion ebensolche Schubkraft geben sollte wie 1958 das Godesberger Programm. Damals hatte für die SPD die Abwendung von Marx und die Zuwendung zu Keynes begonnen. Der "Dritte Weg" sollte eine vorsichtige Öffnung zu den politischen Rezepten der "Chicago School" einleiten, unter Beibehaltung der Traditionswerte Solidarität und Gerechtigkeit.

Doch vielen Funktionären schien der "Dritte Weg" ein Holzweg. Die Diskussionen darüber sind inzwischen versandet, Mandelson und Hombach haben ihre Stühle geräumt. Doch das eifersüchtig gehegte programmatische Reinheitsgebot verengt das wirtschaftspolitische Instrumentarium der Sozialdemokraten, die ihren Erfolg am Pegel der Arbeitslosigkeit messen. Die heutige Erfolgsstrategie setzt zum Unbehagen des Parteiapparats mehr auf Präsenz in den Medien als auf Motivation der Basis. Für die Diskussionen über den "Dritten Weg" gibt es auf beiden Seiten des Kanals Parallelen - und diese erhellen das Spannungsfeld innerhalb der Partei zwischen Führung und Basis.

BENEDIKT KOEHLER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Detailliert referiert Benedikt Koehler über die sozialdemokratischen Reformen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Wie ihm die Darstellung der Zusammenhänge und der geschichtlichen Entwicklung durch den Autor gefallen haben, schreibt er mit keiner Silbe. Doch betont er, dass eine vergleichende Untersuchung des sogenannten "Dritten Wegs" wie sie in diesem Band unternommen worden ist, das "Spannungsfeld erhellt", und das kann man ja durchaus als Lob verstehen.

© Perlentaucher Medien GmbH