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Produktbeschreibung
Autorenporträt
Herman Bang (1857¿1912), als Pfarrerssohn in der dänischen Provinz aufgewachsen, versuchte sich als Schauspieler, Regisseur und Feuilletonist, ehe er sich ganz der Literatur zuwandte. Reisen führten ihn durch ganz Europa. Bang gilt als Vollender der impressionistischen Erzählkunst, stilistisch wie thematisch gehört er zur künstlerischen Avantgarde seiner Zeit.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2014

Undramatisches
Melodram
In frischem Glanz: Herman Bangs
Roman „Ludvigshöhe“
Ganz selten geschieht es, dass Herman Bang, der Autor, ein Urteil fällt über eine seiner Figuren. Einmal widerfährt ein solches der männlichen Hauptfigur in „Ludvigshöhe“, dem Roman aus dem Jahr 1896, mit dem der dänische Schriftsteller zum ersten Mal beim großen Publikum ankam. Das Urteil lautet so: „Karl rümpfte die Nase wie immer, wenn er sich unbehaglich fühlte oder erstaunt war. ,Unglaublich‘, sagte er. Das war sein Lieblingswort. Dass Menschen überhaupt etwas unternahmen, erschien Karl von Eichbaum derart seltsam, dass ihm ein Großteil der Phänomene und Resultate des Lebens natürlich ,unglaublich‘ vorkommen musste.“ Und dann geht dieser nicht unsympathische, aber durch alle Examina des Lebens gefallene „Schlappschwanz“ seinen Weg, heiratet die Tochter eines Buttergroßhändlers und lässt Ida, die kluge, zarte Krankenschwester, die mit ihm eine Familie hatte gründen wollen und alles dafür getan hätte, in tiefstem Unglück zurück.
  „Ludvigshöhe“ ist ein kleiner Gesellschaftsroman, der in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts in Jütland und Kopenhagen spielt. Klein ist er nicht im Umfang, sondern weil die Gesellschaft, von der er handelt, zwar über Klassen und Schichten reicht, aber mit wenig Personal auskommt. Ein kleines Melodram ist er auch – klein nicht, weil die Schmerzen der Heldin, deren Grund und Entstehung er beschreibt, gering wären. Sondern klein, weil keine der Figuren eines persönlichen Unglücks wegen aus dem Leben fällt. Und doch ist dieses Buch ein großer Roman: Weil der Autor seine Charaktere, das Milieu, in dem sie agieren, und die traurige Liebesgeschichte, die beides zusammenhält, mit großer Diskretion erzählt: Nicht er, sondern seine Gestalten sind es, die das Tableau aufspannen, Ida ein Leben versprechen, wie sie es sich vorgestellt hatte, um schließlich alle Hoffnungen scheitern zu lassen, an Feigheit, Dünkel und Bequemlichkeit. Und die Gestalten sind es, die miteinander eine Form des Redens und des Geredes entwickeln, deren exakte Beschreibung, scheinbar harmlos und doch unheimlich, dieser Schriftsteller auf die einsame Höhe der Kunst getrieben hat. Und es ist das Verdienst des Manesse Verlags, Bangs Romane in einer Übersetzung vorzulegen, die der Abgründigkeit dieses Geplauders gerecht wird.
  Herman Bang, 1857 in der dänischen Provinz geboren, ist 1912 auf einer Vortragsreise durch die USA gestorben, auf der Höhe eines Weltruhms. Bang war ein Schriftsteller, in dem Thomas Mann aus gutem Grund einen „Verwandten“ erkannt hatte: der metonymischen Anlage der Romane wegen, mit ihren Figuren, die eine jede für eine gesellschaftliche Funktion stehen, der Nähe zum Journalismus wegen, die Herman Bang allerdings viel weiter ins Feuilleton trieb, als Thomas Mann das je getan hätte, möglicherweise auch der Homosexualität wegen, aus der bei beiden, aus welchen Gründen auch immer, eine besondere Neigung für die Schilderung existentiellen Unglücks in undramatischer Form hervorzugehen scheint. Aus dieser vermeintlichen Gewöhnlichkeit gehen dann bei Herman Bang lakonische Formulierungen wie diese hervor: „,Gott, du, eine prächtige Person‘, sagte Frau von Eichenbaum, ,sie gehört zu jenen seltenen Menschen, die wissen, wo ihr Platz ist.‘“ Sie meint selbstverständlich Ida, die Krankenschwester. Und der Leser weiß: Dieser dumme, banale Satz ist schlimmer als der Tod.
THOMAS STEINFELD
Herman Bang: Ludvigshöhe. Roman. Aus dem Dänischen von Ingeborg und Aldo Keel. Manesse Verlag, Zürich 2014. 448 Seiten, 22,95 Euro.
Ein banaler Satz
kann schlimmer sein
als der Tod
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Einen kritischen Gesellschaftsroman, der sich als solcher dem oberflächlichen Leser entzieht, einen undramatischen "Anti-Roman", der sich schon zum Zeitpunkt seines Entstehens 1908 gegen die Sinnenfreudigkeit des zeitgenössischen Gesellschaftsromans positioniert hat, sieht Hannelore Schlaffer hier vorliegen. Doch dem neugierigen Lesepublikum von heute rät sie zu Geduld und aufmerksamer Lektüre: Die dramatischen Abgründe dieser Geschichte um eine junge Frau, die sich opferwillig in Hierarchien und Abhängigkeitsverhältnisse fügt, muss man erst hinter dem Versteck der "abgenutzten Umgangssprache" und zahlreichen, zwar inhaltsleeren, aber bewusst so eingesetzten Wiederholungen bergen - instantaner literarischer Genuss, ästhetischer Liebreiz und melodramatischer Effekt sind also seine Sache nicht, bescheinigt die Kritikerin dem Autor. Stattdessen übt sich dieser in der "Minimal Art von Sprache und Geschehen", was seinerzeit schon eine Herausforderung darstellte und wohl fürs heutige Publikum erst recht, wie die Rezensentin abschließend ihr eigenes, trotz vorsichtiger Empfehlung, warnt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Bang zeigt die Verlogenheit der Verhältnisse bei aller Traurigkeit mit einer abgründigen Komik, lässt seine Frauenfiguren aber auch stark und oft quer zu den Rollenerwartungen der Zeit erscheinen.« Deutschlandfunk