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Pflaumenregen entfaltet ein historisches Panorama, in dessen Zentrum eine familiäre Tragödie steht. Stephan Thomes berührender Roman ist eine Liebeserklärung an seine Wahlheimat Taiwan und den zähen Überlebenswillen ihrer Bewohner.
Taiwan in den 1940er Jahren, am Ende der japanischen Kolonialzeit. Während der Pazifische Krieg unaufhaltsam näher rückt, wächst die achtjährige Umeko behütet in einer Kleinstadt im Norden der Insel auf. Sie ist stolz auf ihr gutes Japanisch und himmelt ihren älteren Bruder an, den Star des örtlichen Baseballteams. Als die Armee jedoch am Ortsrand ein Lager für…mehr

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Produktbeschreibung
Pflaumenregen entfaltet ein historisches Panorama, in dessen Zentrum eine familiäre Tragödie steht. Stephan Thomes berührender Roman ist eine Liebeserklärung an seine Wahlheimat Taiwan und den zähen Überlebenswillen ihrer Bewohner.

Taiwan in den 1940er Jahren, am Ende der japanischen Kolonialzeit. Während der Pazifische Krieg unaufhaltsam näher rückt, wächst die achtjährige Umeko behütet in einer Kleinstadt im Norden der Insel auf. Sie ist stolz auf ihr gutes Japanisch und himmelt ihren älteren Bruder an, den Star des örtlichen Baseballteams. Als die Armee jedoch am Ortsrand ein Lager für ausländische Kriegsgefangene einrichtet, gerät ihr Leben in einen Strudel aus Schuld und Verbrechen, der die Familie siebzig Jahre später immer noch gefangen hält.


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Autorenporträt
Stephan Thome wurde am 23. Juli 1972 in Biedenkopf, Hessen geboren. Nach dem Zivildienst in einer sozialpsychiatrischen Einrichtung in Marburg studierte er Philosophie, Religionswissenschaft und Sinologie in Berlin, Nanking, Taipeh und Tokio. 2005 erschien unter dem Titel Die Herausforderung des Fremden: Interkulturelle Hermeneutik und konfuzianisches Denken seine Dissertationsschrift. Zur selben Zeit begann er als DFG-Stipendiat am Institut für Chinesische Literatur und Philosophie der Academia Sinica zu arbeiten, wo er über konfuzianische Philosophie des 20. Jahrhunderts forschte. Bis 2011 betätigte er sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an verschiedenen Forschungseinrichtungen in Taipeh und übersetzte unter anderem Chun-chieh Huangs Werk Konfuzianismus: Kontinuität und Entwicklung ins Deutsche. Sein Roman Grenzgang gewann 2009 den aspekte-Literaturpreis für das beste Debüt des Jahres und stand - wie auch sein zweiter Roman Fliehkräfte - auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis. 2014 wurde Thome von der Akademie der Künste Berlin mit dem Kunstpreis Literatur ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erhielt die Verfilmung des Romans Grenzgang den Grimme-Preis. Seit 2011 lebt und arbeitet Stephan Thome als freier Schriftsteller; derzeit lebt er in Taipeh.

Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Paul Jandl hält Stephan Thomes neuen Roman für ein Meisterwerk. Und ein aktuelles dazu. Denn Thome erzählt ihm hier nicht weniger als die Vorgeschichte zu den gegenwärtigen Provokationen Chinas gegenüber Taiwan. Der Kritiker liest hier die Geschichte Taiwans seit Ende des Zweiten Weltkrieges, erzählt von Umeko, die ihm zunächst als junges Mädchen, später als alte Frau begegnet. Anhand ihrer Familiengeschichte erlebt Jandl Japonisierung und Sinisierung, Konflikte innerhalb der Familie oder Chinas Sorge davor, dass Taiwan seine Unabhängigkeit erklären könnte. Nicht zuletzt bewundert der Kritiker die "psychologische Tonspur" des Romans: Deutlich vernimmt er etwa den "Sound der Scham", der das Leben der fremdbestimmten Taiwaner begleitet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2021

So aktuell kann ein historischer Roman sein

Stephan Thome lebt als deutscher Schriftsteller in Taiwan. Mit dem Roman "Pflaumenregen" und einer "Gebrauchsanweisung für Taiwan" hat er diese zweite Heimat nun zum Gegenstand seiner Literatur gemacht. Und die hilft sogar beim "Bestiarium" der amerikanisch-taiwanischen Autorin K-Ming Chang.

Es hatte gedauert, bis der Krieg die Insel erreichte. Dabei stand sie schon lange im Krieg: mit hineingezogen durch das "Mutterland" Japan, aber dessen Siegeszug im Pazifikkrieg hatte 1942 noch gar keinen Gedanken daran aufkommen lassen, dass jemals der Angriff eines feindlichen Flugzeugs zu befürchten wäre. "Ein Jahr später schwelten Feuer auf den Hügeln, Soldaten hatten sie gelegt, um feindliche Bomber irrezuführen und die Eingänge der Schächte zu tarnen. Letzten Sommer waren in der Zeitung die Bewohner einer Insel namens Saipan dafür gefeiert worden, dass sie sich von den Klippen stürzten oder mit Granaten in die Luft sprengten. Anfangs hatte sich Umeko den Krieg wie einen Drachen vorgestellt, der mit seinen gewaltigen Füßen und dem wild herumpeitschenden Schwanz alles zerstörte, inzwischen besuchte sie die sechste Klasse der Grundschule und wusste, warum man dem Feind nicht lebend in die Hände fallen durfte: Alle Männer wurden kastriert und die Frauen vergewaltigt."

Wir sind in Taiwan, 1943 und am Beginn des zweiten Viertels von Stephan Thomes Roman "Pflaumenregen". Umeko ist dessen wichtigste Figur, ein Schulmädchen von der Nordküste der seit 1895 durch Japan kolonisierten Insel. Wir werden im Wechsel zwischen Kinder- und Jugendzeit sowie der jüngeren Gegenwart ihr langes Leben erzählt bekommen: bis zum Sommer 2016, als sie 82 Jahre alt und längst wieder Hsiao Mei gerufen wird, weil ihr japanischer Vorname nach der Niederlage und dem Abzug der früheren Kolonialherren in Taiwan nicht mehr opportun war. Die Insel war 1945 wieder China zugeschlagen worden, das sie fünfzig Jahre früher an Japan hatte abtreten müssen, und prompt wurde die bisherige Japonisierung Taiwans durch eine ebenso radikale Sinisierung ersetzt, die ähnlich wenig Rücksicht auf die Bewohner nahm. Dazu setzte noch eine Massenimmigration ein, als die Niederlage der Republik China gegen Maos kommunistische Rebellen absehbar wurde: Nicht nur der chinesische Präsident Chiang Kai-shek setzte sich nach Taiwan ab, sondern mit und nach ihm Millionen seiner Anhänger. Taiwan wurde so zum Residuum der alten Republik, für dessen Eroberung die Kräfte der jungen kommunistischen Volksrepublik nicht ausreichten, weil die Vereinigten Staaten den Bestand von Chiangs Inselregime garantierten. Das ist der Ursprung eines der heikelsten Konflikte unserer Zeit: Heute, ein Dreivierteljahrhundert danach, testen chinesische Flugzeuge vom Festland durch bewusste Verletzung des taiwanischen Luftraums die Verteidigungsbereitschaft der von Peking als abtrünnig betrachteten Insel. Dabei hat sie nie zur Volksrepublik gehört. Aber überleben ohne Schutz der Amerikaner könnte Taiwan nicht.

Man kann sich keinen politisch aktuelleren Roman vorstellen als "Pflaumenregen", obwohl Stephan Thome beim Schreiben nichts davon wissen konnte, dass just zum Erscheinen seines Buchs die chinesischen Provokationen noch einmal eskalieren würden. Aber Thome kannte die bisherigen; er lebt seit Jahren in Taiwan, spricht fließend Chinesisch, ist mit einer Taiwanerin verheiratet und betrachtet das Land als seine zweite Heimat. Was für ein Heimatkundler dieser Autor ist, wissen wir seit seinem Debütroman "Grenzgang" von 2009, den er bereits in Taiwan schrieb, der aber in Thomes mittelhessischer Geburtsstadt Biedenkopf angesiedelt ist. In seine neue Lebenswelt begab er sich dann 2018 mit dem im kaiserlichen China des neunzehnten Jahrhunderts spielenden historischen Roman "Gott der Barbaren". Da zeigte er, wie subtil er fernöstliches Denken literarisieren kann. Aber noch gab es dabei einen deutschen Protagonisten. In "Pflaumenregen" sind nun alle wichtigen Figuren Taiwaner.

Bis auf Dave, den britischen Geliebten von Julie, der 1988 geborenen Enkelin von Umeko, die hin- und hergerissen ist zwischen dem Bleiben in ihrer bedrohten Heimat Taiwan und einem Leben anderswo. Ihr Onkel Chen Hao ist bereits in die Vereinigten Staaten ausgewandert und hat dort eine Familie gegründet, deren Kinder kaum mehr Chinesisch sprechen. Zum Geburtstag der Großmutter kommt die Familie in Taipeh zusammen, und die Ansichten über ihre individuellen Zukünfte werden ausgetauscht. Dabei schwingt stets aber auch die Zukunft der erst seit den späten Achtzigerjahren demokratisierten taiwanischen Gesellschaft mit. "Pflaumenregen" ist jedoch kein Thesenroman. Wie Thome durch den Rekurs auf die Gründungsgeschichte des heutigen Taiwan im Spiegel einer einzelnen Familie Zeitgeschichte zu erzählen weiß, das hat nicht viele Parallelen in der deutschen Gegenwartsliteratur.

Für Taiwan ist bereits eine Übersetzung seines Romans verabredet; ansonsten aber schrecken fremdsprachige Lizenznehmer zurück, weil sie beim Buch eines Deutschen über Taiwan den Vorwurf kultureller Appropriation fürchten. So weit sind wir gekommen; Qualität spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie Anerkennung des Autors in der beschriebenen Gesellschaft selbst. Was für ein Glück, dass Thome hierzulande renommiert ist; man möchte sich kaum vorstellen, was einem ähnlichen Manuskript eines deutschen Novizen widerfahren wäre. So aber adelt nun zusätzlich der Markenname Suhrkamp.

Und noch mehr Glück: Thome hat gleichzeitig im Rahmen einer erfolgreichen Buchreihe des Piper Verlags eine "Gebrauchsanweisung für Taiwan" herausgebracht, die sich stellenweise wie ein Making-of zu seinem Roman liest. Hier stellt der Autor ganz sachorientiert, aber dezidiert parteiisch (nämlich pro-taiwanisch) seine neue Heimat vor, gerade im Konflikt mit China, und so manche dabei kolportierte Anekdote eigener Begegnungen erweist sich als Keimzelle von Romanpassagen - bis hin zu Erlebnissen der Familie seiner Frau. Die "Gebrauchsanweisung" ist gewiss kein Reiseführer im klassischen Sinne, sondern ein Reiseverführer: Auch wenn das Gros des Inhalts der Geschichte der Insel und dem Leben in ihrer Hauptstadt Taipeh gilt, möchte man nach Lektüre sofort wieder dorthin. Oder überhaupt einmal, und dafür bietet Thome mit der Kombination aus Roman und Gebrauchsanweisung eine Grundlage, wie es in unserer Sprache bislang keine gab.

Und selbst für die Lektüre taiwanischer Literatur (leider ein Rarissimum in deutschen Verlagsprogrammen) liefert Thome hochwillkommene Handreichung - nicht explizit, aber durch das Geschick, mit der er in "Pflaumenregen" historische und auch mythische Stoffe mit seiner fiktionalen Handlung verwoben hat. Die Lektüre bietet dadurch subkutan einen Kulturkurs, der etwa fürs Verständnis von K-Ming Changs gerade auf Deutsch erschienenen Roman "Bestiarium" von großem Nutzen ist. Nicht nur, dass man den biographisch-kulturellen Hintergrund der 1998 geborenen amerikanischen Schriftstellerin mit taiwanischen Wurzeln nun dadurch gut einzuordnen weiß, dass Chen Haos Familie aus Thomes Roman einen ähnlichen Werdegang aufweist; vor allem aber werden ganze Motivketten etwa um Kopfjäger, Weißen Terror oder Kampferbäume, die bei Chang unerläutert auftauchen, durch das von Thomes Büchern vermittelte historische Wissen auch für solche Leser klar, die selbst keine Wurzeln in Taiwan oder Wissen über die Insel haben.

Wovon Chang in fantasiereicher, leider stark skatologisch geprägter Prosa erzählt, ist das Integrationsbemühen einer betreffs ihrer Herkunft als Alter Ego der Verfasserin angelegten jungen Frau sowohl im Blick aufs amerikanische Leben als auch auf bisweilen traumatische Familientraditionen. Mit der Metamorphose der jungen Frau zu einem Tigergeist wie auch ihrer sexuellen Orientierung ist Diversität das eigentliche Leitthema. So gesehen ist die Erzählweise von K-Ming Chang gegenüber der von Thome die ungleich modernere. Aber auch die ungleich modischere. Wenn es darum geht, was uns übers Fremde erzählt wird, bietet Thomes "Pflaumenregen" noch ungleich mehr als Changs "Bestiarium". ANDREAS PLATTHAUS

Stephan Thome: "Pflaumenregen". Roman.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2021. 526 S., geb., 25,- Euro.

Stephan Thome: "Gebrauchsanweisung für Taiwan".

Piper Verlag, München 2021. 223 S., br., 15,- Euro.

K-Ming Chang: "Bestiarium". Roman.

Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs. Hanser Berlin Verlag, Berlin 2021. 286 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.11.2021

Wieder keine Befreier
Stephan Thome erzählt aus der Geschichte Taiwans. Man könnte kaum leichter und klüger durch dieses Land geführt werden
Über Taiwan scheint im Moment alles gesagt zu sein: Nichts Neues im Osten? Den Eindruck hat man wirklich nicht, liest man Stephan Thomes Roman „Pflaumenregen“. Wie viele Menschen in Deutschland kennen Taiwans Geschichte im 20. Jahrhundert, von der Thome, der selbst seit zwölf Jahren in Taiwan lebt, in seinem Generationenroman erzählt?
Im Zentrum steht Umeko, die zur Zeit des Pazifischen Krieges aufwächst, der im Westen dem Zweiten Weltkrieg zugeschlagen wird. An ihrem Leben entlang erzählt Thome von der Kolonialisierung durch Japan, von der Befreiung durch die Festlandchinesen und vom Wandel zum autoritären Polizeistaat, der sich nach 1945 dann in Opposition zum kommunistischen China auf der Insel entwickelt. Er erzählt nicht chronologisch, sondern schneidet die Szenen aus Umekos Kindheit und ihrem Leben als junge Frau immer wieder gegen die heutige Zeit, in der Umekos Enkelin Julie sie als Zentralfigur ablöst.
Wobei Zentralfigur eigentlich die falsche Bezeichnung ist. Thome entfaltet sein Figurenensemble eher durch ein Kaleidoskop unterschiedlichster Liebeskonstellationen. Umekos Geschwisterliebe lenkt den Blick auf ihren großen Bruder Keiji, den Baseballstar des Ortes. Zart nur deutet Thome die emanzipierte Liebe von Umekos Vater für seine Tochter an und zeichnet diesen Vater auch durch seine Affäre mit Umekos japanischer Lehrerin als modernen, unabhängig denkenden Mann.
Für die Intelligenz von Autor und Roman spricht, dass Thome diese Sicht später bricht, wenn der Vater in anderen familiären und auch beruflichen Beziehungen eher unterwürfig, gebrochen, opportunistisch wirkt. Auch Keijis Beziehung zu einer Aktivistin, die einem der indigenen Völker Taiwans angehört, lässt Thome kurz aufleuchten, um dann am Ende Julie einen kurzen, erschütternden Einblick in die Beziehung ihrer Großeltern zu geben.
Man möchte fast an die taiwanischen Geister glauben, so leicht webt Stephan Thome diese Geschichten ineinander, ohne dass je der Eindruck entsteht: zu viel, zu gezwungen. Alle Bilder seines taiwanischen Kaleidoskops gehen für sich zu Herzen und fügen gleichzeitig wie in einem Bernstein eingeschlossen dem Mosaik des Romans ein Detail ostasiatischer Geschichte hinzu. In dieser Hinsicht öffnet einem besonders eine Szene am Hafen die Augen, in der Umeko und ihr Vater die Ankunft der Befreier von der Kolonialmacht erwarten: „Jahrelang hatten die Menschen vor nichts größere Angst gehabt als vor einer Invasion der Amerikaner und niemanden mehr verachtet als die rückständigen Chinesen – jetzt erwarteten sie ein amerikanisches Schiff mit chinesischen Truppen und brachen darüber in Jubel aus.“
Als Umekos strenger Großvater in zeremoniellen Ornat mit anderen Würdenträgern des Landes die Helden der 70. Armee formvollendet vor Publikum empfangen will und das amerikanische Schiff nur einen Haufen abgerissener, zerlumpter „Kulis“ ausspuckt, zeigt sich darin ein interkulturelles Drama, das noch in unserem Jahrhundert nachwirkt und die chinesischen Flugzeuge, die derzeit im Luftraum über Taipeh Grenzen austesten, in ein anderes Licht taucht.
Thomes Mittel bestechen durch ihre Einfachheit, wenn er beispielsweise politische Geschichte einfach durch die Namenswechsel seiner Figuren illustriert: Umeko muss sich nach der Befreiung von der japanischen Vorherrschaft plötzlich Hsiao Mei rufen lassen, und ihr Sohn wird sich später Harry nennen.
Subtiler noch wirkt, wie sich das Tempo verschiebt: Kontraintuitiv verlangsamt es sich nämlich im 21. Jahrhundert. Die Erklärung dafür ist plausibel: Umekos idyllische Kindheit ist unbelastet, weil die Welt hier im Gefühl eines sprühenden Kindes erzählt wird, das dem Vater vertraut, den Bruder bewundert und noch kein Bewusstsein hat für die Fragilität der Verhältnisse. Dann aber bricht mit britischen Kriegsgefangenen die Politik in Umekos Bewusstsein ein, und man könnte denken: Das ist die Zäsur.
Thome ist aber so klug und zieht eine zweite Ebene ein, eine ganz eigene Tragödie, die nur nebenbei erzählt wird: die eines Freundschaftsdiensts, einer Denunziation, mit der Umeko schuldlos schuldig wird. In diesem Detail verbirgt sich der Knacks, der das übersprudelnde Kind in eine schweigsame, bittere Frau verwandelt und das Tempo des Romans drosselt. Solche Mittel bewirken eine atmosphärische Dichte in diesem Buch, die weit mehr erzählt, als es der reine Ablauf der Ereignisse täte.
Weil Stephan Thomes Zuneigung zu Land und Leuten immer spürbar ist und er auf der Höhe des heutigen historischen Bewusstseins denkt, soziale Unterschiede in Dialoge und Charaktere übersetzen kann, gelingt es ihm so äußerst elegant, jeden didaktischen Zug zu vermeiden. Und das, obwohl man sagen muss: Sein Roman ist ein Crashkurs in ostasiatischen Beziehungen. Kulturell, politisch, emotional. Das „Neue“ ist dabei einmal mehr im Vergangenen zu finden, und man fragt sich, wieso im Westen so wenig Interesse da ist für historische Zusammenhänge anderswo, ohne die man gegenwärtige Konflikte schlicht nicht verstehen kann. Woher die Arroganz zu glauben, man verstünde aufgrund einiger Schlagzeilen komplexe soziale, kulturelle und politische Entwicklungen? Andersrum gesagt: Was für ein Glück, mit Stephan Thome dieses Land zu entdecken.
INSA WILKE
Ein Roman als Crashkurs in
ostasiatischen Beziehungen:
kulturell, politisch, emotional
Stephan Thome:
Pflaumenregen. Roman. Suhrkamp, Berlin 2021,
526 Seiten, 25 Euro.
Stephan Thome:
Gebrauchsanweisung für Taiwan. Piper, München 2021, 224 Seiten, 15 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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»Während jetzt das chinesische Militär immer wieder in den Luftraum Taiwans eindringt, um zu provozieren und den hegemonialen Anspruch auf die Insel zu bekräftigen, liest man in Pflaumenregen eine Art Vorgeschichte, die aktueller nicht sein könnte.« Paul Jandl Neue Zürcher Zeitung 20220104