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Wer China verstehen will, muss mehr kennen als die Ostküste und die großen Metropolen, muss vordringen in die Peripherie. Matthias Messmer, der als Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung 10 Jahre in China lebte, und seine Kollegin Hsin-Mei Chuang haben sich deshalb auf eine ungewöhnliche Reise an die Ränder dieses riesigen Landes begeben: an die Grenzen zu Nordkorea und Russland, zur Mongolei, zu Indien, Nepal und Bhutan, zu den zentralasiatischen Ländern an der Seidenstraße, zu Myanmar, Vietnam, Laos und zu Staaten im Südchinesischen Meer. Sie haben mit Menschen gesprochen, Erinnerungsorte…mehr

Produktbeschreibung
Wer China verstehen will, muss mehr kennen als die Ostküste und die großen Metropolen, muss vordringen in die Peripherie. Matthias Messmer, der als Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung 10 Jahre in China lebte, und seine Kollegin Hsin-Mei Chuang haben sich deshalb auf eine ungewöhnliche Reise an die Ränder dieses riesigen Landes begeben: an die Grenzen zu Nordkorea und Russland, zur Mongolei, zu Indien, Nepal und Bhutan, zu den zentralasiatischen Ländern an der Seidenstraße, zu Myanmar, Vietnam, Laos und zu Staaten im Südchinesischen Meer. Sie haben mit Menschen gesprochen, Erinnerungsorte besucht, geschichtliche Hintergründe aufgearbeitet und nicht zuletzt Stimmungen mit der Kamera eingefangen. Entstanden ist ein einzigartiges Bild Chinas abseits der großen Metropolen, das eine ganz neue Sicht auf dieses so vielseitige wie schwer fassbare Land ermöglicht. Ein ungewöhnliches, atmosphärisches Reisebuch und zugleich eine unbestechliche politisch-historische Analyse.
Autorenporträt
Matthias Messmer, geb. 1967, lebt in der Schweiz und schreibt u. a. für die Neue Zürcher Zeitung. Zuletzt erschien sein Buch »China: Schauplätze west-östlicher Begegnungen«. Hsin-Mei Chuang stammt aus Taiwan und ist Kulturwissenschaftlerin sowie Journalistin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.2019

Mehr als nur der große Gesang vom Aufstieg

An der längsten Landgrenze der Welt gedeihen Mythen und Gebräuche: Matthias Messmer und Hsin-Me Chuang legen ein Buch vor, das aus der üblichen China-Literatur hervorsticht.

Man ist dankbar für seriöse Bücher, die erklären, wie China es so weit gebracht hat, und die außerdem begründete Vermutungen darüber anstellen, was von ihm in Zukunft zu erwarten sein wird. Es fehlt nicht an solchen Büchern, aber die neu erscheinenden ähneln immer mehr denen, die es schon gibt. Die Autoren rühmen sich jahrzehntelanger Landeskenntnis; sie besitzen ausgezeichnete Kontakte und erfahren aus Hintergrundgesprächen mehr, als die Konkurrenz zu bieten hat; sie haben Geschichtsbücher gelesen und wissen deshalb, dass alles so kommen musste, wie es kam; und sie beschwören das große Monstrum des kraftstrotzenden Drachen - bewundernd, warnend oder beides. So das gängige Erfolgsrezept auf dem Buchmarkt.

"China an seinen Grenzen" ist auf erfrischende Weise anders und neuartig. Der Schweizer Matthias Messmer und die Taiwanerin Hsin-Mei Chuang haben 2013 bei der MIT Press in Cambridge (Massachusetts) einen eindrucksvollen Bildband über das verschwindende Landleben in China veröffentlicht. Wer dieses Buch schätzt, hoffte auf eine neue Arbeit des Autorenpaares. In der Zwischenzeit unternahmen die beiden von Schanghai aus fast zwei Dutzend Reisen an die Grenzen Chinas und legten dabei um die 50 000 Kilometer zurück. Sie führten Gespräche mit Grenzsoldaten, Lokalpolitikern, Händlern, Kellnern, Journalisten, Lehrern, Wissenschaftlern, Dolmetschern und Fahrern, die insgesamt die Grundlage für eine sehr lebendige Vergegenwärtigung des Alltagslebens der Grenzbewohner bilden.

Da die Kamera stets zur Hand war, entstand eine in jeder Beziehung anschauliche illustrierte Reportage. Dahinter entdeckt der zweite Blick eine wissenschaftlich tadellos abgesicherte historische Darstellung und Interpretation der Beziehungen Chinas zu seinen verschiedenen Nachbarn. Wo andere China-Bücher mit einem Minimum an Dokumentation und Untermauerung auskommen, überrascht hier bereits die Bibliographie. Sie enthält neben der besten und aktuellsten westlichen Literatur eine umfangreiche und vorzügliche Auswahl chinesischer Titel. Messmer und Chuang haben ihre Reisen gründlich vor- und nachbereitet.

Wenn man China nur auf strategischer Ebene als solitären Global Player im Duell der Weltmächte wahrnimmt, übersieht man, dass es von einer Landgrenze von 22 000 Kilometern umgeben ist, der längsten der Welt. Zu seinen vierzehn Nachbarstaaten gehören neben den beiden Großmachtrivalen Russland und Indien auch kleinere, aufstrebende Nationen wie Laos oder Burma (Myanmar).

Seit Jahrhunderten dringen über diese Grenzen die Kräfte von Handel, Religion und Ideologie nach China ein. Umgekehrt ist keiner der Nachbarn von Chinas Machtanspruch und seiner kulturellen Ausstrahlung unberührt geblieben. Auch ein schwaches China ist in früheren Epochen imperial aufgetreten. Heute befindet sich China erneut in einem Expansionszyklus, wie es ihn in der Geschichte mehrfach, zuletzt im achtzehnten Jahrhundert, gegeben hat.

Die lange und wechselhafte Geschichte der Interaktion Chinas mit seinen vielfältigen Nachbarn war von friedlichem kulturellem und kommerziellem Austausch, immer wieder aber auch gewaltsamen Konflikten und Grenzkriegen geprägt. Verlauf und Durchlässigkeit der verschiedenen Grenzen änderten sich über die Jahrhunderte hinweg. Der von China kontrollierte Herrschaftsraum variierte in Abhängigkeit von den wechselnden Machtverteilungen zwischen dem jeweiligen Kaiserhaus und seinen Nachbarvölkern. So waren die Mongolen noch im späten sechzehnten Jahrhundert eine gefürchtete Großmacht.

Im Zuge des Aufbaus einer imperialen Grenzverwaltung ab dem siebzehnten Jahrhundert trat eine Unterscheidung zwischen dem chinesischen Kernland und seinen Grenzräumen immer deutlicher hervor und wurde auch administrativ stabilisiert. Diese Unterscheidung spielt noch heute in China eine große Rolle. Es gibt sogar eine eigene "Grenzraumforschung", unter deren Dach Geschichte und politische Geographie, Ethnologie und Sprachwissenschaft zusammengefasst werden.

Erst nach der Gründung der Volksrepublik China 1949 wurde in allen Abschnitten eine moderne völkerrechtliche Grenzlinie geschaffen. Sie vereinheitlichte freilich nicht den räumlichen Eigencharakter der alten imperialen Grenzgebiete. Er zeigt sich noch heute, wenn Messmer und Chuang auf ihren Reisen an die nordkoreanisch-chinesischen Grenze (die einzige Teilgrenze, die sie nicht von beiden Seiten in Augenschein nehmen konnten) und durch die übrigen sieben kulturgeographisch definierten Grenzzonen, die China mit seinen Nachbarn teilt, auf Erinnerungen, Mythen, kuriose Gebräuche und ungewöhnliche Wertvorstellungen stoßen. Die Grenzräume werden gewissermaßen zu historischen Individualitäten, jede einzigartig und in Form eines Charakterbildes porträtierbar.

Das hat mit harmlosem Folklorismus nichts zu tun. Wie schwierig die Lage für kleine zentralasiatische Staaten zwischen den beiden Großmächten China und Russland ist, sieht man am Beispiel der Mongolei, die seit ihrer Ablösung vom chinesischen Imperium im frühen zwanzigsten Jahrhundert Russland als Schutzmacht vorzieht und China als eine konstante Bedrohung der eigenen Kultur und staatlichen Autonomie betrachtet.

Letzten Endes stimmen auch Matthias Messmer und Hsin-Mei Chuang in den großen Gesang von Chinas Aufstieg ein. Dabei lassen sich aus ihrem klugen Buch ebenso Schlüsse ziehen, die das übliche Pauschalbild relativieren. Die Volksrepublik liegt auch als globalstrategischer Antagonist der Vereinigten Staaten und zweite Weltmacht, die in vieler Hinsicht Russland überholt hat, mitten in Asien. Entlang ihrer Grenzen reihen sich aktuelle und potentielle Krisenherde, die zwar von der Weltpolitik nicht abgekoppelt sind, aber doch lokale Ursachen und jeweils besondere historische Konfliktlogiken besitzen.

Diese Logiken haben heute viel mit den sehr unterschiedlichen Formen chinesischer Expansion zu tun: militärisch im Südchinesischen Meer, demographisch durch die wachsende Präsenz chinesischer Minderheiten vor allem in Südostasien, wirtschaftlich durch riesige Infrastrukturprojekte überall dort, wo Nachbarstaaten sich in die Neue Seidenstraße einbinden ließen; nicht immer gelangen dabei alle Beteiligten zu dem Eindruck, der Segnungen der von China unablässig propagierten "Win-win-Situation" teilhaftig zu werden.

Die imperiale Vergangenheit, zu der sich das offizielle China heute erstaunlich freimütig und stolz bekennt, hilft nur dann beim Verständnis der Gegenwart, wenn man sich vor Augen hält, wie vielfältig und heterogen das Kaiserreich im Inneren und in seinen Grenzzonen war. China war ebenso Monolith wie ein Mosaik ohne scharfkantige Ränder. Das wird in diesem Buch nicht nur behauptet. Es wird durch Bilder, Geschichten und Analysen plausibel gemacht.

SABINE DABRINGHAUS

Matthias Messmer und Hsin-Mei Chuang: "China an seinen Grenzen". Erkundungen am Rand eines Weltreichs. Aus dem Englischen von I. Fischer-Schreiber. Reclam Verlag, Ditzingen 2019. 319 S., Abb., geb., 28,- [Euro].

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»Messmer und Chuang sind an und über Chinas Grenzen vorgedrungen, in Gebiete, wohin nur wenige von uns jemals reisen werden. Mitgebracht haben sie - nebst beeindruckenden Bildern - informative Essays über die komplexen historischen, politischen und menschlichen Beziehungen zwischen China und seinen Nachbarn. Selten kann das Lesen eines Buches uns in einen so direkten Kontakt mit weit entfernten Völkern, Menschen und Orten bringen. Dieses Buch öffnet uns dafür die Augen!« »Eine beeindruckende Überblicksdarstellung« Der Tagesspiegel, 27.02.2019 »Spannend wie ein Krimi« BuchMarkt, Februar 2019 »Dem Autorenteam gelingt es, vielfältige und persönliche Eindrücke [...] in eine umfassende Darstellung historischer Entwicklungen im asiatischen Raum einzubinden.« Lesart, 1/2019 »'China an seinen Grenzen' ist auf erfrischende Weise anders und neuartig. [...] eine in jeder Beziehung anschauliche illustrierte Reportage.« Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.06.2019