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Die Erde bebt in Japan, und Schlimmes geschieht: Die Amour fou zwischen einem Fotografen aus Tokio und einer Engländerin endet mit Mord. Dieser Roman ist ein Glücksfall: Thriller, Liebesgeschichte und "Psychodrama, das den Leser buchstäblich bis zur letzten Zeile in Atem hält" (Die Woche).

Produktbeschreibung
Die Erde bebt in Japan, und Schlimmes geschieht: Die Amour fou zwischen einem Fotografen aus Tokio und einer Engländerin endet mit Mord. Dieser Roman ist ein Glücksfall: Thriller, Liebesgeschichte und "Psychodrama, das den Leser buchstäblich bis zur letzten Zeile in Atem hält" (Die Woche).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2001

Der Unglücksfotograf
Fremd in Japan: Susanna Jones mag Tofu, schlürft aber bitteren Tee

Es ist ein knapper, oft schroffer Ton, den die Ich-Erählerin von der ersten Seite des Psychothrillers "Wo die Erde bebt" anschlägt, er gefällt sich in spitzen Schilderungen der Umwelt und steigert sich in ungnädigen Selbstbeschreibungen. Den reißerischen deutschen Titel hat das Debüt der 1967 in Yorkshire geborenen Autorin Susanna Jones, das im Original nach dem darin vorkommenden merkwürdigen Nachtvogel "The Earthquake Bird" heißt, nicht verdient, denn es handelt sich um ein subtiles Drama. Was ja trotzdem nicht bedeutet, daß das Buch nicht doch mit ziemlichem Donnerschlag beginnen könnte: indem es auf der ersten Seite bereits ein Erdbeben und die Verhaftung Lucys kurzschließt.

Auf der Tokioter Polizeiwache gibt Lucy sich dann aggressiv und spröde, als sie zum Tod ihrer Bekannten Lily befragt wird. Nein, sie weiß nicht, wer den Mord verübt haben könnte. Warum sie nach Japan gekommen sei? "Ein Interesse an der japanischen Kultur, ich wollte die Sprache lernen, ich mußte mir etwas Geld zusammensparen, ich wollte die Welt sehen, ich wollte aus diesem trostlosen England raus, ich mag Tofu", listet sie sämtliche Antworten auf, die ausgewanderte Europäer gerne geben. Nach außen werden ihre Auskünfte immer schnippischer, innerlich rollt ein Film ab. Lucy läßt die Beziehung zu dem japanischen Fotografen Teji Revue passieren, der seit Lilys Tod verschwunden ist.

Ziemlich wortkarg sind Lucy und Teji die ganze Zeit über im Umgang miteinander gewesen, erfährt man, und das, obwohl Lucy, die als Übersetzerin nach Tokio gekommen ist, die fremde Sprache perfekt beherrscht. Bereits zum Zeitpunkt ihres Kennenlernens ist der Fotoapparat dabei: Teji bannt seine glücklichen Momente auf Bilder, die er in Schachteln in seiner Wohnung hortet. Bevor noch ein Wort gewechselt ist, macht er sein erstes Foto von Lucy: "Er sah mir forschend ins Gesicht, als könne er nicht ganz das finden, was er wollte. Er führte die Kamera wieder ans Auge und visierte mich durch den Sucher an, wie ein Kind, das durch eine leere Klopapierrolle späht, um die Welt einmal anders zu sehen. Und die Kamera klickte und blitzte. Das waren die ersten Bilder, die er von mir aufnahm. Ich habe sie nie zu sehen bekommen." Später ist ihre Eifersucht geweckt, als er ihre neue Bekannte Lily fotografiert.

Rasch meint der Leser, verwandte psychiotische Geister im Liebespaar zu sehen: Die bis zum Haß gesteigerte Entfremdung Lucys von ihrer eigenen Geschichte und ihrer Umwelt scheint der Manie Tejis zu entsprechen, eine Situation nur gebrochen durch die Linse, als ständiges zeitverzögertes So-ist-es-gewesen, erleben zu können. Glaubt man jedoch an die spiegelbildliche Beziehung der Sonderlinge, die sich über alle kulturellen Abstände gefunden haben, ist man bereits auf die Fährte gebracht, auf der Susanna Jones den Leser haben will.

Mit der Etablierung der außergewöhnlichen Selbstentfremdung der Erzählerin hat die Autorin das Thema der Fremdheit von der ersten Seite an als existentielles eingeführt und kann es so den gesamten Roman in verschiedenen Färbungen durchziehen lassen. Sie sinniert nicht allzuviel über Unterschiede im Denken der Nationen und listet zum Glück nicht die für Europäer unglaublichen Lebensunterschiede in Japan auf pittoreske Weise auf: Die Erzählerin läßt ihre Informationen nur dort einfließen, wo sie im Rahmen der Geschichte auch sinnvoll sind, ob es nun um ein neues Mückenvernichtungsgerät geht oder ob Lucy auf unnachahmlich negative Weise ein Kompliment an die japanische Küche macht: "Ich war noch nicht lange genug in Japan, um den bitteren Geschmack des Tees und die widerliche Süße der Bohnenpaste schätzen zu können."

Nur ein literarisches Mittel in diesem abgründigen und immer wieder überraschenden Buch stört in den sonst so geschickt gezogenen Registern der Erzählkunst. Um den Abstand zu sich selbst besonders eindringlich aufzuzeigen, spricht die Ich-Erzählerin Lucy nämlich immer wieder plötzlich von sich in der dritten Person, was als Konzept plausibel erscheint, allerdings nur unfreiwillige Komik entstehen läßt, da es nicht in selbstironischen, sondern in todernsten Kontexten stattfindet. Etwa wenn, nachdem gerade die Beerdigungsriten der Japaner dargestellt wurden, es plötzlich unvermittelt heißt: "Lucy hätte nichts dagegen, eingeäschert und von ihren Freunden auseinandergenommen zu werden." Gerade in der Wiederholung stört diese Manieriertheit den Lesefluß. Daß man sich dem Text dennoch aussetzt, spricht dann wieder sehr für den Roman.

SILKE SCHEUERMANN

Susanna Jones: "Wo die Erde bebt". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Giovanni und Ditte Bandini. Rowohlt Verlag, Reinbek 2001. 208 S., geb., 39,90 DM.

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"Ein Psychodrama, das den Leser buchstäblich bis zur letzten Zeile in Atem hält!" (Die Woche).