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Ein zeitgemäßer Roman über eine Verwaltungswelt, deren Wirken so undurchschaubar ist wie das von ihr beaufsichtigte globale Finanzsystem. Nutzlose Aktenarbeit, der passionierte Kampf um die Ordnung, die Affäre mit eine Kollegin, tödliche Folgen eines Korruptionsfalls - groß sind die Gefahren für den empfindsamen Beamten Dominik Vogel. Während einer Reise zum Wirtschaftsgipfel in Japan, bei der er die Liebe einer russischen Dolmetscherin sucht, aber im Bett des Sprechers des Außenministers landet, spitzt sich für ihn die Frage nach dem Sinn seines bisherigen Beamtenlebens zu...

Produktbeschreibung
Ein zeitgemäßer Roman über eine Verwaltungswelt, deren Wirken so undurchschaubar ist wie das von ihr beaufsichtigte globale Finanzsystem. Nutzlose Aktenarbeit, der passionierte Kampf um die Ordnung, die Affäre mit eine Kollegin, tödliche Folgen eines Korruptionsfalls - groß sind die Gefahren für den empfindsamen Beamten Dominik Vogel. Während einer Reise zum Wirtschaftsgipfel in Japan, bei der er die Liebe einer russischen Dolmetscherin sucht, aber im Bett des Sprechers des Außenministers landet, spitzt sich für ihn die Frage nach dem Sinn seines bisherigen Beamtenlebens zu...
Autorenporträt
Heiko Michael Hartmann wurde 1957 in Miltenberg geboren, studierte Rechtswissenschaften und Philosophie in Würzburg und Genf. Er arbeitet als Jurist in Berlin. Für seinen ersten Roman MOI wurde er 1996 beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.04.2000

Wiedervorlage
Heiko Michael Hartmanns Beamter · Von Eberhard Rathgeb

Oh, diese Beamten. Wie gerne würde mancher, der ihnen nicht wohlgesinnt ist, sagen: Da ziehen sie dahin. Warum aber sollten die Gescholtenen das tägliche Aussitzen am Schreibtisch abbrechen? Sie bleiben. Zum großen Glück der Beamtenbeobachter. Kein Berufsstand braucht sich weniger Sorgen zu machen, dass er vergessen werden und aus dem Blick derer fallen könnte, denen diese Klientel ein Anlass zum Kummer ist. Zum Kummer darüber, dass der Staat an diesen Dienern zu Grunde gehen werde. Zu den Amtsträgern und ihren Beobachtern ist mit Heiko Michael Hartmanns neuem, zweiten Roman nun der Beamtenerzähler hinzugekommen.

Seine Aufgabe besteht darin, nicht nur von den Verwaltungsmenschen zu erzählen, sondern so zu erzählen, wie es einem Beamten gelingen mag, wenn er sich dazu aufraffen könnte, über sein Leben amtsgerecht und verwaltungsvorgangslang zu berichten. Wie schafft man es, einen Beamten zum freimütigen Sprechen zu bringen? Dem Erzähler, wenn er nicht vom Bürostaub blind ist, wird vor Augen stehen, dass ein Beamtenleben, soll es ein typisches sein, kein aufregendes ist. Die Langeweile beim Aktenschieben, beim Beschwerdebriefeablegen und beim Topfpflanzengießen ist für den Autor, der sich nicht auf seinem Beamten ausruhen darf, eine regelrechte Klippe.

Das Paradox der Beamtenerzählung besteht darin, dass sie an der Klippe gerade dann nicht zerschellt, wenn sie nur hart genug darauf zuhält. Die Langeweile des Beamtenlebens ist der Stoff, aus dem eine gelungene Erzählung aus dem Amt bestehen muss. Das leuchtet einem sofort ein, wenn man sich die Langeweile vorknöpft, die über den Schreibtischen lagert. Was steckt nicht alles in dieser Stimmung! Das Nichts, der Staub des Daseins, die Aussichtslosigkeit des Existierens, die Krümmung als Lebenshaltung, die Bewegungslosigkeit. Ist der Beamte in seiner Bürotrance nicht gar eine staatlich geförderte Variante des Buddhisten? Die Ruhe vor der Leere findet der Verwaltungsmensch deswegen auch nicht im, sondern nur unterm Bett, eingekeilt zwischen dem Fußboden und dem Lattenrost. Der Beamte, der sich so bettet, kann seinen Kopf nicht mehr drehen. Diese Starre zwingt seinen Blick auf den Boden. Ein Beamter hat keinen Überblick, keinen Ausblick und keinen Durchblick, sondern nur einen unterwürfigen Blick.

Wenn man einen Roman über einen Staatsdiener schreibt, hat man es einerseits leicht, andererseits schwer. Leicht kann man eine Person im Raster eines Typus zeichnen, vor allem, wenn es sich um einen mit Vorurteilen beladenen oder dekorierten Berufsstand handelt. Der Arzt als literarische Figur ist dabei den weichen Herzen, was der Beamte den harten Köpfen ist. Schwer wird die Geschichte, wenn man dem Berufsstand erst einmal Beine machen muß. Ein Arzt rennt, vom Operationssaal auf den Tennisplatz und wieder zurück. Ein Beamter rennt nicht. Und man kann einen, der von hier nach dort und von dort nach hier hetzt, besser beobachten und beschreiben als einen, der stur in seinem Büro sitzt oder auf dem Flur herumsteht.

Heiko Michael Hartmann übergab deswegen das Wort seinem Beamten: Soll der doch selber erzählen, wie das beim Aussitzen, Beschwerdebriefeablegen und Topfpflanzengießen so ist! Damit aber entkommt der Autor dem betäubenden Dunst der Langeweile nicht, die ein Beamtenleben verströmt. Wenn die harten Köpfe, nicht die weichen Herzen, auf ihre Kosten kommen sollen, dann darf der Beamte, dem das Wort erteilt wurde, mit dem Berufstypus nicht zusammenfallen. Der Amtsinhaber, der zum Ich greift und dabei nicht ins Leere greifen soll, vermag nur aus dem Unterschied zwischen Berufsmasse und Eigenmacht heraus zu erzählen. Er muss ein wenig zu sich gekommen sein, und er wird deswegen mehr räsonieren als erzählen. Das Schicksal des Beamten sind seine Gedanken.

Heiko Michael Hartmanns Arbeiter im Berg der Akten bestätigt mit seinen sinnierenden Ausführungen jedes Vorurteil der Beamtenbeobachter. Nichts aber ist langweiliger, als Vorurteile morgens, mittags, abends aufzutischen. Die ständige Wiedervorlage von Vorurteilen ist zwar ein Kunstgriff der Beamtenerzählung, dem Verwaltungsleben die entsprechende Kontur zu geben. Doch da die Not, der Mangel an Erzählenswertem, federführend ist, kann sich der Erzähler damit nicht begnügen. Nur eine verschärfte Reflexion auf das Beamtendasein kann hier Abhilfe schaffen. Aus einer Erzählung wird eine Beamtenlebensphilosophie. Mitten in der Amtsstubenödnis breitet sich mit einem Mal die Oase des Nichts aus, und aus dem dunklen Tagesgeschäft erheben sich helle Nachtgedanken.

Diese Reflexionen müssen aber wirklich gut sein. Zum Beispiel so gut wie im unheimlichen "Buch der Unruhe" von Fernando Pessoa, in dem ein kleiner Angestellter das Wort ergreift. Oder so gut wie in Robert Walsers unheimlichem Roman "Jakob von Gunten", in dem einer erzählt, der unter den Mächtigen klein ist und klein bleiben wird und nun zum Dienen erzogen wird. Wenn die Reflexionen über das Beamtendasein also nicht so gut sind, dann möchte man sich als Leser nicht zum lebenslangen Büroinsassen unter das Bett legen, sondern ab und an die Decke über die Ohren ziehen und den Beamten in Ruhe lassen.

Warum hat der Hartmannsche Beamte so wenig von seinen Geschäften in ministeriellem Auftrag zu erzählen? Einmal kommt es zu einem ökonomischen Gipfeltreffen, doch schnell zieht sich der Autor aus der Affäre und seinen Helden aus der Konferenz. Der Beamte, für den Existenzsonderbereich "Unterm Bett" zuständig, verwaltet offenbar nicht Verfahren und Wissen, sondern verhält sich vorrangig nur zum eigenen Leben im allgemeinen Wühlen und Machen. Gerieten Metzger unter Bummelverdacht, es fänden sich sorgenvolle Metzgerbeobachter ein und auch einer, der eine Metzgererzählung schriebe, in der weniger vom Schlachten, Zerlegen und Einmachen die Rede ist als von der erdrückenden Wurstigkeit des Lebens bei all dem Blutverlust. Auch in Ärzteromanen findet der Autor keinen Zutritt zum Operationssaal, und um so mehr wird von schönen Schwestern und schlimmen Schicksalen erzählt.

Heiko Michael Hartmann gibt nach einem Abstecher nach Tokio erschöpft auf und entzieht seinem Helden das Wort. Bleibende neue Einsichten fanden sich keine, aber Beamtenbonmots über das Büro, die Macht, das Denken. Dabei wäre von einem Menschen, der erst unterm Bett zu sich findet, einiges zu erzählen.

Heiko Michael Hartmann: "Unterm Bett". Roman. Hanser Verlag, München 2000. 222 S., geb., 34,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Einigermaßen öde fand Heinz Ludwig Arnold die Leküre und urteilt ziemlich vernichtend. Bei seiner "schrillen Beschwörung einer Beamtenexistenz" setze der Autor auf Kafka-Sound und Thomas-Bernhard-Litaneien. Letztlich dominiere aber "schlechtes Beamtendeutsch". Der "Verwaltungsjurist" Hartmann habe es nicht geschafft, "sprudelnden Aversionen gegen den eigenen Berufstand eine Form zu geben".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein intelligent gemachter und hoch amüsanter Roman über den deutschen Beamten, wie er leibt und lebt. Dieses Buch setzt Maßstäbe." Dirk Knipphals, Tageszeitung