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Ein in der Tradition der "serie noire" stehender Psychothriller, eine unter die Haut gehende Geschichte um Verrat und Liebe, die mitten unter uns spielen könnte.

Produktbeschreibung
Ein in der Tradition der "serie noire" stehender Psychothriller, eine unter die Haut gehende Geschichte um Verrat und Liebe, die mitten unter uns spielen könnte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2005

Stolpernd ins Abgründige
Bettina Gundermann und Perikles Monioudis im Reich des Krimis

In der Theorie nimmt sich das Konzept vielversprechend aus. Und der Reihentitel "Die dunklen Seiten" klingt verlockend. Herausgegeben von Thomas Kraft, soll die neue Reihe mit Kriminal- und Spannungsromanen das breite Spektrum dieser Gattung widerspiegeln und mit erprobten wie neuen Varianten spielen, dem Abgründigen und Bösen auf die Spur zu kommen: "Unsere Idee, deutschsprachige Autoren, die in ihrer literarischen Arbeit mit dem Kriminalroman bisher kaum oder noch gar nicht in Berührung gekommen waren, für diese Reihe zu gewinnen, speist sich aus dem Wunsch, Spannung mit hohem ästhetischen Anspruch auf außergewöhnliche Weise zu verbinden." Doch ach, genau in dieser Intention liegt auch die größte Gefährdung, wie gleich der erste Band, "Teufelsbrut" von Bettina Gundermann, beweist: daß nämlich die insgeheim doch für bescheiden gehaltene Sache mit aller Gewalt in literarische Höhen gestemmt werden soll. Die Autorin, 1969 in Dortmund geboren, zunächst als Tanzdozentin und Journalistin tätig und 2001 mit ihrem Debütroman "lines" hervorgetreten, erzählt in "Teufelsbrut" von atavistischer Leidenschaft und vom todbringenden Verhängnis einer Projektion. Zadok, ein ebenso finsterer wie anscheinend faszinierender Mann, sucht mit allen Mitteln der Verführung und Autosuggestion in einer jungen Fremden, Sara, jenes für ihn engelsgleiche junge Mädchen wiederzufinden, dem er einst verfallen war und das er dem Tod preisgab, weil er es nicht an sich zu binden vermochte.

Zwar haben die Figuren, die streng als Archetypen firmieren, noch ihre Namen, aber damit beginnt schon Bettina Gundermanns systematisches Verwirrspiel. Luca nämlich, das überirdische Wesen - "sie schien wie irgendwo ausgeschnitten" -, trägt einen italienischen Männernamen (für Lucas), soll aber das weiblich Verlockende schlechthin verkörpern. Zwar findet die Autorin anfangs, wenn Sara die Stadt flieht und sich tastend der ihr seltsam abweisend vorkommenden Dorfgemeinschaft nähert, einprägsame Sprachbilder. "Das Rascheln unter ihren Füßen hört sich wie Kindheit an", lesen wir von Sara auf einsamen Spazierwegen, und von den scheuen Dörflern: "Trotzdem liegt in ihrem Schritt ein strammer Stolz." Doch solche lakonische Poesie verirrt sich leider allzu rasch im nur noch Verschmockten.

Bettina Gundermann webt an einem Mysterium von Schuld und unmenschlicher Verstrickung, das vollkommen kaltläßt, weil ihre Figuren keinerlei Anteilnahme zu wecken verstehen. Wie "das Dorf" und "die Stadt" flach und konturenlos bleiben, so wenig erhält das Kräftemessen zwischen Zadok und seiner "Sara ohne h" Überzeugungskraft, auch wenn die Autorin nicht müde wird, das geheimnisvolle Lodern in Zadoks Augen zu beschwören. Einzig als aus der Vergangenheit ein Akt dörflicher Lynchjustiz zutage tritt, bekommt Bettina Gundermanns Stakkato von Momentaufnahmen, deren hastiger Schnitt dem Kino abgeschaut scheint, die erhoffte Prägnanz. Daß die Autorin gleich auf der fünften Textseite ihre grammatikalischen Schwächen offenbart, dämpft obendrein das Zutrauen des Lesers. Sie gebraucht "brauchen" ohne zu und scheint mehr vom Akkusativ als vom Nominativ zu halten: "Und Lucas Vater, den, den sie zunächst für ihren Vater gehalten hatte, hätte seine Kinder lieber selber gezeugt."

Entschieden konventioneller geht Perikles Monioudis, der 1966 im schweizerischen Glarus geboren wurde und bisher Romane wie "Palladium", "Eis" oder "Deutschlandflug" veröffentlicht hat, die Dinge an. Schon der Titel "Freulers Rückkehr" verrät, daß da einer wieder anknüpfen möchte. Die Handlung folgt bewährten Mustern: Ein Industrieller wird tot in seiner Villa aufgefunden, doch ob er sich mit seiner Armeepistole selbst das Leben nahm, steht zumindest für den mit der Ermittlung beauftragten Beamten Freuler sehr in Zweifel. Und je länger er nachforscht, desto mehr wird er mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert.

Solch ein erzählerischer Ansatz scheint extrem abgenutzt, doch Monioudis versteht es ungleich besser als die Reihenkollegin, den Leser für seine Figuren und vor allem den Ort des Geschehens zu interessieren. Wo Bettina Gundermann besessen, aber ohne Anschaulichkeit an ihrer Archetypik pinselt, braucht der Schweizer nur die Augen offenzuhalten, um Atmosphäre zu schaffen: beim Blick auf die Bergmassive rund um Glarus, nördlich am Fuß des Klausenpasses gelegen. So plastisch die Landschaft in der Beschreibung ersteht, so prägend sind die Eigenheiten der Figuren. Schon daß Freuler "Verhörrichter" ist, schafft das eidgenössische Fluidum. Hinzu kommen charakteristische Wendungen wie "bis anhin" oder der "Umschwung", der nicht eine Wende im Geschehen meint, sondern das ausladende Grundstück eines Anwesens. Doch wenn dann ein Handy ins Spiel kommt statt eines Natel, wie es sich für die Schweiz gehörte, kriegt auch diese schöne Atmosphäre ihren Dämpfer. Man kann halt nicht alles haben.

HANS-DIETER SEIDEL.

Bettina Gundermann: "Teufelsbrut". Roman. Nymphenburger Verlag, München 2005. 224 S., geb., 18,90 [Euro].

Perikles Monioudis: "Freulers Rückkehr". Roman. Nymphenburger Verlag, München 2005. 264 S., geb., 18,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Teufelsbrut" gehört in eine neue Krimireihe mit dem Titel "Die dunklen Seiten", informiert Hans-Dieter Seidel. Das Konzept der Reihe hört sich vielversprechend an, meint Seidel - aber mehr in der Theorie als in der Praxis. In der Theorie sollen vor allem Autoren an das Genre Kriminalroman herangeführt oder gebunden werden, die damit bislang nichts zu tun hatten. Das klingt, als traue man dem Genre literarisch doch nicht so richtig über den Weg und wolle ihm höhere Weihen verleihen, spekuliert der Rezensent. Und praktisch hat sich Seidel von Bettina Gundermanns Ausflug ins Krimigenre auch nicht richtig überzeugen lassen. Gundermanns Figuren sind reine Archetypen, die in ein Mysterium von Schuld und Leidenschaft verstrickt sind, das Seidel jedoch völlig kalt gelassen hat, weil die Autorin keinerlei Anteilnahme für ihre Figuren zu wecken verstehe. Aber auch alles andere, ob Stadt oder Dorf, bleibe völlig konturenlos, klagt Seidel, der darüberhinaus grammatikalische Fehler und einen Hang zum falschen Akkusativ beklagt. Reichlich "verschmockt" sagt er, und was immer das genau sein soll, man ahnt es schon.

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