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Ein Vater meldet sich zu Wort - in einer Debatte um die Familie, in der bisher von Vätern und deren ganz persönlichen Erfahrungen mit Familie und Kindern nicht die Rede war. Eberhard Rathgeb zeigt, dass auch die Väter sich bemühen müssen, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Und er erzählt so, wie man vom Persönlichsten sprechen muss: ausgehend von der eigenen Erfahrung. Ein Buch nicht nur für Väter, sondern auch für die Mütter, die etwas wissen wollen über den Mann, mit dem sie eine Familie gründen.

Produktbeschreibung
Ein Vater meldet sich zu Wort - in einer Debatte um die Familie, in der bisher von Vätern und deren ganz persönlichen Erfahrungen mit Familie und Kindern nicht die Rede war. Eberhard Rathgeb zeigt, dass auch die Väter sich bemühen müssen, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Und er erzählt so, wie man vom Persönlichsten sprechen muss: ausgehend von der eigenen Erfahrung. Ein Buch nicht nur für Väter, sondern auch für die Mütter, die etwas wissen wollen über den Mann, mit dem sie eine Familie gründen.
Autorenporträt
Eberhard Rathgeb, 1959 in Buenos Aires geboren, lebt in Norddeutschland auf dem Land. Für seinen ersten Roman Kein Paar wie wir (Hanser, 2013) wurde er mit dem Aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschienen die Romane Das Paradiesghetto (2014), Cooper (2016) und Karl oder Der letzte Kommunist (2018).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007

Und der Vater blicket stumm auf dem runden Tisch herum
Pendelbeziehung, Patchworkfamilie, Paartherapie: Eberhard Rathgeb möchte das moderne Beziehungsschlamassel unter einen alten Hut bringen und frönt der Sehnsucht nach Sakrament und Schicksal
Schon merkwürdig, dachte der Vater, als es durch den Tunnel ging, wo wir alle drei, berauscht von der vorherigen Schussfahrt bergab fröhlich geheult hatten wie die Schlossgespenster, was wir immer tun, wenn wir im Freilauf durch die Unterführung rauschen. Schon merkwürdig, dass wir als Eltern dieselben imperativischen Stummel-Sätze zu unseren Kindern sagen, die schon unsere Eltern zu uns sagten, als wir Kinder waren – Sätze, die wir damals gehasst haben: „Mit beiden Händen!” oder „Nicht in den Mund!”. Nur dass wir diese Sätze nie unseren Vater haben sagen hören, sondern immer unsere Mutter, dachte der Vater, als es den Montgelasberg hinaufging und die Pedale ächzten unter der Last des mit zwei Kindern beladenen Fahrradanhängers.
Auch Thomas Mann besaß ein Fahrrad, aber keinen Fahrradanhänger, dachte der Vater, als dessen wiederaufgebautes Wohnhaus in Sicht kam. Und auch Thomas Mann besaß eine Familie, aber er wurde von seinen Kindern „Zauberer” genannt und sah sie nur zu festgelegten Sprechzeiten, obwohl er fortschrittlicherweise zu Hause arbeitete. Deshalb brauchte er auch keinen Fahrradanhänger. Thomas Mann war ohnehin meist allein und zu Fuß unterwegs, hier an der Isar, und er hat dabei den „Tod in Venedig” konzipiert und nicht das Protokoll vom letzten Elternabend. Thomas Mann konnte sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren, ohne zuvor die Kinder in der Krippe und im Kindergarten abzusetzen, wo es jeden Morgen zu Abschiedsszenen kommt, die dem Vater nur darum nicht das Herz zerreißen, weil er jeden Morgen spät dran ist und das schlechte Gewissen gegenüber den Kindern mit jedem Meter, der ihn von den Kindern entfernt und dem Büro näher bringt, schwächer wird, während das schlechte Gewissen gegenüber dem Arbeitgeber sich verstärkt.
Kinder und Eltern passen nicht zueinander. Die Arbeitszeiten vertragen sich nicht mit den Betreuungszeiten, die entscheidenden Jahre der Kinder sind zugleich die entscheidenden im Beruf, und das gilt für Väter und Mütter, deren Karrieren sich genauso im Wege sind wie Erwerbs- und Hausarbeit. Das Familienglück hängt am schnellsten Verkehrsmittel im großstädtischen Pendlerstau wie der Kinderanhänger am Fahrrad. Aber heißt dies, dass die Verbindung auch ebenso punktuell ist und sich jederzeit lösen lässt? Dass wir die Familie einfach irgendwo abkoppeln und als Single weiterradeln? Zugegeben: Die Familien bleiben meist klein, weil sich die lebenspraktischen Handicaps wie die Kaninchen vermehren, aber nur zwei Kinder in einen Fahrradanhänger passen – da kann einem, zumal als moderner Vater, schon mal der Hut hoch gehen. Schützte einen wenigstens noch ein Hut gegen den rauen Wind des beschleunigten Wettbewerbs wie eine der Figuren in Eberhard Rathgebs Traktat über die Vaterliebe „Schwieriges Glück”!
Dieser Mann, der eine ganze warme, genauer eine „erdwarme” Welt unter seinem weichen Filzhut trägt, ist ein Mann vom Land, der mit den Händen arbeitet und keine Entfremdung kennt, weil er noch mit der Scholle verbunden ist und also mit einer natürlichen Ordnung. Nach dieser Ordnung sehnt sich der Ich-Erzähler sentimentalisch zurück, der für seine „existentielle Fassungslosigkeit” moderner Entwurzelung keine „stabile soziale Form” findet. Er ist darum mit seiner Familie von der Stadt aufs Land gezogen, hat dem Babel der Erwerbsschlachten im kalten Neonlicht den Rücken gekehrt und muss doch feststellen, dass das moderne Beziehungschaos mit seinen Teilzeitfamilien schon vor ihm da war. Auch auf dem Land gibt es Väter, die vier Kinder von zwei Frauen haben und Familien gründen, als wären es Filialen, um sich dann darüber zu streiten, wer arbeiten gehen „darf” und wer zuhause bleiben „muss”. Da gibt es nicht nur Patriarchen mit weichen Hüten, die noch am Kopfende sitzen und nicht am runden Tisch der Gleichberechtigung, sondern auch Psychiater, die sich tagelang von ihren eigenen Familien trennen, um andere Familie zu therapieren.
Dabei ist auch der Ich-Erzähler spätberufener Vater in einer Patchworkfamilie, wie er fast schamhaft bekennt. Doch die Verflüssigung der Lebensverhältnisse widerspricht seinem Wunsch nach fester Verwurzelung durch ein Kind. Die Übersiedlung aufs Land und die strikte räumliche und zeitliche Trennung von Berufs- und Familienleben vertiefen auf langen Pendelfahrten die Schizophrenien der eigenen Vaterrolle zur tragischen Zerrissenheit, deren historische Genese Rathgeb mit allerhand Beispielen aus der Weltliteratur nachschmeckt. Dabei kokettiert der FAZ-Redakteur mit dem Weh des existentiellen Schwebezustands zwischen Natur und Kultur: „im Grunde genommen saß er innerlich immer im Zug und fuhr die Strecke zwischen der Bahnstation mitten im Wald nach der großen Stadt hin und her.”
Der Vater, die Tochter, der Mann, die Frau – durch einen holzschnittartigen Primitivismus sucht Rathgeb seine Betrachtungen ins Parabolische zu überhöhen und zugleich seine regressiven Sehnsüchte nach Sakrament und Schicksal zu bemänteln, indem er mit den traurigen Augen eines Vater gewordenen Kindes auf das verscherbelte Familiensilber blickt. Die larmoyante Innerlichkeit, mit der in den siebziger Jahren die Söhne über ihre Väter schrieben, ist übergegangen auf die heutigen Väter, die eher Söhne von Söhnen sind als Söhne von Vätern und sich in diesem Herbst ergriffen als solche entdecken – wie John von Düffel, Burkhard Spinnen oder Dirk von Petersdorff. Rathgebs Buch handelt mehr von Selbstmitleid als von Vaterliebe.
Dass der Vater randständig, flüchtig und fassungslos, Vaterschaft eine soziale Rolle, Mutterschaft aber eine natürliche ist – das soll nicht nur eine historische Feststellung, sondern bei Rathgeb ein anthropologischer Befund sein. Das sehe man schon daran, wie sich Mann und Frau an den Händen fassen: die Hand des Mannes bilde die vordere, ziehende Hälfte der Handkugel, die der Frau die hintere, gezogene. Ins Fahrrad-Deutsch übersetzt: Der Mann ist und bleibt die Zugmaschine, hat aber nicht die Richtung zu bestimmen. Vielleicht, so dachte der Vater, sollte sich der Ich-Erzähler einfach einen warmen Filzhut zu Weihnachten wünschen. Vielleicht sollte er ein zweites Kind zeugen, da wird’s dann nämlich richtig anstrengend. Stress ist sehr heilsam gegen jede Vätermetapysik.
Jetzt haben wir den halben Tag damit verbracht, über den Vater zu schreiben, statt einer zu sein. Deshalb holen wie jetzt die Kinder – mit unserem komplizierten Familiengefährt. Und im Tunnel werden wir wieder heulen wie fröhliche Gespenster. CHRISTOPHER SCHMIDT
Eberhard Rathgeb
Schwieriges Glück
Versuch über die Vaterliebe.
Carl Hanser Verlag, München 2007. 159 Seiten, 14, 90 Euro.
Kinder und Eltern passen nicht zueinander. Foto: Krämer/Voller Ernst
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2007

EBERHARD RATHGEB, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, hat ein Buch über die glücklichen und weniger glücklichen Schwierigkeiten geschrieben, in die heute vor allem Männer geraten, wenn sie ein Paar und ein Familie bilden wollen und sich mit dem Kind im Arm im Spiegel betrachten. Mit Verallgemeinerungen lassen sich nun zwar die Debatten über Kind und Beruf führen, aber mit Verallgemeinerungen erfahren Männer und vor allem Frauen nichts über die Wesen, die allgemein etwas im Schatten stehen: die Väter. Das Buch ist als eine intellektuelle und emotionale Lockerungsübung im Morgennebel der Beziehungen gedacht und angelegt: Es besteht aus 55 kleinen erläuternden und erzählenden, aber in sich zusammenhängenden Kapiteln, an deren Ende der Leser sich selbst an die Nase fassen und seinem Partner und seinem Kind einen großen Schritt näher gekommen sein sollte. (Eberhard Rathgeb: "Schwieriges Glück". Versuch über die Vaterliebe. Carl Hanser Verlag, München 2007. 160 S., geb., 14,90 [Euro].)

F.A.Z.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Recht beeindruckt stellt Rezensent Henning Sussebach das Vaterbuch des Journalisten Eberhard Rathgeb vor, das er so ganz anders als all die anderen Vaterbücher findet. Hier stehe nichts über Windeln, werde kein Babybrei über die Seite gekleckst und auch kein Wort über Spielplätze verloren. Vielmehr frage Rathgeb in 52 "essayartigen Kapiteln" was ein Vater überhaupt sei, was für ein Sohn ein Vater einmal gewesen sei, und welches Vaterbild er vom eigenen Vater vermittelt bekommen habe. Auch das Thema Liebe komme zur Sprache, wo die Debatte über das Kinderkriegen heute oft wie "ein ins Liebesleben übertragenes Bilanzwesen" auf Rathgeb wirkt. Und auch die Problematik der Ehe in unseren Zeiten der "Optionsgesellschaft" fand der Rezensent ebenso berührend wie erhellend beleuchtet. Insgesamt gefiel ihm besonders der tiefe Respekt vor dem Vatersein, die das Buch aus Sicht des Rezensenten insgesamt zum Vaterbuch der Vaterbücher macht.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Rathgeb hat, ohne Brei zu verkleckern, das ultimative Vaterbuch geschrieben." Henning Sussebach, Die Zeit, 05.10.07

"Rathgeb gehört zu den Vorreitern einer neuen Familienliteratur, die den Verfall von traditionellen Familienstrukturen nicht einfach beklagt oder ihn als Voraussetzung für den Aufbruch in ein Reich individueller Freiheit feiert." Eckhard Fuhr, Die Welt, 09.08.07

Eberhard Rathgeb schreibt feinfühlig und klug über Sohn- und Vatersein. GQ, 10.07