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Ausgerechnet Deutschland ist nach wie vor Rückzugsraum und Drehscheibe für internationale Kriegsverbrecher. Sie bleiben unbehelligt, obwohl sie auf der Black-List der UN stehen und von Interpol gesucht werden. So kam es, dass der Chef der berüchtigten FDLR-Rebellen im Kongo von einem Wohnzimmer in Mannheim aus in aller Ruhe einen Vernichtungskrieg gegen die dortige Zivilbevölkerung dirigieren konnte. In diesem Fall hat Markus Frenzel mit einem aufsehenerregenden Bericht bei 'FAKT' dafür gesorgt, dass sich das ändert. Der Mann wurde festgenommen. In Deutschland wird ihm der Prozess gemacht.…mehr

Produktbeschreibung
Ausgerechnet Deutschland ist nach wie vor Rückzugsraum und Drehscheibe für internationale Kriegsverbrecher. Sie bleiben unbehelligt, obwohl sie auf der Black-List der UN stehen und von Interpol gesucht werden. So kam es, dass der Chef der berüchtigten FDLR-Rebellen im Kongo von einem Wohnzimmer in Mannheim aus in aller Ruhe einen Vernichtungskrieg gegen die dortige Zivilbevölkerung dirigieren konnte. In diesem Fall hat Markus Frenzel mit einem aufsehenerregenden Bericht bei 'FAKT' dafür gesorgt, dass sich das ändert. Der Mann wurde festgenommen. In Deutschland wird ihm der Prozess gemacht. Doch das ist nicht der einzige Fall. Seit Jahrzehnten etwa machen ausländische Militärs Schulungen bei der Bundeswehr. Wer zu uns geschickt wird, das ist Sache der dortigen Regierungschefs, auch wenn es sich um brutale Diktatoren handelt, deren Abgesandte keineswegs im Sinn haben, sich außer dem Kriegshandwerk noch die demokratische Denkart anzueignen.
Autorenporträt
Frenzel, Markus
Markus Frenzel, geboren 1976, studierte Politische Wissenschaft in Berlin, Aix-en-Provence und Paris, war unter anderem für die Deutsche Welle und Arte tätig und arbeitet seit 2008 als Redakteur für das ARD-Magazin FAKT. Als Fernsehreporter berichtete er aus zahlreichen Krisengebieten, darunter dem Kongo, Ruanda, Liberia, dem Horn von Afrika und dem Nahen Osten. Für seine Berichte über afrikanische Kriegsverbrecher in Deutschland erhielt er 2009 den Marler Fernsehpreis für Menschenrechte von Amnesty International. 2010 war er als nationaler Gewinner für den Europäischen Journalistenpreis nominiert, den das Europäische Parlament vergibt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.06.2011

Der nette Nachbar
Wie ein ruandischer Kriegsverbrecher jahrelang unbehelligt in Deutschland leben konnte
Ein netter Mann sei er, einer, der seinen Sohn täglich mit dem Fahrrad vom Kindergarten abholt und in der Kirchengemeinde alten Leuten hilft. So beschreiben Nachbarn und Bekannte Ignace Murwanashyaka, dem in Stuttgart der Prozess gemacht wird. Er soll einer der grausamsten Kriegsherren Afrikas sein, Chef der berüchtigten Hutu-Rebellentruppe FDLR. Seine Soldaten haben im Kongo Zivilisten mit Macheten erschlagen, sie haben Frauen vergewaltigt, Schwangeren die Föten aus dem Leib geschnitten und Kinder verbrannt.
Das Aufsehenerregende daran ist vor allem, dass dieser Mann unbehelligt in Deutschland leben konnte, obwohl er von Interpol gesucht wurde und auf der schwarzen Liste der UN stand. Aus Mannheim schickte Murwanashyaka SMS wie „Richtet eine humanitäre Katastrophe an!“ nach Afrika. Über eine Homepage hielt er Kontakt mit seinen Leuten, er nahm Geld entgegen und leitete es weiter. Mit seinen Helfern stieß er mit Dosenbier im Hobbykeller an.
Der Journalist und Politologe Markus Frenzel hat jetzt diesen und andere Fälle aufgerollt: „Wie Deutschland internationale Kriegsverbrecher unterstützt“, lautet der pointierte Untertitel seines Buches. Quellen gibt es genug, Akten, UN-Dossiers, Telefonlisten, Überweisungsbelege. Sogar Murwanashyaka, der in den 90er Jahren in Deutschland Asyl bekommen und über den Goldpreis promoviert hatte, sprach mit Frenzel. Im Gasthaus „Rheinterrassen“ plauderte er über die Familie und gab dann vor der Kamera zu, oberster Befehlshaber der streng hierarchisch organisierten FDLR zu sein.
Bloß, dass das in Deutschland lange niemanden interessierte. Zwar erkannte das Bundesamt für Migration Murwanashyaka 2005 den Asylstatus ab. Er kam in Abschiebehaft, doch die Richter sahen keine „schwerwiegenden Gründe zur Annahme“, dass es sich um einen Kriegsverbrecher handle. Murwanashyaka blieb in Deutschland, in Afrika ging das Morden weiter. Die Überfülle an belastendem Material, die sich jede deutsche Behörde hätte besorgen können, haut Frenzel dem Leser regelrecht um die Ohren. Er dokumentiert Massaker, heftet sich an die Fersen von Murwanashyaka, der sich in Deutschland vom braven Studenten zum radikalen Hutu-Aktivisten entwickelte. Nebenbei dröselt Frenzel geduldig das komplizierte ethnische Patchwork im Kongo und in Ruanda auf.
Ende 2009 wurde Murwanshyaka verhaftet. Seit Anfang Mai steht er vor Gericht, ein langwieriger Prozess zeichnet sich ab – der erste nach dem in Deutschlands seit 2002 gültigen Völkerstrafgesetzbuch. Im Verhältnis zu den anderen Fällen, die Frenzel aufrollt, dürfte das Verfahren noch eines der einfacheren sein. Die Hutu-Milizen sind allgemein geächtet, die Deutschen konnten mit den Behörden in Ruanda zusammenarbeiten, sie verhörten Dschungelkämpfer, sprachen mit ehemaligen Kindersoldaten, die wie auf Knopfdruck die Seriennummern ihrer Kalaschnikows hersagen konnten.
Wie steht es aber bei Fällen, in denen bilaterale Interessen im Spiel sind? Wenn Entwicklungshilfe an Länder mit dubiosen Regimen fließt? Wenn es Militärkooperationen mit Ländern gibt, in denen Diktatoren an der Macht sind? Beispiel Guinea: Aus diesem Land wurden jahrzehntelang Männer auf deutsche Militärakademien geschickt. Die Bundeswehr hatte die besten Absichten, man wollte den Soldaten demokratische Werte beibringen. Die nutzten das erworbene Wissen prompt auf ihre Art: Es gab Massaker und einen Umsturz, den man in Guinea den „deutschen Putsch“ nennt.
Penibel und mit vielen Belegen ausgestattet, durchleuchtet Frenzel solche Verflechtungen. Am stärksten ist sein Buch dort, wo die Brutalität internationaler Kriegsverbrechen auf den Alltag deutscher Strafverfolger trifft. Eine Handvoll Staatsanwälte einer neu geschaffenen Abteilung für Völkerrechtsverbrechen rackern sich an einer Vielzahl von Kriegsschauplätzen auf der ganzen Welt ab. Es fehlt an Mitteln und Ermittlern. Völkermörder zur Strecke zu bringen – da geht es eben auch um Fristen, Amtshilfeersuchen, Übersetzungen, Beglaubigungen.
Die Warlords sind da schon weiter: „Heute muss man nicht überall physisch präsent sein, um etwas zu leiten“, sagte Murwanashyaka im Gespräch mit Frenzel und beschrieb, wie er aus Deutschland seine Truppen über Handy, Internet und Satellitentelefon lenkte wie einen Weltkonzern. In einer globalisierten Welt wird längst auch der Völkermord global organisiert. VERENA MAYER
MARKUS FRENZEL: Leichen im Keller. Wie Deutschland internationale Kriegsverbrecher unterstützt. dtv, München 2011. 434 Seiten, 14,90 Euro.
Verena Mayer ist freie Journalistin und Gerichtsreporterin .
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2011

Schlampig, naiv, egoistisch?
Markus Frenzels Rundumschlag gegen Berlins Außenpolitik

Unter den Scheffel stellt Markus Frenzel sein Licht wirklich nicht. Der 2009 mit dem "Marler Fernsehpreis für Menschenrechte" von Amnesty International ausgezeichnete Fernsehjournalist beklagt in seinem Buch das aus seiner Sicht völlig unangemessene Verhalten von Justiz, Militärführung und Diplomatie in Deutschland im Umgang mit hier lebenden mutmaßlichen Kriegsverbrechern und mit diktatorischen Regimes in Afrika und Asien. Zweifellos handelt es sich dabei um politische Ärgernisse - und es ist gut, wenn nicht darum herumgeredet wird. Aber ist es nicht ganz fair vom Autor, wenn er einzelne Fälle zum Ausgangspunkt eines grundsätzlichen Rundumschlags gegen die angebliche Menschenrechts-Vergesslichkeit Deutschlands macht?

Am ausführlichsten schildert Frenzel den Fall des Dr. Ignace Murwanashyaka, der 1989 als Student aus Ruanda nach Deutschland kam. Während er hier studierte, eskalierte in seiner Heimat der Bürgerkrieg zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi. Es kam zum Völkermord von 1994. Etwa 800 000 Tutsi und gemäßigte Hutu wurden von fanatisch aufgeputschten Hutus bestialisch ermordet. Die Vereinten Nationen griffen nicht ein. Eine Tutsi-Armee aus dem Nachbarland bot dem Morden Einhalt. Ihre Anführer übernahmen die Macht in Ruanda. Die Hutu-Milizen flüchteten in den Kongo, wo sie bald im blutigen Geschäft mit dem Diamanten- und Rohstoffhandel und in den verschiedenen Guerrilla-Kämpfen aller gegen alle kräftig mitmischten. Währenddessen stieg Murwanashyaka in Deutschland zum Präsidenten der Hutu-Rebellenarmee "Forces Démocratiques de Libération du Rwanda" (FDLR) auf. Aus seiner Mannheimer Wohnung befahl er FDLR-Massaker an der Bevölkerung im Ost-Kongo. Hinweise auf diese Aktivitäten ignorierten die deutschen Behörden.

Erst Ende 2009 wurde er verhaftet und vor dem Oberlandesgericht Stuttgart wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Auslöser dafür war, schreibt Frenzel, ein Bericht im ARD-Magazin FAKT aus dem Jahr 2008, in dem er der deutschen Justiz Untätigkeit und bewusstes Wegschauen vorgeworfen hat. Untätigkeit ja. Bewusstes Wegschauen, was so viel heißt wie: Geschehenlassen der Untaten, über die man genau informiert ist - das schießt wohl über das Ziel hinaus. Aber wie dem auch sei, man weiß im Fall Murwanashyaka nicht recht: Soll man über die schließlich doch erfolgte Anklage eher erleichtert sein? Oder eher verbittert über die enorme Verzögerung, bis es zur Anklage gekommen ist? Frenzel hat, gestützt auf ein paar hartnäckige Rechercheure der Vereinten Nationen, gute Aufklärungsarbeit geleistet. Bei der Frage nach den Gründen dafür, dass Deutschland zum sicheren Hafen für jemanden wie den FDLR-Präsidenten werden und so lange bleiben konnte, macht er es sich allerdings zu leicht. Deutsche Schlamperei?

Noch eine zweite Fallstudie beschäftigt sich mit einer Person aus Ruanda, Callixte Mbarushimana, der als Angestellter der Vereinten Nationen in Kigali nach Aussagen etlicher Zeugen aktiv am Völkermord 1994 beteiligt war. Die Anschuldigung bringt ihn 2008 kurzzeitig in ein deutsches Gefängnis. Aber dann wird er wieder freigelassen. Deutsche Naivität? Eine weitere Fallstudie befasst sich mit der Ausbildung junger Offiziere aus Entwicklungsländern in Einrichtungen der Bundeswehr am Beispiel des Moussa Dadis Camara. Der Offizier aus Guinea hielt sich längere Zeit in Deutschland auf und absolvierte mehrere Lehrgänge. Ende 2008 stand er an der Spitze eines Militär-Putsches in Guinea, der das ohnehin schwer gebeutelte Land noch tiefer ins Chaos stürzte. Knapp ein Jahr hielt sich der Diktator an der Macht. Dann wurde er ermordet. Beispiel für "deutsche Verantwortungslosigkeit"?

In Usbekistan herrscht seit dem Zerfall der Sowjetunion ein geschickt die internationale Lage und die geopolitischen Besonderheiten des Landes ausnutzender Diktator, Islam Karimow. Seit Deutschland Teil der internationalen Stabilisierungsmission in Afghanistan ist, nutzt es den nahe der afghanischen Grenze gelegenen usbekischen Flughafen Termes zur Versorgung der eigenen Truppen. Das hat seinen politischen Preis, einmal materiell, dann aber auch dadurch, dass die Berliner Politik sich bei der Anprangerung von Menschenrechtsverletzungen seitens des Regimes von Karimow verdruckst zurückhält. Für Frenzel ist derartige "deutsche Realpolitik" verwerflich. Dass eine Regierung bei Zielkonflikten zwischen unterschiedlichen Interessen und Werten nicht immer so entscheiden kann wie ein Evangelischer Kirchentag, verdrängt er.

Realpolitik und nationalen Egoismus sieht Frenzel auch in den Beziehungen zwischen Deutschland und Äthiopien am Werk. Mit ihrer "hemmungslosen Interessenpolitik" verrate die Bundesregierung ihre eigenen Werte, weil sie am Horn von Afrika präsent sein möchte und deshalb in Kauf nimmt, dass die Regierung von Äthiopien auf sehr eigenartige Weise mit deutschen Hilfsgeldern umgeht. Frenzel möchte den Lesern seines stilistisch immer etwas atemloser als nötig geschriebenen Buches die Vorstellung vermitteln, Deutschlands Außenpolitik sei auf keinem guten Wege. Denn die geschichtliche Verantwortung Deutschlands fordert eigentlich eine Moralpolitik, die durch "knallharte Realpolitik" unterminiert wird. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf interviewt er Stéphane Hessel, den großen alten Mann der gegenwärtigen Empörungskultur. Dieses Interview ist im Anhang des Buches nachzulesen. Das sollte man unbedingt. Hessels Äußerungen sind behutsam-abwägend und politisch weise. Kein Empörungsgestus, den der Interviewer mit seinen Fragen doch zu gerne hervorgelockt hätte. Stattdessen ein bedachtsames Lob an die Adresse der Bundesregierung.

WILFRIED VON BREDOW

Markus Frenzel: Leichen im Keller. Wie Deutschland internationale Kriegsverbrecher unterstützt. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011. 440 S., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein bisschen zu aufgeregt im Gesamtgestus erscheinen die Fallstudien und die daraus abgeleitete Kritik am Moralverständnis der deutschen Regierung beim Umgang mit internationalen Kriegsverbrechern dem Rezensenten. Was der Journalist Markus Frenzel da etwa über den bei uns beheimateten Chef der Hutu-Rebellen, Ignace Murwanashyaka, ans Licht bringt, schätzt Wilfried von Bredow zunächst zwar als gute Aufklärungsarbeit. Bei den Gründen für das Fehlverhalten der Regierung macht es sich Frenzel für Bredows Empfinden allerdings zu leicht. Schlamperei, Naivität, Verantwortungslosigkeit kann Bredow nicht erkennen. Eher schon das schwierige Geschäft der Diplomatie. Der am Ende des Buches vom Autor interviewte Stephane Hessel mache es vor: behutsam abwägend, politisch weise.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein echter Krimi, wenn's nicht so bitter wäre! Brillante Recherche, spannend geschrieben." -- Fabian Elsäßer, Deutschlandfunk

"Warlords unter uns - geduldet, gestützt, gefördert. Ein bisher wenig beachtetes Thema wird endlich aufgearbeitet. Akribisch recherchiert und detaillreich erzählt." -- Eric Beres, REPORT MAINZ
Warlords unter uns - geduldet, gestützt, gefördert. Ein bisher wenig beachtetes Thema wird endlich aufgearbeitet. Akribisch recherchiert und detaillreich erzählt.
Eric Beres REPORT MAINZ