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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.06.2007

Bahntickets gibt es am Bahnhof

Rom wird jedes Jahr von fünf Millionen Touristen besucht. Fast in Vergessenheit geraten hingegen ist die umgebende Landschaft, die als "römische Campagna" im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert ganze Generationen von Künstlern inspirierte und ein festes Ziel der "Grand Tour"-Reisenden war. Nun ist in der Überfülle an Romführern ein Buch hinzugekommen, das den Leser vor allem durch ebendiese Landschaft führen möchte. Die Konzentration auf die heutige Region Latium ist dabei noch das Erfreulichste. Das sich Rom widmende Kapitel gehört zum Kläglichsten, was je über die Stadt geschrieben wurde. Nicht nur die knappen Texte enttäuschen, es sind vor allem Sätze wie: "Hier wurde gestorben und geliebt, gefeiert und geweint, demonstriert und getrunken", mit dem der Autor eine atmosphärische Beschreibung des Campo de Fiori versucht, die eine Lektüre teils unfreiwillig komisch, meist aber ärgerlich macht. So ist der römische Hauptbahnhof, Stazione Termini (ein Meilenstein in der italienischen Architekturgeschichte), in diesem Führer nur ein "unsicheres Pflaster", hinter dem sich "allerdings seit einigen Jahren eine ausländische Subkultur angesiedelt hat". Dafür erfährt der Leser, in welchem Herrenbekleidungsgeschäft sich der Autor zu den Stammkunden zählt. Aufschlussreicher sind trotz der belanglosen Bebilderung die Exkursionen durch die Region Latium. Detailliert beschriebene Spaziergänge führen zu wenig bekannten Sehenswürdigkeiten. Dazu kommen Restaurant- und Übernachtungshinweise und, wie in dieser Buchreihe üblich, Exkurse, mit denen die oft oberflächlichen Texte thematisch vertieft werden sollen. Rätselhafterweise fehlt mit Ostia antica, dem Hafen des antiken Roms, die Beschreibung der nach Pompeji bedeutendsten archäologischen Stadtruine ganz Italiens. Und dass die Autoren in Latina, der unter Mussolini entstandenen Modellstadt, nur "gesichtslose Alltagsarchitektur" entdecken konnten, ist auch bei Vorbehalten gegenüber faschistischer Architektur nicht nachvollziehbar. Hübsch ist der Tipp im Kapitel Anreise: "Man kann Bahntickets an jedem größeren Bahnhof direkt kaufen."

üte

"Latium mit Rom" von Georg Henke und Frank Schwarz. Reise Know-How-Verlag, Bielefeld 2006. 588 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, 19,90 Euro. ISBN 10: 3-8317-1483-5.

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