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Preiser und Buchholz stellen die wichtigsten Ergebnisse der Kreativitätsforschung fundiert und verständlich dar und führen durch ein umfangreiches, anregendes und spannendes Programm mit einer Fülle von Übungen, Arbeitshilfen und Denkanstößen, um die kreativen Potentiale aufzuspüren.

Produktbeschreibung
Preiser und Buchholz stellen die wichtigsten Ergebnisse der Kreativitätsforschung fundiert und verständlich dar und führen durch ein umfangreiches, anregendes und spannendes Programm mit einer Fülle von Übungen, Arbeitshilfen und Denkanstößen, um die kreativen Potentiale aufzuspüren.
Autorenporträt
Siegfried Preiser, Jg. 1943, Dr. phil. habil. ist Professor für Pädagogische Psychologie am Institut für Pädagogische Psychologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und Leiter eines Weiterbildungsprojekts an der Universität. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kreativitätsförderung, politische und religiöse Sozialisation, Psychologie der Erwachsenenbildung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.2008

Königswege zur Kreativität

Der Kopf ist so leer wie die Kaffeetasse. Ein Königreich für einen guten Gedanken. Kreativität heißt das Zauberwort. Wie aber geht das, auf Knopfdruck kreativ zu sein? Einige Methoden helfen tatsächlich weiter.

Von Ursula Kals

Das Problem ist groß, die Ratlosigkeit auch, eine Idee nicht in Sicht. Wie gelange ich zu einer kreativen Lösung? Indem ich mir überlege, wie könnte man das noch verschlimmern oder verschlechtern. Die sogenannte Umkehrmethode macht den Kopf frei, wenn man auf der Suche nach einem kreativen Einfall auf dem Schlauch steht. Angela Sophia Wagner probiert diese Methode beim Kreativitätstraining mit Gruppen gerne und erfolgreich aus, "um aus Problemopfern Lösungstäter zu machen". Zum Beispiel fordert die Diplom-Psychologin Teilnehmer auf, sich zu überlegen, wie man ihr Unternehmen in drei Monaten in den Ruin treiben und durch Marketingmaßnahmen auch noch den allerletzten treuen Zulieferer und Kunden verprellen könnte. Was kann ich persönlich dazu beitragen, die Situation noch zu verschlimmern? Das lassen sich die meisten Kursteilnehmer nicht zweimal sagen. Der Druck, eine gute Idee zu produzieren, ist plötzlich entschärft: Statt sich hingebungsvoll ihren Grübeleien zu widmen, geraten die meisten Leute in Fahrt. "Es wird destruktive Lust aktiviert, und plötzlich ist Energie da", erklärt die Trainerin aus Wiesenbach nahe Heidelberg. Die Vorschläge werden zynisch, hemmungslos und sorgen für Heiterkeit: Kunden in Telefonendlosschleifen schicken, sie mit unverständlichen Werbebroschüren belästigen, Termine verschleppen, Aufträge verbaseln. "Man muss schmunzeln und bekommt Ideen", sagt Wagner. Natürlich sollte die Lust am Untergang nicht überstrapaziert werden, gemeinsam wird anschließend überlegt, wie man gute Strategien daraus ableiten kann.

Effizient findet Wagner auch die Walt-Disney-Methode, benannt nach dem Filmproduzenten, der erst nach großem Zaudern wagte, einen 90-Minuten-Film zu drehen. Dazu braucht es drei Stühle, die symbolhaft für den Träumer, den Bedenkenträger und den Realisten in uns stehen. Wer auf dem ersten Stuhl Platz genommen hat, soll seinen Traum vollständig benennen und "konkret an seinem Traumbild arbeiten". Zum Beispiel die Angestellte, die vom Berufswechsel und einem eigenen Laden träumt. Dann geht es eine Runde weiter auf Stuhl Nummer zwei. Hier wird überlegt: Was könnte dabei schiefgehen? Wenn ich scheitere, wer stellt mich dann noch ein? Schließlich sitzt die Ratsuchende auf Stuhl drei, dem Realistenstuhl, überlegt konkrete Schritte, skizziert einen Businessplan. "Es geht darum, die widerstreitenden Stimmen in uns räumlich und zeitlich zu trennen", sagt Angela Sophia Wagner vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen. "Solche Methoden holen uns aus unseren normalen Denktunneln und -fahrstraßen heraus."

Worüber bei den Kreativitätsexperten Konsens herrscht: Es gibt Bedingungen, die kreatives Denken erschweren und der inneren Selbstzensur noch äußere Blockaden bescheren. So zum Beispiel eine fehlende Fehlerkultur im Unternehmen, wo Pannen vertuscht und nicht sachlich geklärt und künftig vermieden werden. Und natürlich die berühmten Zu-teuer-wir-haben-kein-Personal-Killerphrasen, die täglich über deutsche Büroflure wabern. Das Schlagwort vom "Brainstorming", also ungefiltert Ideen zu äußern und den Gedanken freien Lauf zu lassen, führen zwar viele Führungskräfte im Munde, sie handeln aber anders. Ihr Bedenkenträger-Ja, aaaaber! bremst selbst die Phantasievollen aus. "Zunächst nichts zu bewerten, daran halten sich die wenigsten", beobachtet Psychologin Wagner mit Bedauern.

Killerphrasen, Totschlagargumente und Vorgesetzte, die zu erkennen geben, die Meinung der anderen ist mir nicht wichtig oder stört sogar, "das sind Kreativitätsvernichter", bestätigt Siegfried Preiser. Große Gedankenfreiheit verspricht hingegen das Brainwalking, eine Kreativitätsmethode, die der Frankfurter Psychologieprofessor bevorzugt. Angeregt durch das vielzitierte Brainstorming und Brainwriting, werden Flipcharts im Gebäude verteilt, "bis hin zum Parkplatz", empfiehlt der Wissenschaftler. Auf den großen Papierbögen ist dann jeweils eine Fragestellung zum Hauptproblem notiert, das die Gruppe lösen soll. Nun wird herumgelaufen. Die Teilnehmer gehen in beliebiger Reihenfolge zu den Flipcharts, ihre Aufgabe: Was einem einfällt, kann man aufschreiben. Langsam füllen sich die Bögen und bieten, so erklärt Preiser, "ein wachsendes Anregungspotential". Bekannt ist das Vorgehen vom populären Mindmapping, den sich entwickelnden Gedankenbäumen, bei denen ein Stichwort in der Mitte mehr oder weniger spontan ergänzt wird.

Siegfried Preiser nennt Vorzüge des 20 bis 30 Minuten langen kreativen Spazierens. Es herrscht Assoziationsfreiheit, das freie Herumwandern der Gedanken wird nicht unterbrochen. Nebenbei wird der Organismus wach, die Durchblutung des Gehirns wird gefördert. Es gibt zufällige Anknüpfungspunkte für spontane Eindrücke. Preiser nennt das Beispiel eines Vogelschwarms, den ein Brainwalker sieht, die munteren Krähen sorgen für Analogien, können an gegenseitige Absprache erinnern und daran, wie man den Kommunikationsfluss im Unternehmen verbessern kann.

Nicht zu unterschätzen ist bei dieser Methode auch der gewinnbringende Ortswechsel. Motto: Was ich ständig sehe, sehe ich gar nicht mehr. Und inspirierend ist der Konferenzraum mit seiner konfektionierten Möblierung nicht wirklich. Schon wer sich mit seinem Team mal zum Italiener nebenan verabredet, kann in ungewohnter Umgebung leichter auf neue Gedanken kommen - ein simpler Trick, der manch teures Teamfindungsseminar am Tegernsee ersetzen kann.

Nach den lockeren Rundgängen folgt die systematische Auswertungsrunde. Zwei Fragen stehen im Zentrum: Ist der Vorschlag realisierbar, zieht also der Vorstand mit? Und hat die Idee dann den gewünschten Erfolg, wird damit das Ziel besser erreicht? "Bei allen Kreativideen kommt Schrott mit raus", sagt Preiser. "Jetzt geht es darum, wie muss ich die Idee denn modifizieren, damit sie den gewünschten Erfolg hat?"

Auf einen Königsweg, um auf originelle und neuartige Einfälle zu stoßen, führt auch die Methode 635 des Unternehmensberaters Bernd Rohrbach. Die Idee ist einfach, aber wirkungsvoll: Sechs Personen reichen jeweils drei Ideen insgesamt fünfmal nach fünf Minuten weiter. Das systematische Weiterdenken üben die Amerikaner in ihren beliebten Creative-Writing-Seminaren, Motto: In jedem steckt ein Krimi-Schreiber. Auf jeden Fall bringen diese Techniken Schwung in öde Zusammenkünfte und fordern zum organisierten Querdenken auf.

So erobern sich verkopfte Erwachsene zurück, was ihnen Kinder vormachen, nämlich neugierig sein, etwas ausprobieren wollen, Entdeckerfreude entwickeln und sich trotz Misserfolgen neu begeistern. Diese Grundhaltung führt zum vielzitierten "Flow", dem selbstvergessenen kreativen Zustand, den Mihaly Csikszentmihalyi, Mitbegründer der sogenannten Positiven Psychologie, geprägt hat. "Damit tun sich allerdings Menschen schwer, die eine leistungsorientierte Selbstwertbindung haben", sagt die Hamburger Diplompsychologin Lilo Endriss. Also jene, die für eine Leistung eine Fünf bekommen und sich dann auch mangelhaft fühlen. Auf weiterführende Ideen stoßen hingegen eher Menschen, die eine große Konflikttoleranz haben und innere und äußere Konflikte gut aushalten können.

In ihren Workshops für Kreatives Management versucht Lilo Endriss eine Atmosphäre zu schaffen, um die oft sehr angepassten Mitarbeiter zu entspannen. Neben einem "radikalen Killerphrasen- und Killergestenverbot" lädt sie die Teilnehmer vorab ein, einen ungewöhnlichen Gegenstand mitzubringen. Im Seminar werden dann Gewürzkräuter, eine Maultrommel oder Fotocollagen gezeigt, und die Arbeitskollegen lernen sich außerhalb ihrer festen Rollen kennen. Nun ist der Boden bereitet, um beispielsweise die intuitiv-phantasieanregende Lexikon-Methode anzuwenden. Das fiktive Problem: Ich möchte eine besondere Silvesterfeier ausrichten. Im Lexikon wird zufällig die Seite 485 aufgeschlagen, achte Zeile. Lilo Endriss improvisiert: "Welches erste Substantiv taucht auf. Aha, Segelschiff. Große weiße Segel, vielleicht gestalten wir so den Raum. Assoziiert wird Wasser, will ich Eiswasser servieren, nutzen wir heißes Wasser? Was fällt mir zu Masten ein? Kleine Masten verweisen auf asiatisches Essen." So macht Endriss die Teilnehmer mit deren "innerem Künstler" bekannt, der sich spielerisch und phantasievoll ausdrücken möchte, dem das aber früh abtrainiert wurde und dessen Einfälle zurechtgestutzt worden sind.

Tun sich manche Berufsgruppen besonders schwer damit, kreativ zu sein? Lilo Endriss verneint: "Das geht vom Lagerarbeiter bis zum Geschäftsführer." Allerdings gebe es natürlich Berufszweige, die sich strenger an Regeln und eingefahrene Vorgehensweisen halten müssten als andere. Das sei auch gut so, betont Siegfried Preiser. Denn den spontan-kreativen Chirurgen, den mag nun wirklich niemand an seinem OP-Tisch stehen haben.

- Lesetipp: Siegfried Preiser und Nicola Buchholz: Kreativität. Ein Trainingsprogramm für Alltag und Beruf. Asanger Verlag, dritte Auflage. Zusammenschau aus wissenschaftlicher Forschung und praxisbezogener Umsetzung. Die Autoren forschen gemeinsam über "Kreativitätsklima in Organisationen".

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