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Wie müssen die Konzepte und Strategien aussehen, die im 21. Jahrhundert Frieden, Freiheit und Wohlstand schaffen? Ernst-Otto Czempiel versucht diese Fragen zu beantworten und analysiert die Konsequenzen für eine zeitgemäße Außenpolitik. Sein Buch ist zugleich eine brillante Einführung in die aktuellen Probleme der Weltpolitik. In der globalisierten Welt von morgen kann man Außenpolitik nicht mit den Mitteln von vorgestern betreiben. Die Staatenwelt, in der allein Regierungen agierten und die Macht nur aus den Gewehrrohren kam, gehört der Vergangenheit an. Große Wirtschaftskonzerne, mächtige…mehr

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Produktbeschreibung
Wie müssen die Konzepte und Strategien aussehen, die im 21. Jahrhundert Frieden, Freiheit und Wohlstand schaffen? Ernst-Otto Czempiel versucht diese Fragen zu beantworten und analysiert die Konsequenzen für eine zeitgemäße Außenpolitik. Sein Buch ist zugleich eine brillante Einführung in die aktuellen Probleme der Weltpolitik. In der globalisierten Welt von morgen kann man Außenpolitik nicht mit den Mitteln von vorgestern betreiben. Die Staatenwelt, in der allein Regierungen agierten und die Macht nur aus den Gewehrrohren kam, gehört der Vergangenheit an. Große Wirtschaftskonzerne, mächtige Nicht-Regierungsorganisationen und erstarkende Terrorgruppen sind längst ernstzunehmende Akteure des internationalen Systems geworden. In diesen Veränderungen liegen neue Gefahren, aber auch neue Chancen. Krieg und Gewalt lassen sich verringern, wenn Herrschaftssysteme demokratisiert und regionale internationale Organisationen eingesetzt werden. Kluge Macht kann viel erreichen. Ernst-Otto Czempiel, einer der bedeutendsten Theoretiker der internationalen Beziehungen unserer Zeit, zeigt Wege zu einer neuen Außenpolitik auf. Er entwirft nicht nur Strategien und Konzepte jenseits der überholten Kabinettspolitik, sondern schildert auch mit glänzender Sachkenntnis die Entstehung und die politischen Folgen der neuen Gesellschaftswelt. Sein Buch ist ein unentbehrlicher Beitrag zur Diskussion über die Zukunft der internationalen Beziehungen in einer globalisierten Welt.
Autorenporträt
Dr. Ernst-Otto Czempiel ist Professor em. für Auswärtige und internationale Politik an der Universität Frankfurt/Main und arbeitet an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.03.2000

Die Realpolitik überholt
Was als eine Art demokratischer Fürstenspiegel daherkommt, ist eine kluge Macht-Streitschrift - nicht ohne Widerspruch

Ernst-Otto Czempiel: Kluge Macht. Außenpolitik für das 21. Jahrhundert. Verlag C. H. Beck, München 1999. 274 Seiten, 48,- Mark.

Ein schöner Titel; ein Appell auch, der Klugheit Macht zu geben und die Mächtigen klug handeln zu lassen. So erwartet man von diesem Buch eine Art demokratischen Fürstenspiegel, eine Mischung aus Analyse von Rahmenbedingungen und aus Grundsätzen für künftiges außenpolitisches Handeln. Genau das also, was in der tagespolitischen Debatte über internationale Politik fehlt. Ernst-Otto Czempiel ist allerdings auch immer ein höchst kämpferischer (und klug disponierender) Kopf in den Theorie-Debatten zwischen den verschiedenen Schulen und Seilschaften der Zunft gewesen. Die "Kluge Macht" soll nun beides in einem Streich erbringen, den theoretischen Triumph über die intellektuellen Gegner und die Beratungshoheit für die praktische Außenpolitik. Das ist zu viel gewollt. Dadurch verheddern sich zuweilen die Argumentationslinien. Auf der Kehrseite des übertriebenen Willens zur Eindeutigkeit von internationaler Lagebeurteilung und Politik-Empfehlung macht sich ein Hang zur dogmatischen Verkürzung bemerkbar und zum unwirschen Abservieren aller nicht ins Bild passenden Fakten und Deutungen.

Czempiel hat sich vorgenommen darzustellen, welche Außenpolitik in Zukunft möglich, nötig und erfolgreich sein wird. Wenn er von Außenpolitik spricht, meint er nicht nur die deutsche Außenpolitik. Für das internationale System benutzt er einen eigenen Begriff, Czempiel'sches Markenzeichen sozusagen: Gesellschaftswelt. Sie ist ein Zwischending im Übergang von der Staatenwelt zur alle Kontinente der Erde umfassenden und integrierenden Weltgesellschaft. Zwar gibt es noch Staaten, zwar gehört grenzüberschreitende Politik, eben Außenpolitik, nach wie vor zu ihrem Aufgabenkreis. Aber mehr und mehr sind andere Handlungsträger verantwortlich dafür: Konzerne, Interessenverbände, humanitäre Organisationen. Diese Gruppen und Organisationen formulieren ihre Ziele nicht im Rahmen nationaler Politik. Deswegen können Regierungen schon lange nicht mehr wirklich in "nationalem Interesse" operieren. Wer dieses Konzept weiterhin für sinnvoll hält, geht in die Irre.

Von den Regierungen erwartet Czempiel wenig, weil sie die Tendenz haben, Politik, insbesondere Außenpolitik, noch immer nach den überholten Kategorien der Macht- oder Realpolitik zu betreiben. Diese Politik-Art führe direkt ins Sicherheitsdilemma, zu Hegemonie, Imperialismus, internationalen Krisen und Krieg. Das soll den Regierungen von den nicht-staatlichen Handlungsträgern ausgetrieben werden. Wenn die Regierungen die alten Gleise der Realpolitik nicht verlassen wollen, sollten die Gesellschaften die Weichen umstellen.

Das Heil kommt aus der Gesellschaftswelt. Es hat darin nach Czempiel zumindest bessere Karten. Denn die Gesellschaftswelt ist für ihn vornehmlich Wirtschaftswelt, was soviel heißt wie: Die meisten Handlungsträger in dieser Gesellschaftswelt verfolgen das Ziel, reich zu werden. Sie wollen deshalb keinen Krieg, weil sie von ihm nichts haben, abgesehen von der kleinen Minderheit der Rüstungskonzerne. Die einzig angemessene Staatsform für die Gesellschaftswelt ist die Demokratie. In Demokratien denken der Souverän, das Volk, und die Regierung nicht in Kategorien physischer Gewalt zur Durchsetzung politischer Interessen. Dadurch hat sich der Kontext staatlicher Außenpolitik radikal verändert. Die Ausbildung der Gesellschaftswelt bedeutet weiter eine erhebliche Zunahme der gegenseitigen Abhängigkeit von Staaten und nicht-staatlichen Akteuren, was einen weiteren Grund abgibt, warum Krieg von ihnen abgelehnt wird. Ein Problem der Gegenwart besteht darin, dass die ihrer Definition nach nur aus Demokratien bestehende Gesellschaftswelt sich nur in bestimmten Maxi-Regionen der Erde weit entwickelt hat, wohingegen anderswo die anarchische Staatenwelt weiterhin dominiert. Hier kommt die Macht ins Spiel. Macht entspringt schon längst nicht mehr nur den Gewehrläufen, sagt Czempiel denjenigen, die dieser kruden und im Übrigen auch in der Vergangenheit niemals zutreffenden Vorstellung anhängen sollten. Wer Macht hat, kann sie auf verschiedene Weise ausüben. Erstens als direkte Einwirkung auf den Gegenüber: Ich zeige dir, dass ich stärker bin und dir meinen Willen aufzwinge. Solche "Beziehungsmacht" greift häufig auf Gewaltmittel zurück. In der neuzeitlichen Staatenwelt habe es nichts anderes gegeben als diese Machtform - eine Behauptung, die den von Czempiel wenig geschätzten realpolitisch argumentierenden Historikern die Augenbrauen hochtreiben dürfte. Die zweite Machtform nennt Czempiel mit einem in der Politikwissenschaft seit mehreren Jahren häufig verwendeten englischsprachigen Begriff: governance. Es ist die aus der Interdependenz sich ergebende Möglichkeit, politische Entwicklungen zusammen mit anderen Handlungsträgern einvernehmlich zu steuern. Diese Machtform beruht auf dem Konsens der Betroffenen, und wer diesen Konsens zustande bringt, in der Regel ja einen Konsens, der ihm selbst auch nicht gerade schadet, der übt seine Macht auf sanfte Weise aus. Über die dritte und in Zukunft immer wichtiger werdende Machtform, Meta-Macht oder strukturelle Macht, verfügt derjenige, der die Strukturen der Beziehungen zwischen den Handlungsträgern auf Dauer so zu steuern vermag, dass sie seinen Zielen dienen.

Solche etwas sperrige theoretische Überlegungen, sie fassen den in früheren Publikationen vorgestellten Ansatz von Czempiel noch einmal zusammen, bilden den Ausgangspunkt für eine große Zahl von Handlungsempfehlungen an die Regierungen. Illustriert werden sie mit Hinweisen auf verfehlte Außenpolitik der letzten Jahre, zum Beispiel die Nato-Ost-Erweiterung und das Eingreifen der Nato in Kosovo. Hier geht es mitunter recht harsch zu; die kritischen Anmerkungen zur Außenpolitik von Nato und Bundesregierung fallen unmissverständlich aus. Seltener sind Hinweise auf richtige außenpolitische Entscheidungen, zum Beispiel und als Überraschung: die China-Politik der Vereinigten Staaten.

Kluge Macht macht Folgendes: Sie baut die Vereinten Nationen so aus, dass sie viel eigenständiger und unabhängiger von den fünf Veto-Staaten im Sicherheitsrat handeln können. Was die Bürgerkriege in den unruhigen Gegenden der Welt betrifft, so lässt kluge Macht es mittels Früherkennung und Vorbeugung erst gar nicht zu Ausbrüchen von organisierter Gewalt kommen. ABC-Waffen werden abgeschafft. Liberale Reformen werden in/für Russland eingekauft. Am Ende leben wir alle in einer Welt, in welcher Konflikte nur noch Positionsdifferenzen ausdrücken, und die kann man über multilaterale Verhandlungen abgleichen. Kriege wird es jedenfalls nicht mehr geben.

Ein schönes Bild der Zukunft. Aber wird es dazu kommen? Kaum. Zumal man bei der Lektüre auf Widersprüchliches stößt. Da heißt es etwa: Die Staatenwelt sei vergangen. Staatsgrenzen markierten nur noch Verwaltungsbereiche. Aber etwas später liest man: Natürlich seien die Regierungen der Staaten heute so wichtig und so aktiv wie ehedem. Und die Interessen der Wähler und ihre Finanzierungsbereitschaft endeten in der Regel an den Staatsgrenzen. Da scheinen die Verwaltungsgrenzen doch eine höhere Bedeutung zu haben. Deshalb müssten die Bürger der Gesellschaftswelt darüber aufgeklärt werden, dass ihre Interessen keinesfalls an den Staatsgrenzen aufhören. Wer soll das machen? Die Politiker? Aber denen soll, meint Czempiel, der Wille zum vorbeugenden finanziellen Eingreifen in Konflikte, die zu Bürgerkriegen eskalieren könnten, von der Gesellschaft abgefordert, abgenötigt werden. Wer klärt wen auf? Die zahlreichen Bürgerkriege in der Welt von heute deutet Czempiel als Zeichen des Aufstiegs der (per definitionem ja demokratischen) Gesellschaftswelt allüberall auf dem Globus. Die Gesellschaften wendeten Gewalt an, um sich einer Herrschaft zu entledigen, die sie nicht mehr akzeptieren. Zwar kann man so eine überaus betrübliche Entwicklung der letzten Jahre als Vorbote des Durchbruchs von Demokratie und Frieden interpretieren, aber da ist, so steht zu befürchten, doch mehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Da hilft es auch nicht, wenn der Autor auch schon einmal kräftig polemisiert, um Skeptiker zur von ihm festgelegten Ordnung zu rufen.

"Kluge Macht" ist ein gehaltvolles und zum Widerspruch anregendes Buch. Der Autor hatte es anders gemeint. Sein Buch sollte die Weltpolitik der Gegenwart in ihren Grundzügen erklären und den Politikbeobachtern und vor allem den Politikmachern die richtigen Handlungsrezepte vorgeben. Vermutlich werden die Redenschreiber von Politikern es am intensivsten studieren. Ihre Aufgabe besteht ja darin, die Mächtigen klug reden zu lassen.

WILFRIED VON BREDOW

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Grundsätzlich stimmt Hubert Wetzel Czempiels Forderungen zu: Ein neues, der Globalisierung Rechnung tragendes Demokratiemodell müsse entwickelt werden, das weniger auf nationale Interessen oder gar militärische Macht setze, als auf Kooperation und Gewaltfreiheit. Allerdings fühlt sich Wetzel bisweilen an "friedenspolitische Beißreflexe " erinnert und gibt zu Bedenken, dass es beispielsweise im Falle der Nato-Ost-Erweiterung keineswegs an Foren, sondern vielmehr an politischem Willen gemangelt habe. Und noch einen Einwand äußert Wetzel zu diesem Buch: Czempiels Absicht sei es, sich mit seinen Thesen an die Öffentlichkeit zu wenden. Wer aber nicht so sattelfest in den Theorien zur Aussenpolitik und Internationalen Beziehungen sei, werde sich in diesem Buch kaum zurecht finden.

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