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Wodurch zeichnen sich Imperien aus? Welche Gefahren birgt eine imperiale Ordnung? Und welche Chancen bietet sie? Mit einem Mal sind diese Fragen nicht mehr nur von historischem Interesse. Die USA haben inzwischen eine Vormachtstellung inne, die viele für bedrohlich halten. Bestimmen die Politiker in Washington die Regeln, denen der Rest der Welt zu folgen hat? Oder gibt es eine Logik der Weltherrschaft, der auch sie sich beugen müssen? Herfried Münkler zeigt, wie ein Imperium funktioniert und welche Arten von Imperien es in der Vergangenheit gegeben hat. Ein souveräner Gang durch die…mehr

Produktbeschreibung
Wodurch zeichnen sich Imperien aus? Welche Gefahren birgt eine imperiale Ordnung? Und welche Chancen bietet sie? Mit einem Mal sind diese Fragen nicht mehr nur von historischem Interesse. Die USA haben inzwischen eine Vormachtstellung inne, die viele für bedrohlich halten. Bestimmen die Politiker in Washington die Regeln, denen der Rest der Welt zu folgen hat? Oder gibt es eine Logik der Weltherrschaft, der auch sie sich beugen müssen? Herfried Münkler zeigt, wie ein Imperium funktioniert und welche Arten von Imperien es in der Vergangenheit gegeben hat. Ein souveräner Gang durch die Geschichte und zugleich die brillante Analyse eines hochaktuellen Themas.

Autorenporträt
Herfried Münkler, geboren 1951, ist Professor für Politikwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Viele seiner Bücher gelten mittlerweile als Standardwerke, etwa "Die neuen Kriege" (2002), "Imperien" (2005), "Die Deutschen und ihre Mythen" (2009), das mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde, sowie "Der Große Krieg" (2013) und "Die neuen Deutschen" (2016), die beide monatelang auf der "Spiegel"-Bestsellerliste standen.
Rezensionen
"Herfried Münkler ist ein wandelnder Ein-Mann-Think-Tank." (Die Zeit)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2005

Große Würfe
Zusammengestellt von Eberhard Rathgeb

WÜRDE EINE ÖKOLOGISCHE Weltregierung den drohenden Untergang der Welt verhindern können? Der amerikanische Geograph und Evolutionsbiologe Jared Diamond hat in seinem Bestseller über den Kollaps von Kulturen einige Gesellschaften untersucht, die untergegangen sind, weil sie blind ihren eigenen Interessen und Vorteilen gefolgt sind und sich um ihre ferne Zukunft keine Sorgen machten. Kann die Gegenwart etwas aus diesen Katastrophen lernen? Diamond stellt ein Frühwarnsystem auf. Doch allzuoft scheint der Rückblick in die Geschichte nur dazu zu dienen, vergangene Erscheinungen als vergangene Erscheinungen abzuhaken. Ein Beispiel dafür ist so etwas Ungezähmtes und Großes wie ein Imperium, das wir bei den Römern vermuten, aber nicht bei uns. Doch das Imperium ist zurückgekommen. Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler zeigt, daß die Vereinigten Staaten längst wieder sind, was einmal gewesen war: Statthalter der Weltherrschaft. Wahrscheinlich steht das alles, Untergang und Imperium, in dem berühmten geheimnisvollen Voynich-Code, den der englische Antiquar Wilfrid Voynich 1912 entdeckte und den zu entziffern sich die Wissenschaft bislang erfolglos bemühte.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.07.2005

Eine Mission und ihre Ränder
Imperium: Herfried Münkler stellt einen weltgeschichtlichen Grundbegriff wieder her
Die Klärung des Begriffs „Imperium” zählt schon lange zu den vordringlichen Aufgaben der weltpolitischen Auseinandersetzung. Er wabert undeutlich vor allem in der amerikafeindlichen Literatur und meint da den illegitimen Griff nach der Weltmacht. Seine popkulturellen Assoziationen reichen bis tief in Weltall und Zukunft, sie umfassen aber auch technische Hinterwelten wie das Internet, und natürlich geistert zumal bei Globalisierungsgegnern auch noch die leninistische Imperialismustheorie durch die brausenden Köpfe. Welthistorisch vergleichende Studien wie Peter Benders vorzügliche Darstellung „Weltmacht Amerika - Das neue Rom” (2003) oder Niall Fergusons Aufruf an die Amerikaner, ihre imperiale Rolle beherzt anzunehmen („Das verleugnete Imperium”, 2004) konnten das Feld noch längst nicht in vollem Umfang abstecken, hoben sich aber durch ihre Klarheit erfreulich von der beliebten „Empire”-Schwarte des Duos Negri/Hardt ab.
Die weltgeschichtliche Präzisierung leistet nun Herfried Münklers bestechend knappes und gut lesbares Buch, dessen Untertitel „Die Logik der Weltherrschaft” nicht zu viel verspricht. Münkler ist ein unermüdlicher Auswerter von Literatur, wobei er sich nicht scheut, auch Klassiker wie Thukydides, Montesquieu oder Gibbon für die aktuellen Fragen heranzuziehen. Seit Heinrich Triepels gewichtigem Werk über die „Hegemonie” von 1938 wurde eine so umfassende vergleichende Untersuchung in deutscher Sprache zu diesem Thema nicht mehr vorgelegt. Der Radius der Gegenstände ist universal: Nicht nur Rom und das britische Empire kommen zur Sprache, sondern auch China, das mongolische Steppenimperium, die Seeimperien der Spanier, Holländer und Portugiesen, die Vielvölkerreiche der Zaren, Habsburger und Osmanen.
Gewalt und Versprechen
Deutlichkeit gewinnt Münkler dabei vor allem durch die Abgrenzung des Imperiums vom Staatsbegriff. Staaten sind in viel höherem Maße integriert, vor allem als Nationalstaaten: Sprachliche, kulturelle, administrative, rechtliche, wirtschaftliche und militärische Grenzen fallen zusammen. Bei solcher „Grenzbündelung” sind Staaten in ihrer Welt nie allein, sondern koexistieren mit anderen Staaten, teils kriegerisch, teils in Koalitionen und Gleichgewichtssystemen.
Imperien dagegen sind allein, sie beherrschen ihre „Welt”, deren Radius variabel ist und von regionalen Ökumenen bis ins All reichen kann. Doch sind sie weit ungleichmäßiger integriert, sie stufen sich ab vom beherrschenden Zentrum bis zu Vorgeländen und Außenposten. Ihre Grenzen sind verschwimmende Peripherien. Im Inneren sind solche Reiche viel heterogener, oft vielsprachig und multinational. Zwischen Staaten einerseits und Imperien andererseits siedelt Münkler den Begriff der Hegemonie an, die er als eine in Bündnissystemen formalisierte Vorherrschaft beschreibt.
Sodann unterscheidet Münkler zwischen Land- und Seeimperien, und er berücksichtigt dabei auch die Steppenimperien der Reiternomaden. Landimperien sind statisch und militärisch, Seeimperien beruhen oft nur auf Handelsstützpunkten und einer starken Flotte, ihr Kern ist nicht die Beherrschung von Räumen, sondern von Strömen, des Verkehrs, des Handels, der Information. Münkler entwickelt die imperiale Eroberungs- und Ordnungsdynamik sehr stark aus den Peripherien. Es ist, so seine These, nicht nur der Ausbreitungswille im Zentrum, der zum Aufbau großräumiger Herrschaftsstrukturen führt, sondern auch die Sogkraft der Ränder.
Im Vorgelände der Imperien leben „Barbaren”, von denen das auch zivilisatorisch überlegene Imperium sich in aller Regel abhebt. Damit kommt Münkler zur inneren Struktur und Selbstdefinition. Um dauerhaft zu werden, müssen Imperien nach ihrer gewaltsamen Entstehung die „augusteische Schwelle” überschreiten wie Rom zur Zeit des Kaisers Augustus: Ihre Ordnung muss rational systematisiert, verrechtlicht, kulturell veredelt, mit einer „Mission” gekrönt werden. Aus dem Kreislauf von Aufstieg und Zerfall muss das Imperium die Möglichkeit erneuerbarer Zyklen gewinnen, auch durch das Versprechen von Frieden und Wohlstand. Zur militärischen Machtquelle treten nun die drei anderen: politische, wirtschaftliche, aber auch ideologische.
All das illustriert Münkler ebenso bündig wie farbig aus der Geschichte der Großreiche. Für die missionarische Seite bietet nicht nur Rom das klassische Anschauungsmaterial - Vergil und Horaz kommen zu Wort -, sondern auch das gegenreformatorische Spanien oder Großbritannien. Die prekären Ordnungsfunktionen imperialer Herrschaft zeigen das Habsburgerreich und die Osmanen, den Identitätswechsel einer „augusteischen Schwelle” exemplifiziert auch das russische Reich unter Peter dem Großen mit seinem Zwiespalt von byzantinischer Mission und westlicher Modernisierung. Jeder Einzelfall bietet andere Lösungen und Widersprüche.
Das spanische Seeimperium rentierte sich nur, solange das südamerikanische Gold floss; weil der Zwang, die Flotten mit staatlichen Geleitzügen vor Überfällen zu schützen, die Entwicklung jenes freien Seehandels unterband, der das holländische und das britische Seereich so profitabel machte. Und Spaniens „Mission” - die Wiederherstellung der Glaubenseinheit auf dem Kontinent - stand in eklatantem Widerspruch zu seinen kolonialen Interessen. Ähnliches galt die für Sowjetunion mit ihrer kommunistischen Weltmission. Die berüchtigte imperiale Überdehnung tritt erst nach der „augusteischen Schwelle” in Form wachsender Beherrschungskosten auf, die sich im besten Fall in einer zivilisatorischen Angleichung der Peripherie auszahlt.
All das führt auf den gegenwärtigen, den amerikanischen Fall. Nach Münklers Typologie kann kein Zweifel mehr bestehen, dass die Vereinigten Staaten ein vollgültiges Imperium darstellen. Die Übermacht in der eigenen Welt, die Asymmetrie der Außenbeziehungen, die vielfältig abgestuften Peripherien und Einflusszonen mit hunderten Militärstützpunkten, die weit ausgedehnte Kontrolle über Waren- und Datenströme, die technologische Vorherrschaft, die Beherrschung des Alls - schon alle materiellen Umstände lassen dies unmissverständlich werden. Mag Amerika sich noch so gern an der frühen Römischen Republik orientieren, es hat längst seine augusteische Schwelle überschritten.
In Münklers Strukturanalyse verlieren heftig kritisierte Eigentümlichkeiten der gegenwärtigen Administration ihre Zufälligkeit. Missionarisches Bewusstsein und moralistische Selbstrechtfertigung bis hin zum Konzept des gerechten Krieges gegen „böse” Feinde gehören zu den wiederkehrenden Mustern imperialer Herrschaftslogik. Dabei verleugnet Münkler nicht die Besonderheiten globaler Hypermoral unter modernen Medienbedingungen: Imperiale Räson kann durchaus in Widerspruch geraten zur moralischen Mission, also zu einer Selbstüberforderung unter dem Eindruck herzzerreißender Berichterstattung aus den Peripherien.
Auch den fundamentalistischen Terrorismus versteht Münkler als fast zwangsläufigen Kampf der Peripherie mit dem Zentrum, nur dass er sich auf die Knotenpunkte der Weltströme richtet, anstatt an den Grenzen zu nagen. Naiv ist es, die Amerikaner auf die „weiche Macht” von Idealen und Konsensen zu verpflichten, denn der Kampf der Islamisten richtet sich in Münklers Sicht gerade gegen die „soft power” der USA, gegen ihre dominante kulturelle Lebensform. Der Terrorismus ist kein Befreiungskampf um einen Raum, sondern ein Krieg zwischen Lebensweisen - das macht ihn so unbefriedbar. Ein frühes Modell solchen Identitätskrieges erkennt Münkler im Makkabäer-Aufstand der Juden gegen das hellenistische Seleukidenreich.
Das USA-Imperium muss halten
Auch Europa, diese übernationale Superstruktur neuen Zuschnitts, trägt Münkler zufolge imperiale Züge, vor allem in seinem Verhältnis zu seinen Peripherien im Osten und am Mittelmeer. Das europäische Ordnungsinteresse ist hier unabweisbar; kühl relativiert Münkler Identitätskonzepte, welche Europa nach dem Modell integrierter Nationen bauen und abgrenzen wollen. Ähnlich wie Ralf Dahrendorf sieht er die Zukunft Europas eher als Ordnungsmacht, die zu Recht, Frieden und Sicherheit in ihren Vorgeländen beitragen sollte.
Herfried Münkler hat aus einem Meer von Literatur einen Brühwürfel der Information gewonnen, aus dem noch viele Leitartikler ihre Suppen kochen können. Noch besser wäre es, man nähme die in den Fußnoten und der Bibliografie gesammelten Anregungen auf und läse weiter. Eines ist aber nach der Lektüre schon heute deutlich: Um die Zukunft der Weltordnung einzuschätzen, braucht es mehr als etwas Kant und „Weltinnenpolitik”, und wer über Europa nachdenkt, sollte von allen nationalstaatlichen Analogien endlich entschlossen Abstand nehmen. Unmissverständlich geht aus Münklers Darlegungen hervor, dass der von so vielen vorhergesagte und gewünschte Zusammenbruch des amerikanischen Imperiums nicht weniger bedeuten würde als eine Katastrophe planetarischen Ausmaßes. Ohne Abstriche gilt, was der Bush-Kritiker Richard Rorty gesagt hat: In der gegenwärtigen Lage sei die „Pax Americana” das Beste, worauf die Welt hoffen könne.
GUSTAV SEIBT
HERFRIED MÜNKLER: Imperien. Die Logik der Weltherrschaft vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten. Rowohlt Berlin, Berlin 2005. 332 S., 19,90 Euro.
Auch im Krieg der Sterne wird die „augusteische Schwelle” zum Imperium überschritten: Imperator Palpatine in einer Szene des Films „Die Rückkehr der Jedi-Ritter”.
Foto: Lucasfilm/Cinetext
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Jörg Fisch spart nicht Lorbeeren: Prägnant, faszinierend, immer wieder überraschend, ja sogar brillant findet er Herfried Münklers Abhandlung über die Logik von Weltreichen, und doch ist er nicht überzeugt. Wie kommt's? Zunächst einmal beschreibt Münkler solche Staaten als Imperien, die sich ein übergeordnetes, hegemoniales Verhältnis zu anderen Staaten gesichert haben. Dies ist seiner Ansicht für die USA eindeutig der Fall. Was Fisch jetzt besonders interessiert, ist, wie Münkler den Begriff der augusteischen Schwelle anwendet. Mit Rekurs auf das Römische Reich ist damit der Punkt gemeint, an dem ein Imperium von der Expansion zur Konsolidierung seiner Macht übergeht, die Peripherie verstärkt einbindet und die Privilegien des Zentrums abbaut. Die Ergebnisse dieser Überlegungen hält Fisch für ausgesprochen spannend. Einwände erhebt er jedoch gegen Münklers Geschichtsbild, wonach Imperien quasi in der Gesetzmäßigkeit der Weltgeschichte liegen, das eine nur das andere ablösen kann. Für unhistorisch verkürzt hält er, dass Münkler nicht zwischen der Macht und dem Recht der Staaten unterscheidet. Denn natürlich werde es immer stärkere und schwächere Staaten geben, was aber nicht bedeutet, dass sie rechtlich nicht gleichgestellt sein könnten.

© Perlentaucher Medien GmbH
Herfried Münkler ist ein wandelnder Ein-Mann-Think-Tank. Die Zeit