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Kann ein Schriftsteller etwas schöneres verschenken als eine Geschichte? Immer wieder hat Stefan Heym bei passender Gelegenheit seine Frau Inge mit einer Geschichte überrascht. Kurz vor seinem Tod im Dezember 2001 hat er diese sehr persönlichen Erzählungen zu einem Band zusammengestellt und den Künstler Horst Hussel gebeten, sie zu illustrieren. Es sind ebenso liebevolle wie spitzzüngige Zwiegespräche mit sich und der Welt - über das gegensätzliche Ordnungsverständnis von Mann und Frau, über den weiblichen Instinkt, der den Straßenbaumaßnahmen des Kapitalismus eher gewachsen ist als der…mehr

Produktbeschreibung
Kann ein Schriftsteller etwas schöneres verschenken als eine Geschichte? Immer wieder hat Stefan Heym bei passender Gelegenheit seine Frau Inge mit einer Geschichte überrascht. Kurz vor seinem Tod im Dezember 2001 hat er diese sehr persönlichen Erzählungen zu einem Band zusammengestellt und den Künstler Horst Hussel gebeten, sie zu illustrieren. Es sind ebenso liebevolle wie spitzzüngige Zwiegespräche mit sich und der Welt - über das gegensätzliche Ordnungsverständnis von Mann und Frau, über den weiblichen Instinkt, der den Straßenbaumaßnahmen des Kapitalismus eher gewachsen ist als der automatische Navigator im Auto, und über die Probleme mit den modernen Sicherheitsschlössern. Es geht um vertauschte Servietten und Kuchenkrümel auf dem Teppich, um die Schwierigkeiten im Umgang mit weiblicher Aura, um die ängstliche Seele eines Rebellen und die Schuldgefühle eines Liebenden. Und es geht - zu allererst - um die zärtliche Zuneigung zu "seinem Weib". Heyms entwaffnend ehrliche und wunderbar tröstliche Geschichten sind ein Hohelied auf die Liebe, das alle Ingredienzen enthält, die ihn berühmt gemacht haben: ein herrlich freches Mundwerk, ungebeugter Eigensinn, kompromisslose Klarheit und hintergründiger Witz. So geben diese Texte auch den Blick frei auf einen der bedeutendsten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Autorenporträt
Heym, Stefan§Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, emigrierte, als Hitler an die Macht kam. In seiner Exilheimat New York schrieb er seine ersten Romane. In den 50er Jahren, gefährdet durch die Intellektuellenverfolgung des Senators McCarthy, kehrte er nach Europa zurück und fand Zuflucht, aber auch neue Schwierigkeiten in der DDR. Als Romancier und streitbarer Publizist wurde er vielfach ausgezeichnet und international bekannt und gilt heute als einer der bedeutenden Autoren der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er starb 2001.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Sehr angerührt haben Dieter Borchmeyer die eigentlich als private Geschenke an seine Frau Inge gedachten Geschichten von Stefan Heym. Die "jüdelnde" Sprache, das Selbstironische des Juden Heym und besonders der zunächst sehr private Charakter der liebevoll seiner Frau gewidmeten Beobachtungen aus dem burlesken Alltag des ehemaligen Alterspräsidenten des Bundestages und "unorthodoxen Juden" machen diesen zweiten Band (der Erste mit Ähnlichem "Immer sind die Weiber weg" war 1997 erschienen) zu einer, so Borchmeyer, höchst vergnüglichen und anrührenden Lektüre. "Ein Hohelied der Ehe und der Altersliebe", urteilt der Rezensent, "das mehr zu Herzen geht als manche Liebesgeschichte, welche die 'öffentliche Literatur' zu Markte trägt."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.05.2003

DASHÖRBUCH
Schuldige Männer
Geschichten Stefan Heyms,
gelesen von Gustl Weishappel
Gustl Weishappels Stimme ist bei den Hörern des Bayerischen Rundfunks seit fünf Jahrzehnten populär. In den sechziger Jahren wurde jedes bayerische Schulkind von ihm auf den Weg geschickt, denn er moderierte die Frühsendung des Bayerischen Rundfunks, wo er kurz nach halb acht aufs Thermometer „aufm Fensterbankl” blickte (offenbar am Studiofenster) und sprach: „Liabe Schuikinder, ziagt’s eich o, damita ned z’schbäd in d’Schui kimmts.” Diese mit den Jahren ordentlich durchgearbeitete Stimme ist ein wenig grell, sie knarrt, zischt und explodiert immerzu. Weishappel spricht auch das Hochdeutsche so wenig korrekt, dass beispielsweise ein „Wagen” zu „Walen” wird.
Gelegentlich ist das Geraschel der Manuskriptseiten zu vernehmen. Aber ganz schnell wird es doch sehr gemütlich, dieses Flüchtige, Verwischte, Knorrige, denn es passt zu den kleinen Geschichten, die Stefan Heym seiner Frau Inge gelegentlich geschenkt hat und die nun, da er neunzig Jahre alt geworden wäre, als Hörbuch erscheinen. Auch wenn Heym selbst, am 10. April 1913 im sächsischen Chemnitz geboren, einen ganz anderen Akzent sprach.
Die Burlesken handeln vom älteren Ehepaar Heym, wie es in prekäre Situationen gerät, beispielsweise wie die fast nackten alten Eheleute durch einen Luftzug auf die Terrasse ausgesperrt werden, nachdem neue Sicherheitsvorkehrungen am Haus getroffen wurden und nun statt der Klinke ein nicht drehbarer Knauf sowohl an unbefugtem wie auch befugtem Eintritt ins Haus hindert. Das könnte eine platte Geschichte sein, wie auch die über den neuen Navigator im neuen Auto. Heym hat jedoch jeden Klamauk vermieden, weil er durch diese Umständlichkeiten in jiddischem Tonfall letztlich nur von der Liebe erzählt, die bekanntlich immer bleibt.
MARTIN Z. SCHRÖDER
STEFAN HEYM: Immer sind die Männer schuld. Gelesen von Gustl Weishappel. 150 min. Random House Audio, 2003. 2 CD, 19,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Aller guten Dinge sind drei(zehn)
Der Sammelband Immer sind die Männer schuld enthält 13 Geschichten, die Stefan Heym im Laufe der Jahre für seine Frau Inge geschrieben hat. Kurz vor seinem Tode im Dezember 2001 vereinte der 86jährige die Erzählungen in einem Band, den er durch den Künstler Horst Hussel illustrieren ließ. Der 1934 geborene Mecklenburger Grafiker und Büchermacher illustrierte bereits Heyms 2001 erschienene Anekdotensammlung Immer sind die Weiber weg und andere Weisheiten.
Aus dem Leben eines Schriftstellers
Die erste Geschichte, die der Sammlung ihren Titel gab, handelt von der Unvereinbarkeit weiblichen und männlichen Denkens - tief bekümmert konstatiert Heym, dass er mit untrüglicher Sicherheit immer genau das sagt oder tut, was seiner Frau gegen den Strich geht - "wenn ich nur wüsste, wo der Strich läuft bei ihr, damit ich mich verhalten könnte auf die richtige Art." Und dann ist er auch noch ungeschickt, wehleidig und hypochondrisch wie alle Mannsbilder: nicht nur, dass er über seine eigenen Füße stolpert und danach halbinvalide zu Bette liegt, nein, er ist auch "der glückliche Besitzer von was man kann nennen einen Oj-weh-iss-mir-Komplex". Auch mit der modernen Technik hat er es nicht so, Sicherheitsschlösser, EC-Karten oder Navigationssysteme im PKW wurden eindeutig nur erfunden, um ihren Besitzern das Leben schwer zu machen. Und natürlich darf auch "Die Geschichte von der großen Rede" nicht fehlen, jene Rede, mit der Heym als Alterspräsident 1994 den Deutschen Bundestag eröffnete und der fast die gesamte CDU/CSU-Fraktion demonstrativ ihren Beifall versagte.
Ein "anheymelndes" Buch
Der im Bertelsmann Verlag erschienene Sammelband Immer sind die Männer schuld von Stefan Heym ist eine reine Leseausgabe, ohne Angaben zur Herkunft oder Entstehungszeit der einzelnen Erzählungen. Es sind ganz unterschiedliche Geschichten, die da zusammengekommen sind, teils komisch, teils ernst, mal sehr privat, dann wieder gesellschaftskritisch und politisch, wie man das von Heym gewohnt ist. Aber durch alle zieht sich wie ein roter Faden eine liebevoll-ironische Grundstimmung, die von der tiefen Zuneigung Heyms zu "seinem Weib" Zeugnis ablegt. Gleichzeitig dokumentieren die Erzählungen wichtige Abschnitte im Leben eines unbequemen und gerade deshalb eines der bekanntesten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. (Dr. Erika Weigele-Ismael)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2002

Also, Kinder, gebt fein acht
Szenen einer Ehe: Stefan Heyms nachgelassenes Geschichtsgeschenk

Halsband, Ring und Hut hatte die Gemahlin schon. Nach dreißig Ehejahren kann man das auch erwarten. Weil Stefan Heym nicht wußte, was er seiner Frau zum Geburtstag schenken sollte, schrieb er ihr Geschichten. Unter dem Titel "Immer sind die Weiber weg" sind sie 1997 erschienen und wurden zum letzten großen Bucherfolg Stefan Heyms, der im Dezember 2001 während einer Reise nach Israel starb. Im Nachlaß fanden sich weitere an diese Sammlung anknüpfende Erzählungen, die den komplementären Titel "Immer sind die Männer schuld" trugen. Erneut handelt es sich um heitere Szenen einer Ehe, in der im Lauf der Jahrzehnte Zank und Zetern zur spezifischen Form der Zärtlichkeit herangereift ist.

Mit subtiler Ironie schildert Heym die eigene Altersschrulligkeit, seine Nöte mit vergessener Pin-Nummer vor dem Bankautomaten, mit den Krümeln unterm Frühstückstisch oder mit den neu eingebauten Sicherheitsschlössern an der Terrassentür. Gelassen spricht er von der Hinfälligkeit des Körpers und den Schmerzen, die ein Sturz auf der Treppe verursacht, wo er wie ein Käfer auf dem Rücken liegt und mit den Beinchen strampelt. Doch jede dieser Alltagsepisoden dient eigentlich nur dazu, Liebe und Zuneigung zu "seinem Weib" zu schildern und die abenteuerlichen Verrenkungen zu untersuchen, die daraus resultieren. Die Abhängigkeit der Eheleute voneinander tarnt sich immer wieder als Verärgerung, die den Anschein von Autonomie entstehen läßt. Denn Rettung, das ist klar, bringt nur sie, die die Dinge und die Tage zu ordnen versteht.

Weil die Geschichten ursprünglich Geschenke waren und erst in zweiter Instanz zur Veröffentlichung bestimmt, hat Stefan Heym dafür die intime Privatsprache der Liebenden benutzt. Es ist eine Kunstsprache, die dem Jiddischen nachempfunden ist und damit auf die jüdische Herkunft Stefan Heyms verweist. Das gelingt ihm vor allem durch eine eigenwillige Syntax mit gewagten grammatikalischen Kurven und Verschlingungen, die sich zum Klagegesang oder zum Spottlied erheben können. Jiddisch hat er in den Jahren des amerikanischen Exils in einer Druckerei in New York gelernt. In der nachgelassenen Prosa ist davon eher der Sound als die Sprache übriggeblieben. Das klingt dann so: "Also hab ich mich getragen wie ein großer Held ein moralischer und hab versteckt mein Leid und weggedrängt meine Bedrängnis aus meinem Bewußtsein wenn ich hab gehabt Leid und Bedrängnis, und natürlich hab ich gehabt Leid und Bedrängnis genug, und wenn ich sie sollte mal nicht gehabt haben hab ich sie mir selber gemacht und mit eigener Hand und mit meinem eigenen Geist."

Dieser Tonfall, niedlich und nervig zugleich, zieht sich durch das ganze Buch. Er funktioniert an den Stellen, an denen es gilt, das Kleine, das Alltägliche, das Intime zu erfassen. Peinlich wird es jedoch dann, wenn Heym sich im selben Duktus der Sphäre der Politik nähert und den Tag schildert, an dem er als parteiloser Kandidat der PDS und Alterspräsident des Bundestages die Eröffnungsrede im Parlament zu halten hatte. Mit Stasi-Gerüchten hatten CDU-Vertreter zuvor versucht, den alten Sozialisten zu diskreditieren, der in der DDR stets zu den mutigen Opponenten gehört hatte. Während seiner Rede verließen sie den Saal oder wandten sich demonstrativ ab: zweifellos ein Tiefpunkt in der Geschichte des deutschen Parlaments.

Heym gab nun leider dem Bedürfnis nach, die Dinge letztgültig zurechtzurücken und hebt so an: "Also, Kinder, ich werd euch die Geschichte von der großen Rede erzählen und wie ich sie doch geredet hab trotz allem und allem und allem." Dieser Text hätte vielleicht besser in Doris Schröder-Köpfs Kinder-Politikfibel "Der Kanzler wohnt im Swimmingpool" gepaßt, als in einen literarischen Erzählungsband. Andere, bescheidenere Geschichten sind eher gelungen. "Immer sind die Männer schuld" ist, wie auch schon der Vorläufer "Immer sind die Weiber weg", großzügig gesetzt und mit Zeichnungen von Horst Hussel illustriert. So ist aus den Geschenktexten Stefan Heyms für seine Frau Inge ein hübsches, harmloses Geschenkbuch für jedermann und jedefrau geworden.

JÖRG MAGENAU

Stefan Heym: "Immer sind die Männer schuld". Erzählungen. Verlag C. Bertelsmann, München 2002. 222 S., geb., 18,90 [Euro].

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