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Der ganze Kosmos Gabriel García Márquez' im Spiegel seiner erfrischend unakademischen Reden
Er hatte sich geschworen, nie eine Rede zu halten, aber dann steht er doch sein Leben lang auf den Podien der Welt. Gabriel García Márquez, einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts und Literaturnobelpreisträger, weiß, was für eine Macht das Wort, sein Wort, haben kann. Die von ihm selbst eigens für dieses Buch zusammengestellten Reden sind wunderschöne, bewegende Beispiele dafür und unvergleichlich.Literatur, Journalismus, Film und Politik, nicht zu vergessen die Freundschaften,…mehr

Produktbeschreibung
Der ganze Kosmos Gabriel García Márquez' im Spiegel seiner erfrischend unakademischen Reden

Er hatte sich geschworen, nie eine Rede zu halten, aber dann steht er doch sein Leben lang auf den Podien der Welt. Gabriel García Márquez, einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts und Literaturnobelpreisträger, weiß, was für eine Macht das Wort, sein Wort, haben kann. Die von ihm selbst eigens für dieses Buch zusammengestellten Reden sind wunderschöne, bewegende Beispiele dafür und unvergleichlich.Literatur, Journalismus, Film und Politik, nicht zu vergessen die Freundschaften, sind die großen Themen im öffentlichen Leben von Gabriel García Márquez. Und darum geht es in diesen Reden - von der ersten, die er 1944 bei seinem Schulabschluss hielt, über die Nobelpreisrede 1982 bis zu jener anrührenden Ansprache 2007 in Cartagena de Indias bei der Vierzigjahr-Feier von »Hundert Jahre Einsamkeit«. Die Texte, die ein Leben umspannen, zeigen Gabriel García Márquez invielen Facetten: den politisch engagierten Bürger seines Landes, den Literaturliebhaber, den erfolgreichen Autor und Nobelpreisträger, den Filmfan, der eine Akademie gründet, den couragierten Journalisten. Sie sind lebendig, anekdotenreich und packend. Man wünscht sich beim Lesen, die Stimme von Gabriel García Márquez zu hören.
Autorenporträt
García Márquez, GabrielGabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.

Ploetz, DagmarDagmar Ploetz, geboren 1946 in Herrsching, übersetzt seit 1983 u.a. Werke von Isabel Allende, Julián Ayesta, Rafael Chirbes, Manuel Puig, Mario Vargas Llosa und Gabriel García Márquez. 2012 wurde sie mit dem Münchner Übersetzerpreis ausgezeichnet. 2010 erschien von ihr »Gabriel García Márquez. Leben und Werk« bei Kiepenheuer & Witsch.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.12.2012

Anekdoten
der Freundschaft
Ein Band mit Vorträgen von Gabriel García Márquez:
„Ich bin nicht hier, um eine Rede zu halten“
VON RALPH HAMMERTHALER
Nicht 1986, wie ein Druckfehler vorschlägt, sondern 1968 war Gabriel García Márquez das letzte Mal in Prag, mit Carlos Fuentes und Julio Cortázar. Weil sie Angst vorm Fliegen hatten, fuhren sie von Paris aus mit dem Zug. Und sie redeten über alles und jedes, ehe Fuentes wie beiläufig eine Frage stellte, die Cortázar zu einem stundenlangen Sermon hinriss: Wie und wann und auf wessen Initiative fand das Klavier einen Platz im Jazzorchester? An Schlafen war nicht mehr zu denken. Sie tranken Bier und aßen Würstchen mit Kartoffeln, während sie durch die deutschen Hälften rollten, und Cortázar erläuterte und schwärmte, bis der Morgen graute. „Er sprach nicht nur mit seiner tiefen Orgelstimme und seinen Rachen-Rs, sondern auch mit seinen großknochigen Händen, die so ausdrucksstark waren, wie ich es nie wieder gesehen habe.“
Mit dieser Anekdote begann Márquez’ Nachruf auf Cortázar, ein Zeitungsartikel im Februar 1984; zehn Jahre später las er diesen Artikel in Mexico City vor einer großen Öffentlichkeit und machte so, Trick 17, eine Rede daraus. Er, der Reden nicht leiden kann, sie für lästig und aufgezwungen hält, wenn auch nicht für überflüssig. Seinen Hang zum Anekdotischen hat Márquez nie geleugnet; selbst in seinen Romanen sieht er, ein bisschen kokett, nur eine Aneinanderreihung von Anekdoten. So plaudert er aus, was sonst abstrakt und schwer zu fassen bliebe. Die Cortázar-Anekdote verrät Márquez’ Wertschätzung der Freundschaft.
Freundschaft war schon das Thema seiner allerersten Rede, 1944 auf der Oberschule im kolumbianischen Zipaquirá. Sie galt seinen Mitschülern, die nun, ebenso wie er selbst, in die Welt hinausmussten. Hier fiel der Satz, mit dem Márquez den jetzt auch auf Deutsch erschienenen Rede-Band betitelte: „Ich bin nicht hier, um eine Rede zu halten.“
Vielleicht ist es nicht verkehrt, dem Anekdotischen ab und an zu misstrauen, besonders wenn es allzu schön klingt. Wahr wird es dadurch nicht weniger, aber halt auf einer anderen Ebene. Einmal spricht Márquez von seiner Leidenschaft fürs Kino, für den lateinamerikanischen Film, den man einfach und maßlos fördern müsse. Anfang der Fünfziger wünschte er, infiziert vom italienischen Neorealismus, nichts so sehr, als Filmregisseur zu werden. Immerhin gelang es ihm, als dritter Assistent von Alessandro Blasetti in Rom dabei zu sein, wenn auch nur von fern, als Schnurhalter, damit die Schaulustigen nicht durchkamen. Gedreht wurde die Komödie „Schade, dass du eine Kanaille bist“, mit Sophia Loren. Márquez behauptet, dass er sie trotz seines Schmachtens nie gesehen habe. Also, den Lateinamerikaner will ich kennenlernen, der es vier Wochen lang nicht fertig bringt, Sophia Loren am Set zu begegnen.
Jeder weiß, wie arm Márquez gewesen ist, noch als er an „Hundert Jahre Einsamkeit“ schrieb. Wiederholt ging er ins Pfandhaus, auch um den Schmuck seiner Frau Mercedes zu verpfänden. Im August 1966 betrat er ein Postamt in Mexico City, um die letztgültige Fassung nach Buenos Aires zu schicken, ein Paket von 590 Seiten an seinen Verlag. 82 Pesos, sagte der Postbeamte. Aber die hatte er nicht. Und so schickte er nur die Hälfte weg, aus Versehen die zweite. Zum Glück war der Verlag so begeistert, dass er das Porto für die erste Hälfte vorstreckte. Der Roman wurde in Millionen von Exemplaren verkauft.
1982 erhielt Márquez den Literaturnobelpreis, nicht zuletzt für „Hundert Jahre Einsamkeit“. In seiner Stockholmer Rede beklagte er „Die Einsamkeit Lateinamerikas“, das Fremdsein, das Unfreisein durch die Deutungen der „größten Herren der Welt“, USA und Europa. Diese Rede, die viele als großartig ansehen, liest man heute mit Erstaunen. Warum diese Demut? Noch dazu literarische Demut? So, als hätte es die Bücher von Ernesto Sabato und Carlos Droguett nie gegeben, ebensowenig wie Márquez’ Pop-Idee vom magischen Realismus. Hinzu kommt, dass inzwischen Roberto Bolaño seine Romane geschrieben hat, welche die größten Herren der Welt ziemlich alt aussehen lassen. Und in der Wirtschaft hofft das gestrauchelte Spanien auf Impulse aus den lateinamerikanischen Boom-Regionen.
  Bekanntlich liebt Gabriel García Márquez, wie so manche, die es nach oben geschafft haben, sein luxuriöses Leben. Trotzdem ist er immer ein Volksschriftsteller geblieben. Kommt ein neuer Roman heraus, tanzen Menschen auf den Straßen. Das Tollste war ein Überfall von Banditen auf einen Buch-Transporter in Kolumbien. Mehr kann ein Schriftsteller nicht erreichen. Geliebt wird er auch deshalb, weil er viel Geld in Stiftungen steckt, zum Beispiel für Journalisten. Er selbst kommt ja aus dem Journalismus, und einer seiner fesselndsten Romane ist ein journalistischer Roman, „Nachricht von einer Entführung“. In einer Rede versucht er, den Nachwuchs auf Praxis und Kreativität einzuschwören, durchaus in enger Verwandtschaft mit der Kunst. Was er einfordert, ist bestimmt nicht wenig: die „gnadenlose Konfrontation mit der Wirklichkeit“.
„Leben, um davon zu erzählen“ heißt der erste Teil seiner Autobiografie. Einen zweiten wird es nicht geben, denn Márquez ist schwer an Demenz erkrankt. Umso kostbarer kommt einem das schmale Buch mit seinen Vorträgen vor. Leben, um davon zu reden. In der Autobiografie dreht sich ein zentraler Abschnitt um die Ermordung des liberalen Präsidentschaftskandidaten Jorge Eliécer Gaitán, 1948 in Bogotá.
  Von Gaitán erhofften sich viele eine soziale Revolution. Was folgte, waren Jahrzehnte der Violencia, Gewalt und Gegengewalt bis auf den heutigen Tag. Márquez gibt zu, dass er seine Erinnerungen auf Bücher von Arturo Alape stützt. Alape hat mir erzählt, dass er eine zweibändige Biografie über den langjährigen Guerilla-Führer Manuel Marulanda verfasst hat. Und dass er eines Tages seinen Namen auf einer der berüchtigten Todeslisten der rechten Paramilitärs entdeckt hat. Gemordet wird nach Platzierung. Kurz darauf zog Alape nach Hamburg, mit Hilfe der Stiftung für politisch Verfolgte.
Obwohl Márquez überwiegend in Mexico City zu Hause ist, und das schon sehr lange, bewässert das maßlos schöne, aber blutig zerrissene Kolumbien seinen literarischen Kosmos. Im Bürokalender des Präsidentschaftskandidaten fand sich für den Tag, an dem er ermordet wurde, eine Notiz: „Fidel Castro, 14 Uhr“. Der damals zwanzigjährige kubanische Studentenführer war von der Universität Havanna zu einem Kongress nach Bogotá delegiert worden. Mit Castro verbindet Márquez eine Lebensfreundschaft, und er hat sie sich nie durch bohrende Fragen vergällen lassen. Als Castro auf Kuba eine Hochschule für Film, Fernsehen und Video aufmachte, gab er sich als Präsident der Stiftung her. Nicht hier, um eine Rede zu halten, bezeichnete er Castro als „den am wenigsten bekannten Cineasten der Welt“. Dem Gebäude, sagte er, fehle nur noch ein Schild, das überall in der Welt zu sehen sein müsse: „Seien Sie großzügig“.
Gabriel García Márquez: Ich bin nicht hier, um eine Rede zu halten. Aus dem Spanischen von Silke Kleemann, Curt Meyer-Clason und Dagmar Ploetz. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 160 Seiten, 16,99 Euro.
In den 1950er-Jahren schwärmte
er für den Neorealismus und
wollte Regisseur werden
Nach dem Nobelpreis steckte
er viel Geld in Stiftungen
für den Journalismus
Seine Freundschaft mit Castro
hat sich García Márquez nie durch
bohrende Fragen vergällen lassen
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Man merkt der Kritik an, dass Rezensent Ralph Hammerthaler ein Verehrer Garcia Marquez' ist, denn eine kritische Kritik ist es fürwahr nicht, eher eine, die den Episoden aus den hier versammelten gehaltenen und ungehaltenen Reden hinterher sinniert. Unter anderem erfährt man, dass Garcia Marquez im Jahr 1968 zusammen mit Carlos Fuentes und Julio Cortazar im Zug nach Prag fuhr. Da hätte man doch gern gewusst, was sie damals dachten, aber sie haben sich im Zug offenbar nur blendend unterhalten und ausführlich über die Frage gestritten, wann das Klavier einen Platz im Jazzorchester fand. So geht Hammerthaler die Reden des Großautors durch und liest auch nochmal seine Nobelpreisrede von 1982, die ihm mit ihren Klagen über die Kolonialherren Europa und Amerika erstaunlich kleinmütig vorkam.

© Perlentaucher Medien GmbH
»[Márquez] erweist [...] sich [...] als präziser Beobachter und Chronist der jüngeren Zeitgeschichte, als Meister der spannenden Anekdote und wortmächtiger Gestalter der Zukunft.« literaturkritik.de 20121206