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Gottes Volk im Exil 2010 war ein schwarzes Jahr für die katholische Kirche in Deutschland. Die Zahl der Kirchenaustritte ist in diesem Jahr sprunghaft gestiegen. Zum ersten Mal seit sechzig Jahren kehrten mehr Katholiken ihrer Kirche den Rücken, als evangelische Christen ihre Kirche verließen. Die eruptive Aufkündigung der Mitgliedschaft ist ein untrügliches Alarmsignal dafür, dass der sexuelle Missbrauch und die gewalttätigen Übergriffe kirchlicher Amtsträger, die während des Jahres aufgedeckt wurden, die katholische Kirche weit heftiger durchgeschüttelt haben, als dies 1968 durch das…mehr

Produktbeschreibung
Gottes Volk im Exil
2010 war ein schwarzes Jahr für die katholische Kirche in Deutschland. Die Zahl der Kirchenaustritte ist in diesem Jahr sprunghaft gestiegen. Zum ersten Mal seit sechzig Jahren kehrten mehr Katholiken ihrer Kirche den Rücken, als evangelische Christen ihre Kirche verließen. Die eruptive Aufkündigung der Mitgliedschaft ist ein untrügliches Alarmsignal dafür, dass der sexuelle Missbrauch und die gewalttätigen Übergriffe kirchlicher Amtsträger, die während des Jahres aufgedeckt wurden, die katholische Kirche weit heftiger durchgeschüttelt haben, als dies 1968 durch das päpstliche Verbot der künstlichen Empfängnisverhütung oder 2006 durch das Diktat des Vatikans, aus der Beratung in Schwangerschaftskonflikten auszusteigen, je erreicht wurde.
Wut und Empörung hat auch diejenigen gepackt, die in der Kirche geblieben sind. Es mag ihnen noch jetzt kalt den Rücken hinunterlaufen, wenn sie sich jene Ereignisse konkret vorstellen, die über den verbrecherischen Umgang kirchlicher Funktionsträger mit Kindern und Jugendlichen bekannt geworden sind. Nicht weniger verwerflich waren auch die Versuche, die Vergehen unter dem Mantel einer quasi-familiären Club-Atmosphäre zu verbergen, sowie das Schweigen derjenigen an höherer Stelle, die von diesen skandalösen Vorfällen wussten, sie vertuscht und die Mitwisser dieser schändlichen Taten gedeckt haben. Die Reaktionskette der kirchlichen Oberen glich denjenigen von Parteien und Konzernen: Erst wird verschwiegen, vertuscht und geleugnet, dann eingeräumt und ausgeräumt. Ihnen war das gute Image der Institution wichtiger als das Leiden der Betroffenen. Zum Glück ist die Mauer des Schweigens durchbrochen worden. Verantwortliche Entscheidungsträger hatten endlich den Mut, die Opfer von einst aufzufordern, dass sie aufstehen, ihre Stimme erheben und Gerechtigkeit einfordern. Aber wie kirchenrechtlich in Zukunft rigoros mit solchen Vergehen umgegangen wird bis zum Verbot der Amtsausübung und Amtsenthebung , bleibtbisher noch offen.
Ist die Wut und Empörung inzwischen verraucht? Gehen die Katholiken bereits wieder zur kirchlichen Tagesordnung über? Ein mehrfaches Unbehagen ist geblieben. Die Vergebungsbitte der Bischöfe klingt unzureichend. Es wird bedauert, dass die Straftaten häufig verjährt und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eingestellt sind. Juristen ist das kirchliche Sprachspiel, das sich vorweg der Begriffe "Täter" und "Opfer" bediente, ziemlich fremd. Die zivilen Ermittlungen erwiesen sich oft als unzulänglich. Sie waren nämlich auf eine freiwillige Kooperation angewiesen. Eine vollständige Aufbereitung von Dokumenten scheiterte wiederholt daran, dass sich diese nur als Fragmente in den Archiven der Bistümer und Ordensgemeinschaften auffinden ließen. Die von der Öffentlichkeit erwartete Transparenz der internen schonungslosen Aufklärung wurde erst zugesichert, dann jedoch nur beschränkt eingelöst. Öffentliche Eingeständnisse schuldhaften Versagens, die aufrichtig klangen, waren äußerst selten zu hören. Der Dialog an runden und eckigen Tischen blieb konfrontativ. Nicht wenige Betroffene halten die finanzielle Entschädigung, die von den Bistümern und Ordensgemeinschaften zugesichert wurde, für enttäuschend.