Marktplatzangebote
8 Angebote ab € 2,09 €
  • Gebundenes Buch

Der junge Schriftsteller Klas Östergren zieht in die Wohnung des charismatischen Boxers, Pianisten, Lebenskünstlers Henry Morgan. Fasziniert von dem ungewöhnlichen Menschen lernt er auch bald dessen engste Vertraute kennen seinen Bruder Leo Morgan und seine Geliebte Maud, die mit dem dubiosen Wirtschaftsmogul Wilhelm Sterner verheiratet ist. Erst spät entdeckt er, dass die Morgan-Brüder in eine der größten Intrigen der schwedischen Nachkriegsära, die sogenannte "Hogarth-Affäre" verwickelt und durch ihr Wissen um die Korruption der schwedischen Wirtschaft im Dritten Reich zunehmend gefährdet…mehr

Produktbeschreibung
Der junge Schriftsteller Klas Östergren zieht in die Wohnung des charismatischen Boxers, Pianisten, Lebenskünstlers Henry Morgan. Fasziniert von dem ungewöhnlichen Menschen lernt er auch bald dessen engste Vertraute kennen seinen Bruder Leo Morgan und seine Geliebte Maud, die mit dem dubiosen Wirtschaftsmogul Wilhelm Sterner verheiratet ist. Erst spät entdeckt er, dass die Morgan-Brüder in eine der größten Intrigen der schwedischen Nachkriegsära, die sogenannte "Hogarth-Affäre" verwickelt und durch ihr Wissen um die Korruption der schwedischen Wirtschaft im Dritten Reich zunehmend gefährdet sind. Im verworrenen Netz aus Freundschaft und Bestechung, Wahrheit und Lüge verschwindet Henry plötzlich spurlos, nur Maud und Östergren bleiben mit ihren Sehnsüchten, Fragen und individuellen Antworten zurück. Bis Östergren eines Tages brutal zusammengeschlagen wird...
Autorenporträt
Klas Östergren, geboren 1955, schrieb mit zwanzig Jahren seinen ersten Roman "Attila", der von der schwedischen Literaturkritik sogleich gefeiert wurde. Der mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnete Kultautor lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Südschweden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.11.2007

Am Ende wird alles Leben Dichtung
Das Verbrechen, das aus der Kälte kam: Klas Östergrens brillante Krimi-Fortsetzung „Gangster”
Warum ist das Böse besonders interessant, wenn es aus der Kälte kommt? Darüber wird spekuliert, seit Mankell und Konsorten bei uns für die Dauererhitzung des Krimi-Marktes sorgen. Die Hauptrolle spielt dabei wohl der Kontrast zwischen dem Bild, das wir uns gern von skandinavischen Gesellschaften machen, und den Abgründen der menschlichen Seele, die jedes Verbrechen aufreißt. Hier das helle, freundliche Milieu von IKEA und Pippi Langstrumpf, scheinbar durch und durch vernünftig organisiert, mit kühlenden Außentemperaturen und kuscheligen Interieurs – dort Finsternis und Höllenbrut, ungezügelte Begierden und mörderische Umtriebe: Wenn diese beiden Welten aufeinandertreffen, ist der Gruseleffekt einfach stärker, als wenn zum soundsovielten Mal etwas in Venedigs dunklen Kanälen versickert oder irgendein Sizilianer seine Munition nicht halten kann.
Der 1955 in Stockholm geborene Klas Östergren, von der Zeitung Dagens Nyheter als „bester Autor Schwedens” gerühmt, ist kein Krimischriftsteller, obwohl er mit kriminalistischen Elementen virtuos jongliert. Sein Roman „Gentlemen”, der ihm 1980 den literarischen Durchbruch samt Kultstatus bescherte und heute als Klassiker gilt, erschien bei uns lange vor dem nordischen Thriller-Boom, durch eine unbeholfene Übersetzung gehandicapt und vergleichsweise wenig beachtet. Dass diesem Glanzstück jüngerer schwedischer Erzählprosa nun ein zweiter, besser inszenierter Auftritt vor deutschsprachigem Publikum vergönnt ist, hat wiederum mit dem Bösen zu tun, dessen Präsenz als gesellschaftliche Kraft im ehemaligen Musterland Schweden den Autor Östergren während des letzten Vierteljahrhunderts immer stärker beschäftigte. So stark, dass er nach fünfundzwanzig Jahren, diversen weiteren Werken und mehreren Literaturpreisen eine Fortsetzung zu seinem erfolgreichsten Opus verfasste – den etwas kürzeren, doch mit schwererem Gewicht beladenen Roman „Gangster”, der genau dort einsetzt, wo „Gentlemen” aufhört.
Das ist ein erzählerischer Akt von einigem Wagemut, und der Leser honoriert ihn am besten, indem er der Chronologie folgt: Zwar lassen sich die „Gentlemen” auch ohne die „Gangster” goutieren, aber letztere sind nur als Teil des Doppelpacks so recht genießbar. Andererseits staunt man, dass bis zum zweiten Band so viel Zeit vergehen konnte, denn der erste endet mit einem veritablen Cliffhanger – auf einer Bettkante, in einer Konstellation, die dringend nach detektivischer Klärung verlangt und außerdem erotisch aufgeladen ist.
Die Lagerstatt, aus rätselhaften Gründen „Görings altes Bett” genannt, befindet sich in einer weitläufigen, düsteren, mit Antiquitäten und alten Büchern vollgestopften Wohnung in der Stockholmer Hornsgata. Das ist das Domizil, das der Ich-Erzähler, ein aufstrebender junger Schriftsteller namens Klas Östergren, mit den Brüdern Henry und Leo Morgan teilt, nachdem sein eigenes Appartement von Einbrechern verwüstet wurde. Henry, dem zwölf Jahre älteren Bonvivant, Sportsmann, Pianisten und Frauenhelden, ist er in einem Boxclub begegnet; der etwas jüngere Leo, ein genial begabter, suchtgefährdeter Poet und politischer Provokateur, taucht wenig später in der gemeinsamen Wohnung auf. Das Trio lebt von Restaurantgutscheinen ungewisser Provenienz und von Gelegenheitseinkünften, doch immerhin hat Klas bei seinem Aushilfsjob als Greenkeeper auf dem Golfplatz einen Verlagslektor kennengelernt und von ihm den Auftrag erhalten, Strindbergs Roman „Das Rote Zimmer” zum hundertjährigen Jubiläum seines Erscheinens zeitgemäß umzuarbeiten.
Einen Herbst, einen Winter und einen halben Frühling währen Wohngemeinschaft und Schreibprojekt. Dann sind die beiden Morgans plötzlich spurlos verschwunden, unter seltsamen, unheilkündenden Umständen. Der junge Dichter, allein und ziemlich lädiert zurückgeblieben, verbrennt sein fast vollendetes Strindberg-Manuskript, um sich einer wichtigeren Aufgabe zu widmen: Er will den ungleichen Brüdern „einen Tempel errichten, ein Denkmal”, das heißt, er will ihre Geschichte erzählen, ein Pastiche aus allem, was er von ihnen weiß und gemeinsam mit ihnen erlebt hat.
Der Mythos einer Epoche
Mit dieser Geschichte haben wir es im Roman „Gentlemen” zu tun, und zugleich mit einem literarischen Monument der sechziger und siebziger Jahre, in dem nicht nur das schwedische, sondern das generelle Lebensgefühl jener Zeit aufgehoben ist. Zwar sind die familiäre Herkunft und die Lebensläufe der Brüder Morgan, deren Vater, ein bekannter Jazzmusiker, den alten schwedischen Adelsnamen Morgonstjärna zu „Morgan” amerikanisiert hat, keineswegs durchschnittlich. Doch gerade in ihrer Eigenschaft als bunte, schräge Vögel repräsentieren sie den Mythos einer Epoche, die von einer kurzen, kühnen Aufbruchs-Utopie und deren langwieriger, bedrückender Entzauberung geprägt war.
Die postmodern-neobarocke Fabulierlust, mit der Östergren das Leben der Dreier-Bohème und die kolportierten Abenteuer der Gebrüder Morgan schildert, wird durch skandinavische Bedächtigkeit in ruhigem Fluss gehalten: Bei aller Kurzweil kommt nie Hektik auf, Komisches und Satirisches kleidet sich in nonchalantes Understatement. Aber das Böse ist auch schon da, wenngleich es zunächst nur wie eine effektvolle Zutat, eine erzählerische Laune wirkt: Die beiden Brüder sind, jeder auf seine Weise, in eine vertuschte Staatsaffäre um Wirtschaftskriminalität und Waffenhandel verstrickt – der leichtsinnige, eitle Henry, weil er seine Geliebte Maud mit einem politisch ambitionierten Industrieboss teilt, und der Wahrheitsfanatiker Leo, weil er sich auf riskante Recherchen eingelassen hat.
Im Roman „Gangster” werden die Hintergründe jener Affäre aufgeklärt, was einerseits die Demontage der „Gentlemen”-Idylle, andererseits die Einführung neuer Figuren und die Konstruktion eines schwindelerregenden Netzes von Intrigen und Bedrohungen mit sich bringt. Wieder tritt der Autor Klas Östergren unter seinem Klarnamen als Erzähler und als Protagonist auf; wie im richtigen Leben ist er inzwischen aus Stockholm geflüchtet und wohnt mit Frau und Kindern auf einem südschwedischen Bauernhof. Wieder treibt er ein ausgeklügeltes Vexierspiel mit Fiktion und Wahrheit, aber diesmal lässt er keinen Zweifel daran, wie ernst es ihm ist. Die fünfundzwanzig Jahre, die zwischen den Romanen liegen, sind in die Erzählung eingeflossen als Periode gründlicher Desillusionierung. Schwedens Neutralität, das Vertrauen in die Anständigkeit von Politikern, die Hoffnung auf ökologische Vernunft oder soziale Gerechtigkeit – alles leerer Wahn im Angesicht der Allmacht des Kapitals und der skrupellosen Verbrechen, die zwecks Wahrung von Besitzständen begangen werden. Noch aber gibt es menschliche Beziehungen, die unkorrumpierbar die Zeitläufte überdauern, wie die merkwürdige Liebe zwischen der Romanfigur Klas Östergren und der schönen, von Henry Morgan verlassenen Maud.
Spannend, halsbrecherisch und mit langem Atem führt Östergren die Geschichte zu Ende, die zweieinhalb Jahrzehnte auf einer Bettkante in der Schwebe hing. Und wenn er sich daneben noch die Zeit nimmt, sein poetologisches Credo zu formulieren, dann fühlt man sich als Leser eher in die Praxis einbezogen als mit Theorie belästigt: „Das Verhältnis zwischen Leben und Dichtung ist bisweilen unauflöslich, eines ist die Voraussetzung des anderen, und für einen Außenstehenden, wie auch manchmal für den, der den Stift führt, ist es völlig unmöglich, beides auseinanderzuhalten. Die Literatur bietet Trost und Kompensation, sie ist die Disziplin der Unfertigen, die Kunst der Verlierer. Man flieht aus einer so genannten Wirklichkeit, um eine andere zu errichten, die wiederum die erste konkreter machen kann, gleichsam spiegelbildlich. Übrigens wird alles Leben am Ende Dichtung. Das ist ein guter Kreislauf, dem ich mich damals hingab, ein Rausch, der in Bezug auf das Glücksgefühl bei weitem den Rausch überstieg, den ein paar Drinks an der Bar bieten konnten.” Die „Gangster” trinken übrigens weniger als die „Gentlemen”, dafür sind sie viel unheimlicher. Das Böse aus dem Norden – selten wurde es so eiskalt serviert. KRISTINA MAIDT-ZINKE
KLAS ÖSTERGREN: Gentlemen. Roman. Aus dem Schwedischen von Regine Elsässer. Pendo Verlag, München und Zürich 2007. 528 Seiten, 22,90 Euro.
KLAS ÖSTERGREN: Gangster. Roman. Aus dem Schwedischen von Regina Elsässer. Pendo Verlag, München und Zürich 2007. 458 Seiten, 22,90 Euro.
Im Leben der Boheme wird nach zwanzig Jahren deutlich weniger getrunken als früher Foto:picture-alliance
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Seit über 25 Jahren genießt Klas Östergren in Schweden Kultstatus, Dagens Nyheter bezeichnete ihn als "besten Autor Schwedens". Dass er hierzulande trotz Vorliebe für skandinavische Krimis bisher nur ein Schattendasein gefristet hat, kann sich Rezensentin Kristina Maidt-Zinke nur zum Teil mit einer unbeholfenen Übersetzung erklären. Aber wie dem auch sei: Dass Östergren nun in einem zweiten Anlauf mit seinen beiden Romanen "Gentlemen" und "Gangster" nach Deutschland kommt, begeistert Maidt-Zinke: "Spannend, halsbrecherisch und mit langem Atem" seien sie geschrieben, attestiert die Rezensentin, ebenso wie eine "postmodern-neobarocke Fabulierlust". Beide Romane gehören zusammen, informiert die Rezensentin darüberhinaus, wobei das erste Buch, "Gentlemen", mit einem "veritablen Cliffhanger" endet - und zwar im wahrsten Sinne auf einer Bettkante.

© Perlentaucher Medien GmbH