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Jonathan Garfinkel kann sich nicht entscheiden - nicht was sein Judentum angeht, seine Freundin oder Israel. Als er von einem Haus in Jerusalem hört, in dem ein Jude und ein Araber in Frieden zusammenleben, bricht er nach Israel auf. Doch dort ist kaum etwas so, wie er es sich vorgestellt hat, und nichts so, wie es ihm daheim in Kanada beigebracht wurde. Garfinkel diskutiert mit Künstlerinnen und Siedlern, erzählt von klandestinen Treffen mit palästinensischen Aktivisten, einem Besuch in einem arabischen Flüchtlingslager und Pessach mit orthodoxen Freund_innen. Schnell muss er erkennen, dass…mehr

Produktbeschreibung
Jonathan Garfinkel kann sich nicht entscheiden - nicht was sein Judentum angeht, seine Freundin oder Israel. Als er von einem Haus in Jerusalem hört, in dem ein Jude und ein Araber in Frieden zusammenleben, bricht er nach Israel auf. Doch dort ist kaum etwas so, wie er es sich vorgestellt hat, und nichts so, wie es ihm daheim in Kanada beigebracht wurde. Garfinkel diskutiert mit Künstlerinnen und Siedlern, erzählt von klandestinen Treffen mit palästinensischen Aktivisten, einem Besuch in einem arabischen Flüchtlingslager und Pessach mit orthodoxen Freund_innen. Schnell muss er erkennen, dass jede Form von schneller »Wahrheitsfindung« eine Illusion ist, jede Antwort, die er findet, löst sich auf in neue Fragen. Immer tiefer dringt er ein in ein vielfach gespaltenes Land und zwei zutiefst gespaltene Gesellschaften. Shimons Haus ist eben auch Abu Dalos Haus und alles andere als jener mythische Ort harmonischer Koexistenz.
Autorenporträt
Jonathan Garfinkel ist ein kanadischer Schriftsteller. Geboren in Toronto, wurden seine Gedichte, Theaterstücke und Essays vielfach ausgezeichnet. Seine Stücke wurden im Schauspielhaus Bochum, im Theater Heidelberg und im Maxim-Gorki-Theater Berlin aufgeführt. Zur Zeit arbeitet er an einer Dissertation im Bereich der Medical Humanities an der University of Alberta in Edmonton. Sein erster Roman ist in Vorbereitung. Er lebt in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.10.2021

Im Grenzland
Lange hat Jonathan Garfinkel nichts mit Israel im Sinn. Dann reist er hin
Dass es keine Direktflüge von Toronto nach Jerusalem gibt, will der jüdische Großvater von Jonathan Garfinkel partout nicht glauben. Der alte Mann, der in Israel sterben möchte, streitet mit der Mitarbeiterin einer Fluggesellschaft und gibt schließlich den Arabern die Schuld. Für den Enkel ist das ein Schock. Sein Großvater, der Briefe an Präsidenten geschrieben hat, um die Welt zu retten, wird plötzlich zum Hetzer. Dem kanadischen Autor wird aber noch etwas klar: Genau wie er selbst kennt sein Großvater Israel nur von Landkarten.
Garfinkel beschließt, sich auf die Reise zu machen. Im Gepäck hat er ein Referat über Jerusalem, das er als Schüler einer sozialistisch-zionistischen Schule in Toronto verfasst hatte, im Kopf die Gespräche mit seiner palästinensischen Bekannten Rana. Die hatte ihm von einem Haus in Jerusalem erzählt, das sich ein Palästinenser und ein Israeli teilen. Garfinkel möchte das Haus suchen, möchte Friedensansätze finden.
Angekommen in Israel und Palästina, hat Jonathan Garfinkel skurrile Begegnungen. In der Heiligen Stadt trinkt er mit dem ziemlich unheiligen Yonni, der nach seinem mehrjährigen Militärdienst auf Weltreise gegangen war und bei seiner Rückkehr auf eine Orangenkiste springt und eine Rede an die „Muschis von Jerusalem“ hält. Im Westjordanland wird Garfinkel ein Fahrrad geklaut, das er aber wiederbekommt, indem er den Dieben nachrennt und ihnen eine selbstgemachte palästinensische Flagge abkauft. Als er eine Freundin von früher besucht, umarmt die ihn nicht mehr, weil sie nun streng orthodox ist. Es sind befremdliche Begegnungen für Garfinkel.
In seinen Schilderungen verstärkt er die Szenen durch seinen flapsigen, originellen Stil: Die Bekannten des Autors haben manchmal „Zähne wie Pommes frites“, und wenn er sich erinnert, wie er mit den anderen Männern in Toronto in der Synagoge sang, dann klang das „wie ein betrunkener Rentnerchor“. Mithilfe all dieser auf den ersten Blick eher schrägen Szenen zeichnet der Autor in seinem Buch „Gelobtes Haus“ aber subtil und doch ganz gezielt ein Porträt von zwei Gesellschaften, die sowohl mit sich selbst als auch miteinander hadern. Dabei kommt Garfinkel nicht an alle Gruppen heran, sucht aber aktiv nach Menschen, die mit sich reden lassen.
Einerseits drängen sich Traumszenen immer wieder in die Wirklichkeit, etwa wenn dem Autor sein Vater erscheint, als er an der Klagemauer mit seiner Identität hadert und mit Gott streitet, oder wenn seine Lehrerin von früher vermeintlich plötzlich neben ihm im Bus sitzt. Andererseits belegt Garfinkel einige Stellen im Buch mit Fußnoten. Indem er seinen Bücherschrank beschreibt, lässt er außerdem geschickt Literaturverweise einfließen und bettet seine Schilderung so in eine größere Diskussion ein.
Das englischsprachige Original ist 2007 erschienen, als Israel gerade die Grenzmauer zum Westjordanland baute und die Angst vor Selbstmordattentaten besonders groß war. In der deutschen Übersetzung schreibt Garfinkel in einem Nachwort nun über die Reaktionen auf sein Buch und geht auf die Covid-19-Pandemie und die Impfstoffverteilung ein. Doch auch ohne diese Ergänzung eignet sich das Buch, um die heutige Lage besser zu verstehen. Nebenbei ermöglicht „Gelobtes Haus“ außerdem einen Einblick in die jüdische Diaspora in Kanada.
Die Recherche ist schmerzhaft für Jonathan Garfinkel. Nicht nur, weil er mit Steinen beworfen wird (von einem israelischen Kind) und mit Stöcken geschlagen (von einem palästinensischen Kind), sondern vor allem, weil seine Bekannten teilweise scharf kontern, wenn er ihnen unangenehme Fragen an den Kopf wirft. „Gelobtes Haus“ ist ein mutiges Buch, das durch die Verletzlichkeit des Autors den Lesern die Chance bietet, ihre eigenen Grenzen im Kopf zu hinterfragen.
KIRSTEN JÖHLINGER
Jonathan Garfinkel:
Gelobtes Haus.
Meine Reise nach Jerusalem.
Aus dem Englischen
von Karoline Madabo. Mandelbaum Verlag,
Berlin 2021.
350 Seiten, 22 Euro.

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Kirsten Jöhlinger ist wirklich beeindruckt von diesem Buch. In dem 2007 im Original erschienenen Buch erzählt der jüdische Kanadier Jonathan Garfinkel von seiner Reise nach Israel ohne jede Besserwisserei. Er beschreibt statt dessen, so Jöhlinger, wie fremd er sich oft fühlt, wie verstört, vor allem, wenn er scharfe Antworten auf unangenehme Fragen erhält. Gerade die "Verletzlichkeit" des Autors scheint für Jöhlinger die Qualität dieses "mutigen" Buchs auszumachen. Nebenbei erfährt sie auch einiges über die jüdische Diaspora in Kanada.

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