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In der Ethnologie gibt es den Topos des fremden Blicks ¿ eine Sichtweise, die den Forscher befähigt, das Fremde im Vertrauten, in der eigenen Kultur zu erkennen. RO Willaschek hat exakt diesen Blick, wenn er mit Sprache umgeht. Man nehme nur einen Gedichtanfang wie "Unaufhaltsames Vergreisen / des Mobiliars": Kein einzelnes Wort weist hier irgendeine Besonderheit auf, und dennoch werden wir beim Lesen gezwungen, jedes Wort genau zu betrachten. Weil es Willaschek gelingt, die Wörter so umzufärben, dass sie uns mit dem fremden Blick anschauen, und wir konsterniert feststellen, dass sie…mehr

Produktbeschreibung
In der Ethnologie gibt es den Topos des fremden Blicks ¿ eine Sichtweise, die den Forscher befähigt, das Fremde im Vertrauten, in der eigenen Kultur zu erkennen. RO Willaschek hat exakt diesen Blick, wenn er mit Sprache umgeht. Man nehme nur einen Gedichtanfang wie "Unaufhaltsames Vergreisen / des Mobiliars": Kein einzelnes Wort weist hier irgendeine Besonderheit auf, und dennoch werden wir beim Lesen gezwungen, jedes Wort genau zu betrachten. Weil es Willaschek gelingt, die Wörter so umzufärben, dass sie uns mit dem fremden Blick anschauen, und wir konsterniert feststellen, dass sie offensichtlich viel mehr von uns wissen als wir von ihnen. Lebensabgestumpft, wie wir sind, ist uns der Kinderblick, dem alles neu und alles fremd ist, verloren gegangen. Ein gemaltes Pferd z. B. sehen wir gar nicht mehr als Pferd, sondern nur noch als Begriff. Es sei denn, man zeigt uns plötzlich ein blaues Pferd. Erst dann wachen wir auf, erst dann rufen wir uns in Erinnerung, was ein Pferd über den Begriff hinaus noch ist. Willaschek hat sich diesen Kinderblick erhalten können. Was in Bezug auf Sprache vielleicht nur dann derartig meisterhaft gelingen kann, wenn man als Künstler ursprünglich aus einer ganz anderen Disziplin kommt. Beim Lesen der Gedichte wurde ich immer wieder an Julia Kristeva erinnert. Die aus Bulgarien stammende Philosophin und Schriftstellerin hat ein Werk mit dem Titel "Fremde sind wir uns selbst" veröffentlicht, und dort ist die Formulierung "das Unversöhnbare in uns selbst" zu finden ist. Genau dieses Unversöhnbare und die Trauer, manchmal auch Wut über dessen Existenz, atmen fast alle der in diesem Band versammelten Werke. Und weil die sogenannte Realität im Wesentlichen ein Konstrukt aus Sprache ist, kommt niemand aus den Gedichten von RO Willaschek so wieder heraus, wie er hineingegangen ist.
Autorenporträt
RO WILLASCHEK Kunstmacher und Dichter, geb. 1946 in Potsdam. Aus erster Ehe drei Kinder. Ausbildung zum Reproduktions-Fotografen. Studium der Freien Kunst an der FhS in Köln bei den Professoren Alfred Will und Pravoslav Sovak, begleitender Dozent: Jürgen Klauke. Den Lebensunterhalt bestritt Willaschek als Reprofotograf, Fotograf, Grafiker, Illustrator/ Karikaturist und Pädagoge in Köln, Berlin und Siegburg und leitete 25 Jahre lang im Rhein-Sieg-Kreis den Fachbereich Kunst & Literatur in einem Weiterbildungsinstitut. Zahlreiche Ausstellungen, Lesungen, Performances, Veröffentlichungen, Filme, Aktionen. Er lebt in zweiter Ehe mit der ebenfalls dichtenden und musizierenden Koreanerin Choy Namyeun. Mit 14 schrieb RO Willaschek sein erstes Gedicht. Als 17jähriger lernte er in Köln den afrikanischen Schriftsteller und Filmemacher Gaston Bart-Williams kennen, mit dem er bis zu dessen tragischen Unfall-Tod 1990 befreundet war. Bart-Williams war ¿ was die Dichtung betraf ¿ sein wohl kritischster und auch einflussreichster Lehrer. Literarisch betätigte sich Willaschek bis 2010 ¿ neben gelegentlichen Artikeln über Kunst und Künstler ¿ fast ausschließlich auf dem Gebiet der Dichtung. Neben der Zeichnung und der Malerei experimentiert Willaschek solo und in der Gruppe (Tzara II) auf musikalischem Gebiet (Klavier, Gitarre und Kornett). Vereinzelt begleitet er sich jazz-improvisierend bei Lesungen eigener Gedichte auf dem Klavier. Auf fotografischem Gebiet, das er bis zum Umbruch durch die Digitalisierung intensiv bediente, interessierte ihn ausschließlich die Verfremdung, und er entwickelte durch chemische Manipulationen die »Gemalte Fotografie«.