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François-René de Chateaubriand: Erzählungen. Atala / René / Der Letzte der Abenceragen
Mit seinen beiden frühen Erzählungen Atala und René ist Chateaubriand Hauptvertreter - wenn nicht Begründer - der literarischen Romantik in Frankreich. Das Bild von Rousseaus edlem Wilden spiegelt sich in dem greisen Indianerhäuptling Chactas, der von seiner Liebe zu Atala erzählt, die als Tochter einer Idianerin und eines Weißen gemeinsam mit ihm in die Savanne flieht, bevor sie sich der Entscheidung zwischen Natürlichkeit und Frömmigkeit durch den Tod entzieht.
Atala: Erstdruck: Paris 1801. René:
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Produktbeschreibung
François-René de Chateaubriand: Erzählungen. Atala / René / Der Letzte der Abenceragen

Mit seinen beiden frühen Erzählungen Atala und René ist Chateaubriand Hauptvertreter - wenn nicht Begründer - der literarischen Romantik in Frankreich. Das Bild von Rousseaus edlem Wilden spiegelt sich in dem greisen Indianerhäuptling Chactas, der von seiner Liebe zu Atala erzählt, die als Tochter einer Idianerin und eines Weißen gemeinsam mit ihm in die Savanne flieht, bevor sie sich der Entscheidung zwischen Natürlichkeit und Frömmigkeit durch den Tod entzieht.

Atala:
Erstdruck: Paris 1801.
René:
Erstdruck: In: Génie du christianisme, Paris 1802.
Der Letzte der Abenceragen:
Erstdruck: In: Oeuvres complètes, Bd. 14, Paris 1826.

Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.
Herausgegeben von Karl-Maria Guth.
Berlin 2017.

Textgrundlage ist die Ausgabe:
[Chateaubriand, François René, Vicomte de]: Chateaubriands Erzählungen. Übers. v. Maria von Andechs (Baronin von Leinburg, Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut, [1855].

Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser Neuausgabe als Marginalie zeilengenau mitgeführt.

Umschlaggestaltung von Thomas Schultz-Overhage unter Verwendung des Bildes: Anne-Louis Girodet de Roussy-Trioson, Porträt des Chateaubriand, nach 1808.

Gesetzt aus der Minion Pro, 11 pt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2018

Brüllende Krokodile im letzten Tageslicht
Ein Welterfolg des frühen neunzehnten Jahrhunderts in neuer deutscher Übersetzung: Chateaubriands "Atala"

Chateaubriand, man muss es leider sagen, ist hierzulande eher als Bezeichnung eines Fleischgerichts bekannt denn als Schriftsteller. Dabei ist seine Bedeutung für die französische Literatur kaum zu überschätzen, nicht nur, weil er als Begründer der französischen Romantik gilt (und damit recht eigentlich des europäischen Gesamtphänomens dieser ästhetischen Geisteshaltung), sondern mehr noch, weil er weit übers neunzehnte Jahrhundert hinaus Einfluss ausübte, vor allem durch seine zweitausendseitige Autobiographie "Mémoires d'outre tombe", ohne die etwa Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" schwer zu denken wäre - und damit wiederum die ganze moderne Literatur. Dem Werk hat das in Deutschland nicht viel genutzt; nach einer ersten Übersetzung 1849/50, kurz nach der postumen Publikation des französischen Originals, ist es nie mehr vollständig auf Deutsch erschienen. Die jüngst bei Matthes & Seitz neu aufgelegte Übersetzung durch Sigrid von Massenbach, die aus dem Jahr 1968 stammt, könnte unbedarften Lesern durch ihren eindrucksvollen Umfang anderes suggerieren, aber es handelt sich bestenfalls um ein Drittel des Textes; ausgewiesen sind die konkreten Kürzungen nirgendwo in der Ausgabe. Immerhin sind kürzlich bei Hoffmann und Campe die Anfangskapitel zur bretonischen Jugend Chateaubriands in neuer Übersetzung erschienen (F.A.Z. vom 6. März). Und nun gibt Dörlemann das zu Lebzeiten erfolgreichste Buch des 1768 geborenen Autors in neuer Übersetzung heraus: "Atala", eine 1801 erschienene Indianergeschichte.

Als Deutscher denkt man bei diesem Genre sofort an Karl May und völlig zu Recht. Denn auch May ist nicht denkbar ohne Chateaubriand. "Atala" machte in Frankreich sofort Furore, und noch im selben Jahr wurde es auch erstmals übersetzt und blieb danach auf Deutsch präsent, so dass May es lesen konnte. Der Literaturwissenschaftler Rudolf Beissel hat schon 1978 die Ähnlichkeiten zwischen "Atala" und "Winnetou" analysiert, und vor allem im Motiv der Christianisierung eines Wilden finden sich geradezu verblüffende Parallelen. Oder in den Eremitenfiguren. Wobei es bei Chateaubriand - was man kaum glauben mag - im Wilden Westen noch gefühliger zugeht als bei seinem deutschen Nachfolger. Man möchte Cornelia Hasting, die wunderbare Flaubert-Übersetzerin, um ihre Arbeit an diesem arg zeitgebundenen Stück Prosa nicht beneiden.

Andererseits trifft sie den literarischen Tonfall der Wende vom achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert großartig - es ist ja auch in der deutschen Literatur eine Sattelzeit, und deshalb ist uns so vertraut, was wir lesen, eben nicht nur durch Karl May, sondern auch durch E. T. A. Hoffmann, Novalis oder die Schlegels, wenn auch keinem von ihnen ein Satz wie "In diesem Augenblick begannen die Krokodile im Sonnenuntergang zu brüllen" unterlaufen ist. Chateaubriand war wie May nie an den wichtigsten Schauplätzen seines Romans (Florida, der Mississippi), wobei er immerhin als adeliger Exilant der Französischen Revolution 1791 die Neuenglandstaaten bereist und dabei die Niagarafälle besichtigt hatte, die die Kulisse fürs Finale bieten.

In seinen "Erinnerungen von jenseits des Grabes" suggeriert Chateaubriand allerdings größte persönliche Vertrautheit mit dem Geschehen seines Romans - bis hin zum Kontakt mit schönen eingeborenen Christinnen -, und tatsächlich wurde "Atala" auch als autobiographische Bekenntnisschrift gelesen, denn mit der Figur des René, dem die ganze Geschichte um die junge Indianerin Atala von einem alten Indianer erzählt wird, malte der Verfasser ein literarisches Selbstporträt (sein Vorname war François-René). Dass er dieses partout später noch in den eigenen Memoiren beglaubigen wollte, zeigt nur, wie unbrauchbar die "Erinnerungen" als historische Quelle sind. Aber umso literarisch reizvoller sind sie.

"Atala" selbst dagegen ist ein Kuriosum, das man erst einmal weniger mit Spannung als mit Staunen über seine Antiquiertheit liest. Doch dann auch mit Freude über dramatische Emphase und literarische Reminiszenzen: ",Was?', fuhr ich mit Grauen fort. ,Ein Gift!', sagte der Mönch. ,Es ist in meinem Leib', rief Atala." Mehr "Hamlet" geht kaum. Und das macht dann so viel Spaß in der Kolportage, dass die Unzeitgemäßheit doch keine Rolle mehr spielt. Denn Vergnügen ist zeitlos.

ANDREAS PLATTHAUS

François-René de Chateaubriand: "Atala".

Roman.

Aus dem Französischen

von Cornelia Hasting.

Dörlemann Verlag, Zürich 2018. 192 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.06.2018

Die Natur der Neuen Welt
Dem Erfolg seines Romans „Atala“ verdankte François-René de Chateaubriand sein Anwesen
in Châtenay-Malabry bei Paris. Jetzt sind dort Landschaftszeichnungen Goethes zu Gast
VON JOSEPH HANIMANN
Der ideelle Putz des Romans „Atala“ ist abgefallen, und man hätte erwarten können, dass das Werk in sich zerfällt. Wie kommt es aber, dass dieses ursprünglich zur Verherrlichung des Christentums geschriebene Buch uns heute so fasziniert wie die ersten Leser damals? Es erreichte mehrere Auflagen schon im Erscheinungsjahr 1801 und innerhalb von vier Jahren drei englische, drei italienische, zwei deutsche Übersetzungen. Die Zielabsicht des Buchs mag überholt sein, die Schilderungen der nordamerikanischen Landschaften und ihrer Einwohner aus einer rousseauistischen Perspektive bleiben aber lebendig.
Er habe ein „Epos des Naturmenschen“ schreiben wollen, erklärt der dreiunddreißigjährige Autor im Vorwort und nennt als Vorbilder kühn die Epen Homers und die Bibel. Als Hintergrund für die Handlung wählte er das Massaker am Volk der Natchez in der französischen Kolonie Louisville 1727. Schon der Einstieg zieht den Leser in Bann. Wie in einem langen Kamerazoom nähern wir uns dem Handlungsort aus der Weite des nordamerikanischen Kontinents. Vier große Ströme teilten das Land, darunter der Mississippi, dieser „Nil der Wildnis“. Westlich von ihm erstrecken sich grenzenlose Prärien mit wilden Büffelherden, aus denen sich manchmal ein betagtes Tier schwimmend auf eine Insel absetzt und dort im hohen Gras mit schlammigem Bart wie ein Gott des Flusses zufrieden über die Weiten der Landschaft blickt.
Dieser majestätischen Stille antwortet östlich des Mississippi aus einem lianendurchwachsenen Dschungel endloses Gezirp und Gesumm, ein Schnabelgeklapper und Zermalmen von Fruchtkernen zwischen den Zähnen, unterbrochen von Gurren, Brüllen und leisen Klagerufen aus der Tiefe des Waldes. Hier schreibt ein Romantiker. Wildnis ist nicht mehr Chaos, sondern „eine zärtliche und unzähmbare Harmonie“. Mag die Topografie auch eher imaginär sein und das Buch wohl nicht, wie der Autor im Vorwort behauptet, in den Hütten der Eingeborenen entstanden, so spiegelt es doch den Blick eines jungen Europäers im ausgehenden 18. Jahrhundert, der überwältigt ist von der Landschaft der Neuen Welt und zugleich vom Unheil, das ihren ursprünglichen Bewohnern angetan wurde.
François-René de Chateaubriand, 1768 geboren, Sprössling einer französischen Adelsfamilie, die nach der Revolution verarmte, war im Frühjahr 1791 nach Amerika gekommen, mit der Absicht zu schreiben. Anfang 1792 kehrte er, beunruhigt durch die Folgen von König Ludwigs XVI. Fluchtversuch und der Festnahme in Varennes, nach Frankreich zurück, mit vielen Aufzeichnungen im Gepäck. Er beteiligte sich auf der Seite des europäischen Adels am Koalitionskrieg gegen die französische Republik, ging nach der Niederlage bei Valmy nach London ins Exil und begann dort seine Aufzeichnungen zu überarbeiten. Was ihm vorschwebte, war eine Darstellung der Befreiung der Indianer aus der Unterdrückung und zugleich eine Studie über die geistige Größe des Christentums, „Le génie du christianisme“, das die begangenen Untaten wieder gutmachen sollte. Als nach dem Machtantritt Napoleons die Lage in Frankreich sich beruhigte, kehrte Chateaubriand im Frühjahr 1800 nach Paris zurück. Das Projekt seines Christentum-Buchs ließ er zunächst liegen und publizierte stattdessen die romanesken Passagen daraus unter dem Titel „Atala“: eine Liebesgeschichte in der Wildnis Nordamerikas.
Die Handlung ist rudimentär. Der junge Indianer Chactas ist von einem feindlichen Stamm gefangen worden und soll verbrannt werden. Atala, ein Mädchen mit einem Kreuz um den Hals, Häuptlingstochter des Stamms, in Wahrheit aber die Tochter eines spanischen Siedlers, befreit den jungen Mann und animiert ihn zur gemeinsamen Flucht. Nach zahlreichen Malheurs, anrührenden Begegnungen, üppig fließenden Tränen und einem sintflutartigen Gewitter im Urwald scheint unter dem Schutz eines alten Einsiedlers die Zeit für das Liebesglück der beiden endlich gekommen zu sein. Doch Atalas Mutter hatte bei der schwierigen Geburt der Jungfrau Maria das Gelübde abgelegt, ihre Tochter würde Jungfrau bleiben, sollte sie überleben. Da das Gelübde in der Gewitternacht mit Chactas gebrochen wurde, nimmt Atala Gift. Die Versicherungen des Kirchenmannes, solche Versprechen brauche man nicht so ernst zu nehmen, kommen zu spät.
Interessant ist, wie in diesem Roman Harmonieverlangen, Idylle und Gottesgefälligkeit immerfort aus dem Zügel laufen. Wir stehen im ungesicherten Gelände zwischen Aufklärung und Romantik, zwischen Revolution, Restauration und Rekatholisierung. Den Autor widert der reaktionäre Standesdünkel des französischen Exiladels ebenso an wie ihn die Wut der eingefleischten Revolutionäre beunruhigt. Dem Mattglanz der christlichen Glückseligkeitserwartung streut Chateaubriand immer wieder Niespulver über den Heiligenschein. Die Lektüre oder Wiederlektüre dieses Romans empfiehlt sich auch durch die sorgfältige Übersetzung von Cornelia Hasting, die zum Beispiel das Sinnspektrum des Wortes „sauvage“ zwischen „Eingeborenen“, „Wilden“, „Wildnis“, „Einöde“ und „Wüste“ aufdröselt.
Die Einöde Atalas habe ihm die zauberhafte Einöde seines Landhauses im Vallée-aux-Loups südlich von Paris beschert, schrieb Chateaubriand später in seinem Monumentalwerk „Mémoires d’outre-tombe“ (Erinnerungen aus dem Jenseits), von dem Auszüge gerade in neuer Übersetzung von Karl-Heinz Ott unter dem Titel „Kindheit in der Bretagne“ (Hoffmann und Campe) erschienen sind. Tatsächlich hat der Autor dank des Romanerfolgs das reizvolle Anwesen mit dem großen Park bei Paris erwerben können, das heute als „Maison de Chateaubriand“ mit Ausstellungen den Schriftsteller, Politiker und Diplomaten feiert und gegenwärtig einen anderen großen Grenzgänger zwischen Aufklärung, Revolution, Restauration und Romantik ehrt. „Goethe und Chateaubriand – Blickwechsel in der Landschaft“ heißt die Sommerausstellung, die mit rund fünfzig Goethe-Zeichnungen aus der Klassik Stiftung Weimar die Naturbetrachtung zweier prominenter Gartenhausbewohner darstellt.
Begegnet sind die beiden einander nie, hätten dies aber beinah tun können. Im Koalitionskrieg 1792 befanden sie sich bis zur Schlacht bei Valmy beide im selben Lager, Goethe als Begleiter des Herzogs von Weimar, Chateaubriand in dem der preußischen Armee unterstellten französischen Adligencorps. Die leere Zeit nutzte jeder, so gut es ging. Chateaubriand überarbeitete seine Aufzeichnungen für „Atala“, Goethe widmete sich der Farbenlehre. Unter dem Grollen des Koalitionskriegs rieben sich so in der Gestalt zweier großer Europäer das klassizistische Aufklärungsideal und ein neukatholisch romantischer Fortschrittszweifel aneinander.
Chateaubriand hatte in jungen Jahren begeistert Goethes „Werther“ gelesen und erwähnt ihn in einem Jugendgedicht. Goethe lernte „Atala“ und den Folgeroman „René“ 1812 kennen und lobte deren Autor am 4. Januar 1827 gegenüber Eckermann als Vater der neuen französischen Dichtung von Lamartine bis Victor Hugo. Chateaubriand hingegen rückte allmählich vom deutschen Klassiker ab. Als er 1821 von König Ludwig XVIII. als Botschafter nach Berlin entsandt wurde, kam er auf der Anreise durch Weimar, doch habe er Goethe, „den ich einst so bewunderte, heute aber viel weniger“, nicht getroffen, schrieb er später in seinen Memoiren – dieser Deutsche bleibe eine Leerstelle in der Galerie seiner Bekanntschaften.
Sieben Jahre später, als Botschafter in Rom erinnerte er sich noch einmal an Goethe, jedoch wiederum eher distanziert – „ich fühle Schiller, ich verstehe Goethe“. Dank Goethes Landschaftszeichnungen auf den Wänden der Maison Chateaubriand und der Bäume draußen im Park, die Chateaubriand zum Teil selber gepflanzt hat, kreuzen sich nun in der Naturbetrachtung zumindest die Blicke noch einmal.
François-René de Chateaubriand: Atala. Aus dem Französischen von Cornelia Hasting. Dörlemann Verlag, Zürich. 192 Seiten. 20 Euro.
Goethe Chateaubriand. Regards croisés devant le paysage. Maison de Chateaubriand in Châtenay-Malabry, bis 19. August. Info www.vallee-aux-loups.hauts-de-seine.fr
Im Koalitionskrieg 1792 hätten
sich Chateaubriand und Goethe
im selben Lager treffen können
Die Grablegung Atalas, gemalt 1808 von Anne-Louis Girodet nach der Lektüre von Chateaubriands Roman.
Foto: imago / United Archives International
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