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Die Konzernverlage lehnten das Buch ab, ein Kleinverlag aus Brooklyn landete damit den großen Wurf: Time Warner hat die Filmrechte erworben, Kritiker sind voll des Lobes, das Buch erscheint in zehn Ländern. So heiter und melancholisch wie der Film "American Beauty" erzählt Matthew Sharpes Roman von den heiklen Banden, die Eltern und Kinder zusammenhalten. Nicht zuletzt spiegelt er die große Verunsicherung im heutigen Amerika wider, den Vertrauensverlust in Obrigkeiten und das mentale Leid einer nach außen hin starken Nation. Doch in erster Linie erzählt er eine ebenso komische wie rührende…mehr

Produktbeschreibung
Die Konzernverlage lehnten das Buch ab, ein Kleinverlag aus Brooklyn landete damit den großen Wurf: Time Warner hat die Filmrechte erworben, Kritiker sind voll des Lobes, das Buch erscheint in zehn Ländern. So heiter und melancholisch wie der Film "American Beauty" erzählt Matthew Sharpes Roman von den heiklen Banden, die Eltern und Kinder zusammenhalten. Nicht zuletzt spiegelt er die große Verunsicherung im heutigen Amerika wider, den Vertrauensverlust in Obrigkeiten und das mentale Leid einer nach außen hin starken Nation. Doch in erster Linie erzählt er eine ebenso komische wie rührende Familiengeschichte.

Eine kleine Stadt in Connecticut: Bernard Schwartz hat seine Frau, seine Ambitionen und sein Bewußtsein verloren. Als er aus dem Koma erwacht, erwarten ihn sein Sohn Chris, der ewige Klugscheißer, und seine Tochter Cathy, ein zur Katholikin mutierter jüdischer Teenager. Das Wort »Pubertät« deutet ihre Probleme nur zaghaft an. Man ist eben ein bißchen haltlos, wenn man – wie Chris – mit siebzehn schon alle Drogen ausprobiert hat, Selbstmordgedanken Anlaß zur Heiterkeit geben, die Mutter mit dem Gärtner schläft und man selbst mit der Pflegerin des Vaters. Doch trotz aller Turbulenzen nehmen Chris und Cathy die Dinge in die Hand, und aus Kindern werden unverhofft Erwachsene.
Autorenporträt
Verena von Koskull, geb. 1970, hat Italienisch und Englisch in Berlin und Bologna studiert. Sie übertrug u.a. Matthew Sharpe, Curtis Sittenfeld, Tom McNab, Carlo Levi, Simona Vinci und Claudio Paglieri ins Deutsche.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen "solide erzählten" Familienroman erblickt Rezensent Hardy Reich in Matthew Sharpes "Eine amerikanische Familie". Den "denkbar unoriginellen" deutschen Titel führt er auf die gegenwärtig große Beliebtheit amerikanischer Familienromane zurück - damit jeder gleich merkt, dass Sharpes Buch in diese Kategorie gehört. An die Erfolgsromane von Jonathan Franzen oder Jeffrey Eugenides reicht Sharpes Roman nach Reichs Einschätzung allerdings "nicht wirklich" heran, vergleichen lässt er sich eher mit Rick Moodys "Der Eissturm" und dessen Verfilmung von Ang Lee. Sharpes Roman um einen Familienvater, der sich nach dem Erwachen aus dem Koma auf der geistigen Ebene eines Vierjährigen wiederfindet und von seinen Kindern mühevoll wieder an das Erwachsenenleben herangeführt wird, zeichnet sich für Reich insbesondere durch Szenen von "beträchtlicher Komik" aus, "die nicht selten einen Stich ins Makabre haben, aber zugleich auch recht anrührend sein können". Reich moniert zwar einige "Unwahrscheinlichkeiten der Handlung" sowie die teilweise klischeehafte Zeichnung der Personen. Trotzdem hat ihm Sharpes Roman insgesamt gut gefallen, was vor allem an seiner "überzeugende Mischung aus Ironie und Warmherzigkeit" liegt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.06.2005

Der Surfer war der Gärtner
Vater muß erwachsen werden: Matthew Sharpes Familienroman

Amerikanische Familienromane erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit, und damit auch jeder gleich auf den ersten Blick merkt, daß Matthew Sharpes Buch in diese Kategorie gehört, hat der Verlag der deutschen Übersetzung den denkbar unoriginellen Titel "Eine amerikanische Familie" verpaßt. Zudem wird noch das Urteil von Sharpes Kollegen DBC Pierre übermittelt, der Autor treffe "das heutige Amerika mitten ins bittersüße Mark". Nun sind aber die Vereinigten Staaten heute ein Land, das sich selbst als zutiefst kulturell gespalten empfindet; und so kann auch dieser Roman höchstens für einen Teil des Landes charakteristisch sein, und zwar für den kleineren.

Die Familie Schwartz, die wir in diesem Buch kennenlernen und einige Monate lang begleiten, ist eine zumindest halbintellektuelle, säkulare jüdische Familie aus der gehobenen Mittelschicht. Religiosität existiert nur als spätpubertäre Sinnsuche der Tochter, die Neigungen zum Katholizismus entwickelt. Der Vater lebt mit seinen beiden Kindern im liberalen Nordosten, in Bellwether (zu deutsch: "Leithammel"), einer fiktiven, relativ wohlhabenden kleinen Vorstadt von einer nicht sehr großen Industriestadt. Die Mutter ist nach der Scheidung nach Nordkalifornien gezogen, um in Berkeley ihr einstmals unterbrochenes Jurastudium zu vollenden, und lebt nun als Anwältin in der Nähe von San Francisco. Bernard Schwartz ist ein Mann in den Vierzigern, der am heimischen Computer "erstklassige Pressemitteilungen für mehr oder weniger professionelle Organisationen" verfaßt. Das Hauptaugenmerk des Romans gilt seinem siebzehnjährigen Sohn Chris. Spätestens als dieser über den "Fänger im Roggen" herzieht, ist klar, daß auch "Eine amerikanische Familie" nicht zuletzt eine Adoleszenz-Geschichte ist, deren Struktur sich aber von J. D. Salinger stark unterscheidet. Mit der jüngeren Schwester Cathy gibt es eine weitere Hauptperson im Teenageralter. Stets wird in der dritten Person erzählt, wobei die Erzählsituation oft in jenen Grenzbereich zwischen auktorialem und personalem Erzählen hineingestanzelt ist, in dem sich nicht klar ausmachen läßt, ob ein Kommentar vom Erzähler oder der gerade in seinem Blickfeld befindlichen Person stammt.

Gleich zu Beginn erleidet Bernard Schwartz einen Schlaganfall und fällt ins Koma. Nach seinem Erwachen findet er sich "auf der geistigen Ebene eines pfiffigen Vierjährigen" wieder. Chris versucht nun, allerdings mit nicht immer tauglichen Mitteln, den Vater wieder an das Erwachsenenleben heranzuführen, in welches er selbst sich gerade hineinzufinden bemüht.

Eine Stärke des Romans besteht in Szenen von beträchtlicher Komik, die nicht selten einen Stich ins Makabre haben, aber zugleich auch recht anrührend sein können. So erscheint zum Beispiel Cathy auf einem Halloween-Kostümfest im selbstgenähten Karmeliterinnengewand, um auf diese Weise ihr Idol, die vom Judentum zum Katholizismus übergetretene, in Auschwitz ermordete Edith Stein, darzustellen. Das klingt geschmackloser, als es im Romanzusammenhang wirkt, weil man als Leser weiß, wie subjektiv ernsthaft die unbeholfenen religiösen Bemühungen des Mädchens sind: "Cathy brachte Stunden damit zu, in ihrem Zimmer aus dem Fenster zu starren und sich nach dem Sinn hinter Edith Steins Tod zu fragen."

Manchmal wirkt die Suche des Autors nach originellen Formulierungen ziemlich verkrampft, etwa so: "Kaum geriet die Gestalt eines seiner beiden Kinder ins Blickfeld, vollzog sich in Bernies Körper ein kardiovaskuläres, autonomes, gastrointestinales, neurologisches, respitatorisches und endokrines Wechselspiel, das der Laie wohl als Liebe bezeichnen würde." Doch häufiger finden sich auch schöne Passagen wie die folgende: "Mondlicht, Lampenlicht und kindliche Projektion verschmolzen auf Bernard Schwartz' Gesicht und ließen Chris die Schwermut, Sehnsucht und leise Furcht seines Vaters ahnen. Chris hatte genug von Bernies rührender, jämmerlicher Hilflosigkeit und ebenso von seinem eigenen unermüdlichen Wunsch, diesem Mann, der ihn stets geliebt, ihm aber nur selten geholfen hatte, zu helfen."

Bei der Charakterisierung der Personen geht Sharpe durchweg zunächst einmal von Klischees aus: Da gibt es einen schwarzen Jugendlichen mit der Wortgewandtheit eines Rappers und seine resolute alleinerziehende Mutter. Ein dumpfer, brutaler, rassistischer Highschool-Footballspieler fehlt ebensowenig wie ein kaum weniger hirnloser, aber gutartiger kalifornischer Surfer, der sich bei alleinstehenden Frauen als Gärtner verdingt, ihnen aber auch gern im Schlafzimmer zu Diensten ist. Beim medizinischen Personal steht einer jungen Neurologin vom Typ, den man früher "Blaustrumpf" genannt hätte, eine nymphomanische "Sprachpathologin" gegenüber. Während Chris alles ironisch kommentieren muß, sucht seine Schwester immer den religiösen Bezug. Erst allmählich, wenn man den Personen näher kommt und immer mehr Einblicke in ihre Gedankenwelt und ihren Gefühlswirrwarr erhält, ergibt sich ein zunehmend komplexeres Bild. Es liegt in der Natur dieses Verfahrens, daß es bei den Hauptpersonen überzeugendere Resultate zeitigt als bei den Nebenfiguren.

Nicht nur, weil gelegentlich übersinnliche Bereiche gestreift werden, sondern auch wegen einiger Unwahrscheinlichkeiten der Handlung erfordert die Lektüre von den Lesern jene "willing suspension of disbelief", die Coleridge einst als Voraussetzung der Dichtung ausgemacht hatte. Zum Nulltarif aber sind wir nicht willens, unsere Skepsis außer Kraft zu setzen. Der Autor muß dafür schon etwas zu bieten haben. Im Falle von Sharpes solide erzähltem Roman sollte vor allem die überzeugende Mischung aus Ironie und Warmherzigkeit Grund genug sein.

Dies ist Sharpes drittes Buch, das erste, das ins Deutsche übersetzt wurde. Es stellt den bisher größten Erfolg des Autors auf dem amerikanischen Buchmarkt dar, wonach es zunächst nicht ausgesehen hat: Von mehreren großen Verlagen zunächst abgelehnt, ist der Roman schließlich bei der kleinen Soft Skull Press in Brooklyn herausgekommen. "Eine amerikanische Familie" reicht nicht wirklich an die Erfolgsromane von Jonathan Franzen oder Jeffrey Eugenides heran. Seine überschaubare Welt legt eher einen Vergleich mit Romanen Rick Moodys, etwa "Der Eissturm", und mit Ang Lees Verfilmung nahe. Einen Regisseur mit ähnlichem Taktgefühl und Stilbewußtsein möchte man auch der laut Klappentext in Vorbereitung befindlichen Verfilmung von Matthew Sharpes Buch wünschen. Zu schade nur, daß Christina Ricci für die Rolle der Cathy mittlerweile entschieden zu alt ist.

HARDY REICH

Matthew Sharpe: "Eine amerikanische Familie". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Verena von Koskull. Aufbau Verlag, Berlin 2005. 336 S., geb., 19,90 [Euro].

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"Matthey Sharpe ist ein Meister der Ironie, der dennoch auch andere Menschen zu mögen scheint." (The New York Times)