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In ihrem Bund wehrten sie sich gegen Not und Elend und verstrickten sich in Kämpfe mit den Mailänder Straßenjungen. Und einigen von ihnen gelang sogar die Flucht zurück in die Schweiz. Lisa Tetzner erfuhr beim Durchblättern alter Chroniken von den Mailänder Kaminfegerbuben. Sie erzählt die wahre Geschichte des kleinen Giorgio aus dem Verzascatal, die an die einfühlsamen Jugendromane von Charles Dickens und Mark Twain erinnert. -Die schwarzen Brüder- erlangten Welterfolg und wurden für das Fernsehen verfilmt.

Produktbeschreibung
In ihrem Bund wehrten sie sich gegen Not und Elend und verstrickten sich in Kämpfe mit den Mailänder Straßenjungen. Und einigen von ihnen gelang sogar die Flucht zurück in die Schweiz. Lisa Tetzner erfuhr beim Durchblättern alter Chroniken von den Mailänder Kaminfegerbuben. Sie erzählt die wahre Geschichte des kleinen Giorgio aus dem Verzascatal, die an die einfühlsamen Jugendromane von Charles Dickens und Mark Twain erinnert. -Die schwarzen Brüder- erlangten Welterfolg und wurden für das Fernsehen verfilmt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2002

Schwarz wie die Nacht
Wie Kinder armer Leute Kaminkehrern einst als Sklaven dienten
HANNES BINDER/LISA TETZNER: Die schwarzen Brüder: Sauerländer, Düsseldorf 2002. 144 Seiten, 19,90 Euro.
Der Zürcher Grafiker und Illustrator Hannes Binder hat eine düstere, eine traurige Geschichte gezeichnet, die auch dadurch nicht viel erträglicher wird, dass sie gut endet. Faszinierend ist sein Projekt in jedem Fall. Binder hatte den Mut und die Energie, sich über Jahre hinweg mit einem Text zu befassen und diesen holzschnittartig zu illustrieren, der mehr als 60 Jahre alt ist, aber nichts von seiner Aktualität verloren hat.
Damals, im Jahr 1941, schrieb die zeitweise an den Rollstuhl gefesselte Kinderbuchautorin und Märchenerzählerin Lisa Tetzner an einer Geschichte über arme Jungen aus dem Tessin, die ihren Eltern für ein paar Franken von Menschenhändlern abgekauft und dann als Sklaven an Kaminkehrer in Mailand verschachert wurden. „Die schwarzen Brüder” hieß die Geschichte.
Lisa Tetzner war damals mit dem kommunistischen Schriftsteller Kurt Kläber verheiratet, der später unter dem Pseudonym Kurt Held mit der „Roten Zora” einen Welterfolg schrieb. Kläber und Tetzner waren vor den Nazis in die Schweiz geflüchtet, doch auch dort hatte Kläber alias Held Schreibverbot. „Die schwarzen Brüder”, die Geschichte der Ausbeutung von Kindern und ihrer Rettung durch einen philanthropischen Arzt, faszinierte ihn so sehr, dass er das Buch gemeinsam mit seiner Frau beendete. Es erschien 1942 aber wegen seines Schreibverbots nur unter ihrem Namen.
Nun, viele Jahre später, hat Hannes Binder das Buch noch einmal hervor geholt. Denn noch immer ist das Thema Kinderarbeit hochaktuell – wenn auch weniger im reichen Europa als vielmehr in der Dritten Welt, in der auch heute verarmte Eltern ihre Kinder als Prostituierte oder Teppichknüpfer, Bauarbeiter oder Haussklaven verkaufen. Pendant zum philanthropischen Arzt Doktor Casella, der in den „Schwarzen Brüdern” dem unterernährten, kranken Giorgio das Leben rettet und ihm sogar eine Ausbildung zum Lehrer ermöglicht, sind in der modernen Welt bisweilen karitative Gruppen, die sich der Rettung von versklavten Kindern verschrieben haben.
Lisa Tetzner und Kurt Kläber haben das Schicksal des kleinen Giorgio als Geschichte von Unterdrückung und Befreiung geschildert. Giorgio schläft in einem Verschlag, des Nachts wird er eingesperrt, ein wenig Suppe und Brot sind seine einzige Nahrung. Tag für Tag muss er in rußige, oft noch glühend heiße Kamine hinaufsteigen und diese putzen; viele Kaminfegerjungen sterben bei dieser Arbeit.
Giorgio überlebt dank der kranken Tochter seines Arbeitgebers, die ihm heimlich Essen bringt. Sein Stolz überlebt, weil er gemeinsam mit Leidensgenossen eine Bande gründet. Und weil er Doktor Casella begegnet, den das Schicksal der Jungen anrührt. Er rät ihnen, zu fliehen, und verspricht, ihnen zu helfen. Casella ist es auch, der schlussendlich den Menschenhändler bei der Polizei anzeigt.
Binder hat diese Geschichte wie einen altmodischen Bilderroman gezeichnet – in düsterem Schwarz-Weiß, mit bisweilen grotesk verzerrten Figuren, aber bisweilen auch mit Zeichnungen von eindrucksvoller Schönheit. Die Illustrationen ersetzen ab und zu den Text, was manchmal ein wenig Verwirrung in den Fortlauf der Geschichte bringt, und sehr kindgerecht sind seine Arbeiten auch nicht. Ungeachtet dessen hat Binder sich mit dieser ungewöhnlichen Neubearbeitung eines historischen Jugendbuches verdient gemacht.
CATHRIN KAHLWEIT
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Ein Klassiker!
Schon vor mehr als einem halben Jahrhundert - und seitdem immer wieder, nicht zuletzt in der zwölfteiligen TV-Verfilmung von 1984 - hat dieser Klassiker zum ersten Mal kleine (und große) Leser dazu gebracht, über das harte Los des kleinen Kaminfegerbuben zu weinen (besonders, wenn wieder einer der Kameraden Opfer seines Berufs oder eines gewissenlosen Meisters wurde). Und noch heute fiebern Mädchen und Jungen über die knapp 500 Seiten mit dem Helden bis zum (wir dürfen es verraten), glücklicherweise guten Schluss.
Mag sein, dass ein Teil der Faszination dieser Lektüre darin liegt, dass es sie Mitte des 19. Jahrhunderts tatsächlich gab, die Acht- bis Elfjährigen, die von ihren Verwandten aus Not oder Habgier regelrecht nach Italien verkauft wurden, um dort die Kamine zu reinigen.
Kaum vorstellbar, unter welchen Bedingungen diese armen Kinder leben mussten - meist ohne ordentliche Schlafstatt, warme Kleidung oder ausreichend Nahrung (sie sollten ja möglichst lange klein und zierlich bleiben); ganz zu schweigen von den körperlichen Misshandlungen durch ihre Dienstherren.
Immer aktuell
Auch unter den Jungen selbst wird zuweilen geprügelt - dann wieder steht Opferbereitschaft und selbstloses Eintreten für die Freunde im Vordergrund. Ein Thema so alt wie die Welt - und doch immer aktuell, selbst wenn dabei weder Computer noch Handy zum Einsatz kommen.
Ihre klare und doch so eindringliche Sprache stellt die geborene Zittauerin Tetzner in eine Reihe mit berühmten Jugendbuchautoren-Kollegen aus ihrer Wahlheimat Schweiz wie etwa Johanna Spyri. Da verlassen junge Menschen unter dramatischen Umständen ihre Heimat um nach Jahren der Entbehrung und des Leids am Ende wieder (und das meist als tüchtige, erfolgreiche Erwachsene) nach Hause zurückzukehren. Ein Sujet, das sicherlich einerseits antiquiert anmuten mag, aber dennoch auch für die Kids des 21. Jahrhunderts in seiner Vorhersehbarkeit den Charme des Vertrauten besitzt - und so kuscheln sie sich denn beim Lesen, wie ihre Eltern und Großeltern vor ihnen, mit leichtem Schauder behaglich in die Kissen, froh zu wissen, dass es ein Happy End geben wird und dass DIESE Form der Ausbeutung in mitteleuropäischen Breiten definitiv der Vergangenheit angehört. (Michaela Pelz, krimi-forum.de)

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Als "kleines Meisterwerk der Bildkunst" bezeichnet Rezensentin Elena Geus diesen Roman in Bildern, der, wie sie schreibt, nach einem Werk von Lisa Tetzner und Kurt Held entstand. Dessen Text sei in der vorliegenden Neuausgabe auf "etwa ein Zehntel" der Originalfassung komprimiert und gehe mit den Zeichnungen von Hans Binder eine "faszinierende Symbiose" ein, in der die Illustrationen die Handlung tragen und "oft vollständig ersetzen". Die angewandte grafische Technik des Auskratzens, die der Künstler in den rund zweihundert Bilder des Bandes angewandt habe, findet die Rezensentin für "diese traurige Geschichte der verkauften Kinder, die sich der Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen" nur durch eine riskante Flucht entziehen können, ausgesprochen gut geeignet. Am Duktus der Bildsprache, die sie an Holzschnitte erinnert haben, beeindruckte die Rezensentin besonders die klaustrophobische Intensität. Neben Montagen aus raumgreifenden Einzelillustrationen fand sie die Geschichte auch in "kleinen Zyklen, Bildern im Bild und Sequenzen in schneller Folge" erzählt: "mal komplex und überscharf, dann wieder voller subtiler Details."

© Perlentaucher Medien GmbH"

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.08.2020

Mutige Kaminfegerkinder

Wer behält da noch den Überblick? Was Monat für Monat an neuen Kinder- und Jugendbüchern auf den Markt kommt, ist enorm. Deshalb ist es eine gute Alternative, sich an die Klassiker des Genres zu halten. Dabei verhält es sich jedoch andersherum. In den Buchhandlungen steht oft eine sehr identische Auswahl, von Kästner bis Lindgren, von Nöstlinger bis Ende. Wunderbare Bücher, ohne Frage. Aber die Sehnsucht nach Neuentdeckungen stillen sie nicht.

Vielleicht könnte "Die Schwarzen Brüder" von Lisa Tetzner dann genau das Richtige sein. Auch dieser Roman ist ein Kinderbuchklassiker, jedoch weniger in Deutschland als in der Schweiz. Das Buch, 1940 und 1941 auf zwei Bände verteilt erstmals erschienen, erzählt die Geschichte des Jungen Giorgio, der Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Tessiner Bergdorf Sonogno als Kaminfegerbub nach Mailand geschickt wird. Seine Eltern, Bergbauern im Verzascatal, sind bettelarm. Als die Mutter sich bei der Landarbeit den Fuß bricht, fehlt das Geld, um einen Arzt zu bezahlen. Lange hatten Giorgios Eltern sich geweigert, den Sohn zum Arbeiten fortzuschicken, doch nun geben sie nach - und den Jungen in die Hand des bösen, zwielichtigen Antonio Luini. Für Giorgio beginnt eine Odyssee, ein schwerer Weg aus dem Tessin in die fremde Stadt und in ein hartes, gefährliches Leben als Kaminfegerkind. Doch Giorgio findet dort auch Halt, in der Gemeinschaft der "Schwarzen Brüder", einem geheimen Bund der zum Arbeiten in die Ferne geschickten Jungs.

Wie Tetzner von diesen Kindern erzählt, ist faszinierend und fesselnd. Wie sie die Landschaften und die Stadt beschreibt, die Sorgen, aber auch die Begeisterung für das Neue, das Abenteuer, lässt einen nicht los. Zum Vorlesen eignet sich das Buch hervorragend. Gebannte Kinder, die darum betteln, bitte doch noch ein weiteres Kapitel zu lesen, sind einem garantiert. Und auch ihnen fällt schnell auf, für wen das Herz der Schriftstellerin schlägt: für die Jungen, die das Schicksal hart getroffen hat, die sich aber zu helfen wissen, sich nicht unterkriegen lassen und Mut beweisen.

Politisch stand Lisa Tetzner immer links, genau wie ihr Ehemann Kurt Kläber, der Arbeiterführer war, bevor er sich unter dem Pseudonym Kurt Held ebenfalls der Kinder- und Jugendliteratur widmete. Gemeinsam haben die beiden, die vor den Nazis in die Schweiz geflohen waren, an den "Schwarzen Brüdern" gearbeitet. Wenig später unterstützte Tetzner ihren Mann beim Schreiben des Buchs, das sein größter Erfolg werden sollte und in dem eine andere Kinderclique sich gegen das Unrecht stemmt: "Die rote Zora und ihre Bande". Noch ein Klassiker, den man kennen sollte.

ALEXANDER JÜRGS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Hannes Binder hat den Klassiker nun in holzschnittartige Bilder gefasst und daraus eine Graphic Novel erster Klasse gemacht. Christoph Hartner Steirerkrone 20131211