Produktdetails
  • Verlag: Heyne, W
  • ISBN-13: 9783453211087
  • Artikelnr.: 24031204
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.02.2001

Die Märchen-Prinzessin
Wie ein Debütroman von Nathalie Weidenfeld Aufsehen erregt
Für seinen Namen kann ja in der Regel keiner was. Trotzdem müsste man lügen, wollte man sagen, das Adelsprädikat „von” klänge mit dem Nachnamen „Huber” genauso eindrucksvoll wie etwa mit „Hohenlohe-Schottenburg”. Dieses Problem hat auch der Münchner Marion von Schröder Verlag, dessen Neuerscheinungen immer wieder mal auf den ersten Blick etwas mehr hermachen als nach der Lektüre: Da ist dann gelegentlich doch mehr „Schröder” drin als „von”.
Man kann das auch von jener Neuerscheinung sagen, die morgen Abend – nur für geladene Gäste – im Literaturhaus vorgestellt wird: „Die Orangenprinzessin” von Nathalie Weidenfeld. „Das Debüt einer neuen deutschen Autorin”, schwärmt Verlagsleiter Johannes Thiele, „die Entdeckung einer Erzählstimme mit wunderbarem Timbre. ” Auch sonst hat das Buch bereits vorab Aufsehen erregt, nicht nur, aber vor allem in der Boulevard-Presse: Schließlich handelt es sich bei der Autorin um die Lebensgefährtin des Bundeskulturministers Julian Nida-Rümelin – eine Tatsache, die einem Debüt natürlich einige Aufmerksamkeit über die Rezensionsfriedhöfe der großen Tageszeitungen hinaus sichert und manchen in der Branche zu Reaktionen verführte, als habe Marcel Reich-Ranicki zusammen mit Alice Schwarzer ein Kompendium über den Orgasmus veröffentlicht.
Dem Umsatz wird das nicht schaden, ob’s der Autorin nützt, ist eine andere Frage. Als „Roman” ist der Erstling apostrophiert, das ist in diesem Fall dann schon ein sehr, sehr großes Wort. Nathalie Weidenfeld erzählt im Grunde auf 230 Seiten ein Märchen: wie die 24-jährige Schauspielerin Candida plötzlich entdeckt wird und dann die TV-Karriere sausen lässt zugunsten der amour fou zu einem jungen Maler aus Neuseeland. Das klingt, seien wir ehrlich, ganz schwer nach Bunte, irgendwie vielleicht auch postfeministisch, wenn dann plötzlich der Märchenprinz auftaucht, mit dem man es als Autorin vor zehn Jahren sicher nicht in das Programm eines seriösen Verlages, sondern höchstens in den Bahnhofskiosk, Abteilung Heftlromane, geschafft hätte.
Freilich, so einfach ist die Sache nicht. „Die Orangenprinzessin” spielt mit den Versatzstücken des Märchens, ohne sie groß zu ironisieren, die Sprache ist erfreulich ungekünstelt und gleitet nie in den Kitsch ab, was sich ja leicht anbieten würde. Und natürlich zeichnet Weidenfeld über weite Strecken das Lebensbild einer verwöhnten Göre (boshaft ausgedrückt), das Lebensgefühl einer Generation der erfolgreichen Mittzwanziger, deren Weg eigentlich schon vorgezeichnet war und die sich jetzt mit den falschen, nie wirklich angestrebten Werten langweilen. Dies aber mit einem gewissen anarchistischen Charme, der die eigene Rolle gelegentlich konterkariert, sie aber nie wirklich in Frage stellt – es sei denn, irgendwann tauchte schließlich doch noch Prince Charming auf und brächte die Erlösung.
So hätte „Die Orangenprinzessin” durchaus ein ganz interessantes Gesellschafts-Psychogramm werden können, wären da nicht die nur grob gezeichneten, fast karikaturhaften Charaktere neben der Hauptdarstellerin und die allzu ausufernde Beschreibung der Ödnis eines Prominenten-Feierabends mit Knäckebrot und Frischkäse. Das zieht sich, besonders im Mittelteil, und überträgt sich dann leider auch auf den Leser. So will das Buch mehr sein als ein Märchen und ist doch kein richtiger Roman geworden, schafft die beißende Satire nicht und nicht die kühle Zustandsbeschreibung. Vielleicht hätte Nathalie Weidenfeld mehr Abstand gebraucht – das Buch sei schon auch autobiografisch, sagt sie, schließlich hat sie selbst eine kleine Modelkarriere in New York, Mailand, Paris und Sydney hinter sich. Vielleicht hätte die „Orangenprinzessin” einfach noch etwas reifen müssen, um eine wirklich gute Geschichte zu werden.
FRANZ KOTTEDER
Hier räkelt sich die Autorin: Nathalie Weidenfeld schmückt das Cover ihres Romans selbst.
Foto: Verlag
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