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In welchem Verhältnis stehen Künste wie Literatur, Malerei und Musik, aber auch Architektur, Design und Computerspiel zueinander? Gibt es eine verbindende Einheit oder ist jede Kunst aus sich heraus zu begreifen? Die Reflexion über Einheit und Pluralität der Künste führt zu Kernfragen der Kunsttheorie nach dem Wesen der Kunst, nach den Medien und den Funktionen der Künste sowie zum zentralen Thema, ob die klassische Konstellation der Künste sich in der Nachmoderne aufgelöst hat. Dieses Kompendium bietet einen umfassenden Überblick über die Debatte und versammelt klassische Beiträge, u. a. von…mehr

Produktbeschreibung
In welchem Verhältnis stehen Künste wie Literatur, Malerei und Musik, aber auch Architektur, Design und Computerspiel zueinander? Gibt es eine verbindende Einheit oder ist jede Kunst aus sich heraus zu begreifen? Die Reflexion über Einheit und Pluralität der Künste führt zu Kernfragen der Kunsttheorie nach dem Wesen der Kunst, nach den Medien und den Funktionen der Künste sowie zum zentralen Thema, ob die klassische Konstellation der Künste sich in der Nachmoderne aufgelöst hat. Dieses Kompendium bietet einen umfassenden Überblick über die Debatte und versammelt klassische Beiträge, u. a. von Theodor. W. Adorno, Clement Greenberg und Jean-Luc Nancy, sowie aktuelle Perspektiven, u. a. von Lydia Goehr, Gertrud Koch, Juliane Rebentisch, Peter Osborne und Martin Seel.
Autorenporträt
Georg W. Bertram ist Professor für theoretische Philosophie (mit Schwerpunkten in Ästhetik und Sprachphilosophie) an der Freien Universität Berlin. Im Suhrkamp Verlag sind zuletzt erschienen: Kunst als menschliche Praxis. Eine Ästhetik (stw 2086) und Die Kunst und die Künste. Ein Kompendium zur Kunsttheorie der Gegenwart (hg. zus. mit Stefan Deines und Daniel Martin Feige, stw 2346). Daniel Martin Feige ist Professor für Philosophie und Ästhetik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Jan van Brevern liest den von Georg W. Bertram, Stefan Deines und Daniel Martin Feige herausgegebenen Sammelband, dessen Beiträge sich mit der Kunsttheorie der Gegenwart auseinandersetzen, mit gemischten Gefühlen. Adornos titelgebender Vortrag von 1966 etwa erscheint dem Rezensenten altbacken in seiner Problemstellung, auch wenn Adornos sprachlicher Witz durchaus noch lebendig ist, wie er einräumt. Texte im Band zur Fotografie oder zur Malerei hält der Rezensent für gelungene Einstiegshilfen, andere Beiträge erscheinen ihm allzu apologetisch auf Seiten der Kunst. Dass sich nur ein Text (von 2003!) mit dem Digitalen befasst, versteht van Brevern überhaupt nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.03.2022

Sagenhafte Fähigkeiten
Warum degradiert sich die Kunsttheorie eigentlich so oft freiwillig zum Dienstleister der Kunst?
Im Juni 1966 hielt Theodor W. Adorno in der Westberliner Akademie der Künste einen Vortrag mit dem Titel „Die Kunst und die Künste“. Die einzelnen Künste, so Adorno damals, gingen offensichtlich zunehmend ineinander über, „verfransten“ sich: Die Skulptur gerate in Bewegung, die Malerei werde räumlich, in der Musik neige die Komposition zu malerischen Verfahren. Woher kam diese unübersehbare Tendenz zur Grenzüberschreitung? Adorno vermutete historische Kräfte am Werk, die aus den Kunstgattungen selbst kamen.
Seit sich im 18. Jahrhundert der neue Kollektivsingular „Kunst“ etabliert hatte, standen die einzelnen Künste in verschärftem Konkurrenzverhältnis zueinander. Zugleich gab es aber immer wieder Versuche, das Verhältnis von Kunst und Künsten neu zu bestimmen, das Gemeinsame der „Kunst“ zu betonen. Berühmt die Versuche der Romantiker, eine alle ästhetischen Äußerungen umfassende Universalpoesie zu begründen. Auch Richard Wagners „Gesamtkunstwerk“ war ein Versuch, die als vereinzelt wahrgenommenen Künste zu vereinen – diesmal unter der Schirmherrschaft der Musik, die zwischenzeitlich zur Leitgattung aufgestiegen war.
Gegen solche Vorstellungen von eher auseinanderdriftenden Künsten, die quasi per Dekret zusammenzuführen seien, setzte Adorno hundert Jahre später seine These von den „immanenten Motivationen“ der Gattungen zur Verfransung – und postuliert damit einen zwangsläufigen historischen Prozess, der in der Struktur der Künste begründet liege: „Was die Grenzpfähle der Gattungen einreißt, wird bewegt von geschichtlichen Kräften, die innerhalb der Grenzen aufwachten und schließlich sie überfluten.“ Adornos Vortrag ist der gedankliche Ausgangspunkt eines neuen Sammelbandes, der das Verhältnis der Kunstgattungen untereinander erkunden will, zugleich aber den Anspruch hat, ein „Kompendium zur Kunsttheorie der Gegenwart“ zu sein.
Beim heutigen Lesen von Adornos Vortragstext fallen einem die zahlreichen scharfen Wendungen und Aphorismen auf, die auch nach 60 Jahren ihren Witz behalten haben, auch, wenn man sie nicht alle für richtig halten mag. Es fällt allerdings auch auf, dass die Frage nach dem Verhältnis der Kunst zu den Künsten in dieser abstrakten Form doch einiges an Brisanz verloren hat. Die Problemstellung, die da verhandelt wird, erscheint fast altbacken; höchstens in den Folterkammern der analytischen Philosophie dürften heute noch Studenten gezwungen werden, die in der Einleitung des Bandes herausgearbeiteten „vier Positionen der Theorien der Unterschiedenheit der Künste“ zu deklinieren, diese mit den „fünf Theorietypen der Einheit der Künste“ abzugleichen, um alsdann daraus brav „Theorien der Verschränkung von Einheit und Unterschiedenheit der Künste“ zu synthetisieren.
An der Qualität einzelner Beiträge liegt es jedenfalls nicht, dass der Funke nicht so recht überspringt. Die Texte etwa von Herta Wolf zur Fotografie, Michael Lüthy zur Malerei oder Gertrud Koch zum Film stammen nicht nur von ausgewiesenen Experten ihres Fachs, sie bieten tatsächlich auch einen gelungenen Einstieg in aktuelle Diskussionen. Anderen Texten hingegen ist ein altes Problem der Kunsttheorie anzumerken: Allzu oft ist sie eine Apologetin der Kunst, immer bereit, ihren Gegenstand mit Komplexität auszustatten und zu nobilitieren. So wird Immersion im Beitrag von Doris Kolesch zur „analytischen Sonde, um eine Gleichzeitigkeit, eine Verwobenheit und Interdependenz von Nähe und Distanz, von Ich und Welt, Subjekt und Objekt, Produzierenden und Produkt einzufangen“. Mehr noch: „Was hier, wie in einem Brennglas, zum Vorschein kommt, ist die Mensch-Umwelt-Relation in einer ‚posthumanen Situation‘, in der sich die Frage nach dem Menschen in neuer Form stellt, nämlich dezentriert und verwoben, relational zu menschlichen ebenso wie nichtmenschlichen Akteur*innen, zu Tieren, Pflanzen, Viren und Bakterien, aber auch Dingen und Objekten, zu belebter und unbelebter Materie.“
Viren und Bakterien dürften nicht die Einzigen sein, die über die sagenhaften Fähigkeiten der Immersionskunst staunen. „Diskursive Klingeltöne“ hat Jürgen Kaube das mal genannt. Warum sich die Theorie eigentlich so gerne zum Dienstleister der Kunst macht, wäre glatt mal einen eigenen Sammelband wert.
Eigentlich ist das Thema der Gattungen und Genres, ihrer Persistenz, ihres Verschwimmens und Verschwindens – und meinetwegen auch ihrer „Interdependenzen“ – hochaktuell. Der 2020 ebenfalls bei Suhrkamp erschienene Band zur „Gattungstheorie“, herausgegeben von Paul Keckeis und Werner Michler, hat das Potenzial einer Beschäftigung mit Gattungen deutlich gemacht. Das gelingt ihm, weil er sich traut, aus den Nischen der Hochkunst heraustreten. „Die Kunst und die Künste“ bleibt hingegen viel zu sehr der alten Idee der Avantgarde verpflichtet, um die spannendsten Verfransungsprozesse der Gegenwart in den Blick zu bekommen.
Was zum Beispiel passiert gerade zwischen Mode und bildender Kunst? Und wäre es nicht lohnend, sich die neuen Distributions- und Konsumformen von Kultur unter digitalen Bedingungen anzusehen? Spotify und Co., um nur ein besonders naheliegendes Beispiel zu nennen, verändern radikal, was Musik ist, wie sie gehört wird und wie mit Genregrenzen umgegangen wird. Das hat enorme (am Ende auch soziale) Konsequenzen, für die sich eine gute Kunsttheorie interessieren sollte.
Der einzige Text im Band aber, der sich explizit mit den Auswirkungen des Digitalen beschäftigt – Dominic McIver Lopes’ „Digitale Kunst“ – stammt von 2003 und ist damit selbst schon ein historisches Dokument. Auch Christian Grüny geht in seinem ansonsten lesenswerten Beitrag zur „komplizierten Lage der Musik“ zwar auf die Popmusik ein, aber nur in Hinblick darauf, ob sie denn nun „Kunst“ sei oder nicht. Hier zeigt sich, wie sehr die einzelnen Beiträge zuweilen unter dem thematischen Korsett leiden, dessen Hauptverdienst letztlich vor allem ist, dass man nach der Lektüre genauer weiß, welche Sammelbände gerade wirklich fehlen.
JAN VON BREVERN
Hilft der alte Avantgarde-Begriff
noch dabei, die Kunst der
Gegenwart zu fassen zu kriegen?
Georg W. Bertram, Stefan Deines, Daniel Martin Feige (Hrsg.): Die Kunst und die Künste. Ein Kompendium zur Kunsttheorie der Gegenwart. Suhrkamp, Berlin 2021. 512 Seiten, 28 Euro.
Was passiert gerade zwischen Mode und bildender Kunst? Kim Kardashian 2021 auf der Met Gala.
Foto: Imago
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