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Vom Hundeausführer zum Millionär, vom Millionär zum Aussteiger: Zwei Brüder aus Bulgarien suchen ihr Glück in Amerika und finden immerhin die Asche ihres Vaters.Eine schwarze Schachtel voll Asche,das ist alles, was Ned und Ango, den ungleichen Brüdern aus Bulgarien, von ihrem Vater geblieben ist. 15 Jahre ist es nun her, dass er, ein Mathematiker zwischen Genie und Wahnsinn, als Gastprofessor in Amerika unter rätselhaften Umständen zu Tode gekommen ist. Jeder der beiden Söhne lebt inzwischen sein eigenes Leben, und der Vater ist längst nur mehr ein Gespenst. Bis sich die Wege der Brüder fern…mehr

Produktbeschreibung
Vom Hundeausführer zum Millionär, vom Millionär zum Aussteiger: Zwei Brüder aus Bulgarien suchen ihr Glück in Amerika und finden immerhin die Asche ihres Vaters.Eine schwarze Schachtel voll Asche,das ist alles, was Ned und Ango, den ungleichen Brüdern aus Bulgarien, von ihrem Vater geblieben ist. 15 Jahre ist es nun her, dass er, ein Mathematiker zwischen Genie und Wahnsinn, als Gastprofessor in Amerika unter rätselhaften Umständen zu Tode gekommen ist. Jeder der beiden Söhne lebt inzwischen sein eigenes Leben, und der Vater ist längst nur mehr ein Gespenst. Bis sich die Wege der Brüder fern der Heimat in New York wieder kreuzen: Ned, der Tunichtgut, hat es bis in die Top-Etagen der Wall Street geschafft, während der smarte Ango im Central Park mit den Hunden reicher Snobs Gassi geht. Doch dann wendet sich das Blatt, und der Geist des Vaters ist plötzlich wieder lebendig. Mehr jedenfalls, als den beiden lieb ist Alek Popov räumt mit alten Märchen auf: Sein neuer Roman, in Bulgarien wochenlang Top 1 auf den Bestseller-Listen, ist eine Satire auf die Goldgräber im Westen wie im Osten, auf die Glückssehnsucht der Erfolgreichen wie der Underdogs und auf die falschen Bilder, die wir voneinander haben, sobald uns eine Welt trennt. Ost oder West, oben oder unten, tot oder lebendig: Lasst uns Brüder sein! Rasant, witzig und verdammt bissig: Wau!
Autorenporträt
Alek Popov, geboren 1966 in Sofia, studierte dort bulgarischen Philologie und war u. a. als Kulturattaché der bulgarischen Botschaft in Großbritannien und Nordirland tätig. Heute lebt und arbeitet er in Sofia. Er veröffentlichte einige Erzählbände und Romane, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, darunter Englisch, Französisch und Ungarisch. Für "Die Hunde fliegen tief" wurde er mit dem renomierten Elias-Canetti-Preis 2007 ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.05.2008

Hai und Hund

Kommunismus oder Kapitalismus - das spielt keine Rolle. Alek Popov spielt in seinem Roman über zwei Bulgaren in New York die Systeme gewitzt gegeneinander aus. Was bleibt, ist der Glaube an die Nische.

Von Edo Reents

Neoliberale mögen das belächeln, weil sie sich einfach nicht vorstellen können, dass, nach dem Kommunismus, auch ihr Weltbild einmal ins Wanken geraten könnte - aber ganz von der Hand zu weisen ist die Idee vielleicht nicht, dass unser Wirtschaftssystem irgendwann an sich selbst zugrunde gehen könnte. Lohnabhängige trösten sich ja schon mit dem Gedanken, dass man irgendwann, nachdem alles ausgelagert ist, wieder im eigenen Land landen werde, das dann plötzlich ein Billiglohnland ist.

Der bulgarische, hierzulande leider noch kaum bekannte Schriftsteller Alek Popov hat im österreichischen Radio Folgendes zu Protokoll gegeben: "Am Balkan gibt es nach wie vor die Idee eines idealen Staates. Und der liegt natürlich im Westen. Je westlicher, desto besser. Wenn man diesen Weg konsequent weitergeht, hat man eines Tages die Welt umrundet und ist wieder am Ausgangspunkt." Man könnte an diesen Befund, der den Rahmen einer nationalen Wirtschaftsordnung verlässt, allerlei geschichtsphilosophische Überlegungen knüpfen. Interessant ist, was Popov damit eigentlich sagt: Die Entwicklung der ehemaligen Ostblockländer ist seit dem Zusammenbruch des Kommunismus eine rein dynamische Angelegenheit. Popovs Einlassung zielt auf die Globalisierung, von der es heißt, sie sei nicht mehr aufzuhalten. Ein Staat aber, der sich darauf einlässt, landet am Ende wieder da, wo er am Anfang war, sofern er sich einer Bewegung verschreibt, die nur eine Richtung kennt.

Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen gewinnt Popovs zweiter, erfreulich zügig und glänzend ins Deutsche übersetzter Roman "Die Hunde fliegen tief", der von den bulgarischen Brüdern Ned und Ango handelt, die sich in New York auf die Spur ihres verstorbenen Vaters machen, überraschende Kontur: Es ist das Wesen, die Logik des Geldes, die hier verhandelt wird, auch in Hinsicht auf ihre charakterlichen Deformationen in Gestalt von Gier, Leichtsinn, Rücksichtslosigkeit. Am Ende dieses Romans stellt Hal, ein Finanzhai, seinen Vorgesetzten Ned zur Rede, weil dieser ihn in eine ruinöse Börsenspekulation mit hineingezogen hat. Hal fragt: "Wer hat dir den Floh ins Ohr gesetzt?" - "Ein Gespenst, Hal." - "Ich glaube nicht an Gespenster!" - "Woran glaubst du?" "An Geld, Ned. An die bewegende Kraft des Geldes." Und dann holt Ned, der alles verloren hat, zu einer Erklärung aus, die man als Philosophie des Geldes lesen kann und welche mit Moral nichts zu tun hat: "Dann stell dir vor, du bist eine Tür, durch die das Geld ein und aus geht. Es hat keine Bedeutung, in welche Richtung. Wichtig ist die Bewegung. Wer das einmal begriffen hat, wird sich niemals wieder Sorgen machen, ob er gewinnt oder verliert." Man denkt an Nietzsche: "Wer das verliert, was ich verlor, macht nirgends halt." Aber es geht Popov weniger um den Prozess der Desillusionierung, den Verlust aller Hoffnung, sondern, wie Ned bestätigt, ums Vorwärtsschreiten, egal, in welche Richtung.

Das ist die Logik des Road Movies, von der Popov hier und da borgt. Was zählt, ist Hingabe, und das kann aus der Nachwendeperspektive nur bedeuten: Hingabe an das Geld als den fast universell gewordenen Inbegriff des Glücks. Dass Ned diese scheinbar seelenlose Logik durchbricht, zeigt sich an den Gespenstern, auf die er bei seinen Aktiengeschäften reingefallen ist. Das ist die Sollbruchstelle, an der Popov sein imponierendes Gedankengebäude zum Einsturz bringt: Im Prozess der Kapitalakkumulation kann man sich Sentimentalitäten nicht leisten - für sich genommen eine Banalität, die Popov äußerst fruchtbar macht. Im Roman spielt der leitmotivisch eingesetzte, sogenannte Baruch-Moment eine Rolle, von dem Ned Folgendes berichtet: "Einer populären Wall-Street-Legende zufolge hatte Bernard Baruch, ein berüchtigter Investor der dreißiger Jahre, die Angewohnheit, Bettlern statt Almosen Finanzrätsel vor die Füße zu werfen: ,Ich habe dir gerade 300 000 Dollar geschenkt. Hol sie dir, wenn du genug Verstand hast', soll er im Vorbeigehen gesagt haben, in der Gewissheit, dass es niemandem gelingen würde, die Informationen zu nutzen." Wie jedes System, das keine Konkurrenz (mehr) hat, zwangsläufig Verschwörungstheorien nährt, so zieht auch Ned diese Möglichkeit in Betracht: "Es gibt sogar welche, die vermuten, dass die Bettler im Finanzzentrum in Wahrheit verkleidete Broker seien, die auf solche Hinweise lauern."

Es ist in mehrerer Hinsicht die Geschichte einer Desillusionierung, die damit beginnt, dass die Brüder in Bulgarien ein Paket aus Amerika erhalten: eine schwarze Schachtel, die den Originaltitel gebende "Black Box", mit Asche darin - der Asche ihres Vaters. Aus Kostengründen wurde der Tote, der für eine Gastprofessur in der Neuen Welt war, auf diese Weise in die Alte zurückbefördert, und es ist an Ango, die Zweifel, die sein Bruder Ned am Inhalt dieser Post hat, mit einer literarischen Satire zu zerstreuen: Einer Familie auf dem Balkan widerfuhr einst etwas Ähnliches, man wusste nur nicht, was es mit der Asche auf sich hat, und schüttete sich diese als Tonikum regelmäßig ins Frühstück: "Die Verwandten", erzählt Ango, "teilten ihnen darin mit, dass ihre Tante gestorben sei und dass sie ihnen ihre Asche schickten, damit sie in Bulgarien beerdigt werden könne. Damit hört die Familie auf, den Westen über den grünen Klee zu loben."

Dennoch verschlägt es die Brüder nach New York: Ned, der es in der Unternehmensberatung zu etwas bringt und den nachkommenden Ango entsprechend skeptisch empfängt, als dieser Anstalten macht, sein Geld damit zu verdienen, die Hunde reicher New Yorker auszuführen. Während Ned in dem Land, das jedem eine Chance gibt, ein Gespür für Rangordnungen entwickelt hat ("Es gibt solche Dienstleistungen und solche Dienstleistungen"), beharrt Ango: "Es gibt keine schändliche Arbeit." Für einen Aufsteiger wie Ango kann dies indes nur ein vorübergehender Standpunkt sein. Angesichts der moralischen Selbstgewissheit dieses Neuankömmlings gewinnt die Figur des Kapitalisten, der sich für bestimmte Arbeiten zu gut ist, dann aber eine ganz angenehme Kontur, nachdem man die erste Hälfte der abwechselnd aus beiden Brüderperspektiven erzählten Kapitel noch mit mehr Sympathien für Ango hinter sich gebracht hat - es ist Ned, der wirklich etwas wagt und sich auf ein Aktiengeschäft mit einer Hundefuttermittelfirma einlässt: "Die Hunde fliegen tief", hatte jemand ihm in einem Baruch-Moment gesteckt.

Von hier aus wird die Verbindung zwischen den Brüdern fester: Während Ango in einem Bandenkrieg von Hundeausführer-Gewerkschaften zu einer gefährdeten Schlüsselfigur wird und obendrein Diana, die Frau fürs Leben, kennenlernt, fällt Ned in seiner Firma einer Intrige zum Opfer und wird in die Heimat strafversetzt, um einen unliebsam gewordenen Frontposten in der Alten Welt abzuservieren: einen gewissen Kurtz, der nicht von ungefähr an die Joseph-Conrad-Erzählung und den Coppola-Film erinnert. Es sind gerade solche Allusionen, die dazu an "Rain Man", "Fight Club" und manches von Tarantino denken lassen, die dem Roman Drastik, Spannung, aber auch Komik verleihen - man lese allein Angos erste Hundeausführung im Central Park.

Die mit ungeheuer wirkungsvollen, bisweilen regelrecht grellen erzählerischen Elementen zusammengefügte Konstruktion bricht auch unter der sich gegen Ende hin dramatisch verstärkenden Kolportage nicht zusammen. Brüderliche Zweifel am Tod des Vaters, der als Tankwart den Ball womöglich nur flach halten will; Merl, Dianas zwielichtiger Onkel, der diese in finsterster Abhängigkeit hält und im Hundegewerkschaftskrieg die Strippen zieht; schließlich der Showdown in einer Lagerhalle mit James-Bond-Format - all dies verdaut der Magen dieses Autors, der für sein Debüt "Mission: London" (deutsch 2006) seine Erfahrungen als Kulturattaché bestens verwerten konnte und im Übrigen nicht zu Unrecht schon mit John Irving und T.C. Boyle verglichen wurde.

Da haben wir ihn also, den Nachwenderoman, ganz ohne Künstlerflausen - Ango ist nur gescheiterter Kinderbuchverleger - und so flüssig und pointiert erzählt, dass einem der mögliche didaktische Hintergedanke nebensächlich erscheint: dass Kommunismus und Kapitalismus Brüder sind wie Ned und Ango, die wiederum, wie Leverkühn und Zeitblom, das Geheimnis ihrer Identität teilen? Nein, das ginge zu weit. Ango, der das bessere Ende für sich hat, ohne damit recht glücklich zu werden, weiß von Anfang an, dass der Krieg der Systeme ein Nullsummenspiel ist und andere Dinge zählen: "Ich fühlte mich geborgen wie in einer Rettungskapsel, und mir war klar, dass ich mir dieses Gefühl für kein Geld der Welt kaufen konnte. Es gibt eben Nischen, in denen die Marktwirtschaft nicht funktioniert." Dieses glänzende Buch ist so eine Nische.

- Alek Popov: "Die Hunde fliegen tief".

Roman. Aus dem Bulgarischen übersetzt von

Alexander Sitzmann. Residenz Verlag, Salzburg 2008. 412 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Einigen Eindruck hat dieser "glänzend konstruierte" Roman des bulgarischen Schriftstellers Alek Popov auf Rezensentin Judith Leister gemacht. Denn hier wird aus ihrer Sicht nicht nur eine ebenso groteske wie finstere Geschichte erzählt. Gleichzeitig bot ihr der Roman über zwei bulgarische Brüder, die sich auf die Spur ihres angeblich in den USA verstorbenen Vaters begeben, spannende Innenansichten der bulgarischen Mentalität und Gesellschaft im Postkommunismus samt ihrer neuralgischen Zonen. Aber auch der Blick des Romans auf den Westen ist dem Eindruck der Rezensentin zufolge nicht sehr optimistisch. Zu ihrem Bedauern kann das Niveau der Handlung allerdings nicht immer mit der subtilen Konstruktion des Romans mithalten, bekommt der "allzu enge Schulterschluss mit dem Trivialen" mit Ausfällen ins Abgeschmackte aus ihrer Sicht dem Buch insgesamt nicht so gut.

© Perlentaucher Medien GmbH