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In diesem Georges Bataille gewidmeten, umfangreichen Essay-Band beschäftigt sich Maurice Blanchot mit einer Reihe von Themen aus Kunst, Literatur, Ethnologie und Philosophie. Neben den berühmt gewordenenSchriften zu Kafka finden sich darin auch Auseinandersetzungen mit Albert Camus, EmmanuelLevinas oder Martin Buber, die Blanchot zum Anlass nimmt, seine singuläre Gedankenwelt zu entfalten.

Produktbeschreibung
In diesem Georges Bataille gewidmeten, umfangreichen Essay-Band beschäftigt sich Maurice Blanchot mit einer Reihe von Themen aus Kunst, Literatur, Ethnologie und Philosophie. Neben den berühmt gewordenenSchriften zu Kafka finden sich darin auch Auseinandersetzungen mit Albert Camus, EmmanuelLevinas oder Martin Buber, die Blanchot zum Anlass nimmt, seine singuläre Gedankenwelt zu entfalten.
Autorenporträt
Blanchot, MauriceMaurice Blanchot, der 2003 im Alter von 95 Jahren verstarb, ist einer der herausragenden französischen Schriftsteller und Denker der letzten 50 Jahre. Am engsten befreundet mit Georges Bataille und Emmanuel Levinas, hat er maßgeblichen Einfluß ausgeübt auf Autoren wie Foucault, Deleuze, Derrida, Nancy, aber auch auf Dichter und bildende Künstler.

Kunzmann, UlrichUlrich Kunzmann, 1943 geboren, übersetzt seit 1969 aus dem Französischen, Spanischen und Portugiesischen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2011

16. Das Denken des Außen

Wie spricht man aufrichtig von sich? Die Frage, die Maurice Blanchot anlässlich der autobiographischen Schriften des Schriftstellers und Ethnologen Michel Leiris stellt, steht auch über seinem gerade auf Deutsch erschienenen Buch "Die Freundschaft". Denn wie soll man von sich, vom Ich, sprechen, wenn es im Inneren der Veranstaltung des Ichs keine Wahrheit gibt, weil man sich der Wahrheit immer erst öffnen muss? Und sich zudem beim Sprechen auch noch der Sprache bedienen muss, die ihren Grund wahrscheinlich sonst wo hat, aber bestimmt nicht im Ich?

Die Antwort, die Blanchot auf diese Fragen gibt, ist denkbar einfach: "Wer bis ans Ende seines Buches gelangt ist, ist nicht bis zum Ende seiner selbst vorgedrungen. Sonst hätte es ihm ,die Sprache verschlagen'." Das Ich ist eben weder ein Denk- noch ein Sprachgegenstand, sondern im schlimmsten Fall eitel und überheblich und im besten zerrüttet, wenig glücklich und atemlos. Aber gerade dieses letztere Ich wirkt durch die Kraft seiner Schwäche anziehend. Die Anziehung in der Kraft der Schwäche wird für Blanchot die reine und nackteste Erfahrung des Außen. Dabei wird die Anziehung nie von einer Totalen ausgelöst, sondern immer nur von Gesten, Blicken oder auch einem Lachen. Alles Dinge, die man auch in der Kunst, in der Literatur und in der Philosophie finden kann, wenn sie sich auf die Suche der Wahrheit im Außen begeben haben. Und so ist es denn kein Wunder, dass man die Gesten der Anziehung in Blanchots Buch, der sich ganz dem Denken des Außen verschrieben hat, in überreicher Fülle findet.

Das Buch versammelt Essays, die zwischen 1950 und 1970 entstanden und in der Regel dem Werk von Freunden wie Georges Bataille, André Malraux, Michel Leiris, Pierre Klossowski oder Alberto Giacometti gewidmet sind. Die Texte sind dabei merkwürdig frisch, fast möchte man sagen jung geblieben. Man kann es an zwei Beispielen zeigen. In "Die Geburt der Kunst" feiert Blanchot die Höhlenmalereien von Lascaux "mit dieser Unruhe der sich bewegenden Herde, des vorbeiziehenden Lebens, das alle Figuren beseelt". Die Malereien, abseits des Lebens in der Gruppe, in dunklen Höhlen entstanden, werden für Blanchot zu einem Fest, in dem die Kunst sich selbst feiert. Es lohnt sich, den Text neben Werner Herzogs aktuellen Film über die Bilder einer anderen Höhle zu stellen, auch auf die Gefahr hin, dass Herzogs 3-D-Bilder des vorbeiziehenden Lebens danach als Kitsch erscheinen. Ähnlich kann es einem mit dem Essay die "Apokalypse enttäuscht" gehen. Der Text zerlegt Karl Jaspers apokalyptische Vision "Die Atombombe und die Zukunft der Menschheit" in seine unbedachten Einzelteile und findet Jaspers Forderung, wir müssten unser Leben ändern, vermessen.

Man kann Blanchots Diagnose zu Jaspers direkt auf Peter Sloterdijk übertragen, der kürzlich auch forderte: Du musst dein Leben ändern. Das Problem nach Blanchot ist nur: Bei Sloterdijk selbst hat sich nichts geändert - nichts in der Sprache, im Denken oder in den politischen Formulierungen. Nicht mal den Friseur hat er gewechselt. Es geht also zuerst darum, sich auf die Suche nach einer neuen Sprache zu begeben, um damit dann das Denken zu ändern.

Cord Riechelmann

Maurice Blanchot: "Die Freundschaft". Aus dem Französischen von Uli Menke, Ulrich Kunzmann u.a. Mit einem Nachwort von Gerhard Poppenberg. Matthes & Seitz, 428 Seiten, 39,90 Euro

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Höchst erfreut zeigt sich Felix Philipp Ingold darüber, dass Maurice Blanchots 1971 erschienenes Sammelwerk "Die Freundschaft" nun endlich in deutscher Übersetzung vorliegt. Er liest den Band mit seinen unterschiedlichen Texten - Essays, Rezensionen, Notizen, Abhandlungen, philosophischen Fragmenten - als Huldigung an Georges Bataille. Zugleich dokumentiert das Werk für ihn die Produktivität der Freundschaft zwischen Blanchot und Bataille. Ausführlich geht Ingold auf Blanchots ungewöhnliche Verständnis von Autorschaft ein, nach dem der, der schreibt, stets einer ist, der er nicht ist, und das Geschriebene nicht Zeugnis eines auktorialen Ichs ist, sondern eine Maske. Er erläutert, dass Blanchots Schreiben sich jedem "diktatorischen Sprechen", jeder Bestimmung, Behauptung oder Bewertung verweigert, um stattdessen einen anonymen, von einem vielstimmigen Neutrum getragenen Text hervorzubringen sucht. Die so entstehende faszinierende Rhetorik erachtet Ingold als "gewaltlos". Er sieht Blanchot im vorliegenden Band an Autoren wie Camus, Duras, Jabes, Klossowski, Leiris oder Levinas anknüpfen, ohne dass der Leser viel über die Autoren und ihre Texte erfahren würde. Aber man könne Blanchot dabei zusehen, wie er jene Texte und Autoren "kraft seiner extrapolierenden Lektüre produktiv" werden lasse.

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