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Die Autorin untersucht die Situation der Frau in der klassischen Epoche Griechenlands (speziell in Athen), in der die Männergesellschaft einen grundsätzlichen Gegensatz zwischen der als männlich verstandenen Kultur und der dem Weiblichen zugeordneten Natur sah. Die Frauen - rechtlos - als Wesen einer niedrigeren Gattung abgewertet, eingesperrt in den Haushalt des Mannes, konnten lediglich bei religiösen Kulten bescheidene Freiheiten genießen. Woher aber rührte die Angst der Männer, dass sie dem Weiblichen derart enge Fesseln anlegen mussten?

Produktbeschreibung
Die Autorin untersucht die Situation der Frau in der klassischen Epoche Griechenlands (speziell in Athen), in der die Männergesellschaft einen grundsätzlichen Gegensatz zwischen der als männlich verstandenen Kultur und der dem Weiblichen zugeordneten Natur sah. Die Frauen - rechtlos - als Wesen einer niedrigeren Gattung abgewertet, eingesperrt in den Haushalt des Mannes, konnten lediglich bei religiösen Kulten bescheidene Freiheiten genießen.
Woher aber rührte die Angst der Männer, dass sie dem Weiblichen derart enge Fesseln anlegen mussten?
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.07.2002

Pandoras Reich
Julia Iwersen lüpft den Deckel: Göttinnen und Frauen im Alten Griechenland
Die engagiert geschriebene Geschlechterstudie von Julia Iwersen hat den Vorzug, durchgehend einer konsequenten Prämisse zu folgen: Die griechische Klassik beruht nach ihr „auf und in einem ideologischen Gespinst, in welchem die systematische Entmündigung und Unterdrückung der Frau eine zentrale Rolle spielt”. Die Tendenz dieser Wertung durchzieht das ganze Buch und begegnet in immer neuen Varianten. Sie ist bei modernen feministischen Forscherinnen, welche die Antike an den Kriterien, Forderungen und Idealen der Gegenwart messen, gewiss verständlich.
Indessen erscheint sie angesichts des derzeitigen Forschungsstandes problematisch. Denn wie jüngst wieder Martin Dreher (Athen und Sparta. München 2001) resümierte, ist in diesem an die Stelle der „Mythen” von der „eingeschlossenen Athenerin” und der „Freiheit der Spartanerinnen” längst ein wesentlich differenzierteres Bild getreten, das von der Autorin wohl nicht immer hinreichend berücksichtigt wurde.
Stattdessen kann das anregende Buch mit anderen plausiblen Schwerpunkten und Elementen aufwarten: Es kontrastiert die Entwicklung von der minoisch-mykenischen und der archaischen religiösen Vorstellungswelt zu jener des klassischen Hellas. Es bietet vor allem wertvolle Informationen über die griechische Mythologie, speziell über die Göttinnen und andere mythische Frauen, berücksichtigt dabei auch Alternativen und Widersprüche und trägt zu diesem ganzen Bereich nicht wenige diskutable, aber auch fragwürdige Interpretationen, Vermutungen und Deutungen vor.
Besonders gelungen sind die konzentrierten Erörterungen der religiösen Phänomene im Bereich der Frauen: die Besprechung der Mädcheninitiationen, der Funktion des Dionysos und der Mänaden, der Rolle der athenischen Frauen bei den Trauerritualen und schließlich sehr eindringlich der Frauenmysterien.
Ein weiteres Verdienst der Verfasserin liegt in der Vermittlung vor allem angelsächsischer Gender Studies und poststrukturalistischer Positionen, aber auch anderweitiger religionswissenschaftlicher Arbeiten.
Hervorzuheben sind hier insbesondere die Studie von L. Goodison über die Religion der frühen ägäischen Welt, die Konzeptionen des Religionstheoretikers R. Bellah und der amerikanischen Althistorikerin E. Keuls, die die athenische Gesellschaft als „Phallokratie” versteht – um nur wenige Beispiele zu nennen. Konservativere Leser dürften mit Genugtuung vermerken, dass immerhin auch Positionen von J. Chadwick, K. Kerényi, G. Mylonas, M. P. Nilsson und Bruno Snell begegnen.
Ein zentrales Kapitel des kleinen Werkes handelt vom weiblichen Körper und weiblichen Rollen in der griechischen Religion. Hier geht Frau Iwersen näher auf die gesellschaftlichen Voraussetzungen und Implikationen der Geschlechterkategorien ein. Ausgehend vom Frauenbild der hippokrateischen Medizin erörtert sie die Phänomene von Schwangerschaft, Menstruation, die angebliche „Ratlosigkeit” der Griechen gegenüber der Jungfräulichkeit und ähnliches mehr.
In diesem Rahmen werden mitunter auch überraschende Hypothesen vorgetragen. So wird im Anschluss an Giulia Sissa angenommen, „dass die Botschaft Apollons (in Delphi) die Pythia nach griechischer Vorstellung über ihre Sexualorgane erreichte”.
Im knappen Schlussabschnitt der Darstellung holt die Verfasserin noch einmal weit aus und fasst ihre Thesen prägnant zusammen: Danach wird die Religiosität der griechischen Frauen mit dem Phänomen der „Transgression” identifiziert. Physis wie Psyche der Frauen waren dort mit der Natur gleichgesetzt, während die athenische Gesellschaft der Klassik sich in ihrem Selbstverständnis gerade von der Natur abgesetzt habe: „Frauen wurden aus dieser Zivilisation ausgegrenzt und stigmatisiert.”
Damit beginnt nach Iwersen auch die „innere Problematik der abendländischen Kulturentwicklung”: „Die Folgen der Abkoppelung männlich- menschlicher Subjektivität von einer als weiblich bestimmten Naturhaftigkeit, des zunehmenden Verlustes einer Existenz- und auch Denkweise, die nicht gegen ihre natürlichen Grundlagen arbeitet, machen sich bis heute in verschiedenen Hinsichten bemerkbar.”
KARL CHRIST
JULIA IWERSEN: Die Frau im Alten Griechenland. Religion, Kultur, Gesellschaft. Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf, Zürich 2002. 189 S., 19,90 Euro.
„Two Pupils in Greek Dress”, ca 1883. Foto von Thomas Eakins (1844-1916).
Foto: Metropolitan Museum of Art
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.2002

Grieche flucht Griechin
Bei Julia Iwersen sind die Frauen der Antike schlecht aufgehoben

Ein erstaunliches, ein erschütterndes, ein deprimierendes Buch. Es hat eine These, und die lautet etwa so: Im antiken Griechenland, vornehmlich in Athen, hätten die Frauen ein im Hause eingesperrtes Dasein geführt, und zwar deshalb, weil sich die Männer vor ihrer elementaren Wildheit gefürchtet hätten, die noch aus vorpatriarchalischen Zeiten gestammt hätte. Nur im Bereich der Religion, deren Behandlung den Hauptteil des Buches ausmacht, wären den Frauen einige Freiheiten erlaubt gewesen. Das Ganze wäre dann die Quintessenz der antiken griechischen Kultur. Daher der allumfassende Titel des Buches, der Aufklärung über die Frau im Alten Griechenland überhaupt verspricht, spezifiziert in den nicht weniger umfassenden Aspekten von Religion, Kultur und Gesellschaft.

Was ist daran erstaunlich? Vielerlei. Zunächst kann man darüber nur staunen, daß die Autorin hinsichtlich der gesellschaftlichen Position der Griechin - oder der Athenerin, das geht bei ihr einigermaßen durcheinander - Ansichten verkündet, die allenfalls in einer frühen Phase der feministisch inspirierten Frauengeschichte geäußert werden konnten; man könnte sie vulgärfeministisch nennen. Längst hat sich herausgestellt, daß die Behauptung des rigiden Eingesperrt- und Unterdrücktseins nicht einmal auf die Athenerin zutraf, deren Leben noch am meisten zurückgesetzt war.

Wenn es Frauen gab, die zu Hause blieben, dann handelte es sich um junge Mädchen oder um die vornehme Zurückgezogenheit von Damen, die sich das leisten konnten, oder um solche, die dem nacheifern wollten. Von durchgängigem Eingesperrtsein jedenfalls keine Rede. Auch - nur ein einziges Beispiel für eine weitere schlichte Unrichtigkeit - ist es einfach falsch zu behaupten, die Männer seien "keineswegs bereit gewesen anzuerkennen, welche Dienste die Frauen für ihre Familien und im Haushalt des Mannes leisteten". Gerade dafür gibt es, um außer literarischen Texten eine von der Autorin nicht erwähnte Quellengruppe zu benennen, die zahlreichen Grabsteine, deren anrührende Reliefs zeigen, mit welcher Trauer Gatten von der verstorbenen Gattin Abschied nahmen.

Weiter erstaunt, daß die Autorin vor allem die Sagenstoffe, mit denen das Buch vornehmlich umgeht, nach Gusto durcheinander präsentiert, ohne Rücksicht auf historische Abschichtungen oder Quellengattungen; sie sucht sich aus der unendlichen Fülle der unterschiedlichsten Varianten das heraus, was ihr gelegen kommt. Gelegentlich werden verschiedene Versionen erwähnt, gelegentlich werden Forschungsmeinungen angedeutet, gelegentlich werden Autoren beiderlei Geschlechts genannt, auf die die Autorin sich jeweils stützt, aber eine ernsthafte Diskussion der zahlreichen Zweifelsfragen oder jedenfalls Hinweise darauf, daß viele im Brustton vorgetragene Behauptungen keineswegs sicher sind, fehlen.

Irgendwie scheint die Autorin das auch empfunden zu haben, denn in der Einleitung teilt sie mit, daß "auf Anmerkungen im Sinne eines wissenschaftlichen Apparats aus Gründen der Lesbarkeit verzichtet" wurde - als ob ein Buch unlesbar würde, in dem aus Selbstdisziplin und um Leserin und Leser zu ermöglichen, aufgestellten Behauptungen vertiefend oder kontrollierend nachzugehen, mitgeteilt wird, woher die Autoren ihre Weisheit haben.

In diesem Buch kann nichts vertieft oder gar kontrolliert werden, auch nicht durch die in wichtigen Punkten lückenhafte und den Namen von Karl Kerényi ständig falsch schreibende Bibliographie am Schluß - auch im Text schreibt die Autorin ihn falsch, und da hilft es wenig, daß sie ihn als "bekannten Mythenforscher" bezeichnet, denn so bekannt kann er ihr aus diesem Grunde nicht gewesen sein. Das Staunen wird ziemlich fassungslos, wenn man bemerken muß, daß die Autorin sogar sprachliche Hinweise gibt, die ganz einfach zeigen, daß sie selbst der elementarsten Kenntnisse der griechischen und lateinischen Sprache bar ist. Gelegentliche Lapsus anzuprangern wäre beckmesserisch, es ist aber mehr: Sie erteilt, abermals im Brustton, sprachliche Belehrungen, die lächerlich falsch sind und die ich mich schäme wiederzugeben. Wegen all dieser Mängel verdienen auch die sachlichen Angaben des Buches zur Religionsgeschichte kein Vertrauen. Die Autorin ist laut Klappentext bisher durch ein "Lexikon der Esoterik" hervorgetreten.

Und hier wird aus dem Staunen Erschütterung. Wie war es möglich, daß ein solcher Text publiziert werden konnte? Den gender studies, unter deren Flagge das Buch segelt und die ja einen ernsthaften Forschungsgegenstand darstellen, wurde damit ein schlechter Dienst erwiesen. Oder hat all das damit zu tun, daß es sich um altertumskundliche Dinge handelt? Wird etwa gemeint, daß das eine Wissenschaft sei, über die jeder und jede mit ein bißchen angelesener Sekundärliteratur alles und jedes publizieren könne? Frühere Beispiele dafür gäbe es durchaus. Und das ist deprimierend.

WOLFGANG SCHULLER

Julia Iwersen: "Die Frau im Alten Griechenland". Religion, Kultur, Gesellschaft. Verlag Artemis & Winkler, Düsseldorf 2002. 188 S., Abb., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Karl Christ findet gute wie nicht so gute Elemente in dieser Studie von Julia Iwersen über die Rolle der Frau in der Antike. Einerseits wirft er ihr vor, "die Antike an den Kriterien, Forderungen und Idealen der Gegenwart zu messen". Diese Tendenz zieht sich seiner Ansicht nach durch das ganze Buch, was zur Folge hat, dass ihr Bewertungen und Analysen nach Meinung des Rezensenten nicht differenziert genug ausfallen. Trotzdem hat das Buch auch großen Stärken. Zum Beispiel ist Christ beeindruckt von der "konzentrierten Erörterung von religiösen Phänomenen". Auch in anderen Bereichen bietet das Buch einiges an interessanten Informationen und deckt dabei ein weites Feld ab, die griechische Mythologie wird dabei ebenso behandelt wie "angelsächsische Gender Studies und poststrukturalistische Positionen". Außerdem hält der Rezensent Iwersen zugute, dass sie trotz ihrer eigenen poststrukturalistischen Position auch konservativere Theoretiker berücksichtigt. Auch ihr Resümee, das besagt, dass in der Antike "Physis wie Psyche der Frauen mit der Natur gleichgesetzt wurden" und dass diese Zuweisung die abendländische Kultur bis heute prägt, nennt Christ "prägnant".

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