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In Richards Haus laufen die Weihnachtsvorbereitungen auf Hochtouren. Doch ihn plagt der graue Star, und in letzter Zeit hat er düstere Gedanken. Er wartet auf »die Ankunft Gottes in dieser gottlosen Finsternis«. Seine Frau dagegen möchte ein friedliches Familienfest feiern. Das Mahl missrät gründlich: Der Schwiegertochter platzt die Fruchtblase, der Sohn kifft, das Geflügel fängt Feuer. Irdisch und gottlos, denkt Richard. Nur Timo, sein 16-jähriger Enkel, ist anders. Tief, klug, frühreif - wie er selbst, damals in Berlin, in den Dreißigern. Zur heiligen Stunde scheint sich Richards…mehr

Produktbeschreibung
In Richards Haus laufen die Weihnachtsvorbereitungen auf Hochtouren. Doch ihn plagt der graue Star, und in letzter Zeit hat er düstere Gedanken. Er wartet auf »die Ankunft Gottes in dieser gottlosen Finsternis«. Seine Frau dagegen möchte ein friedliches Familienfest feiern. Das Mahl missrät gründlich: Der Schwiegertochter platzt die Fruchtblase, der Sohn kifft, das Geflügel fängt Feuer. Irdisch und gottlos, denkt Richard. Nur Timo, sein 16-jähriger Enkel, ist anders. Tief, klug, frühreif - wie er selbst, damals in Berlin, in den Dreißigern. Zur heiligen Stunde scheint sich Richards Prophezeiung zu erfüllen: Plötzlich sind da Rauch und Licht und eine Gestalt, die überirdisch und gewiss nicht gottlos ist. Er ist ein engagierter Journalist und vielzitierter Erfolgsautor. Dass Matthias Matussek auch ein Erzähler mit Witz und Passion ist, beweist er mit seinem Roman, in dem er seiner Lebensfrage nachgeht: Warum glauben wir eigentlich nicht, was doch nicht zu übersehen ist?
Autorenporträt
Matthias Matussek, geb. 1954, kam nach Stationen beim Berliner Abend und beim Stern zum SPIEGEL, für den er als Korrespondent und Reporter nach New York, Rio de Janeiro und London ging. Im Herbst 2005 kehrte er in die Zentrale nach Hamburg zurück, wo er bis Januar 2008 das Feuilleton leitete. Heute schreibt er als Autor für das Magazin und agiert als Videoblogger für Spiegel Online.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eines muss Rezensent Rudolf Neumaier Matthias Matussek lassen: Die publizistische Marktlücke, den Glauben als "Sensation" anzupreisen, hat er als Erster entdeckt und gleich grandios besetzt. Außerdem muss Neumaier gestehen: Matusseks neuer, nun mehr literarischer Versuch, sein "katholisches Abenteuer" zu verkaufen, ist nicht so übel wie das allzu verbissene Vorgängerwerk. Die in "Die Apokalypse nach Richard" erzählte Geschichte um einen 85 Jahre alten, demenzkranken Mann, der sein Schicksal standfest und mit bravem Gottvertrauen erträgt, erscheint Neumaier bisweilen sogar "edelfederleicht hingetupft". Friedlicher, auch unterhaltsamer findet der Kritiker die Erzählung, in der sich schließlich alle "säkularen" Familienmitglieder beim Weihnachtsfest um den gottesfürchtigen Großvater versammeln. Hätte Matussek doch bloß auf die vielen "prolligen" Einwürfe, Provokationen und Polemiken, etwa gegen "Priesterintiativen, Schwulen- und Frauengottesdienste und Heiner Geißler", verzichtet, klagt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.10.2012

Ihr Kinderlein frommet
Matthias Matussek ist wieder in katholischer Mission unterwegs: In seinem neuen Buch „Die Apokalypse nach Richard“ vereint er die Familie
unterm Weihnachtsbaum – eine schöne Bescherung mit viel Lametta und einem verschmorten Gänsebraten
VON RUDOLF NEUMAIER
Matthias Matussek, der katholische Abenteurer, begibt sich auf die nächste Mission. Ein Jahr nach seiner Wutpredigt erzählt der Kirchenfan aus der Kultur-Redaktion des Spiegel „eine festliche Geschichte“; der sogenannten Provokation folgt nun eine Fiktion. „Die Apokalypse nach Richard“ nennt Matussek dieses Stück aus zehn Episoden. Aber Apokalypse? Warum so negativ? Im Matussek-Kosmos würde diese Art von Erbauungsbüchlein auch als Evangelium durchgehen. Oder, wenn wir fromm dem Papst folgen wollen: als Neuevangelisierung.
Keine Frage, Matussek ist mit seinem „Katholischen Abenteuer“ fulminant in eine publizistische Marktlücke geprescht. Auf die Idee, den eigenen Glauben als Unerhörtheit, als absolute Sensation zu verkaufen, war bis dahin noch keiner gekommen. Außer Gloria von Thurn und Taxis natürlich. Aber weil der Journalist argumentativ nicht allzu weit über das Niveau der sogenannten Fürstenwitwe hinauskam, wurde seine Haltung vor allem in Talkshows diskutiert, die einen lauten, bissigen Diskutanten brauchten. Da saß er dann, schimpfte aufs Stichwort. Und die kreuzbraven Katholiken, die seit Jahr und Tag in die Kirche gehen und zur Beichte und unter manch eitlem Amtskleriker leiden, die wunderten sich nur, warum einer von ihnen die Abgründe, die Exzesse, die Dekadenz, die er überwunden zu haben glaubt, so billig mit dem Geheimnis des Glaubens im Schaufenster ausstellen muss.
Gut, er legte Zeugnis ab. Aber muss es so schmierig sein, und wenn Kirchengegner in der Runde sitzen, so grimmig? Bei Theologen fiel Matussek allerdings aus anderen Gründen durch: erst einmal wegen seiner Ahnungslosigkeit – und dann wegen seiner unfassbaren Eitelkeit. „Seine ,Abenteuer‘ des Glaubens finden nur im Dschungelcamp der medialen Aufmerksamkeitssucht statt“, schrieb Friedrich Wilhelm Graf, protestantischer Gelehrter, in der FAZ, „aber dass amor sui, eitle Selbstliebe, nur Sünde ist, hätte er im katholischen Erwachsenenkatechismus lesen können.“
Jetzt aber! Neuer Versuch, neues religiöses Abenteuer, mit 58 Jahren pressiert’s wohl. Hat er sich den Katechismus inzwischen vorgenommen? Eher nicht. Aber der Debattenboxer wird zum Literaten, und das ist schon ein beträchtlicher Fortschritt. Matussek schlägt sanftere Töne an. Stellenweise ist seine Geschichte edelfederleicht hingetupft. Wenn er aus Exposition heraus- und ins Erzählen hineinkommt, wenn die Handlung Fahrt aufnimmt, wirkt die Geschichte sogar unaufdringlich. Würde Matussek auf prollige Einwürfe, auf das Zurschaustellen von Halbwissen über Theologen wie Blaise Pascal und Martin Buber, auf Polemiken gegen Priesterinitiativen, „Schwulen- oder Frauengottesdienste“ und Heiner Geißler verzichten – die Geschichte könnte ihren missionarischen Zweck erfüllen. Doch mit unnötigen Provokationen ballert Matussek wieder übers Ziel hinaus.
Immerhin wirkt Heiner Geißler in dieser Fabel noch recht rege und tingelt durch die Talkshows. Der heutige Papst, also Benedikt XVI., ist nicht mehr im Amt in der Zeit, in der die Geschichte spielt –„resigniert zurückgetreten“. Ein Chinese ist ihm nachgefolgt. Aber Heiner Geißler sitzt noch im Fernsehstudio: „Kürzlich“, schreibt Matussek, habe sich Geißler wieder mit seinem TV-Opportunismus und mit der Beteuerung hervorgetan, er habe schon länger nicht gesündigt. Kürzlich? Das Gleiche sagte Geißler im vergangenen April bei Anne Will, als ihm Matussek gegenübersaß. Aber egal, Matussek beruft sich auf seine Phantasie, alle Ähnlichkeiten mit der Wirklichkeit seien zufällig. Noch dazu, wenn in Form von Weltraumschrott, der die Menschen bedroht, und denkenden Scheibenwischern Science-Fiction dazukommt. Ja, es geht dem Ende zu, die Welt geht unter. Wappnet euch! Betet!
Wie Richard, der Held. Richard ist 85 Jahre alt und lebt mit seiner Frau Waltraud in Hamburg. Dass er allmählich dement wird, erträgt er mit Gottvertrauen. Solche Männer, solche Zeugen braucht die Kirche. Kreuzbrav, standfest, uneitel – wenn sich weltoffene Katholiken wünschen, dass die Priesterweihe auch für rechtschaffene verheiratete Männer, für viri probati, ermöglicht werden müsste, dann meinen sie genau solche Figuren wie Richard. Aber in Religionsfragen hält Matussek, der Zölibatszerberus, die Weltoffenen für Idioten. „Sind wir in der Modebranche oder beim Glauben?“ Solche Sätze legt er seinem Alter Ego in den Mund, Richards Sohn Roman, preisgekrönter Reporter in Berlin, der es spielend unter einen Hut kriegt, zu kiffen, zu vögeln und wider den Stachel der Kirchenkritiker zu löcken. Roman, der Großstadtmärtyrer: Auch er hat ein Buch über seinen Glauben geschrieben, sein katholisches Abenteuer – seitdem meiden ihn die Kollegen.
Weiter im Aufgebot um Richard: Romans Sohn (und Richards Enkel) Nick, ein armer Bursche im Jesuiten-Internat; Nicks Mutter Rita, die sich von Roman getrennt hat und mit einem unsympathischen Arzt zusammenlebt, Romans Bruder Bill und seine Frau Karin. Bill ist Banker und besitzt Anwesen in Garmisch und Kitzbühel, beide mit Naturpool. Die Fahrt auf dem Beifahrersitz neben ihm ist für die hochschwangere Karin so anstrengend wie Marias Eseltrip nach Bethlehem.
Beschwerlich ist das Leben dieser säkularen Menschen, bis sie heimfinden zu Richard. Zu Gott. Sie kommen alle heil in Hamburg an, die ganze Familie. Es wird gemütlich, was für ein Weihnachtsfest – ein Wunder! Matussek lässt die Domspatzen singen, Lametta leuchten und die Gans verbrennen. Roman, der Trotzkopf, der alles kritisch sieht außer dem konservativen Katholizismus, gelangt zur Erkenntnis, dass „Stille Nacht, heilige Nacht“ zweifelsohne „andauernder und nachhaltiger und wirkungsvoller“ sei als die „Internationale“. Dort heißt es: „Es rettet uns kein höh’res Wesen, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!“ Jetzt aber zieht Matthias Matussek den Joker für die Ewigkeit: den holden Knaben im lockigen Haar. Mit ihm will Matussek seine Leser auf den rechten Weg bringen. Weihnachtsmusik und Lebkuchen sind gute Hilfsmittel bei der Lektüre, aber eigentlich ist es dafür noch einige Wochen zu früh.  
„Stille Nacht, heilige Nacht“ – nur an Weihnachten kommen die säkularen Menschen bei Matussek endlich zur Besinnung.
FOTO: OH
  
  
  
  
  
Matthias Matussek: Die Apokalypse nach Richard. Eine festliche Geschichte. Aufbau-Verlag, Berlin 2012. 190 Seiten, 16,99 Euro.
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