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Deutschland macht dicht ist ein politisches Bilderbuch. Es erzählt eine einfach Geschichte, in der das meiste versteckt ist, was Menschen heute angst macht, und die zugleich zeigt, daß Angst ein schlechter Ratgeber ist.Hendrik und Rosalie, zwei mutige, beinah schon erwachsene Leute, müssen erleben, daß sich das Land, in dem sie wohnen, auf unerklärliche Weise und angeblich zur Krisenabwehr gegen alles Abweichende und Unberechenbare abgeschirmt hat. Die Zeit vergeht nicht mehr richtig, das Leben lebt nicht mehr. Nur die Fähigkeit, die mächtige Dummheit auszulachen, verspricht noch Rettung. Die…mehr

Produktbeschreibung
Deutschland macht dicht ist ein politisches Bilderbuch. Es erzählt eine einfach Geschichte, in der das meiste versteckt ist, was Menschen heute angst macht, und die zugleich zeigt, daß Angst ein schlechter Ratgeber ist.Hendrik und Rosalie, zwei mutige, beinah schon erwachsene Leute, müssen erleben, daß sich das Land, in dem sie wohnen, auf unerklärliche Weise und angeblich zur Krisenabwehr gegen alles Abweichende und Unberechenbare abgeschirmt hat. Die Zeit vergeht nicht mehr richtig, das Leben lebt nicht mehr. Nur die Fähigkeit, die mächtige Dummheit auszulachen, verspricht noch Rettung. Die Heldin und der Held können, was gebraucht wird; und sie tun es.Der weise Hase Mandelbaum, ein Cowboy namens Jesus und viele andere Gestalten, die jeder kennt, ohne ihnen bisher persönlich je begegnet zu sein, helfen dem Heldenpaar, den Widerstand des Besonderen gegen das Allgemeine, der Kunst gegen die Verwaltung und der Liebe gegen die Anpassung zu riskieren.Die Bilder und Texte, in denen das alles geschieht, sind fröhlich, neu und so leicht, wie der Mut sein muß, wenn er nicht verbissen werden will.
Autorenporträt
Dietmar Dath, 1970 geboren, ist Autor und Übersetzer. Er war Chefredakteur der Zeitschrift Spex und von 2001 bis 2007 Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, seit September 2011 ist er dort Filmkritiker.
Dietmar Dath veröffentlichte fünfzehn Romane, außerdem Bücher und Essays zu wissenschaftlichen, ästhetischen und politischen Themen, darunter die Streitschrift Maschinenwinter (2008) und die BasisBiographie Rosa Luxemburg (2010). Jüngst ist Dietmar Dath auch als Dramatiker und Lyriker in Erscheinung getreten. Er lebt in Freiburg und Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2010

Ein weiser Stoffhase namens Mandelbaum

Die Rettung der Volkswirtschaft mit den Mitteln von "Alice im Wunderland": Mit "Deutschland macht dicht" liefert Dietmar Dath die Fibel zur Finanzkrise.

Von Andreas Rosenfelder

Nein, Dietmar Daths "Deutschland macht dicht" ist kein Buch für Insider. Man braucht keine Logarithmentafeln zum Lesen, keine historisch-kritische Marx-Engels-Gesamtausgabe, kein "Spex"-Abonnement und auch keinen Verdi-Mitgliedsausweis. Das Label der Unlesbarkeit, das vielen der kaum mehr zählbaren Bücher dieses Autors in der Vergangenheit wie ein Warnhinweis aufgeklebt wurde, passt hier bestimmt nicht. Es handelt sich um eine simpel erzählte Geschichte mit Illustrationen, die jedem offensteht - beinahe (aber dann doch nicht ganz) so, wie auch "Die Brüder Löwenherz" von Astrid Lindgren jedem offenstehen.

Das vorweg. Denn es gibt in "Deutschland macht dicht" sehr wohl einen Subtext, der eine kleine Lesergruppe auf besondere Weise anspricht. Denn Daths Buch handelt auch von dieser Zeitung, die hier die "Erhabene Zeitung" heißt - und von der nicht so erhabenen Alltagswelt, die sie umgibt. Das fängt damit an, dass der halbstarke Held mit seinen Freunden an der Frankfurter Galluswarte herumgammelt und eine Schokomilch an jener überteuerten S-Bahn-Brötchentheke kauft, wo viele Zeitungsleute morgens ihr Frühstück mitnehmen. So umkreist Dietmar Dath, der ehemalige Feuilletonredakteur, auch als Schriftsteller den alten Arbeitsplatz - und all die eingestreuten Frankfurter Ortsmarken, das "Nordsee"-Restaurant am Hauptbahnhof und die U-Bahn Richtung Seckbacher Landstraße, geben dem Buch eine nostalgische Note, die sich nur Insidern erschließt und von der man nicht schweigen kann, wenn man dieses Buch hier bespricht.

Ansonsten ist "Deutschland macht dicht" aber überhaupt kein nostalgisches Buch, was auch mit der Form der Teenager-Liebesgeschichte zusammenhängt. Protagonist ist ein gutaussehender Gymnasiast, in dem auch ein bolschewistischer Revolutionär steckt: Beim Anblick der Bankangestellten im öffentlichen Nahverkehr kommt ihm der Satz "Du gehörst beseitigt" in den Sinn, der schon ein bisschen nach Gulag klingt. Dieser Held namens Hendrik ist verliebt in seine Klassenkameradin Rosalie, die Tochter eines mächtigen Frankfurter Zeitungsherausgebers (der Bernd Vollfenster heißt und, um Verwechslungen auszuschließen, einen Vollbart trägt). Zugleich plant Hendrik mit ein paar Kleinkriminellen die Entführung seiner Schulkameradin Clea, einer höheren Tochter aus dem Frankfurter Geldadel.

So weit zur realistischen Hälfte, die ganz heiter daherkommt und ein bisschen erzählt wird wie ein "Bravo"-Fotoroman über Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, mit "Bittersweet Symphony" von The Verve und "Common People" von Pulp als Soundtrack. Wie oft bei Dath, der zu Unrecht immer wieder mit einem schreibenden Gehirn verwechselt wird, sind die wichtigsten Figuren ganz theoriefern - und die Revolution, von der hier geträumt wird, lockt frei nach Lenin nicht mit goldenen Toiletten, sondern eher mit Schokomilch und Twix für alle.

Doch schon nach ein paar Seiten werden diese mehr oder weniger normalen Leute von einer Krise durcheinandergewürfelt. Man erkennt darin die Konturen der globalen Finanzkrise, die in Deutschland das Frankfurter Bankenviertel zuerst erzittern ließ - aber Dath rechnet sie zum kosmologischen Umsturz hoch und entwirft eine volkswirtschaftliche Version von "Alice im Wunderland", bei der Deutschland sich in jeder Hinsicht gegen die Außenwelt abdichtet. Es beginnt damit, dass Eurostücke sich in Gelatine verwandeln und Dollarnoten zu schimmeln anfangen. Doch mit der Geldwirtschaft implodiert auch die physikalische Ordnung. Düsseldorfer Rotlichtkneipen landen im Frankfurter Westend, das Oktoberfest wird auf die Zugspitze versetzt, und das Gedankengut eines Offenbacher Islamisten verschiebt sich in einen Käse.

Es handelt sich hier um die Dietmar-Apokalypse: eine ulkige, fast schülerzeitungshafte Version vom Jüngsten Gericht, in der Jakob-van-Hoddis-Phantasien über zerbröselnde Passanten mit Naturwissenschafts-Dada über "Homotopiebewegungen" zusammenknallen. Ein Stoffhase, der Mandelbaum heißt, und ein "Zuspätkommunist", den man sich als Veteranen prähistorischer Klassenkämpfe vorstellen muss, versuchen das Chaos zu ordnen - unterstützt von einem plötzlich sprachbegabten Kunstwerk namens "Ohne Titel", das die versprengten Protagonisten in ihrem Kampf gegen ferngesteuerte Banker-Zombies unterstützt.

Man kennt die Handlungsmuster (die tapfere Schar Nichtinfizierter, die sich bis in die Kommandozentrale des Bösen durchschlägt, in diesem Fall die Europäische Zentralbank in der Frankfurter Innenstadt) aus jedem guten Katastrophenfilm, und Dietmar Dath baut einfach zu viel schlauen Wahnsinn ein, um die Story je öde werden zu lassen. Aber irgendwie erklärt "Deutschland macht dicht", das ja als "politisches Bilderbuch" - die zahlreichen Illustrationen stammen von Christopher Tauber - einen Fibelcharakter beansprucht, dann doch recht wenig. Der Autarkieplan zur Abdichtung Deutschlands etwa, der nach Vorbereitung durch die Politik komplett vom personifizierten Geld gesteuert wird - ist das nicht ein Projekt, auf das sich zwar Oskar Lafontaine und Horst Mahler, nie aber etwa ein Josef Ackermann einlassen würde? Und kämpfen die letzten Dissidenten hier wirklich gegen den Kapitalismus, oder kämpfen sie gegen den Staat?

Dietmar Dath, der alte Satanismusforscher, lässt das Geld nach dem Muster des klassischen Horrorfilms eine leibhaftige Erdentochter zeugen, die aber am Ende durch das sprechende Gemälde und einen Cowboy namens Christus befreit wird. Das heideggernde Kunstwerk besiegt den Mammon, und ein sozialrevolutionärer Jesus vertreibt die Händler noch einmal aus dem Tempel - man kann das Gefühl haben, dass dieser Bilderbuchschluss die Sache mit der Finanzkrise eher vereinfacht als erhellt. Aber es ist ja auch ein Bilderbuch.

Dietmar Dath: "Deutschland macht dicht". Eine Mandelbaumiade. Mit Bildern von Piwi (Christopher Tauber). Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 198 S., geb., 17,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.04.2010

Dietmar Dath bekämpft das Monster Sumsilatipak
Wer den Kapitalismus besiegen will, muss ihn in seinem Hauptquartier angreifen, und natürlich gilt es, zahllose Abenteuer zu bestehen, bevor sich das Fähnlein der Aufrechten bis zum Gebäude der Europäischen Zentralbank durchgeschlagen hat. Hier verschanzt sich das leibhaftige Geld, ein bleiches Gespenst mit „ungesunden gelben Augen”, bewacht von Sumsilatipak (Kapitalismus rückwärts gelesen), einem Monster, das die Welt im Würgegriff hat, und hier kommt es zum Endkampf zwischen Gut und Böse in Dietmar Daths neuem Buch „Deutschland macht dicht”.
Doch weil der Kapitalismus so stark geworden ist, muss Jesus eingreifen. Die letzten zweitausend Jahre hat er zur Wehrertüchtigung genutzt, sieht aus wie ein schwarzer Sheriff und kann inzwischen Kung-fu. Außerdem hat Jesus auch ideologisch nachgerüstet und sich zum Hobby-Sozialrevolutionär weitergebildet, der „aus Liebe zum Nochniedagewesenen” nach den bestmöglichen Menschen Ausschau hält. Und da ist ihm der schöne Hendrik ins Auge gestochen, ein Frankfurter Gymnasiast, der den „ferngesteuerten Bankidioten” in der U-Bahn klar macht: „Du gehörst beseitigt!”
Der Plot von „Deutschland macht dicht” klingt nicht nur krude und durchgedreht – er ist es auch. Ein „politisches Bilderbuch” nennt Dath sein von Christopher Tauber illustriertes futuristisches Erlösungsmärchen, in dem ein sprachbegabtes Stoffhäschen namens Mandelbaum gerade, weil es sprichwörtlich von nichts weiß, der „Überblicker” des Verblendungszusammenhangs ist. Kinderleicht soll hier die Revolution, als deren Brandbeschleuniger die Wirtschaftskrise dient, gemacht werden.
Dass Daths marxistische Orthodoxie gleichwohl kokett wirkt, liegt daran, dass sie beim Referenz-Pop in die Häschenschule gegangen ist. Alles beginnt wie eine Teenie-Lovestory in Bravo Girl, denn Hendrik muss sich entscheiden zwischen zwei Mädchen, die den Gegensatz von Geist und Geld verkörpern. Die blonde Clea ist reich und eingebildet, die dunkelhaarige Rosalie, Tochter des Herausgebers der „Erhabenen Zeitung” Bernd Vollfenster, „kritisch und furchtbar gescheit”. Beide sind in Hendrik verliebt, doch erst im Zuge der Rettung Deutschlands trifft er die richtige Wahl.
Um die eigene Haut zu retten, hat das Geld Deutschland dichtgemacht, plombiert und gemäß dem „Monogenis-Plan” in ein sich selbst durchdringendes „Taschenuniversum” verwandelt. Dabei ist nicht nur die Topographie gründlich durcheinander geraten, sondern auch die Kausalität außer Kraft gesetzt worden: Kunstwerke machen sich selbständig, ein „islamomaner Kamikäse” treibt sein Unwesen, und Bäume spielen E-Gitarre. Hendrik und seine Mitstreiter wie der „älteste Kommunist” irren durch ein Alice’sches Wunderland, auf der Suche nach der „totalen Öffnung”, dem „immanenten Jenseits”.
Kapitalismus-Kritik als dadaistischer Fantasy-Trip – es hat durchaus seinen Reiz, wie Dath das Pathos seiner Erweckungsfibel mit Anleihen bei Comic und Splatter-Movie abtönt, würde er dabei nicht überziehen. Auf immerhin zweihundert Buchseiten überfrachtet er seine Satire nicht nur mit dramaturgischen Umstandskrämereien, sondern vor allem mit dem Theorieslang eines Wissenschaftssynkretismus, der das systemkritische Modell untermauern sollen. Hier schreibt ein Idiosynkrat und Diskurs-Jockey, für den alles mit allem zusammenhängt; Daths paranoider Beziehungswahn lässt nichts offen und unerklärt.
In seiner Überdeterminiertheit ist „Deutschland macht dicht” mehr hyperventilierender Feuilletonismus als erzählende Literatur. Und beim utopistischen Umkrempeln Deutschlands zeigt sich auch, was auf der Innenseite des Intellektualismus zum Vorschein kommt: der pure Infantilismus. „Alleswissen macht Kopfweh”, heißt es einmal im Buch. Das gilt zumal für die Lektüre dieser intelligenzbestialischen Eierkopfprosa. Sie ist nicht für Kinder, sondern für unreife Menschen. CHRISTOPHER SCHMIDT
DIETMAR DATH: Deutschland macht dicht. Eine Mandelbaumiade mit Bildern von Piwi. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 201 Seiten, 17, 80 Euro.
Das Kuschelhäschen als Ohrenbläser: Flauschig und kinderleicht kommt der Revoluzzer daher. Abb.: Suhrkamp
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Andreas Rosenfelder muss sich beim Lesen immer wieder daran erinnern, dass es sich bei dem neuen Werk von Vielschreiber Dietmar Dath um eine Fibel, ein Bilderbuch, wenn auch ein politisches, handelt. Anderenfalls fände er Daths apokalyptische Sicht auf die Finanzkrise, die er mit einer Teenager-Lovestory und mit jeder Menge Frankfurter Memorabilia, FAZ-Memorabilia genau genommen, verquickt, aber auch allzu sehr in Schwarz-Weiß gemalt. Die Frage, ob Dath seine bolschewistischen Dissidenten nun gegen den Kapitalismus oder gegen den Staat antreten lässt, scheint Rosenfelder aber, wie gesagt, nicht das Entscheidende zu sein. Bemerkenswert dagegen findet er, dass dieser Roman von Dath einmal nicht das Label der Unlesbarkeit verdient. Stattdessen amüsiert sich Rosenfelder mit einer eher simplen Geschichte, die heiter bis ulkig von ferngesteuerten Banker-Zombies und tapfer agierenden Stoffhasen handelt. Und von sprechenden Kunstwerken beim Showdown gegen das Böse, bei Dath: die Europäische Zentralbank.

© Perlentaucher Medien GmbH