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Produktdetails
  • Verlag: Editions Mathieu
  • Originaltitel: Den vilde Svensken
  • Seitenzahl: 285
  • Deutsch
  • Abmessung: 195mm
  • Gewicht: 312g
  • ISBN-13: 9783980581554
  • ISBN-10: 3980581551
  • Artikelnr.: 09006982
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nur passagenweise gelungen" findet Johan Schloemann den Roman des eigentlich "respektablen" schwedischen Schriftstellers Ernst Brunner. Der ironische Unterton und die stilisierte Skurrilität, die dem Band zugrunde liegen, können nicht darüber hinweg täuschen, dass die gesamte Geschichte von zahlreichen Missgriffen gekennzeichnet ist, urteilt der Rezensent. "Der wilde Schwede" sei allenfalls etwas für Urlauber, die auf einer einsamen schwedischen Insel vielleicht eh nichts Besseres zu tun haben, als sich langweiliger Lektüre hinzugeben, lautet das Fazit des Rezensenten.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.02.2001

Erfolglose Elchaustreibung
Städter zu Eingeborenen: Ernst Brunners "Der wilde Schwede"

In einer deutschen Großstadt gibt es ein alteingesessenes Karten- und Reiseführergeschäft. Im Erdgeschoß ist an einer Stelle auch eine Auswahl der literarischen Neuerscheinungen ausgelegt; gleich daneben findet sich die Abteilung Reiseliteratur. Bei jedem neuen Buch haben die Reisespezialisten aufs neue, mit weit größerer Dringlichkeit als jedes Literaturseminar, die Qual der Gattungsbestimmung. Ist ein Buch einfach nur Literatur (Tisch Nummer eins), oder thematisiert es in besonders offensiver Weise einen Schauplatz, zu dem sich die Kunden bei Gelegenheit einmal aufmachen könnten (Tisch Nummer zwei)? Der Einband, den sich ein kleiner Heidelberger Verlag für das anzuzeigende Buch ausgedacht hat, wird den so abwägenden Buchauslegern jede Entscheidungsangst nehmen. Abgebildet sind ein rotes schwedisches Sommerhaus, eine Schärenklippe und eines der notorischen Elchwarnschilder, die eine ganz bestimmte Sorte deutscher Nordlandfreunde reihenweise von schwedischen Landstraßen abzumontieren pflegt.

Gerne würden wir feststellen, daß der erste Eindruck trügt. Doch die Selbstplakatierung mit den Sommerfreuden, die die Herzen der Skandinavophilen höher schlagen lassen, liegt nicht nur in der Hülle, sondern auch im Kern des Textes. Wir haben es mit dem Ergebnis der Bemühungen eines respektablen schwedischen Schriftstellers zu tun, ein originelles Porträt jener im Norden mythisch überhöhten warmen Wochen zu zeichnen, die die Menschen wie ein Sog in die Natur ziehen, bis sie dann im Laufe des Augusts schon wieder zu Ende sind. Das Problem ist dabei nicht das Sujet, nicht, daß ein gartenbeetzerstörender Elch, das Mittsommerfest und ähnliche Requisiten zum Einsatz kommen. Bedauerlich ist vielmehr, daß Ernst Brunners Versuch, seine Erzählung eines Sommers auf der Stockholm vorgelagerten Schäreninsel Stenånga durch eine ständig schwebende Ironie ("Ich war wahnsinnig schwedisch und genoß meine Vorurteile") und durch stilisierte Skurrilität vor der Folklore zu retten, nur passagenweise als gelungen angesehen werden kann. Das gilt zumal für den nicht einheimischen Leser, bei dem sich trotz der sorgfältigen Übersetzung der Verlegerin Anna Mathieu nicht alle vorausgesetzten Assoziationen einstellen werden.

Kristallisationspunkt des Geschehens ist ein viriler, mythomanischer Altrevolutionär, der einige unausgefüllte Frauen mit seinem anziehenden Aufschneidertum und einige Männer mit seinen hochfliegenden Ideen zur Vertreibung des Elches und zum ökologischen Latrinenbau durcheinanderbringt. (Das Interesse für Fäkales ist, nebenbei gesagt, überhaupt recht ausgeprägt.) Bei allen Akteuren hängt der Haussegen und noch manches andere schief, und die Idylle will hart erarbeitet werden. Die Städter müssen sich ihr angestrebtes Naturideal aus eigener Kraft konstruieren. Das ist nicht leicht, wenn die Realität in Form von kurdischen Bootsflüchtlingen, schweren Krankheiten und nur mit Mühe aufrechterhaltenen Ehen immer wieder über den kollektiven Freizeitpark hereinbricht.

Brunner gestaltet in diesem kuriosen Sommertheater die eine oder andere lebendige und konturierte Szene, denen dann aber eine nicht geringere Zahl von Mißgriffen zur Seite steht, die sich auch auf den Gesamtaufbau erstrecken. Man muß gar nicht erst August Strindbergs in ähnlichem Ambiente spielende "Leute auf Hemsö" zum Vergleich bemühen, um hier ein literarisches Elchwarnschild aufzustellen. Doch dort, wo es das Wort Zeitverschwendung nicht geben kann, auf einer sonnenbeschienenen schwedischen Urlaubsklippeninsel, dort mag man vielleicht auch dieses Buch lesen. Unser Reisebuchhändler wird es zu diesem Zwecke gerne bereitlegen.

JOHAN SCHLOEMANN

Ernst Brunner: "Der wilde Schwede". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Anna Mathieu. Editions Mathieu, Heidelberg 2000. 285 S., geb., 34,- DM.

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