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Zum 50. Jahrestag der Gründung des Staates Israel ein neues facettenreiches Bild der Geschichte des Zionismus.
Mit dem Ersten Kongreß von 1897 trat die zionistische Bewegung "in die Geschichte ein", wie Theodor Herzl seinem Tagebuch anvertraute. Seine Vision, spätestens in fünfzig Jahren werde der "Judenstaat" Wirklichkeit sein, erfüllte sich. - Neue internationale Forschungsergebnisse, insbesondere aus Osteuropa, ermöglichen erstmals ein facettenreiches Bild über die Vielfalt der zionistischen Bewegung, ihre Voraussetzungen und ihre Folgen bis in die Gegenwart. - Die AutorInnen schildern…mehr

Produktbeschreibung
Zum 50. Jahrestag der Gründung des Staates Israel ein neues facettenreiches Bild der Geschichte des Zionismus.
Mit dem Ersten Kongreß von 1897 trat die zionistische Bewegung "in die Geschichte ein", wie Theodor Herzl seinem Tagebuch anvertraute. Seine Vision, spätestens in fünfzig Jahren werde der "Judenstaat" Wirklichkeit sein, erfüllte sich. - Neue internationale Forschungsergebnisse, insbesondere aus Osteuropa, ermöglichen erstmals ein facettenreiches Bild über die Vielfalt der zionistischen Bewegung, ihre Voraussetzungen und ihre Folgen bis in die Gegenwart. - Die AutorInnen schildern u.a. das Aufkommen der Zionsidee in Osteuropa, die ersten deutschen Zionisten in Erez Israel, die besonderen Verhältnisse in Ungarn oder im Elsaß, in der Schweiz oder in Rußland.
Autorenporträt
Heiko Haumann, geb. 1945 ist seit 1991 Professor für Osteuropäische und Neuere Allgemeine Geschichte an der Universität Basel. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt: Die Geschichte Rußlands. (München 1996)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.12.1998

Zionistische Nachlese
Die Nationalbewegung der Juden in historischer Sicht / Ein Sammelband

Heiko Haumann (Herausgeber): Der Traum von Israel. Die Ursprünge des modernen Zionismus. Beltz Athenäum Verlag, Weinheim 1998, 340 Seiten, 58,- Mark.

Noch vor wenigen Jahren konnte Teddy Kollek über den Zionismus sagen, er sei als einziger politischer Ismus des zwanzigsten Jahrhunderts nicht gescheitert. Aber Kollek, der Jerusalem als Bürgermeister durch die Krisenzeiten nach 1967 zu leiten verstand, war ein Glücksfall der Geschichte und daher eine Ausnahme. Sein Gründerethos, das ihn bis ins hohe Alter auszeichnet, kann der Wissenschaftler kaum teilen, wenn er versucht, die jüdische Nationalbewegung unter verschiedenen Aspekten begrifflich einzuordnen.

Heiko Haumann ist ein Historiker in Basel, wo 1897 der Gründungskongreß des Zionismus stattfand. Im letzten Jahr veranstaltete er dort eine Ausstellung zum hundertsten Jubiläum dieses Kongresses, und als Ergänzung gibt er jetzt einen Sammelband mit Beiträgen zur Frühphase des Zionismus heraus. Er führt ihn mit einem informativen Überblick zu seiner Geschichte ein, der den Zionismus als Krisenphänomen des jüdischen Selbstverständnisses ausweist. Die Sehnsucht nach Jerusalem gehört seit der Zerstörung des Zweiten Tempels und der Zerstreuung des Volkes zu den Konstanten des Judentums, sie hat aber bis in die Neuzeit nur religiösen Ausdruck gefunden; noch die messianischen Bewegungen des späten Mittelalters ordnen sich dem religiösen Paradigma unter. Dagegen erwächst der politische Zionismus, wie er von Theodor Herzl ins Leben gerufen wurde, aus einem radikalen Bruch in der jüdischen Geschichte, und Haumanns Einführung beleuchtet einige seiner Folgen.

Dabei erweist es sich von Vorteil, daß der Herausgeber des Bandes ein Fachmann für osteuropäische Geschichte ist. Er macht auf die Idee eines Judenstaates aufmerksam, wie sie schon im frühen 19. Jahrhundert gerade von Nichtjuden propagiert wurde, etwa von den russischen De- kabristen oder dem polnischen Dichter Adam Mickiewicz; er beschreibt die Vorläufer des Zionismus in der ostjüdischen Orthodoxie und Arbeiterbewegung; und er zeichnet die russischen Pogrome des Jahres 1881 als entscheidenden Wendepunkt im Vorfeld Theodor Herzls nach.

Haumanns Einführung bleibt nicht auf die Frühphase des Zionismus beschränkt, der der Band gewidmet ist. In großen Zügen schreibt er seine Geschichte bis in die Zeit nach der Staatsgründung fort. Er schildert den Baseler Kongreß und bestimmt Herzls Position zwischen West- und Ostjuden; unterscheidet zwischen Territorialisten und orthodoxen Antizionisten in der Gründerzeit, zwischen gemäßigten Zionisten und militanten Revisionisten in den Zwischenkriegsjahren; arbeitet den enormen Stellenwert heraus, den der Holocaust für den schließlichen Erfolg der jüdischen Nationalbewegung hatte. Mit seiner einleitenden Auffächerung zionistischer Problemstellungen bis in die Gegenwart läßt er das Gebäude entstehen, dessen Fundamente in den einzelnen Beiträgen des Bandes untersucht werden.

Die Aufsätze konzentrieren sich zum Teil auf individuelle Gestalten, die zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort eine ideologische Momentaufnahme ermöglichen. Erik Petry zeigt am Beispiel zweier deutscher Zionisten im Palästina vor Herzl, welche historischen Bedingungen hier noch nicht gereift waren. Astrid Starck beschreibt, wie sich ein elsässischer Zionist gegen die assimilatorischen Tendenzen seiner jüdischen Zeitgenossen zur Wehr setzt. Bettina Zeugin schildert den Fall eines nicht zufällig aus Rußland stammenden Zionisten, der im Basel der zwanziger Jahre eine dort eher unpopuläre radikalzionistische Position vertrat.

Andere Aufsätze fächern die frühe Geschichte des Zionismus soziologisch auf. Desanka Schwara stellt die aufkeimende Nationalbewegung aus ostjüdischer Sicht dar; Walter Pietsch leuchtet den ungarischen Hintergrund Theodor Herzls aus, stellt ihn ins Spannungsfeld zwischen der Orthodoxie und einer neuen Aufbruchsstimmung in seinem Heimatland; Peter Haber und Patrick Kury bieten lokale Rezeptionsgeschichten des Zionismus, indem sie die jüdische Presse in Ungarn und die Baseler Publizistik zur Zeit des ersten Kongresses analysieren.

Von besonderem Interesse sind die Beiträge, die den Zionismus in das größere Umfeld einer jüdischen Kulturgeschichte stellen. Verena Dohrn beschreibt die Entstehung von "Zionsliebe", des ersten Romans in hebräischer Sprache, den Abraham Mapu 1852 geschrieben hat; sie zeichnet ein Zeitbild und macht deutlich, wie sehr sich in der jüdischen Geschichte Text und Leben verknüpfen. Ihrem Beitrag steht Michael Hagemeisters Aufsatz über die "Protokolle der Weisen von Zion" wie ein Schattenbild gegenüber; der Beitrag beschreibt, aus welchen Quellen diese Fälschung schöpft und auf welchen Wegen sie zu makabrem Weltruhm aufgestiegen ist. Monica Rüthers macht die Züge sichtbar, die der "neue Jude" in einer Zeit des Umbruchs gewinnt. Es sind Züge, die ein altes, vom Geist geprägtes Idealbild des Juden gegen einen bislang unerhörten Begriff vom "Muskeljuden" austauschen; es ist aufschlußreich, daß dieser Begriff von dem zionistischen Kulturkritiker Max Nordau stammt, der im Zuge eines sozialdarwinistischen Denkens auch das ominöse Wort "Entartung" geprägt hat.

In solchen Beiträgen werden die dunklen Seiten nationaler Selbstbefreiung sichtbar. Am Ende der Einführung, die Heiko Haumann dem Band voranstellt, kommen deshalb nicht zufällig auch die Historiker zu Wort, die in Israel jetzt ein neues Licht auf die Ursprünge des Judenstaates und ihre allzu lange geduldeten ideologischen Verbrämungen werfen. Der Band bietet ein ausgewogenes und teilweise sehr interessantes Bild dieser Anfänge, er singt weder das Loblied des Zionismus, noch verwirft er ihn in Bausch und Bogen. Aus der Heilsgeschichte sind die Juden in die Geschichte eingetreten, und gerade das darf uns nicht für die Zweideutigkeit des historischen Blicks blind machen. Die Geschichte ist ein delphisches Orakel, Jitzhak Rabins Ermordung vor drei Jahren hat es gezeigt: Leicht verwandelt sich Gut in Böse. Zumeist ist der historische Blick auf der Suche nach den Keimen einer gegenwärtigen Not; wenn aber glücklichere Tage herrschen, findet er schnell auch wieder andere Keime.

JAKOB HESSING

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