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"Ich könnte auch sagen, daß ich so gut englisch spreche, wie ich Klavier spiele. Denn ich spiele sehr gut Klavier. Beneidenswert gut. Englisch ist immer meine erste Fremdsprache gewesen und Italienisch nur meine dritte. Sie können sich also ausrechnen, wie gut ich Klavier spiele, wenn das Italienisch, das ich besser als so mancher Italiener spreche, nur meine dritte Fremdsprache ist."Den Papst, Johannes Paul II., hat er persönlich gekannt; er könnte glatt ein Buch darüber schreiben ("Mein Papst"). Er ist weltmännisch, weit herumgekommen, er spielt hervorragend Klavier und hat die wichtigsten…mehr

Produktbeschreibung
"Ich könnte auch sagen, daß ich so gut englisch spreche, wie ich Klavier spiele. Denn ich spiele sehr gut Klavier. Beneidenswert gut. Englisch ist immer meine erste Fremdsprache gewesen und Italienisch nur meine dritte. Sie können sich also ausrechnen, wie gut ich Klavier spiele, wenn das Italienisch, das ich besser als so mancher Italiener spreche, nur meine dritte Fremdsprache ist."Den Papst, Johannes Paul II., hat er persönlich gekannt; er könnte glatt ein Buch darüber schreiben ("Mein Papst"). Er ist weltmännisch, weit herumgekommen, er spielt hervorragend Klavier und hat die wichtigsten Werke der Weltliteratur gelesen - im Original, versteht sich. Er hat Erfolg bei den Frauen; ist liiert mit einer amerikanischen Kunsthändlerin, mit der zusammen er eine Galerie in Rom besaß, und fast hätten sie eine weitere in New York eröffnet. Kurzum: die ganze Welt scheint ihm zu Füßen zu liegen.
Autorenporträt
Treichel, Hans-UlrichHans-Ulrich Treichel, am 12.8.1952 in Versmold/Westfalen geboren, lebt in Berlin und Leipzig. Er studierte Germanistik an der Freien Universität Berlin und promovierte 1984 mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen. Er war Lektor für deutsche Sprache an der Universität Salerno und an der Scuola Normale Superiore Pisa. Von 1985-1991 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin und habilitierte sich 1993. Von 1995 bis 2018 war Hans-Ulrich Treichel Professor am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. Seine Werke sind in 28 Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Im Fahrstuhl von Castelgandolfo
Hochstapeleien mit Hans-Ulrich Treichel / Von Andreas Rossmann

Der Held von Hans-Ulrich Treichels Erzählung "Der Papst, den ich gekannt habe" ist in der Welt herumgekommen. In Palermo hat er im Grand Hotel delle Palme mit einem kleinen, buckligen Senator (bei dem es sich, auch wenn sein Name nicht genannt wird, nur um Giulio Andreotti handeln kann) an der Bar gestanden, in Rom mit einer Amerikanerin eine Galerie betrieben, in New York sich als Hundeausführer am Brighton Beach verdingt und sich in diesem Job zuvor schon in Porto Alegre bewährt. Außerdem war er Entwicklungshelfer in den Pyrenäen und auf Jamaika. Zu erzählen hat er trotzdem nicht viel. Oder gerade deswegen.

Dabei bringt der Mann beste Voraussetzungen mit, auch fremde Wirklichkeiten zu durchdringen, hochgebildet und polyglott, wie er ist. "Ich spreche besser italienisch als so mancher Italiener" und "Ich spreche so gut englisch, wie ich atme" gibt er an: "Ich könnte auch sagen, dass ich so gut englisch spreche, wie ich Klavier spiele." Nur, im Sinne einer Fabel fängt er damit nichts an, sondern belässt es dabei, Orte, Themen und Stoffe nur anzutippen. Und damit mögliche Romane: Was etwa könnte aus der Episode werden, in der er als Lektor in Neapel einen Camorra-Boss kennenlernt und, naiv opportunistisch, dessen zweifelhafte Protektion gewinnt? Was aus dem Versuch, die Bewohner von Seaford Town, einer inzestgeschädigten deutschen Kolonie auf Jamaika, wieder anzubinden an die verlorengegangene Heimat? In dieser Prosa aber herrscht die Emphase des Akzidentellen, und so muss eine Zufallsbegegnung im Fahrstuhl mit Johannes Paul II. in Castelgandolfo, wo der namenlose Ich-Erzähler die Sommergespräche besucht, für den Titel herhalten: "Der Papst, den ich gekannt habe". Preis der Flüchtigkeit.

Aber womöglich ist das ein Kunstgriff für ein Verwirrspiel mit dem Leser, der, kaum dass er eine Fährte wittert, auch schon eine andere aufnehmen soll, assoziativ und sprunghaft. So gibt ein Motiv das nächste. Nennt der Protagonist die Stadt Reggio, erklärt er gleich, dass es sich um Reggio di Calabria handelt und dies mit Reggio nell'Emilia nicht zu verwechseln sei, und das Örtchen Caravaggio, das er in Südbrasilien besichtigt hat, bringt ihn unvermeidlich auf den berühmten Maler und die eigenen Talente, denn er "habe als junger Mensch lange Zeit nichts anderes getan, als Selbstporträts zu malen".

Die Manier des Ich-Erzählers, der eilig und eitel durch die Kulturgeschichte hüpft, entbindet nicht so sehr Komik und Selbstironie als Eloquenz und Narzissmus. Im Verlauf seines Plauderns, einer Art monologischem Smalltalk, beginnt er sich aufzulösen und gerät in den Strudel seiner Pseudologia Fantastica: Der promovierte Philologe will, da die Abiturnote für Veterinärmedizin nicht reichte, auch Zoologie studiert, dazu Sozialpädagogik belegt und eine Tischlerlehre gemacht haben.

Am Ende sitzt der Protagonist, der es nicht geschafft hat, in die vielen Notizbücher, die er sich für seine literarischen Arbeiten zulegte, auch nur eine Zeile zu schreiben, wie ein Gefangener in der großelterlichen Villa in Ostwestfalen und sinniert: "Meine Heimat ist die Welt." In der Schlusspointe beseitigt Treichel die letzten Zweifel daran, dass er, bei biographischen Gemeinsamkeiten, mit seinem Helden identisch sein könnte. Denn dieser blättert in seinen Notizbüchern, in denen nicht mehr steht als der Titel jener Geschichte, die der Leser gerade zu Ende liest. Nur gut, dass die 119 luftig bedruckten Seiten, die der Autor seiner Figur voraushat, nicht den Schriftsteller Hans-Ulrich Treichel ausmachen.

Hans-Ulrich Treichel: "Der Papst, den ich gekannt habe". Erzählung. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 119 S., br., 14,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Andreas Rossmann hat die wilde Jagd des Erzählers durch alle möglichen Weltgegenden und das Treffen mit allen möglichen Personen - u.a. mit Johannes Paul II. - wenig gebracht. Alles Beschriebene sei doch eigentlich Stoff für mehr gewesen, meint er. Aber statt sich auf einzelne Personen und Begebenheiten einlassen zu dürfen, werde der Leser immer gleich weiter gejagt, findet Rossmann. Die Erzählerei des Protagonisten, eines offenbar eher gescheiterten als gescheiten Mannes, hangele sich von einer Assoziation zur anderen, und komme zudem weniger komisch als eitel daher. Da ist Rossmann am Ende froh, dass Hans-Ulrich Treichel mit dieser Icherzählung als Schriftsteller nicht identifiziert werden kann. Die Rezension, so scheint uns, schrabbt zielsicher (auf Grund stur durchgehaltener Humorlosigkeit?) am Kern der Sache vorbei.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Als Tausendsassa und Alleskönner, als Frauenheld, Klavierspieler und Sprachgenie stellt sich der Held und Ich-Erzähler in Hans-Ulrich Treichels Erzählung vor. ... Es überrascht nicht, dass die Fassade aus Eitelkeit und Selbstgerechtigkeit irgendwann bröckelt. Zum Vorschein kommt eine erschreckende Realität. Und so befinden wir uns schließlich doch auf vertrautem Treichel-Terrain.« DER SPIEGEL