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Eine junge Türkin, Aische Aydin, wird ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden - mit zerschlagenem Gesicht. Ihr Ehemann Ali wird unter dringendem Tatverdacht in Untersuchungshaft genommen, wenige Stunden später erhängt er sich in der Zelle. Für die Staatsanwaltschaft ist damit der Fall klar, die Ermittlungen werden eingestellt. Doch Kommissar Hunkeler mag an eine so einfache Lösung des Falles nicht glauben und recherchiert auf eigene Faust weiter. Wo liegt das Motiv für diesen grausamen Tod im Basler St. Johann-Quartier? War es ein Mord der türkischen Mafia oder ist das Motiv tatsächlich Eifersucht und Ehre?…mehr

Produktbeschreibung
Eine junge Türkin, Aische Aydin, wird ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden - mit zerschlagenem Gesicht. Ihr Ehemann Ali wird unter dringendem Tatverdacht in Untersuchungshaft genommen, wenige Stunden später erhängt er sich in der Zelle. Für die Staatsanwaltschaft ist damit der Fall klar, die Ermittlungen werden eingestellt.
Doch Kommissar Hunkeler mag an eine so einfache Lösung des Falles nicht glauben und recherchiert auf eigene Faust weiter. Wo liegt das Motiv für diesen grausamen Tod im Basler St. Johann-Quartier? War es ein Mord der türkischen Mafia oder ist das Motiv tatsächlich Eifersucht und Ehre?
Autorenporträt
Hansjörg Schneider wurde 1938 in Aarau geboren. Er gehört zu den meistgespielten deutschsprachigen Dramatikern und schrieb zahlreiche Romane und Erzählungen. Für sein Schaffen wurde Hansjörg Schneider mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. erhielt er 1998 für 'Das Wasserzeichen' den Phantastikpreis der Stadt Wetzlar und 2005 den Friedrich-Glauser-Preis. Hansjörg Schneider lebt in Basel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2000

Abwarten und Bier trinken
Hansjörg Schneider überschätzt die Basler Mordkapazität

Chemie und Schwarzgeld mögen am Rheinknie zum Himmel stinken, aber eine Metropole des Verbrechens ist Basel nur in den Kriminalromanen von Hansjörg Schneider. Schon im ersten, "Silberkiesel" (1993), tummelten sich hier Drogenhändler, Killer und "Saubermänner in verschissenen Unterhosen", denen die polizeilichen "Ordnungsspießer" im Lohnhof nur Unfähigkeit, Korruption und Rassismus entgegenzusetzen hatten. Auch in "Das Paar im Kahn" ist "die ganze Basler Polizei zu schwach, zu brav, um an die internationale Kriminalität heranzukommen". Nur ein Herkules kann diesen Augiasstall ausmisten: Kommissär Hunkeler, ein Mann, der anarchisches Berserkertum mit melancholischer Lethargie, einen heiligen Zorn auf die Reichen und Mächtigen mit Sympathie für alle Randgruppen - Obdachlose, Zigeuner, Frauen und Ausländer - verbindet. Man hat Hunkeler darum als "Basler Maigret" bezeichnet und mit Wachtmeister Studer vergleichen wollen. Aber damit tut man dem alten Brumm- und Brausekopf zu viel Ehre an. "Man kann in die Haut des Kommissärs schlüpfen", schrieb Schneider einmal über sein cholerisches Alter ego, "man kann ihm die eigenen Augen leihen, die eigene Sprache, ja sogar einen Teil der eigenen Biographie. So gewinnt man die Distanz, damit man über sich selbst schreiben kann. Einfache, genaue Sätze, ab und zu entsteht sogar Poesie."

Aber wie sehr Schneider Gemütlichkeit und Dialekt seiner Heimatstadt gegen den Strich bürstet: Ein Simenon oder Glauser ist er darum noch lange nicht. Er stattet seine Romane mit Lokalkolorit aus, läßt Detektivwachtmeister und Korporale "Entreißdiebstähle" aufklären und "die Täterschaft" verhaften. Man bekommt auch keine "hässige Laune", wenn Verdächtige als "Fötzel", "Unterhund" oder "Sie unliebes Ungeheuer" beschimpft werden. Aber der Verdacht, daß der derbe Jargon nur sprachliche Nachlässigkeit kaschieren und politisch korrekte Binsenweisheiten transportieren soll, läßt sich kaum von der Hand weisen. Wer Sätze wie "Sie schreien nach Sühne der eigenen Mordkapazität" schreibt, hat jedenfalls das Recht verloren, sich über den rechthaberischen Moralismus unseres "Derrick" zu mokieren. Mag ja sein, daß Hunkelers Harrys lauter mobbende Intriganten, Ausländerfeinde und Trottel sind: Aber was hat ein Altachtundsechziger und antiautoritärer Polizistenhasser überhaupt im Lohnhof verloren?

Und das ist nicht das einzige Rätsel. "Frauen, dachte Hunkeler, sind seltsame Wesen. Aber warum bringt jemand eine Frau um?" Gewiß, Männer sind Schweine und Unterhunde. "Ich hatte mit meinem Machoverhalten ihre Intimsphäre verletzt", gesteht ein peinlich befragter Grabscher, "ich habe sie versehrt mit meiner männlichen Attacke." Aber erst die Oberhunde lassen Hunkeler staunen, "daß nicht mehr Unglücksfälle passieren in Sachen Erotik". Der Kommissär selber ist dagegen natürlich gefeit. Er spricht feministisch korrekt von "Totschlägern und Totschlägerinnen" und ahnt sofort, daß man den Fall der toten Türkin nicht als Selbstmord abheften darf. Hunkeler verfügt nämlich über einen untrüglichen Instinkt, hellsichtigen Weltekel und das Glück des Tüchtigen. Warum also sollte er Fingerabdrücke, Schmauchspuren und Akten studieren? Er beschäftigt sich lieber mit "Abwarten und Biertrinken" in sämtlichen Beizen des Dreiländerecks, kuriert seinen Katzenjammer im elsässischen Thermalbad oder im Schwarzwald aus und bringt so, nur von Kommissär Zufall assistiert, die Täterschaft zur Strecke. Der Profikiller, der am Tatort dankenswerterweise ein Messer mit seinen Initialen hinterließ, läuft ihm am Flugplatz über den Weg, gesteht und zerbeißt eine Zyankalikapsel. Und auch die anderen Spitzbuben finden sich durch wunderbare Fügung der poetischen Gerechtigkeit immer just dort ein, wo Hunkeler gerade seinen Rausch ausschläft oder seine Wunden leckt. Wozu umständlich ermitteln und kombinieren, wenn der Mörder, wie der militante Nichtraucher Hunkeler schon immer wußte, nur ein todkranker Raucher sein kann?

Offen bleibt dabei allerdings, warum sich die mächtige internationale Drogenmafia um jeden kleinen Drögeler kümmern muß. Aber Verbrechen sind für Schneiders Chefaufklärer ja auch nur Vorwände, um seinen antibürgerlichen Schwer- und Unmut handlungsschwach und gesinnungsstark auszudrücken. Auch Glauser war Morphinist, Säufer und Anwalt aller Außenseiter, aber auch ein unbestechlicher Beobachter. "Draußen würde ich in kleinen Beizen hocken und in Bahnhofsbuffets (die sind sehr ergiebig)", beschrieb er einmal in einem Brief seine Methode, "ich würde in politische Versammlungen gehen und schauen, schauen, schauen. Und nie das ,Erstaunen' vergessen. Wir sind nicht da, um zu richten. Wir sind da, um zu erzählen . . . Das Allerschwerste dünkt mich immer, einen ganz fremden Standpunkt gelten zu lassen." Für Schneiders rabiaten Gerechtigkeitsfanatiker dagegen sind Menschen und Motive nur Spielmaterial seines Standpunkts: Jeder Tatort eine Kulisse, jeder Ehrenmann eine "Attrappe". "Wenn sie alles wissen, warum fragen Sie dann?" wird Hunkeler einmal angeblafft. Und in der Tat: Wenn er nur in seinem Ferienhaus dem Wiederkäuen der Kühe und dem "Aufklatschen der Fladen" zu lauschen braucht, um alle Schuldigen zu überführen, wird das Erzählen zum Vor- und Wiederkäuen von Meinungsfladen. Der Leser wird so weder zur Neugier noch zum Mitdenken ermuntert: Was nicht von Anfang an klar ist, wird beiläufig-lustlos aufgeklärt oder entbehrt von vornherein jeder Logik und Psychologie. Anders als sein Vorbild Glauser will Schneider die Menschen ohne kriminalistische oder stilistische Umstände belehren und bessern - und bringt mit seinem moralischen Furor nur Basler Derrickiaden hervor.

MARTIN HALTER

Hansjörg Schneider: "Das Paar im Kahn". Roman. Ammann Verlag, Zürich 1999. 240 Seiten, geb., 38,- DM.

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Einer der viel sagt mit wenigen Worten
Ein Kommissar, der kurz vor der Pension, hartnäckig an der Aufklärung eines Mordes an einer türkischen Frau festhält, obwohl er gar nichts mit dem Fall zu tun hat.
Hundert Mal schon da gewesen, denken Sie?
Sie, die Sie gerne literarische Krimis bevorzugen. Hansjörg Schneider ist Schweizer, sagt in einer ruhigen, gewählten Sprache mit wenigen Worten viel. (Zitat S. 7:) Frauen, dachte Hunkeler, sind seltsame Wesen. Aber warum bringt jemand eine Frau um?
Rechtsradikalismus oder Drogenmafia?
Das Buch ist luftig gesetzt, es wird nicht geschwafelt, liest sich angenehm spannend und leicht.
Dieser dritte Fall des Kommissars Hunkeler ist ausschließlich aus dessen Sicht erzählt, mit einigen falschen Fährten.
Warum wurde der Frau das Gesicht zerschmettert? Ein Auftragskiller macht das nicht.
Geht es um Rechtsradikalismus im gemütlichen Städtchen Basel oder die türkische Drogenmafia in der cleanex-reinen Schweiz? Das Paar im Kahn, ein schönes Medaillon, das die Tote um den Hals hatte, was hat es für eine Bedeutung?
Für Fans von Dürrenmatt, Glauser und Mankell
Kommissar Hunkeler löst den Fall so: (Zitat S. 220) Er frühstückte ausgiebig. Eier und Speck, eine geräucherte Forelle, zwei Joghurts, zwei Kannen Tee...
Wenn Sie Dürrenmatt, Glauser oder Mankell mögen, dann wird auch Hansjörg Schneider bald zur Riege Ihrer Lieblingsautoren zählen.
(K. Ara, www.krimi-forum.de)

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nach Ansicht Martin Halters hat der Autor mit diesem Buch gründlich Schiffbruch erlitten, vor allem, weil Schneider - wie der Rezensent findet - die Krimihandlung lediglich als Kulisse für weltanschauliche Standpunkte benutzt. Dies ermuntere den Leser weder zur "Neugier noch zum Mitdenken". Halter zeigt sich spürbar genervt von den politisch korrekten Binsenweisheiten des Alt-Achtundsechziger-Kommissars, der es überhaupt nicht für nötig befindet, sich die Finger mit "Fingerabdrücken, Schmauchspuren und Akten" schmutzig zu machen und immer das Glück des Zufalls bei den Ermittlungen auf seiner Seite hat. Auch der "derbe Jargon" des Kommissars nervt den Rezensenten, zumal damit - wie er findet - über sprachliche Unzulänglichkeiten hinweggetäuscht werden soll. Nicht zuletzt vermisst Halter zwei der wichtigsten Ingredienzien eines guten Krimis: "Logik und Psychologie".

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