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The Battered Child ist seit der ersten Auflage 1968 das einflußreichste interdisziplinär angelegte Standardwerk zur Kindesmißhandlung in den USA. Seine Herausgeber machten Kindesmißhandlung und Kinderschutzpolitik über Nacht zu einem nationalen und internationalen Thema und prägten über Jahrzehnte maßgeblich die weitere Entwicklung. Seitdem ist die Forschung zur Kindesmißhandlung zu einem wichtigen Bereich der medizinischen, psychologischen und soziologischen Forschung geworden. Aus einem ehemals schmalen Band wurde nun in der fünften, stark erweiterten Auflage ein Kompendium von nahezu…mehr

Produktbeschreibung
The Battered Child ist seit der ersten Auflage 1968 das einflußreichste interdisziplinär angelegte Standardwerk zur Kindesmißhandlung in den USA. Seine Herausgeber machten Kindesmißhandlung und Kinderschutzpolitik über Nacht zu einem nationalen und internationalen Thema und prägten über Jahrzehnte maßgeblich die weitere Entwicklung. Seitdem ist die Forschung zur Kindesmißhandlung zu einem wichtigen Bereich der medizinischen, psychologischen und soziologischen Forschung geworden. Aus einem ehemals schmalen Band wurde nun in der fünften, stark erweiterten Auflage ein Kompendium von nahezu tausend Seiten, für das wieder ein hochrangiges Autorenteam gewonnen werden konnte. Behandelt werden nunmehr neben der Mißhandlung im engeren Sinne auch Vernachlässigung, sexueller Mißbrauch und seltenere Mißhandlungsformen wie etwa das »Münchhausen-by-proxy-Syndrome«. Medizinische und psychodynamische, therapeutische und präventive, sozioökonomische, sozial- und rechtspolitische Aspekte werden beleuchtet und machen das Werk unentbehrlich für Theorie und Praxis des Kinderschutzes.
Nach der ersten deutschen Übersetzung, welche die Anfänge der hiesigen Diskussion entscheidend mitbestimmt hat, wird die jetzt vorliegende Übersetzung der fünften Auflage seit langem erwartet und zweifellos zu einem neuen Standardwerk und Handbuch für Ärzte und Psychologen, Juristen und Pädagogen, Soziologen und Sozialarbeiter.
Autorenporträt
Mary Edna Helfer ist Leiterin des Office of Continuing Education -Outreach am Colorado Health Sciences Center der Universität von Colorado.
Ruth S. Kempe ist Professor emer. für Psychiatrie an der Colorado School of Medicine der Universität von Colorado. Richard D. Krugman ist Professor für Pädiatrie an der School of Medicine am Colorado Health Sciences Center der Universität von Colorado.
Jörg M. Fegert ist Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie in Ulm. Ludwig Salgo ist Professor an der Fachhochschule Frankfurt am Main und außerplanmäßiger Professor am Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Gisela Zenz ist Psychoanalytikerin und Professorin an den Fachbereichen Erziehungswissenschaften und Rechtswissenschaft der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.04.2003

Züchtigungsunrecht
„Das misshandelte Kind”
in Neuauflage
Frühjahr 1978: Sir Keith Joseph, der konservative Chefideologe Margaret Thatchers, hält einen Vortrag an der als links bekannten London School of Economics. Den Vorsitz hat Lord Ralf Dahrendorf. Als die Studenten beginnen, ihren Unmut zu äußern, erzählt der Redner die Anekdote, wie der amerikanische Milliardär John D. Rockefeller die Disziplin, die ihn schließlich zu einem erfolgreichen Geschäftsmann machte, im Kindesalter „eingebläut” bekommen habe. In Deutschland wäre vermutlich ein Tumult ausgebrochen, das englische Publikum belässt es bei Zwischenrufen.
Der Erziehungsstil hat sich inzwischen nicht nur in Amerika erheblich gewandelt. Zwar werden immer noch tausende von Kindern geprügelt, doch gibt es mittlerweile in vielen Ländern Gesetze, die dies verbieten. Selbst dort, wo das einst den Eltern zugesprochene Züchtigungsrecht nicht ausdrücklich verboten ist, sind solche Erziehungsmaßnahmen, die neben körperlichen Verletzungen auch traumatische Schäden hinterlassen können, verpönt. Laut Kriminalstatistik wurden 1998 über 2100 Fälle von Kindesmisshandlungen den deutschen Behörden bekannt. Die Dunkelziffer dürfte beträchtlich sein.
Es gibt inzwischen auch in der Bundesrepublik viele Institutionen, die gegen Misshandlung und sexuellen Missbrauch von Kindern kämpfen. Zudem existiert eine Fülle von Literatur zum Thema, die selbst Fachleute kaum noch überschauen können, zumal an Prävention und Therapie mehrere Berufsgruppen (Sozialarbeiter, Erzieher, Kriminologen, Kinderärzte ) beteiligt sind. Insofern ist es zu begrüßen, dass Experten und Laien sich jetzt auf ein Handbuch stützen können, das in einer Neubearbeitung und in deutscher Übersetzung vorliegt. Die amerikanische Originalausgabe (1. Auflage 1968) trägt den Titel „The Battered Child”.
Das Buch entstand als Reaktion auf den bahnbrechenden Artikel „The Battered Child Syndrome”, der 1962 in einer der führenden medizinischen Fachzeitschriften Amerikas erschien und nicht nur Ärzte, sondern auch Pädagogen, Sozialarbeiter und Juristen auf dieses oft verdrängte Problem aufmerksam machte. Inzwischen liegt das Standardwerk in fünfter Auflage vor. Für deutsche Leser wurde ein Anhang beigefügt, der über die Kinderschutzgesetzgebung in Deutschland informiert. Nicht nur sind die Beiträge von den Autoren aktualisiert und überarbeitet worden. Es sind neue Kapitel hinzugekommen, so über das Münchhausen-by-proxy-Syndrom, das auch hierzulande vermehrt Beachtung findet: Dabei wird das Kind stellvertretend („by proxy”), meist von der Mutter, bewusst geschädigt, um eine krankhafte Neigung zur exzessiven Betreuung auszuleben.
Besondere Erwähnung verdienen die sehr instruktiven Beiträge über Möglichkeiten, Kindesmisshandlungen mit Hilfe modernster Untersuchungs- und Interviewtechniken aufzudecken. Auf den geschichtlichen Rückblick, der die neuere Forschung zur Geschichte der Familie und Kindheit völlig ignoriert und lediglich auf die Tränendrüse des Lesers abzielt, hätte man allerdings verzichten können.
ROBERT JÜTTE
MARY E. HELFER, RUTH S. KEMPE, RICHARD D. KRUGMAN (Hrsg.): Das misshandelte Kind. Deutsch von Ulrike Stopfel u.a. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2002. 1025 Seiten, 39,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.03.2003

Kann Täterhilfe Opferhilfe sein?
Zwei Werke über rechtliche Zielkonflikte bei Kindesmißbrauch

Die Humanität einer Rechtsordnung zeigt sich darin, wie intensiv sie sich um den Schutz für ihre schwächsten Mitglieder bemüht. Ein eigenes Rechtsgebiet "Kinderrecht" gibt es allerdings nicht. Die Schutzbestimmungen sind über die ganze Rechtsordnung verstreut, weil sie historisch an einzelnen Stellen gewachsen und entstanden sind. Auch derzeit sind Aufmerksamkeitsverschiebungen im Gang, die die Öffentlichkeit weiter für die Opferrollen des Kindes sensibilisieren. Zwei einander ergänzende Bücher widmen sich den Problemen von Kindesmißhandlung und sexuellem Kindesmißbrauch. Der dickleibige Sammelband von Helfer, Kempe und Krugman versucht eine Bestandsaufnahme aller Aspekte, während die Frankfurter juristische Dissertation von Matthias Jäger-Helleport für bestimmte Mißbrauchskonstellationen den provokanten Vorschlag einer vorzeitigen Verfahrenseinstellung unterbreitet.

Unsere Vorstellung von Kindesmißhandlung fußt auf einem normativ vorhandenen Begriff des Kindeswohls, der stark kulturabhängig ist. Es ist das Verdienst von Helfer, Kempe und Krugman, diese Wertungsabhängigkeit offenzulegen, ohne dem Leser Beliebigkeit zu suggerieren. Im Eröffnungsbeitrag von Robert Ten Bensel, Marguerite Rheinberger und Samuel Radbill wird deutlich, daß historische Gesellschaften die Rolle des Kindes selbstverständlich anders sahen: Nicht alles war früher schlechter, meist jedoch waren Züchtigungs- und andere Verfügungsbefugnisse deutlich umfassender. Aber auch heute müssen kulturabhängige Wertungswidersprüche ausgehandelt werden, etwa bei interkulturellen oder religiös fundierten Konflikten um das Kindeswohl.

Moralisch schwer aufzulösen sind etwa die Fälle, die Kenneth Wayne Feldman unterbreitet: Wie etwa sollen volkstümliche chinesische Heilpraktiken bewertet werden, bei denen Kindern Verbrennungen durch einen Naturheiler zugefügt werden? Andrea Rosenberg listet kirchliche Gemeinschaften auf, die medizinische Versorgungsleistungen grundsätzlich ablehnen und bei denen sich das medizinethische Problem stellt, ab wann man intervenieren soll. Auch zur Ruhigstellung von Kindern begegnet man sowohl in historischen wie zeitgenössischen Gesellschaften Praktiken, die verstören: Handelt es sich etwa bei der genitalen Manipulation um Kindesmißhandlung oder gar -mißbrauch? Hinter all diesen Fragen lauert das Dilemma der modernen Normalisierungsgesellschaft, die mit all ihren vermeintlichen Segnungen zugleich immer rigidere Normen des Normalen setzt.

Doch die alltäglichen Mißbrauchsfälle, die Mediziner, Juristen und Beamte beschäftigen, scheinen in ihrer schillernden Brutalität zunächst kein Material, das zu moralphilosophischen Abwägungen aufforderte. Vielmehr muß es darum gehen, pragmatisch die gegenwärtige Not zu lindern, künftig Schutz zu gewähren und Täter zu bestrafen. Allerdings kehrt die Frage nach der Verwicklung von Gut und Böse wieder durch die Hintertür herein, wenn das Kind gerade durch sein familiäres Umfeld leidet. Hier muß ein Urteil darüber gefällt werden, in welchen Fällen der Staat ein besseres Umfeld schaffen kann als die mißhandelnde Familie.

Faszinierend ist die medizinische Fortschrittsgeschichte, die aus mehreren Aufsätzen durchscheint. Neue Techniken ermöglichen sehr präzise Bestandsaufnahmen. Das ist besonders wichtig bei Patienten, die sprachlich keine präzise Auskunft geben können, weil sie entweder zu klein sind oder jemand sie bereits zu Tode gequält hat. Neue Krankheitsbilder kommen hinzu; beim Münchhausen-by-proxy-Syndrom täuscht die Mutter beim Kind Krankheitssymptome vor, obwohl es eigentlich gesund ist. Das Kind muß schmerzhafte Untersuchungen und unangemessene Behandlungen durchleiden, weil die Mutter stellvertretend die Patientenrolle übernehmen will oder generell Aufmerksamkeit wünscht. Wer den Alltag einer Kinderarztpraxis kennt, kann die Schwierigkeiten ermessen, dieses Muster zu durchschauen.

In ihrer empirischen Bedeutung noch völlig unterschätzt wird die Kindesvernachlässigung, auf die Hendrika B. Cantwell hinweist. Durch mangelhafte Versorgung und Beaufsichtigung sterben in den Vereinigten Staaten mehr Kinder als durch körperliche Mißhandlung. Nicht alle Varianten sind so spektakulär wie etwa das Verhungern- oder Verdurstenlassen. Auch nichtletale Formen von Vernachlässigung können zu lang andauernden Schädigungen führen. Den Leser beschleicht der Verdacht, daß die folgenreiche grobmotorische Vernachlässigung von Kindern womöglich das kommende Problem der mediensüchtigen "Informationsgesellschaft" ist. Statt deren Rennen, Springen und lärmendes Spielen zu ertragen, werden Kinder von einer Allianz von verkaufstüchtigen Konzernen und planlosen Pädagogen mit Computern versorgt.

Neben vielen faszinierenden Details, die die ausgewiesenen Experten multidisziplinär ansprechen, verliert sich allerdings die Linie des Ganzen bedenklich. Einunddreißig Beiträge kommen auf den Leser zu, der allerdings weniger wegen deren wechselnder Qualität besorgt ist. Eher bemängelt man mit zunehmender Lektüre die fehlende Abstimmung. Trotz seines Umfangs und Facettenreichtums bleibt der Band daher hinter seinem Anspruch zurück, ein Handbuch zu sein. Erst recht unbefriedigend für deutsche und europäische Leser ist die Fixierung der Autoren auf Amerika. Daran ändert auch die dichte Darstellung der deutschen Rechtslage durch Stefan Heilmann und Ludwig Salgo wenig. Gerade anschauliche Praktikerberichte über das Vorgehen der verschiedenen Behörden beim Verdacht von Kindesmißbrauch könnten die Strukturprobleme zeigen. Dabei geht es nicht nur um die notorische Unterfinanzierung gerade jener Instanzen, von denen die Gesellschaft moralisch besonders viel erwartet. Vielmehr stimmen die von Catherine Marneffe geschilderten Zielkonflikte zwischen den Maximen Strafen und Helfen nachdenklich. Staatliche Interventionen in den sozialen Nahbereich sind oft nicht so filigran, wie man es sich wünschen würde, und zwar gerade im Interesse der Opfer.

Ob man unbedingt das Strafrecht mobilisieren sollte, um gegen Kindesmißhandlungen und Kindesmißbrauch vorzugehen, ist weniger eindeutig, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Zwar können Gerichtsverfahren vieles klären, sie rekonstruieren verbindlich Tathergänge, legen im Urteil Schuld und Verantwortung fest und bekräftigen staatliche Verbote. Zugleich bergen sie auch die Gefahr weiterer Beschädigungen des Opfers, die die Kriminologen als "sekundäre Viktimisierung" bezeichnen.

Der Jurist Matthias Jäger-Helleport sucht nach Auswegen aus diesem Dilemma. Das Problem des Strafrechts liegt darin, daß der Schärfe seiner Konsequenzen die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens entsprechen muß. Die Rechte des potentiellen Täters sind in allen Verfahrensstufen umfassend normiert. Als Verdächtigter, Beschuldigter und Angeklagter muß er informiert werden, darf schweigen, aber sich auch wehren können. Dies bringt leicht eine Schieflage zu Lasten des Opfers mit sich, die bei Kindern schnell dramatisch werden kann. Anders gesagt: Die Strafverfolgung im Interesse des Kindeswohls kann genau dieses beschädigen. Nicht von ungefähr schreckt selbst die große Mehrheit der staatlichen Beratungsstellen vor Anzeigen zurück.

Zwar ist es in den letzten Jahren nachgerade modisch geworden, das Opfer und seine Interessen wieder in den Fokus der Rechtspolitik zu stellen. Jäger-Helleports Arbeit unterscheidet sich durch Präzision und Empirie wohltuend von der allgemeinen Diskussion. Instruktiv listet er die "Stressoren" auf, die Kinder im Verfahren belasten, und kontrastiert sie mit den bestehenden Schutzvorschriften, die das Strafprozeßrecht gewährt. Dabei wird deutlich, daß es zwar Vorkehrungen gibt, sie jedoch mit Mängeln behaftet sind. Wichtig ist etwa der Hinweis, daß der Ausschluß der Öffentlichkeit einerseits zu selten erfolgt, andererseits auch in diesem Fall die Kinder durch die verbleibenden zahlreichen Prozeßbeteiligten belastet werden.

Doch Jäger-Helleport zieht aus seiner Bestandsaufnahme nicht nur den naheliegenden Schluß, daß praxisorientierte Verbesserungen im Detail not tun. Er geht das Problem grundsätzlich an und fragt, ob man Kindern nicht wesentliche Belastungen ersparen kann, wenn man den Konflikt einer gerichtlichen Hauptverhandlung entzieht. Statt dessen schlägt er eine Verfahrenseinstellung ("Diversion") vor, die mit bestimmten Auflagen für den Beschuldigten verbunden ist, insbesondere einer Psychotherapie. Der Staat soll also mit dem Täter paktieren, um das Opfer zu schonen.

Natürlich schränkt Jäger-Helleport den Vorschlag auf bestimmte Konstellationen ein: Es darf sich nicht um einen Fall von Schwerkriminalität handeln, der Beschuldigte muß umfassend kooperieren, und er darf keine schwere Persönlichkeitsstörung aufweisen. Womöglich sind die Therapiechancen für den Täter tatsächlich größer und die Belastungen für das Kind geringer, da seine Aussage nur in einem frühen Verfahrensstadium erfolgt. Dennoch muß man sich darüber im klaren sein, daß jeder Abschied aus der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens Risiken birgt. Jenes bietet institutionelle Sicherheiten und Transparenz, die man bei den zunehmenden "Einstellungen" und "Verständigungen" vermißt, welche sich in den Vorzimmern der Justiz abspielen. Der juristische Formalisierungsgrad und die institutionelle Kontrolle müßten jedenfalls sehr hoch sein. Und ob darüber hinaus nicht den sozialreformerischen Hoffnungen auf eine Abkehr vom Strafrecht zugunsten des Helfens und Schlichtens eine prinzipielle Selbstüberschätzung der Gesellschaft zugrunde liegt, bleibt vollends offen.

MILOS VEC

Mary Edna Helfer, Ruth S. Kempe, Richard D. Krugman (Hrsg.): "Das mißhandelte Kind". Körperliche und psychische Gewalt. Sexueller Mißbrauch. Gedeihstörungen. Münchhausen-by-proxy-Syndrom. Vernachlässigung. Aus dem Amerikanischen von Ulrike Stopfel, Petra Bohne und Reinhard Herborth unter Mitarbeit von Regine Strotbek. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 1025 S., Abb., br., 39,90 [Euro].

Matthias Jäger-Helleport: "Konstruktive Tatverarbeitung des sexuellen Mißbrauchs von Kindern im Strafrecht". Strafrechtliche Abhandlungen, Band 148. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2002. 397 S., br., 80,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Milos Vec bespricht diesen "dickleibigen Sammelband" sehr ausführlich. Zunächst hebt er als Verdienst der Herausgeber hervor, dass sie offen legen, dass die gesellschaftlichen Vorstellungen von Kindesmisshandlung auf einem "normativ vorhandenen Begriff des Kindeswohls" beruhten, der "stark kulturabhängig sei". Der Einführungsbeitrag mache zunächst die historische Kontingenz unserer Vorstellungen vom Kindeswohl deutlich, andere Beiträge zeigten, dass es auch heute noch "kulturabhängige Wertungswidersprüche" gebe, die es schwer machen, in Einzelfällen moralisch und juristisch zu urteilen. Vec lobt, dass das Dilemma unserer "Normalisierungsgesellschaft" deutlich werde und hebt als verdienstvoll hervor, dass der Band auch auf "empirisch noch völlig unterschätzte" Aspekte des Themas aufmerksam mache, wie etwa die "Kindesvernachlässigung". Die Qualität der Beiträge sei aber unterschiedlich und vor allem vermisse man angesichts der vielen Details eine "Linie des Ganzen".

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