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Rachel Cusk hat ein zutiefst persönliches und hochpolitisches Buch geschrieben - einen skandalträchtigen Bericht über die gewaltigen Folgen und Nebenwirkungen ihrer eigenen Trennung.
Sie erzählt von der heiklen Entscheidung, direkt nach der Geburt der Töchter als Schriftstellerin weiterzuarbeiten, während ihr Mann, zuvor erfolgreicher Anwalt, Töchter und Haushalt übernimmt. Eine unkonventionelle Konstellation, schwierige Umstände, dann die Krise, bald darauf die Trennung. Schonungslos geht sie dabei mit sich ins Gericht, spricht über die eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten.
Was genau
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Produktbeschreibung
Rachel Cusk hat ein zutiefst persönliches und hochpolitisches Buch geschrieben - einen skandalträchtigen Bericht über die gewaltigen Folgen und Nebenwirkungen ihrer eigenen Trennung.

Sie erzählt von der heiklen Entscheidung, direkt nach der Geburt der Töchter als Schriftstellerin weiterzuarbeiten, während ihr Mann, zuvor erfolgreicher Anwalt, Töchter und Haushalt übernimmt. Eine unkonventionelle Konstellation, schwierige Umstände, dann die Krise, bald darauf die Trennung. Schonungslos geht sie dabei mit sich ins Gericht, spricht über die eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten.

Was genau passiert da, wenn so eine Ehe kollabiert? Wenn man nicht mehr die Hälfte eines Paares ist, sondern nur noch man selbst, eine Frau, einzeln und heillos gebrochen? Man fällt aus allen traditionellen und ideologischen Rollen und Bezügen und legt vollends die gewohnten Kostümierungen ab. Darin liegen Schmerz und Anlass zu bohrenden Zweifeln. Aber auch die Möglichkeiten zu einer - befreienden? - Selbstbefragung.
Autorenporträt
Rachel Cusk, 1967 in Kanada geboren, hat die international gefeierte Outline-Trilogie, die Memoirs Lebenswerk und Danach sowie zahlreiche weitere Romane und Sachbücher geschrieben. Der andere Ort, ihr zuletzt erschienener Roman, stand auf der Longlist des Booker Prize. Sie ist Guggenheim-Stipendiatin und lebt in Paris. Eva Bonné übersetzt Literatur aus dem Englischen, u. a. von Michael Cunningham, Anne Enright, Richard Flanagan und Sara Gran.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Angela Schader hat mit diesem Roman und ihrem Urteil offenbar ziemlich gerungen. Sie breitet zunächst aus, welchen Angriffen die Autorin schon früher wegen eines Buches über die Qualen der Mutterschaft ausgesetzt war. Jetzt scheint die Kritikerin mit weiteren Attacken wegen dieses Buches über eine misslungene Ehe und die Scheidungsfolgen zu rechnen. So halbwegs schlägt sie sich auf die Seite der Angreifer, dann aber lobt sie den "irisierenden Glanz" der Sprache und die sehr genauen Schilderungen der "Selbstenteignung" einer Frau, die sich hier finden lassen. Und ganz offensichtlich sind ihr die Beziehungen nahe gegangen, in denen Mütter und Töchter in einer Welt stecken, die weder Männer- noch Frauenrollen nicht-ambivalent besetzen kann.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.05.2020

Was heißt hier
meine Kinder?
Ihr Memoir über das Scheitern ihres Frauen- und
Familienbildes ist Rachel Cusks umstrittenstes Buch
VON MEIKE FESSMANN
Die Katastrophe schlummert in den Ritzen des Alltags, irgendwann kommt sie hervor und macht alles kaputt. Wie in der antiken Tragödie sind die Hauptfiguren dieses Memoirs ausgerechnet in ihren wichtigsten Angelegenheiten blind. Sie brüten über den falschen Dingen, kultivieren ihre Differenzen, sagen unverzeihliche Sätze und rechnen voller Bitterkeit ab. Wie schnell ein zerstrittenes Paar das gemeinsame Leben in Einzelteile zerlegen kann, erzählt Rachel Cusk mit maßlosem Erstaunen und tiefem Entsetzen.
Dabei haben sie und ihr Mann Adrian Clarke eine außergewöhnliche Ehe geführt. Er hatte seinen Anwaltsberuf aufgegeben, um Zeit für die Kinder zu haben (und fürs Fotografieren, das mittlerweile sein Beruf ist), sie arbeitete weiter als Schriftstellerin und verdiente das Geld. Beim ersten Wiedersehen nach der Trennung stellt sie verblüfft fest, dass ihr Mann sie hasst. Wie ist es möglich, dass zwei Menschen, die sich einmal liebten, auf erbarmungslose Weise miteinander kämpfen?
Cusk glaubt nicht an das Gute im Menschen. Sie hält es für einen Bluff. Zumindest zieht sie in Erwägung, dass es klüger wäre, nicht von menschlicher Kooperationsbereitschaft auszugehen. „Manchmal habe ich mich gefragt, ob das moderne Familienleben mit seiner unerbittlichen Fröhlichkeit, seinem absolut unbegründeten Optimismus und seinem Vertrauen nicht auf Gott oder Wirtschaftlichkeit, sondern auf das Prinzip der Liebe, an dem Versäumnis scheitert, das menschliche Bedürfnis nach Krieg anzuerkennen und sich dagegen zu wappnen.“ Wie schon in ihrem autobiografischen Essay über Mutterschaft, „Lebenswerk. Über das Mutterwerden“, letztes Jahr auf Deutsch und 2001 im Original erschienen, berichtet sie auch in „Danach. Über Ehe und Trennung“ mit brillanter Unerbittlichkeit von den Schlachtfeldern moderner Nähe-Beziehungen. Sich selbst schont sie dabei vielleicht am allerwenigsten. Und so dringt sie grübelnd und doch mit einem Stil, der vor Klarheit leuchtet, in das Terrain vor, auf dem das Private und das Politische zusammentreffen. Die Soziologin Elisabeth Beck-Gernsheim und ihr Mann, der verstorbene Soziologe Ulrich Beck, analysierten bereits vor dreißig Jahren, was „Das ganz normale Chaos der Liebe“ bedeutet: dass die Individuen austragen müssen, was die Gesellschaft an Widersprüchen produziert.
„Danach“ ist ein autobiografischer Essay, der vor Widersprüchen beinahe platzt. Er erlegt uns auf, an keiner Stelle vorschnell vermeintlichen Geschlechterstereotypen aus dem Weg zu gehen, denn auch dieser Parcours ist gesellschaftlich gemacht. So pulsiert der Geist dieses Essays ausgehend von einem Satz, den sich die Schriftstellerin gerne verboten hätte, der aber zur Empörung ihres Mannes und zu ihrem eigenen Erstaunen aus ihr herausbricht: „Die Kinder gehören zu mir.“ Zum ersten Mal in ihrem Leben beharrt sie darauf, dass es so etwas gibt wie ein „biologisches Schicksal“. Wer es leugnet, so argumentiert sie mit der griechischen Tragödie, beschwöre den Tod herauf. „Und du nennst dich Feministin“, hält ihr Mann ihr vor. Auch dieser Satz gewinnt die Qualität eines Refrains und wird zum Anlass, darüber nachzudenken, ob sie das wirklich will, eine Feministin sein, und was es bedeuten würde, darauf zu verzichten.
Die 1967 in Kanada geborene Britin Cusk hat ihre frühe Kindheit in Kalifornien verbracht. Sie war ehrgeizig, hat in Oxford studiert, ihre Schwester in Cambridge, sie wollten erfolgreich sein und richteten ihre Anstrengungen nach den väterlichen Werten aus: „im neuen Land der Gleichberechtigung waren wir wie Einwanderinnen, die sich in zweiter Generation erfolgreich assimilieren.“
Was wäre, wenn die „neuen Götter“ die falschen Götter wären? Rachel Cusk spurt ihre Erzählung auf den Linien des Antagonismus von Natur und Zivilisation und bringt mit ins Bild, worauf sich Frauen jahrzehntelang eingelassen haben: ihr Geschlecht zu leugnen, um gesellschaftlich akzeptabel zu werden. Auch wenn uns die Dekonstruktion gelehrt hat, dass es ein eigenes Geschlecht nicht geben kann, bleibt die Schwangerschaft bis auf Weiteres weibliches Terrain.
Rachel Cusk, Expertin in Selbstzweifel, fragt sich in „Danach“, dem Buch nach der Katastrophe, ob sie, als sie rasch nacheinander zwei Töchter bekam, die falschen Konsequenzen aus ihrer Überlastung gezogen hat: „Ich besann mich auf meine alte, männlich geprägte Identität, und ich verpflichtete meinen Mann, sich um die Kinder zu kümmern.“ Als ihr Mann nach dem Scheitern der Ehe von ihr Unterhalt verlangt, ist sie hell empört. Allerdings kommt sie sich auf die Schliche. Ihre Empörung, dass sie, eine Schriftstellerin, ihm, einem Anwalt, Unterhalt zahlen soll, bedeutet etwas anderes: sie, die Frau, ihm, dem Mann. Warum nicht, könnte man fragen, wenn sie die Hauptverdienerin war. Ihre Anwältin räumt ihr keinerlei Chancen ein. Doch die Literatur ist keine Gerichtsverhandlung. Sie kann Gefühle inszenieren, die gesellschaftlich geächtet sind. „Danach“ versammelt Mosaiksteine des Kummers und der Sorge, der Panik und der Todesangst. Cusk lässt einen Reigen von Frauen auftauchen, mit Kindern, ohne Kinder, verheiratet, alleinerziehend, berufstätig mit und ohne schlechtes Gewissen, Hausfrauen, die sich als Glückskinder gebärden, um ihrer Abwertung entgegenzuwirken. Und immer sind da die Töchter, oft zwillingsähnlich zu einer Gestalt überblendet, ständig im Zentrum der mütterlichen Sorge – wie geht es ihnen, haben sie genügend Freundinnen, in welcher Verfassung kommen sie vom Vater zurück? Manchmal stehen sie wie Portalfiguren neben der Mutter vor dem Spiegel und sie sieht ihrem eigenen Schrumpfen zu. Sie bedient sich mythologischer Bilder, um den schmerzhaften Prozess der Verwandlung einer vermeintlich normalen Familie aus Vater, Mutter, Kindern in eine neue Familie zu beschreiben, die aus drei weiblichen Individuen besteht und die männliche Position unbesetzt lässt. Am Ende ihrer Ehe habe sie sich nicht wie eine Feministin gefühlt, schreibt sie, sondern wie ein „von Selbsthass erfüllter Transvestit.“ Und sie überlegt, warum sie sich einreden ließ, die körperliche Tortur von Schwangerschaft und Geburt habe nichts zu bedeuten, ebenso wenig wie die Metamorphose einer Frau zur Mutter, die sich den Rest ihres Lebens für ein Lebewesen so sehr verantwortlich fühlt, dass es einer „Persönlichkeitsstörung“ gleichkommt.
Rachel Cusk macht diese Beobachtung zum Basislager einer Rückeroberung weiblichen Terrains – und damit meint sie auch „Sinn für Glamour“ und „goldene Extravaganz“. In Großbritannien wurde sie für dieses Buch geächtet, von Frauen noch mehr als von Männern, erzählte sie in Interviews. Drei Jahre lang konnte sie nicht schreiben. Danach folgte die Trilogie über die Schriftstellerin Faye. Mit „Outline“, „Transit“ und „Kudos“ führten Suhrkamp und die Übersetzerin Eva Bonné die intellektuell glamouröse Autorin in Deutschland ein, deren Romane auf beunruhigende Weise unterhaltsam sind.
In den acht Jahren, die seit Erscheinen des Originals vergangen sind, hat sich das Memoir als reflektierte Form autobiografischen Erzählens etabliert. Auch die Aufmerksamkeit für Sorge und Fürsorge hat zugenommen. In der seltsamen Bewegung, die diese Tätigkeiten für spezifisch weiblich erklärt, um zu proklamieren, sie müssten endlich aufgewertet werden, wird leicht übersehen, was gerade in der Corona-Krise wieder zum Dilemma wird: Es sind Tätigkeiten, die mit körperlicher Anwesenheit verbunden sind, mit der Bereitschaft, für andere Menschen da zu sein. In der hyper-individualisierten „Gesellschaft der Singularitäten“ (Andreas Reckwitz) erscheint das als übermenschliche Anstrengung. Vielleicht aber setzt da gerade ein Wandel ein, als eine der positiven Nebenfolgen einer Katastrophe, auf die Ulrich Beck, Denker der Risikogesellschaft und der Globalisierung, in seinem posthum erschienenen Werk „Die Metamorphose der Welt“ seine ganzen Hoffnungen setzte.
Rachel Cusk: Danach. Über Ehe und Trennung. Aus dem Englischen von Eva Bonné. Suhrkamp Verlag, Berlin 2020. 187 Seiten, 22 Euro.
Die Autorin beharrt zum ersten
Mal in ihrem Leben auf
einem „biologischen Schicksal“
Seit dem Erscheinen des Buches
ist die Aufmerksamkeit für Sorge
und Fürsorge gestiegen
Rachel Cusk ist eine der führenden Vertreterinnen eines reflektiert autobiografischen Schreibens.
Foto: Pako Mera / mauritius
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»... es lohnt sich, Cusks Geschichte zu folgen. Einerseits, weil man an ihr die eigene Haltung schärfen kann. Andererseits, weil sie die Herausforderung, Kinder großzuziehen, so klar benennt. Denn echte Gleichberechtigung - das zeigt dieses Buch so tragisch wie manchmal urkomisch - scheitert noch immer daran, diese Aufgabe allgemein und in ihrem ganzen Ausmaß anzuerkennen.« Katharina Kluin stern 20200528