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Eine junge Frau wird auf ihrer Arbeitsstelle brutal überfallen und anschließend in einen Bunker verschleppt, wo sie tagelang gefangen gehalten wird. Was will der Entführer von ihr? Andrea Maria Schenkels drittem Roman liegt kein wahrer Fall zugrunde die menschlichen Abgründe, die sie aufzeigt, sind jedoch sehr real. Andrea Maria Schenkel erweist sich in ihrem dritten Roman ein weiteres Mal als Meisterin des unterschwellig Unheimlichen und der menschlichen Abgründe.

Produktbeschreibung
Eine junge Frau wird auf ihrer Arbeitsstelle brutal überfallen und anschließend in einen Bunker verschleppt, wo sie tagelang gefangen gehalten wird. Was will der Entführer von ihr? Andrea Maria Schenkels drittem Roman liegt kein wahrer Fall zugrunde die menschlichen Abgründe, die sie aufzeigt, sind jedoch sehr real. Andrea Maria Schenkel erweist sich in ihrem dritten Roman ein weiteres Mal als Meisterin des unterschwellig Unheimlichen und der menschlichen Abgründe.
Autorenporträt
Andrea Maria Schenkel ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Kindern. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg. Der Bestseller Tannöd war ihr erster Roman. Dafür erhielt sie den Friedrich-Glauser-Preis 2007.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.03.2009

Der Strick in der Mühle
Wenn man die Wahl hat zwischen Verdursten und Ertrinken: Andrea Maria Schenkels neuer Roman „Bunker”
„Bunker” heißt das neue Buch von Andrea Schenkel; und wie schon ihre vorherigen Titel „Tannöd” und „Kalteis” strahlt auch dieser zweisilbige Klotz sofort eine stumme, frostige Drohung aus. Ehe der Leser noch weiß, wie ihm geschieht, ist er im Bunker schon drin. „Alles schwarz um mich herum, nur ein schmaler Lichtstreifen unter der Bunkertür. Ich robbe nach vorne auf den Lichtstreifen zu. Ich höre meinen Atem, ziehe die Luft durch den geöffneten Mund ein, laut. Ich atme schnell, mein Brustkorb hebt und senkt sich bei jedem Atemzug. Ich lege mich flach vor den Lichtstreifen auf den Boden. Versuche mit meinem Gesicht ganz nahe heranzurücken. Ich spüre die kalte Zugluft, die durch den Spalt in den Bunker strömt.” Der Leser rüstet sich also für ein Werk, in dem die Einheit des Orts eine zentrale Rolle spielen wird, er stellt sich auf ein Stück monomanischer Klaustrophobie ein. Darin wird er sich getäuscht finden.
Eine junge Frau, die in einer Autovermietung arbeitet, wird kurz vor Büroschluss von einem jungen Mann in Armeeklamotten und kurzem Haarschnitt überfallen, gefesselt, ins Auto gepackt und an einen abgelegenen Ort im Wald gebracht, wo er sie misshandelt und ihr den Schlüssel für den Tresor ihres Chefs abzuzwingen versucht, den sie allerdings nicht hat. Ihr gelingt die Flucht, bis zu einer halbverfallenen Mühle – aber genau diese erweist sich als das Hauptquartier ihres Peinigers. „Da bist du ja”, ertönt es plötzlich hinter ihr, in bester Horror-Tradition. Jetzt sitzt sie wirklich in der Patsche.
Der Entführer sperrt sie jedoch nicht in den Bunker, sondern ins Dachgeschoss, das nur über eine Falltür zu erreichen ist. Was immer seine ursprünglichen Pläne gewesen sein mögen, sie treten allmählich in den Hintergrund; er versorgt seine Gefangene mit Spiegeleiern und Wurst, die er mit seinen ungewaschenen Fingern anfasst („das passt zu ihm”).
Es entwickelt sich zwischen dem Entführer und seinem Opfer eine ungute Symbiose, in die bei beiden, manchmal halluzinatorisch, alte traumatische Erinnerungen hineinspielen: Die junge Frau (sie heißt Monika, wie man spät erfährt) glaubt in ihm den Dorftrottel ihrer Kindheit zu erkennen, der im Verdacht stand, ihren jüngeren Bruder ermordet zu haben – eine Spur, die in die Irre führt; er wiederum durchlebt noch einmal seine katastrophale Familiensituation, mit einem prügelnden, saufenden Vater und einer Mutter, die dennoch von ihm nicht loskam, bis sie sich schließlich, eingeschlossen im selben Raum wie seine jetzige Gefangene, erhängte, denn die Mühle ist ein Familienerbstück.
Später fällt Monika wieder ein, dass ihr Entführer ja eigentlich einen Raub verüben wollte, und sie macht sich, um ihre Freiheit zurückzuerlangen, erbötig, ihren Chef samt Schlüssel durch erotische Verheißungen in die Mühle zu locken, das klappt auch, oder wenigstens so halb, denn . . .
Wenn die Nacherzählung hier erschöpft abbricht, dann nicht deswegen, weil man bei spannungsabhängigen Genres den Ausgang nicht preisgeben soll, sondern weil in diesem schmalen Buch von bloß 120 Seiten einfach so schrecklich viel passiert; viel zu viel. Auch in Schenkels sehr erfolgreichem Erstling „Tannöd” waren viele verschiedene Stimmen erklungen; was sie aber verbunden hatte, war die gemeinsame Form des Testimoniums gewesen. Als einvernommene Zeugen, vor dem Ohr des Dritten, nahmen sie sich zusammen und hielten so auch das Buch beieinander, das seine Stärke und Würde durch die Anwesenheit des Schweigens im gesprochenen Wort gewann.
Davon ist im neuen Buch kaum eine Spur geblieben. Zwar gibt es hier nur zwei Stimmen; aber Schenkel wählt für sie die geschwätzigste aller literarischen Darbietungsweisen, die erlebte Rede. Erlebte Rede hat keine Wahl, als getreulich alles zu registrieren, was dem Betreffenden so durch den Kopf schießt. Es ginge noch an, wenn das Buch sich allein an Monika hielte. Müsste sie über die Absichten und Beweggründe des rätselhaften anderen im Dunkel tappen, man spürte doch eine gewisse Beklommenheit. So aber weiß man immer schon, was er denkt, nämlich zum Beispiel: „Verdammter Mist! Jetzt hab ich eine Schwerkranke am Hals. Ich hätte das Ganze besser planen sollen. Ich hocke ganz schön in der Scheiße!”
Überhaupt erleben sie alle beide sehr oft das Wort Scheiße, weil ständig irgendwas schiefgeht. Der Entführer, der sich zum Schluss in seinem Bunker unter der Mühle verbarrikadiert und nicht mehr herauskann (stimmt ja, den Bunker gibt’s auch noch, den hatten wir fast vergessen!), stellt fest, dass kein Wasser aus dem Hahn kommt. „Gut, werde ich also verdursten.” Aber schon fünf Seiten später hat er bei seinen Befreiungsversuchen den angrenzenden Bach angezapft. „Scheiße! Scheiße! Der Bach! Jetzt muss alles schnell gehen, sonst läuft der Bunker voll! Wie damals läuft der Scheißbunker voll, und ich ertrinke jämmerlich.” Das geht nicht nur schnell, das geht so schnell, dass der Leser keine Chance kriegt, seelisch vom Mitverdursten aufs Mitertrinken umzuschalten. Bevor die Dinge wirklich schrecklich werden können, sind sie schon wieder vorbei.
Immer wieder hat das Buch packende, dicht geschriebene Passagen, etwa wenn von dem Verhältnis des Täters zu seinen Hasen die Rede ist, wie sehr er ihr flauschiges Fell liebt und wie gern er es ihnen gerade deshalb über die Ohren zieht. Aber solche Passagen werden ausgehebelt durch die fahrige Dramaturgie des Ganzen, die überall einen zweifachen Fokus hat, wo sie nur einen einzigen brauchen könnte.
Das Nebeneinander von zwei Gefängnissen, Bunker und Obergeschoss, hebt die Idee der Gefangenschaft auf; zwei intermittierende Tatmotive, Raub und psychische Abartigkeit, tun der Stringenz der Handlung Abbruch. Und dass es zudem zwei Innenansichten gibt, von Täter und Opfer, zerstört, was man Verfassern von Krimis und Thrillern besonders übel nimmt, die Aura des Geheimnisses.BURKHARD MÜLLER
ANDREA MARIA SCHENKEL: Bunker. Roman. Nautilus Verlag, Hamburg 2009. 122 Seiten, 12,90 Euro.
Es passiert schrecklich viel in diesem Buch, zu viel
Weil er ihr flauschiges Fell liebt, zieht er es den Hasen über die Ohren
Andrea Maria Schenkel, Jahrgang 1962, eroberte mit ihrem ersten Buch „Tannöd” (2006) über einen ungeklärten Mordfall der zwanziger Jahre die Bestsellerlisten. Nach dem Roman „Kalteis” (2007), der wiederum einer realen Vorlage folgte, schildert sie nun in „Bunker” erstmals ein selbst erfundenes Verbrechen. Foto: ddp
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Andrea Maria Schenkels dritter Kriminalroman ist ihr erstes Buch, das sich nicht auf historische Begebenheiten stützt und somit so etwas wie ein "zweites Debüt", meint Tobias Gohlis. "Bunker" lebt von der Ununterscheidbarkeit von zwei Ich-Erzählern, einem Entführer und seinem Opfer, und der Unbestimmtheit von Zeit und Ort, und irgendwie erinnert es den Rezensenten in seiner mäandernden Struktur an ein "barockes Musikstück". In extrem komprimierter Form biete es eine Ansammlung von "Horror", den ein Autor wie Stephen King auf zehnmal so vielen Seiten ausgebreitet hätte, so Gohlis und angesichts dieser erzählerischer Ökonomie schwingt schon Bewunderung mit. Warum er sich für das Buch dennoch nicht richtig begeistern kann, liegt am seiner Ansicht nach allzu konstruierten Handlungsgerüst, den allzu gedrängten Geschehnissen und der fehlenden "Intensität". Trotzdem betont der Rezensent, dass "Bunker" weder "billig" noch enttäuschend sei, sondern vielmehr als "Etüde" auf dem Weg der literarischen Weiterentwicklung Schenkels zu werten sei.

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