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Spielerisch, übermütig und keck preist Isabel Allende Bett- und Tafelfreuden, führt uns ein in die Welt der Genüsse und erzählt von ihren höchstpersönlichen Erfahrungen auf diesem schier unerschöpflichen Gebiet. So finden wir erotische Geschichten aus Orient und Okzident, anregende Bilder, Gedichte und Anekdoten, aber auch poetische Beschreibungen der Wirkung von Gerüchen und Gewürzen auf das Liebesverlangen. Dazu eine Fülle von Rezepten der großen Köchin Panchita, die Isabel Allendes leibliche Mutter ist. Mit "Aphrodite" bereitet Isabel Allende im Zeichen Aphrodites, der Göttin der Liebe, eine wahrhafte "Feier der Sinne". …mehr

Produktbeschreibung
Spielerisch, übermütig und keck preist Isabel Allende Bett- und Tafelfreuden, führt uns ein in die Welt der Genüsse und erzählt von ihren höchstpersönlichen Erfahrungen auf diesem schier unerschöpflichen Gebiet. So finden wir erotische Geschichten aus Orient und Okzident, anregende Bilder, Gedichte und Anekdoten, aber auch poetische Beschreibungen der Wirkung von Gerüchen und Gewürzen auf das Liebesverlangen. Dazu eine Fülle von Rezepten der großen Köchin Panchita, die Isabel Allendes leibliche Mutter ist.
Mit "Aphrodite" bereitet Isabel Allende im Zeichen Aphrodites, der Göttin der Liebe, eine wahrhafte "Feier der Sinne".
Autorenporträt
Isabel Allende, geboren 1942 in Lima/Peru, ging nach Pinochets Militärputsch am 11. September 1973 ins Exil. 1982 erschien ihr erster Roman "Das Geisterhaus", der zu einem Welterfolg und 1993 vom dänischen Regisseur Bille August verfilmt wurde. Allende arbeitete unter anderem als Fernseh-Moderatorin und war Herausgeberin verschiedener Zeitschriften. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Kalifornien.
Im Jahr 2011 wurde ihr der Hans-Christian-Andersen-Literaturpreis, einer der wichtigsten Literaturpreise Dänemarks, verliehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.1998

Zwiebelchen im Nabel
Casanova und Frau Allende à la carte / Von Martin Mosebach

Er ist groß und gebaut wie Herkules, aber er hat einen afrikanischen Teint, lebhafte Augen, voll Wahrhaftigkeit, die stets seine Reizbarkeit, Unruhe oder seinen Groll spiegeln und ihm ein etwas wildes Aussehen geben. Er lacht wenig, aber er bringt die anderen zum Lachen." Dieses in seiner Knappheit an der großen literarischen Porträtkunst des achtzehnten Jahrhunderts geschulte Bildnis Casanovas, das der Freund seiner späten Jahre, der Prince de Ligne, entworfen hat, ist sehr viel ausdrucksvoller als der kleine Kupferstich, der gewöhnlich reproduziert wird und einen bis zur Fleischlosigkeit mageren, schmallippigen Vogelkopf mit seltsam hart gezwirbeltem Zopf zeigt. Was mag Anton Raphael Mengs, einen der größten Porträtisten seiner Zeit, daran gehindert haben, Casanova, den er gut kannte, in die Reihe seiner immer noch viel zuwenig beachteten Pastellporträts aufzunehmen?

Giacomo Casanova ist durch die vielbändige Geschichte seines Lebens einer der großen Schriftsteller der Weltliteratur geworden; er hat das stilistische Zauberkunststück vollbracht, nüchtern und sparsam wie ein Kupferstich zu schreiben und im Leser dennoch die Vorstellung zu erzeugen, er habe ein überreich koloriertes Ölgemälde betrachtet. Das allerreichste erzählerische Panorama wird entfaltet gegen Ende einer Epoche von künstlerisch überaus segensreichen Konventionen: Was brauchte damals alles nicht beschrieben zu werden, ohne daß die Vollständigkeit des Bildes gelitten hätte! Der Reisende liefert keine Landschaftsbeschreibungen und keine Städteporträts, keine Wolkenformationen, Sonnenaufgänge und Regenfälle, keine Stimmungen und Gerüche, keine Stilleben, keine Kunst, keine Träume und keine Musik.

Um die Nacktheit von Casanovas Stil richtig zu begreifen, genügt es, etwa Hofmannsthals Romanfragment "Andreas oder Die Vereinigten" aufzuschlagen, die Erzählung eines Casanova-Bewunderers, die aus allem, was Casanova nur zwischen den Zeilen sagt, Sprache und Atmosphäre zu gewinnen sucht und den verführerischen und verzauberten Duft des Unausgesprochenen und dennoch so stark Vorhandenen einfangen und gleichsam auf Flaschen ziehen will. Es ist, als reihe Hofmannsthal sich in die lange Reihe der Damen ein, die ein Leben damit zubrachten, nach einem blitzartigen Zusammentreffen mit Casanova darüber nachzudenken, was ihnen da geschehen war. Leidenschaftslos und geschliffen berichtet der Abenteurer über mehrere Jahrzehnte zurückliegende Ereignisse. Aber nicht die Abgeklärtheit des Alters kommt in dieser Tonlage zum Ausdruck, sondern die Nichtachtung der verstrichenen Zeit: der jugendliche und der reife Casanova sind dieselbe Person, von mythischer Alterslosigkeit in einer ewigen Gegenwart zu Hause. Und nur die Gegenwart zählte für ihn: die Frau, mit der er sich gerade beschäftigte, wußte, daß es nichts gab, was in diesem Augenblick wichtiger war als sie - kein Plan, kein Risiko, keine Lebensgefahr, kein Geldverlust, kurzum, keine Zukunft vermochte seinen Blick auf das gegenwärtige Gegenüber abzulenken. Der Spieler Casanova setzte immer den höchsten Einsatz auf die kleinste Chance; unverdienter Goldsegen und schimpflicher Bankrott waren ihm immer gleich willkommen, Glück und Unglück nichts als Prüfungen, an denen sich die Wachsamkeit zu bewähren hatte.

Diese geradezu aggressive Gegenwärtigkeit teilt sich den kühlen und beherrschten Sätzen seiner Erinnerungen mit, so daß alles, was er weniger beschreibt als knapp beim Namen nennt, ausdrucksvoller wirkt, als es eigentlich dasteht. In dem zupackenden Gegenwartsblick Casanovas werden die Wörter jung und unverbraucht und strömen geradezu die Gerüche der Gegenstände aus, die sie bezeichnen. Ein Korb mit Weinflaschen, schmalen, flötengleichen aus beinahe schwarzem Glas, mit einem gebratenen Huhn und einer dicken Leinenserviette oder ein luxuriöses Nachtmahl mit Austern, Trüffeln und Wildbret sind in seiner Beschreibung greifbar wie ein von Vermeer gemalter Milchstrahl und bleiben ebenso entrückt. Der hohe, oft lebensgefährlich hohe Preis, den Casanova für seine Genüsse zu zahlen bereit war, verleiht ihnen selbst in der Lektüre, zweihundert Jahre nachdem die Tische seiner verliebten Abendessen abgeräumt sind, ihre einzigartige sehnsuchtweckende Kostbarkeit. Niemals, für keinen Preis der Welt, werden wir etwas Ähnliches essen wie Casanova.

Das liegt durchaus nicht nur daran, daß es den klebrigen Kabeljau, den von Maden bewohnten Käse, den ungefilterten, trüben Wein mit seinen ledrigen, zimtigen, bitteren und honighaften Aromata, das im Zustand der Verwesung befindliche Wildbret und die von einer nach Milch riechenden Bäuerin gestampfte Butter nicht mehr gibt und wir die Freude über das erste frische Ei und den ersten Salat nach einem langen Winter nicht mehr kennen. Um wie Casanova zu essen, muß man Casanova sein - und um mit Casanova zu essen, muß man Casanova lesen, und das ist eines der exquisitesten Vergnügen, die es gibt.

Die Verfasser und Verfasserinnen der nun erschienenen "Casanova-Kochbücher" wecken bei dem Teil des Publikums, der die Casanova-Memoiren nicht gelesen hat, mithin falsche Erwartungen. Man hat blasse, lebensschwache Existenzen, die sich parasitär einem vitaleren Milieu zuordnen, "Lebenabholer" genannt. Wachtel- und Polentarezepte unter dem Titel "Casanovas Lieblingsrezepte" aufzubereiten ist ein schönes Beispiel solcher Lebenabholerei. Ruth Bomboschs Werk "Casanova à la carte" beweist dabei mehr Zurückhaltung und Geschmack; die Autorin verweist auf den traurigen Umstand, daß die Originalmemoiren in Deutschland gegenwärtig nicht zu haben sind, und liefert eine gewissenhafte Inhaltsangabe, die zum Besuch eines Antiquariats anregen könnte und damit gewiß einen guten Zweck erfüllt.

In "Casanova - Galan und Gourmet" greift demgegenüber das Autorentrio Jean Bernard Naudin, Catherine Toesca und Leda Vigliardi Paravia kräftig in die Tasten des Genuß-Synthesizers. Ein "Coffee-table book" mit Photos im Stil des Films "Tom Jones zwischen Bett und Galgen" ist entstanden, das gut an die Stelle der Originalmemoiren treten könnte. Catherine Toesca hat verstanden, was ihr Kollege Naudin wollte, als er mit satten Farbfiltern photographierte und die magere Realität in geheimnisvollem Blau und Gold badete; so wird der trockene Casanova in Fahrt gebracht, gezuckert, glasiert und zugleich mit jener mitfühlend-aufgeklärten Seelenkenntnis dargestellt, die uns die großen Toten erst so richtig nahebringt.

Isabel Allende hingegen ist keine Lebenabholerin, sie versteht sich als Lebenbringerin. Als weiblichen Casanova würde sie sich gewiß nicht bezeichnen, obwohl sie in aller Bescheidenheit einen genußreichen Lebenswandel auch nicht verleugnen will. Die körperliche Liebe ist etwas Wundervolles - das ist die Botschaft, die sie ihren müde und skeptisch gewordenen Zeitgenossen verkündet. Die vielen muntermachenden Rezeptchen, die sie in ihrem erotischen Kochbuch "Aphrodite - eine Feier der Sinne" mitteilt, künden von diesem optimistischen Kampf gegen den Überdruß. Manchen Leser mag merkwürdig berühren, daß die meisten Rezepte von der sogenannten "Pachita" stammen, der Mutter der Autorin; Casanova ist in London einmal solch einem sauberen Paar aus Mutter und Tochter in die Hände gefallen, ein Abenteuer, das mit schweren Blessuren endete.

Pachita" steht am Herd, und die begnadete Erzählerin tippt, während duftenden Dämpfe aus der Küche dringen, in den Laptop: "Wie ordnet man den metallischen Geschmack der Angst ein oder den sandigen des Neides oder den schäumenden des ersten Kusses?" Den sandigen Geschmack des Neides spürt angesichts solcher Künste aber nur der moderne Feuilletonist auf der Zunge, Casanova besaß so gar kein Verständnis für einen etwas erfinderischen Stil, und er hätte sich mit Gewißheit auch nicht von Isabel Allende nach der Orgie "in die Küche scheuchen" lassen, "um das Geschirr abzuwaschen", wie es die erfahrene Ehefrau ihren Leserinnen in dem Kapitel "Die Orgie" rät.

Es ist im übrigen alles gar nicht so wild gemeint. Kaviar leckt die Autorin gern, mit gehackten Zwiebelchen und gekochtem Eigelb, aus dem Nabel ihres Geliebten, aber auf den Tabasco muß sie dabei leider verzichten, denn ihr Mann bekommt von Tabasco Allergien. Da ist es heraus, das herzige Geheimnis: der Liebhaber ist der Ehemann. Isabel Allende wäscht, um es mit Oscar Wilde zu sagen, "ihre saubere Wäsche vor allen Leuten". Im reich illustrierten Werbeprospekt, den der Verlag aus Anlaß dieses privaten Werks seiner Autorin hat erscheinen lassen, wird Allendes Kochbuch "verschmitzt" genannt. Ist nicht eher "neckisch" gemeint?

Es gibt Männer, die bei Spuren von Neckischheit trübsinnig und zerstreut werden. Casanova speiste einmal beim Fürstabt des Klosters Einsiedeln in der Schweiz. Damals will er ernstlich erwogen haben, Mönch zu werden. Hätte der Abt ihn hierin bestärken wollen, er hätte ihm nur "Aphrodite - eine Feier der Sinne" von Isabel Allende in die Gastzelle legen lassen müssen.

Ruth Bombosch: "Casanova à la carte - Eine kulinarische Biographie". Campus Verlag, Frankfurt am Main 1998. 176 S., 19 Abb., geb., 36,- DM.

Jean Bernard Naudin, Catherine Toesca, Leda Vigliardi Paravia: "Casanova - Galan und Gourmet". Wilhelm Heyne Verlag, München 1998. 192 S., 70 Rezepte, geb., 68,- DM.

Isabel Allende: "Aphrodite - Eine Feier der Sinne". Aus dem Spanischen übersetzt von Lieselotte Kolanoske. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1998. 328 S., Abb., geb., 49,80 DM.

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