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Der in mehreren Auflagen erschienene Bestseller über die Protestantin Angela Merkel liegt nun in einer aktualisierten und erweiterten Neuauflage vor. Seit vielen Jahren verfolgt Volker Resing, Journalist und Korrespondent in Berlin, wie die Regierungschefin ihren Glauben privat lebt und öffentlich thematisiert. Spannend ist es, zu verfolgen, wie sich dabei aus der Reserviertheit in den Anfangsjahren ihrer politischen Karriere eine immer offensivere Herangehensweise Merkels entwickelt. Auch die aktuellen Begegnungen mit Papst Franziskus, Merkels "Freiheitspredigt" in ihrer Heimatgemeinde in…mehr

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Produktbeschreibung
Der in mehreren Auflagen erschienene Bestseller über die Protestantin Angela Merkel liegt nun in einer aktualisierten und erweiterten Neuauflage vor. Seit vielen Jahren verfolgt Volker Resing, Journalist und Korrespondent in Berlin, wie die Regierungschefin ihren Glauben privat lebt und öffentlich thematisiert. Spannend ist es, zu verfolgen, wie sich dabei aus der Reserviertheit in den Anfangsjahren ihrer politischen Karriere eine immer offensivere Herangehensweise Merkels entwickelt. Auch die aktuellen Begegnungen mit Papst Franziskus, Merkels "Freiheitspredigt" in ihrer Heimatgemeinde in Templin und ihre Rede im pietistischen Schönblick-Forum werden unter die Lupe genommen. Wie steht Angela Merkel zum "C" ihrer Partei? Dieses Porträt gibt authentische und überraschende Antworten.
Autorenporträt
Volker Resing, geb. 1970, Journalist und Historiker, ist seit 2009 Redakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.04.2009

Präsidentielles Zaudern
Suchbewegungen nach dem Phänomen Angela Merkel und dem Kipp-Punkt des Regierens

Strategische Momente verschaffen einer Kanzlerschaft den immerwährenden Eintrag ins Geschichtsbuch. Die Finanz- und Wirtschaftskrise gehört zweifellos seit 2008 zu solchen markanten Schlüsselereignissen, die aus der Enge des situativen Regierens ein Reservat der Schlauheit machen können. Die Krise hat politische Gewissheiten in einer ähnlichen Geschwindigkeit vernichtet wie die Finanzakrobaten das Kapital. Weniger Schulden, ausgeglichene Haushalte, Reduzierung der Staatsquote - das klingt mittlerweile wie frühe Vorgeschichte. Damit frisst die Krise auch ein Stück weit demokratische Normalität. Die große Koalition hat wenige Monate vor ihrem selbst beabsichtigten Ende erstmals auch ein großes Mandat zum Handeln erhalten. Bei Angela Merkel schien sich bislang das Besondere ihrer Kanzlerschaft auf das Ausnahmeformat der Koalition zu beziehen und immer wieder auf die Anerkennung, als erste Deutsche zur Kanzlerin gewählt zu sein. Doch erst in dem Moment, in dem die Ökonomie ihre Leitfunktion für die Politik verloren hat, im Schatten des aktuellen Zeitenbruchs, hat sie den strategischen Moment, der ihre Kanzlerschaft unvergessen machen kann - ein Kipp-Punkt des Regierens, der allerdings in den Machtverlust oder souverän in die zweite Kanzlerschaft führen kann.

Zwei sehr unterschiedliche Merkel-Analysen können dabei als Richtungsanzeiger vielleicht weiterhelfen. Dirk Kurbjuweit, Leiter des Hauptstadtbüros des "Spiegels", startet seine Suchbewegungen nach dem Phänomen Merkel im Flugzeug. Seine teilnehmende Beobachtung der Kanzlerjahre ist ein extrem subjektiver Blick. Begeistert schreibt er über Augenblicke, in denen Frau Merkel am Ende von sehr anstrengenden Stresstagen im Hotel oder eben im Flugzeug spontan mit einem leidenschaftlichen Plädoyer die Journalisten für sich einnimmt. Inhaltlich erfährt der Leser über diese Merkel-Sternstunden nichts im Buch. Hintergrundgespräche bleiben auch für Kurbjuweits Leser nicht-öffentlich.

Doch Kurbjuweits Betrachtung der Kanzlerin lebt nicht von diesen wenigen Augenblicken der Begeisterung. Eher mitleidig entwirft er ein Kanzler-Porträt über die "totale Kanzlerin" in einer Politikmaschine. Selbstkritisch verweist er auf den Berliner Journalistenbetrieb, der zum Taktgeber der Politik geworden ist. Politik unter Echtzeitbedingungen erfordert einen Politikertyp, der immer professionell wie eine Maschine läuft - ohne Privatheit, ohne Leidenschaft, ohne erkennbare Personalität, aber mit effizienter Prinzipienlosigkeit. Das Merkel-Bild im Buch gleicht einer Erfolgstaktikerin als politischem Neutrum. Sympathie kommt dabei nicht auf. Erstmals wird in dieser Analyse auch empirisch belegt, wie sehr Merkel eine Medienkanzlerin geworden ist. Ihre Kontrollsucht inszeniert jede Geste, jedes Bild. Sichtbar wird, wie die Unauffälligkeit kalkuliert ist, wie sie die bescheidene Natürlichkeit durchstylt, wie die Kanzlerin ihre Verzichtsästhetik medial arrangiert. "Merkel ist die Königin der Hintergründe, bleibt aber für die breite Öffentlichkeit blass", so Kurbjuweit. Da sehnt sich jeder Leser nach den leidenschaftlichen Hintergrundgesprächen, die offenbar eine andere Merkel, die wahre Merkel, zeigen.

Doch blass ist Angela Merkel in den Augen der Bürger keinesfalls. Ihre Scheu vor öffentlicher Führung und ihr gelebtes Understatement sind ein deutlich wahrgenommenes Profil der Kanzlerin. Sie gilt - wie die Umfragen belegen - als permanent selbst anpackende Chefin, die sich in der Männerwelt behauptet hat, der man großen Respekt entgegenbringt und gleichzeitig enorme Sachkunde zur Problemlösung unterstellt. Altbürgerlich lässt sie praktisch keinen Blick in ihr Privatleben zu, was ebenso auf hohe Zustimmung stößt.

Das Merkel-Bild ist für die meisten Bürger ziemlich klar. Nur Journalisten und Wissenschaftler suchen häufig noch zwanzig Jahre nach dem Mauerfall nach dem Fremden an der Kanzlerin. Auf Spurensuche war auch Volker Rensing - ebenfalls Journalist in Berlin für die Verlagsgruppe Bistumspresse. Öffentlich äußert sich Frau Merkel normalerweise nur ganz selten über ihre Religion. Doch ihre biographischen Wurzeln in einem preußisch-protestantischen Pfarrhaushalt der DDR haben sie lebenslang religionspolitisch ausgestattet. Das gilt sicher für die Perspektive, in der sie Politik wahrnimmt, für die analytische Schärfe, für den Umgang mit Begründungsdiskursen, für die Gewichtung der Demut. Als bewusste Christin sieht sie die wichtigste politische Leistung gerade darin, immer dafür zu sensibilisieren, dass Demokratie keinen religiösen oder auch moralischen Vergemeinschaftungszwang kennt. Dem Individuum lässt das Christentum immer Eigenräume des Privaten.

Rensing hat äußerst originell Lebensstationen, Reden, Interviews und politisches Entscheidungsmanagement auf den Faktor "C" hin - "c" wie christlich - untersucht. Angela Merkel mag Gelegenheits-Konservative sein, aber keine Gelegenheits-Protestantin. Das Buch entschlüsselt die Berliner Armutsästhetik: das protestantische Politikverständnis der Kanzlerin mit dem selbstlosen Dienen, dem Verzicht auf alles Gebaren der Macht und heroischen Gesten. Zum protestantischen Wertekanon passt ebenso der Dauerappell der Kanzlerin, den wirtschaftlichen Erfolg auch aus Tugenden abzuleiten: Was kann ich selbst tun?

Vielleicht kann man das Buch auch als Fahrplan aus der Finanz- und Wirtschaftkrise lesen. Denn Angela Merkel steht mit ihrer Lebensgeschichte als protestantische Freiheitspatriotin für das Wissen um die Kraft einer Wertorientierung: eine religiös fundierte Lebenssinndeutung. Wenn Gewissheiten nicht mehr existieren, braucht man nicht nur neue Regeln, sondern auch einen wertorientierten Kompass. Krisengewinner könnten am Ende diejenigen sein, die eine Rhetorik der Krise entwickeln, die so einen Kompass bietet: Was wollen wir an unserem Wohlfahrtsstaat und an unserer Demokratie angesichts verminderter Erwartungen unbedingt bewahren? Wer am überzeugendsten erklärt, baut seine Macht aus. Eine Wählerallianz der Sicherheit und Berechenbarkeit kann man mobilisieren, wenn man politische Begründungen liefert - nicht für das, was zurückliegt, sondern für das, was man schaffen möchte.

Dann hätte Frau Merkel den strategischen Moment genutzt. Denn eine politische Strategie beruht auf einer Verfügbarkeit von Orientierungswissen für offene Problemsituationen. Mit dem "C" ist der Fundus an Orientierungswissen für eine Partei, die dies im Namen trägt, reichhaltig gefüllt. Noch wartet die Kanzlerin, tastet sich mit kleinteiligem Vielfaltsmanagement - hinter dem sogenannten Schleier des Nichtwissens - durch den Alltag der Krise. Ihre "forcierte Passivität" (Fritz Stern) kann sich am Ende als Klugheit herausstellen. Ihr präsidentielles Zaudern in der großen Koalition wirkt wie eine Auszeit für einen historischen Möglichkeitssinn. Ihr Zaudern ist vielleicht Methode. Es bedeutet keinesfalls Nichtstun, sondern eine substantielle Langsamkeit, die in Zeiten von Komplexität und Unsicherheit ein Machtreservoir sein könnte. Doch Kipp-Punkte an besonderen strategischen Momenten können sich auch ins genaue Gegenteil kehren. Ein hohes Risiko in einem Super-Wahljahr.

KARL-RUDOLF KORTE

Dirk Kurbjuweit: Angela Merkel. Die Kanzlerin für alle? Carl Hanser Verlag, München 2009. 155 S., 16,90 [Euro].

Volker Resing: Angela Merkel. Die Protestantin. Ein Portrait. St. Benno Verlag, Leipzig 2009. 160 S., 9,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.07.2009

Pragmatische Protestantin
Wie die Kanzlerin Angela Merkel von ihrem Glauben, der für sie ein innerer Halt ist, geprägt ist
Angela Merkel tritt selten erkennbar als Protestantin auf. Sie hat es getan, als der Papst die Exkommunikation von vier traditionalistischen Bischöfen aufhob, von denen einer den Holocaust leugnete. Ungewohnt scharf forderte sie Benedikt XVI. auf, er möge erklären, wie er es mit dem Antisemitismus halte. Und jene in der Union, denen die Attacke missfiel, murmelten: Klar, die ist ja auch evangelisch. Sonst ist es nicht ganz einfach, das Protestantische an Merkel zu beschreiben. Gerhard Schröders hemdsärmliger Säkularismus war so offensichtlich wie Helmut Kohls liberal-selbstverständlicher Katholizismus. Merkels Glaube ist weniger öffentlich, sie trägt ihn nicht vor sich her, definiert ihn selten. Trotzdem prägt für den Journalisten Volker Resing Merkels ostdeutscher Protestantismus ihre Politik stärker, als das oft wahrgenommen wird.
Schließlich ist sie die Tochter eines Theologen: Horst Kasner zieht mit seiner Familie kurz nach ihrer Geburt von Hamburg in die DDR, ist dort erst Pfarrer und leitet dann in Templin das Pastoralkolleg, eine Fortbildungseinrichtung für evangelische Theologen. Er wird einer der bekanntesten Theologen der DDR. Er lebt jene Mischung aus Unabhängigkeit, begrenzter Resistenz und Anpassung wie viele Pfarrer in der DDR, misstrauisch beobachtet von SED und Stasi, später von vielen Bürgerrechtlern als zu kompromissbereit kritisiert.
Stolpe hilft
Die Tochter lernt, dass es zwei Wirklichkeiten gibt, die der freien Gespräche und der West-Literatur im Pfarrhaus und die des realsozialistischen Lebens – wobei, jenseits der Ideologie, dieses Leben für die kontaktfreudige Angela auch schöne Seiten hat. Sie geht zur FDJ, doch nicht zur Jugendweihe. Zum Abitur singen die Jugendlichen die Internationale auf Englisch, sammeln nicht für den Vietcong, sondern für die Frelimo in Mosambik, und sie zitieren ein freches Morgenstern-Gedicht – das genügt, um Merkels Zulassung zum Studium zu gefährden. Vater Kasner legt beim Konsistorialpräsidenten Manfred Stolpe ein gutes Wort für seine Tochter ein, mit Erfolg.
Unangepasst, ohne die Grenzen zu überschreiten, so lebt die angehende Physikerin. Der Glaube ist ihr nicht, wie dem Vater, politisches Manifest und öffentliche Aufgabe, sondern innerer Halt, ein Refugium. In diese direkte Beziehung zwischen Gott und Mensch kann keine Institution hineinreden, vor ihr scheitern alle irdischen Machtansprüche. Merkels Protestantismus ist innerlich: „Der Glaube gibt mir die Möglichkeit, zu beten und damit die Möglichkeit, mich zu konzentrieren und einfach auch ein Stück Demut zu leben”, hat sie einmal gesagt.
Das unterscheidet sie von den gleichaltrigen Friedensbewegten im Westen und von den christlichen Oppositionellen in der DDR, die mit ihrem Moralüberschuss das Regime herausfordern. Merkel hat keinen Moralüberschuss. Sie windet sich pragmatisch durchs Leben, bereit und fähig, ihre Maximen dem Kompromiss unterzuordnen, ohne sie zu verraten. Sie tut das erfolgreich, in der Wendezeit außergewöhnlich erfolgreich. Vom demokratischen Aufbruch kommt sie zur CDU, wird Sprecherin der letzten DDR-Regierung, als Ministerin „Kohls Mädchen”, ehe sie gegen ihr einstiges Vorbild putscht, selber CDU-Vorsitzende und schließlich Kanzlerin wird, als Frau, als Ostdeutsche.
Sie wird das auch, weil die pragmatische Innerlichkeit dem Geist der Zeit entgegenkommt: Säkular ist Merkel nicht, auch nicht missionarisch, sie betet, kann aber auch Frauen verstehen, die in einer Notlage abtreiben. Sie tritt auf Kirchentagen und in katholischen Akademien auf, denkt aber wirtschaftsliberal und in der Bioethik forschungsfreundlich, letztlich lebt sie die Zwei-Welten-Theorie des Pfarrhauses weiter: Drinnen, da sind Gebet, Gesang, Transzendenz. Und draußen – da schaun wir mal. Nie war eine CDU-Kanzlerin dem Kirchen-, Welt- und Familienbild konservativer Katholiken fremder; entsprechend empört und enttäuscht reagieren immer wieder Bischöfe wie Walter Mixa oder Kardinal Joachim Meisner. Und als sie den Import embryonaler Stammzellen befürwortet, da reagiert die Bischofskonferenz wie ein verratener Liebhaber: Die Nähe zwischen Christdemokraten und Katholizismus ist nicht mehr selbstverständlich.
Volker Resing hat das alles solide und differenziert herausgearbeitet, ein Problem hat sein Buch aber: Der Autor hat nicht mit Angela Merkel direkt gesprochen. Er hat Begleiter interviewt, Reden durchforstet, andere Bücher gelesen, viele Auftritte der Kanzlerin miterlebt. Er zieht seine Schlüsse klug und überlegt, ohne allzu riskant zu überhöhen. Ganz nah kommt er der Hauptperson seines Buches aber nicht. Dennoch: Eine gute Ergänzung zu den gängigen Merkel-Biographien. MATTHIAS DROBINSKI
VOLKER RESING: Angela Merkel – die Protestantin. St. Benno-Verlag, Leipzig 2009. 160 Seiten, 9,90 Euro.
27. September 2009: Am Nachmittag, kurz vor der Bekanntgabe des Ergebnisses der Bundestagswahl, trinken Gerhard Schröder und Edmund Stoiber in einer Berliner Bar auf die von ihnen erhoffte Niederlage Angela Merkels. Sie lassen dabei das Leben der Rivalin noch einmal Revue passieren. Dies ist die Rahmenhandlung des kurzweiligen Comics „Miss Tschörmänie – Wie aus Angie unsere Kanzlerin wurde” (Eichborn, 64 Seiten, 9,95 Euro). Miriam Hollstein beschreibt locker und dennoch informativ die erstaunliche Karriere der Pfarrerstochter aus der Uckermark, Heiko Sakurai hat alles gezeichnet, insbesondere die bemerkenswerten Augen der Kanzlerin und das von ihr abservierte männliche Personal. hsm
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Erhellend findet Karl-Rudolf Korte dieses Porträt der Bundeskanzlerin Angela Merkel, das der Journalist Volker Resing vorgelegt hat. Im Mittelpunkt sieht er dabei die Protestantin Merkel, deren Wurzeln in einem preußisch-protestantischen Pfarrhaushalt der DDR liegen. Resings Untersuchung von Lebensstationen, Reden, Interviews und politischem Entscheidungsmanagement Merkels im Blick auf ihren christlichen Gehalt hin lobt er als "höchst originell". Verständlich wird für ihn das protestantische Politikverständnis der Kanzlerin, das sich durch "selbstloses Dienen" und Verzicht auf Machtgebaren auszeichne. Korte neigt sogar dazu, das Buch auch als einen "Fahrplan aus der Finanz- und Wirtschaftkrise" zu lesen, steht die Kanzlerin für ihn doch für das "Wissen um die Kraft einer Wertorientierung", einer "religiös fundierten Lebenssinndeutung".

© Perlentaucher Medien GmbH