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Jens Bisky hat die DDR auf ungewöhliche Weise erlebt: in Ostberliner Schwulenbars, als Unterleutnant der NVA und unter Künstlerfreunden. Er beschreibt die Lebenswelten seiner ostdeutschen Provinz. Es ist ein schonungsloser Rückblick und ein ehrlicher Abschied von einer Jugend nach Plan.

Produktbeschreibung
Jens Bisky hat die DDR auf ungewöhliche Weise erlebt: in Ostberliner Schwulenbars, als Unterleutnant der NVA und unter Künstlerfreunden. Er beschreibt die Lebenswelten seiner ostdeutschen Provinz. Es ist ein schonungsloser Rückblick und ein ehrlicher Abschied von einer Jugend nach Plan.
Autorenporträt
Jens Bisky, geboren 1966 in Leipzig, studierte Kulturwissenschaften und Germanistik in Berlin. Er war lange Jahre Feuilletonredakteur der «Süddeutschen Zeitung» und arbeitet seit 2021 am Hamburger Institut für Sozialforschung. Er ist Autor mehrerer viel beachteter Bücher, darunter «Geboren am 13. August» (2004), «Unser König. Friedrich der Große und seine Zeit» (2011) und «Berlin. Biographie einer großen Stadt» (2019). 2017 verlieh ihm die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay.
Rezensionen
Jens Bisky hat ein wahres Buch über die DDR geschrieben. Wer 15 Jahre nach deren Ende in Nostalgie zurückzufallen droht, dem sollte man daraus vorlesen. Die Zeit

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.10.2004

Sozialismus und Ich
Von SZ-Autoren: Jens Bisky über seine DDR-Jugend
Anlässlich der Feierlichkeiten zum fünften Jahrestag der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls kam am 13. August 1966 im Leipziger Osten ein Kind mit glänzenden Aussichten zur Welt. Seine Schritte waren auf drei Jahrzehnte hin vorgezeichnet, die erforderlichen Mitgliedsausweise bereits vorgedruckt. Es wäre auch alles nach Plan verlaufen, wenn seine Familie nicht so übereifrig sozialistisch und er selber nicht aus Fleisch und Blut gewesen wäre.
Bisky erlebt die DDR auf ungewöhnliche Weise, in der Pionierrepublik am Werbellinsee, im Marzahner Plattenbau, in Ostberliner Schwulenbars, auf einer sächsischen Offiziershochschule. Er ist FDJ-Agitator, wird Unterleutnant der NVA und verbringt die letzten Jahre der DDR auf Truppenübungsplätzen, in der Kulturredaktion des Jugendradios DT 64 und unter Künstlerfreunden, deren Film „Coming Out” am 9. November 1989 Premiere hat. Als die Mauer fällt, stellt er überrascht fest, wie gut er auf den Kapitalismus vorbereitet ist. Alles bisher Gelebte scheint falsch, aber er kann es gut gebrauchen. Bisky beschreibt die Lebenswelten seiner ostdeutschen Provinz, die Kapriolen der Wende: Eine Geschichte, um DDR-Hasser und DDR-Nostalgiker gleichermaßen zu ärgern, ein unsentimentaler Rückblick auf ein kaltes Land, ein nüchtener Abschied von einer Jugend nach Plan.
SZ
JENS BISKY: Geboren am 13. August. Der Sozialismus und Ich. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2004. 240 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Uwe Stolzmann ist ein wenig enttäuscht, dass Jens Biskys Erinnerungen an seine Jugend in der DDR am Ende ein wenig abflachen. Er hätte sich gewünscht, dass der Autor auf dem "Hochsitz des Beobachters" geblieben wäre. Von dort aus nämlich zeichnet Bisky im ersten Teil des Buches in "glänzendem Stil" ein neues Bild der DDR. Fünf Jahre nach dem Mauerbau geboren, erinnert sich der Autor "mit Tiefgang" an die damalige Gesellschaft. Besonders lobenswert findet der Rezensent, dass nach der "Ostalgiewelle" nun erstmals der Versuch unternommen wird, das "Zwiespältige" zu ergründen, in dem Ja und Nein zur DDR gleichermaßen einen Platz finden. Gegen Ende des Buchs betrachte sich der Autor dagegen selbst nicht mehr als "Fall", sondern als "schuldig"; der Ton der Verteidigung wird "heiser" und die Analyse gerate bedauerlicher Weise zur "Rechtfertigung".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2004

Eine Totgeburt von Anfang an
Jens Bisky schreibt über sein Leben im Sozialismus - und über seine Eltern

VON MECHTHILD KÜPPER

BERLIN. Wer sein Buch "Geboren am 13. August. Der Sozialismus und ich" (Rowohlt Berlin) nennt und der älteste Sohn von Lothar Bisky ist, dem Vorsitzenden der PDS und Vizepräsidenten des Brandenburger Landtags, der muß ein mutiger Mensch sein. In dieser Familie ist das Persönliche wirklich politisch. Jens Bisky - fünf Jahre nach dem Bau der Mauer am 13. August 1966 geboren - setzt nicht voraus, daß alle wissen, wer sein Vater ist, aber ihm ist bewußt, daß man sein Buch als Argument gegen die Politik der Partei liest, der sein Vater ein so angenehm gütiges Gesicht gibt.

Dieser Sohn liebt und schätzt offenbar seine Eltern, was seinem Bericht jede aggressive Schärfe gegen die Werte des SED-Staates nimmt, die er als Werte seiner Eltern kennenlernte: "Auf der Grenze zwischen Apparat und Gesellschaft, zwischen Herrschenden und Beherrschten habe ich dreiundzwanzig Jahre gelebt." Der Vorsitzende der PDS, in der sich jeder Zuträger des Staatssicherheitsdienstes der DDR willkommen fühlen darf, kann sich ruhig - persönlich, politisch - gemeint fühlen, wenn sein Sohn beschreibt, daß seine Frau, die Mutter des Autors, sich ihre Arbeit für das Ministerium für Staatssicherheit "bis heute nicht verzeiht".

Seine Mutter, die 1990 ihre Stelle verlor, gehört zu den unbesungenen Helden der Nachrevolution: "Heute steht sie morgens gegen 4 Uhr auf, fährt in den Wedding, einen West-Berliner Stadtteil mit mehr Elend, als in Marzahn und Lichtenberg zu finden ist, und pflegt für einen Stundenlohn, der unter den meisten Studentarifen liegt, Alte, Kranke, Schizos, Demente (. . .). Sie wirkt heute gelöster, freier als in den letzten Jahren unter Honecker." Am Vorabend des Feiertags zur Deutschen Einheit las Jens Bisky auch diese Passage in der Berliner Volksbühne vor, seine Eltern im Publikum. Verletzt oder preisgegeben brauchten sie sich nicht zu fühlen; ihr Sohn demonstriert Scharfsichtigkeit nicht auf Kosten seiner Eltern.

Auch Biskys Lebensgefährte, der ihm mit seinem Freundeskreis aus Künstlern und Intellektuellen die letzten Honecker-Jahre erträglich gemacht hatte, erwies sich nach der Wende als Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi. Die letzten vier Jahre der DDR war Bisky Offizierschüler der NVA gewesen, kurz vor seinem Abitur war er in die SED eingetreten: "Wo und wie hatte ich gelebt und so Wesentliches übersehen?" fragt er sich, als er merkt, daß er von IMs umgeben gewesen war. Für Jens Biskys Lesung in Brandenburg, wo die PDS im Sommer mehrere Wochen lang die stärkste Partei war, erst bei der Europawahl und dann in den Umfragen, hat die Landeszentrale für politische Bildung den größten Raum der Staatskanzlei gemietet. Potsdam ist eine Station der großen Autorentour: In der kommenden Woche liest er in Schwerin, Rostock, Potsdam, Magdeburg, Frankfurt/Main und Berlin-Pankow. Es wird interessant sein zu hören, wo sein Publikum mehr von ihm wissen wollte, im Osten oder im Westen.

Zum bevorstehenden Geburtstag der Revolution, der vor 15 Jahren der SED-Staat wich, liefert Bisky ein Buch, in dem die DDR weder verteidigt noch angeklagt, in dem sie aber auch nicht als untergegangenes Kinderland erinnert wird. Das letzte Wort überläßt er einem amerikanischen Freund: "It's a free country", es ist ein freies Land.

Das, was man sich von alten Kommunisten gern erzählen läßt, den Anfang ihres Kampfes gegen die Ungerechtigkeit, rückt der Sohn freundlich zurecht: "Daß mein Vater sich Marxist nannte und der Monopolbourgeoisie auf dem Papier einige Schnippchen schlug, daß er Ideologiekritik trieb, hätte seiner akademischen Karriere in den siebziger Jahren auch an einer westdeutschen Universität kaum geschadet." Mit leichter Hand wischt Sohn Bisky selbst das Heiligste der SED/PDS beiseite, die Legitimität des Anfangs der DDR. Er bedauert, daß er Wolfgang Leonhards "Die Revolution entläßt ihre Kinder" nicht früher in die Hand bekommen hat, sonst hätte er verstanden, daß "die DDR von Anfang an eine Totgeburt war. So fand ich sie nur miefig." Ähnlich leichthin tut er etwas, womit man PDS-Funktionäre zuverlässig auf die Palme treibt, er nennt die Sowjetunion und das Dritte Reich in einem Atemzug: Was er über die Sowjetunion gelernt habe, "ist doch nicht viel anders, als wenn heute in den Schulheften der Drittkläßler über das Dritte Reich stehen würde: ,Ständiger Kampf gegen die Arbeitslosigkeit', ,Bau der Autobahnen', ,Erforschung des Atoms'." So schreibt einer, der etwas daraus macht, in einem freien Land zu leben.

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