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Er wurde verehrt und geliebt, gehasst und bekämpft - nur gleichgültig ließ Franz Josef Strauß niemanden. Unzweifelhaft ist er einer der Politiker, die die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geprägt haben. Horst Möller legt hier die erste große Biografie vor, die aus bislang unzugänglichen Archiven und Quellen gearbeitet ist: aus Protokollen der CSU-Landesleitung und der Bayerischen Staatskanzlei ebenso wie aus dem Privatarchiv von FJS. Über vierzig Jahre lang war deutsche Politik ohne FJS nicht denkbar. Als Generalsekretär der CSU, als "Atomminister", als Verteidigungsminister, der die…mehr

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Produktbeschreibung
Er wurde verehrt und geliebt, gehasst und bekämpft - nur gleichgültig ließ Franz Josef Strauß niemanden. Unzweifelhaft ist er einer der Politiker, die die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geprägt haben. Horst Möller legt hier die erste große Biografie vor, die aus bislang unzugänglichen Archiven und Quellen gearbeitet ist: aus Protokollen der CSU-Landesleitung und der Bayerischen Staatskanzlei ebenso wie aus dem Privatarchiv von FJS. Über vierzig Jahre lang war deutsche Politik ohne FJS nicht denkbar. Als Generalsekretär der CSU, als "Atomminister", als Verteidigungsminister, der die Bundeswehr aufbaute und über die Spiegel- Affäre stürzte, als Finanzminister, als Opponent von Willy Brandt und dessen sozialliberaler Koalition, als Bayerischer Ministerpräsident und zugleich Partner und Gegner von Helmut Kohl ... Möller lässt die Dokumente ebenso sprechen wie die gedeckten Quellen und setzt so das Bild eines Mannes aus vielen Facetten zusammen - nicht schwarzweiß wie so oft, sondern so bunt, vielfältig und widersprüchlich wie der Mensch und Politiker Strauß war.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Horst Möller, Professor Dr. phil., geboren 1943 in Breslau, gilt als einer der führenden Historiker in Deutschland. Fast zwei Jahrzehnte leitete er das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen "Fürstenstaat oder Bürgernation. Deutschland 1763 - 1815", "Europa zwischen den Weltkriegen" und "Franz Josef Strauß. Herrscher und Rebell".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.06.2015

Bayerns allerletzter Herrscher
Franz Josef Strauß auf dem Denkmalsockel: Horst Möller sieht ihn als Opfer linksintellektueller Verleumdungen

Den Reigen der Publikationen zum hundertsten Geburtstag von Franz Josef Strauß am 6. September eröffnet imponierend-engagiert Horst Möller, der frühere Direktor des Instituts für Zeitgeschichte. Schon 1995 hatte er den CSU-Giganten, der Bundesminister für besondere Aufgaben (1953 bis 1955), für Atomfragen (1955/56), der Verteidigung (1956 bis 1962) und der Finanzen (1966 bis 1969), schließlich bayerischer Ministerpräsident (1978 bis 1988) gewesen war, in Lothar Galls Band "Die großen Deutschen unserer Epoche" charakterisiert - noch ohne Kenntnis des gesamten Nachlasses.

Als die Hanns-Seidel-Stiftung den 20. Todestag von Strauß zum Anlass nahm, um im Oktober 2008 "Impulse für eine aus den Quellen gearbeitete moderne Biographie" zu geben, referierte Möller über dessen Funktion als CSU-Vorsitzender. Seither war klar, dass er das Leben des legendären Oberbayern darstellen werde. Die Biographie besteht aus fünf Teilen, jeweils mit einer Dokumenten-Abbildung beginnend: der Wehrpass vom November 1936 (Teil I: von der Jugend bis zum Frankfurter Wirtschaftsrat), die Ernennungsurkunde zum Bundesminister für besondere Aufgaben vom Oktober 1953 (Teil II: Bonner Abgeordnetenzeit mit Ministerphasen bis zum Rücktritt als Folge der "Spiegel"-Affäre), ein Studentenausweis der Universität Innsbruck für den Hörer der staatswissenschaftlichen Fakultät vom April 1966 (Teil III: Familienleben, Landesgruppenchef in Bonn und CSU-Vorsitzender in München), ein handschriftliches Konzept "Der Gang nach Karlsruhe" für einen Leitartikel im "Bayernkurier" vom Frühjahr 1973 (Teil IV: Finanzminister der Großen Koalition und Oppositionspolitiker in Bonn) und eine Seite aus einem Diplomatenpass mit Visum vom Juli 1983 zur Einreise in die DDR (Teil V: Ministerpräsident, Deutschland- und Weltpolitiker).

Die Eltern von Strauß hatten gegenüber dem Münchener Parteibüro der NSDAP eine Metzgerei. SS-Chef Heinrich Himmler, der bei ihnen einkaufte, "versuchte vergeblich, Vater Strauß zum Eintritt in die NSDAP zu werben. Tatsächlich zählte die Familie Strauß aufgrund der katholisch-religiösen und bayerisch-monarchistischen, bewusst politisch-legitimistischen Prägung zu einem insgesamt gegenüber dem Nationalsozialismus resistenten Milieu, dessen Grundlagen dem jungen Franz Josef bereits von Kindheit an vermittelt worden waren, ohne dass er sich dagegen auflehnte. Überdies spielte seine früh ausgeprägte intellektuelle Autonomie gegenüber den ,Zeitgeistern' wohl eine wesentliche Rolle", berichtet Möller. Strauß studierte zügig Geschichte und Latein, so dass er im ersten Kriegsjahr - eingezogen zur schweren motorisierten Artillerie - seine Prüfungen ablegen und 1943 zum Studienrat ernannt werden konnte. Vom späteren Oberleutnant der Reserve seien "regimewidrige Äußerungen und Akte" überliefert. Nach Kriegsende fiel sein Entnazifizierungsverfahren "außerordentlich positiv" aus, so dass der Karriere nichts im Wege stand.

Bundeskanzler Adenauer berief ihn im Oktober 1955 zum Minister für Atomfragen, ein Jahr später zum Verteidigungsminister. Mit großer Verve betrieb er den Aufbau der Bundeswehr - was für Möller den Hass erklärt, der ihm "von linksintellektuellen Kreisen und ihnen verbundenen Journalisten entgegenschlug". Ständig habe man die Unionsparteien als "militaristisch, deutschnational, größenwahnsinnig" beschimpft. Ausführlich erörtert Möller Fehlschläge und Beschaffungsprobleme: Strauß sei in den Fällen HS-30, Starfighter und Fibag durch Untersuchungsausschüsse und Gerichte zwar entlastet worden, jedoch das "Image eines Skandalministers" habe ihm angehaftet.

Zur "Spiegel"-Affäre meint Möller, Strauß seien in Kompetenzfragen "politische Fehler" unterlaufen. In der Distanz falle einerseits die maßlos übertriebene öffentliche Aufregung, andererseits eine "drastische Unterschätzung" der Fakten auf: "So bestätigte das Gutachten aus dem Verteidigungsministerium den Verdacht des Geheimnisverrats, so wurden im Panzerschrank des ,Spiegel' streng geheime Unterlagen gefunden, die diese Einschätzung bestätigen, so wurden die ,Spiegel'-Redakteure zwar freigesprochen, aber nicht wegen erwiesener Unschuld, sondern aus Mangel an Beweisen." Bei der Affäre, die Ende 1962 zum Amtsverzicht von Strauß führte, handele es sich nicht um ein "Ruhmesblatt verantwortlicher Wahrnehmung" der Pressefreiheit: "Viel eher steht diese diffamierende Kampagneform für das Freund-Feind-Denken von Carl Schmitt, das schon die Weimarer Republik vergiftet hat." Alkoholexzesse, Bordellbesuche auf Kosten eines Generalkonsulats, Grundstücks-Schiebereien und anderes hätten Teile der Presse Strauß angedichtet. Kein zweiter Politiker dieser Zeit sei "in derart übler Weise" so häufig verunglimpft worden: Erfolge bei Verleumdungsklagen hätten dem "Streithammel" nicht geholfen.

Nach vier Jahren als Abgeordneter gehörte Strauß Ende 1966 der Regierung der Großen Koalition an - "und zur Überraschung vieler Beobachter arbeiteten Union und SPD höchst konstruktiv zusammen, der neue Bundesfinanzminister wurde eines der erfolgreichsten Kabinettsmitglieder". Möller befasst sich dann mit der "Außerparlamentarischen Opposition", hier auch mit verbalen Entgleisungen von Strauß bei einem Wahlkampfauftritt in Bamberg im Frühherbst 1969. Willy Brandt, der SPD-Kanzler von 1969 bis 1974, war der "Liebling der gemäßigten Linksintellektuellen", Strauß hingegen das "Feindbild nicht allein der APO, sondern auch der weniger radikalen Linksintellektuellen, die zugleich den Eindruck erweckten, nur sie allein repräsentierten die westdeutschen Intellektuellen". Das linksintellektuelle Strauß-Bild "war insofern paradox, als gerade er von intellektueller Neugier und Unruhe getrieben, ein permanenter Neuerer war".

In der Opposition von 1969 an sei die Kritik von Strauß an der Ostpolitik überzogen gewesen. Die Sonthofener Rede von 1974 und deren Ausschlachtung durch den "Spiegel" verursachte einen erheblichen Imageschaden. Beim Trennungsbeschluss von Kreuth vom November 1976 zur Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag, der alsbald zurückgezogen werden musste, habe er die Stimmung in der CSU falsch eingeschätzt. Er hielt als Reaktion eine seiner "ausfallendsten Reden" im Hinterzimmer des Münchener Lokals "Wienerwald": ein Rundumschlag gegen "Parteifreunde" von der CDU und CSU, allen voran Helmut Kohl, die als "politische Pygmäen" und "Reclamausgaben von Politikern" lächerlich gemacht wurden. Erklären kann nicht einmal Möller, warum Strauß "so aus der Rolle fiel". Vielleicht Alkohol?

Im Alter von 63 Jahren vollzog Strauß den Wechsel nach München, wurde am 6. November 1978 zum Ministerpräsidenten gewählt. Als die CDU 1979 mehrheitlich für eine Nominierung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht zum Kanzlerkandidaten eintrat, schlug die CSU Strauß vor. Den habe man regelrecht drängen müssen, mit Edmund Stoiber als Antreiber! Im Juli setzte sich Strauß durch. Laut Möller kämpfte 1980 "ein Goliath gegen Windmühlen", weil es "nur begrenzt um die besseren Argumente ging". Die Anti-Strauß-Propaganda habe "das für einen Wahlerfolg notwendige Vertrauen" erschüttert. Die Union erreichte ihr Ziel am 5. Oktober nicht.

Durch den Koalitionswechsel der FDP konnte Kohl am 1. Oktober 1982 Kanzler werden. Strauß blieb in München, übernahm bundespolitische Aufgaben, wobei die "spektakulärste" der Milliardenkredit für die DDR war. Ein eigenes Kapitel widmet Möller dem Thema "Strauß und das Geld - Falsche und echte Freunde". Es geht um Auftragsvergaben, Beraterverträge, vergütete Testamentsvollstreckungen. Mittlerweile werde "mit strengeren Maßstäben darauf geachtet, wie angemessen sich Amtsträger verhalten und welche Grenzen sich aus ihrem Amt für wirtschaftliches Agieren ergeben. Das geziemt der politischen Kultur, doch gelten solche Regeln nicht rückwirkend." Allen Gerüchten zum Trotz war Strauß die Politik wichtiger als das Geld, weiß Möller. Gleichwohl würden Spekulationen über sein Vermögen "groteske Blüten treiben". In jüngsten Gerichtsverfahren gegen den "Stern" und gegen die Bücher "des ehemaligen Finanzbeamten Wilhelm Schlötterer, der seit Jahren unbewiesene Diffamierungen wiederholt", wurde beiden untersagt, gewisse Behauptungen aufzustellen.

Strauß habe als Ministerpräsident bei wichtigen Infrastrukturprojekten "Mut zu unpopulären oder umstrittenen Entscheidungen" bewiesen. Er müsse "unter den Voraussetzungen seiner Zeit, nicht der unseren beurteilt werden", resümiert der Biograph über den am 3. Oktober 1988 plötzlich verstorbenen Strauß, der durch seinen ungebrochenen Freiheitsdrang eine widersprüchliche Herrschergestalt verkörpert habe, die bis heute gegensätzliche Reaktionen hervorrufe: "Von Hass bis zu Liebe und Verehrung reicht die Skala." Möller darf dabei zu den großen Verehrern gezählt werden.

RAINER BLASIUS

Horst Möller: Franz Josef Strauß. Herrscher und Rebell. Piper Verlag, München 2015. 829 S., 39,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.06.2015

Kampf gegen
den Mob
Horst Möllers Strauß-Biografie macht
den CSU-Politiker langweiliger als er war
VON FRANZISKA AUGSTEIN
Der Wille zur Macht ist in der Politik nicht ehrenrührig. Politiker müssen das Sagen haben, so sie ihre Ideen verwirklichen wollen. Horst Möller konzediert, dass auch Franz Josef Strauß von Machtstreben und Geltungssucht nicht frei war. Stärker sei indes ein anderer Antrieb gewesen: „seit jungen Jahren das durchgängige Motiv, helfen zu wollen“.
  Franz Josef Strauß gelang, was wenigen Politikern beschieden ist: Der CSU-Mann aus Bayern brachte es dazu, für säkular denkende Zeitgenossen fürchterlich wie der Gottseibeiuns zu sein. Er provozierte alle, die irgendwie links oder liberal dachten. Ganz allein schaffte er es, wie eine abstrakte Macht dazustehen: als „Gefahr für die Demokratie“.
  Kanzler Adenauer wehrte sich mit Händen und Füßen und war doch wie gefesselt, als er 1956 den Atomminister Strauß zum Verteidigungsminister bestellen musste. Als Strauß 1966 Finanzminister in der Großen Koalition wurde, beredete der kommissarische SPD-Fraktionschef und spätere Kanzler Helmut Schmidt die Genossen: „Strauß ist eine Kröte, die man schlucken muss.“ Mit einer ähnlichen Formulierung beschwerte sich der Altkanzler Helmut Kohl in seinen „Erinnerungen“ (2004) über den langjährigen Vorsitzenden der CSU: „Was hatte ich alles hingenommen und um des Unionsfriedens willen heruntergeschluckt, wo ich lieber massiv Kontra gegeben hätte!“
  Schon viele Autoren haben den 1988 verstorbenen Strauß gegen das verteidigt, was dieser den „Mob der Linkspresse“ und den „Mob der öffentlichen Meinung“ nannte. Aber keine Apologie ist so lang geraten wie die Biografie von Horst Möller, dem früheren Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte.
  Möller sympathisiert mit vielen politischen Ansichten seines, man darf sagen, Helden. Strauß ersteht in dieser Biografie als ein brillanter politischer Kopf, der klug erkannte, was andere erst Jahre später begriffen; der selbstlos darauf achtete, zwischen widerstreitenden Interessen einen Ausgleich zu finden; der Rückschläge tapfer hinnahm, sich nichts zuschulden kommen ließ und die vielen Diffamierungen, mit denen der oben erwähnte Mob ihn verunglimpfte, selten mit gleicher Münze heimzahlte.
  Möllers Strauß hatte es nicht nötig, aus dem Leben zu lernen: Im Gegensatz zu anderen Politikern war er schon zur vollen Reife und Einsicht gekommen, als er 1946 mit 30 Jahren seine Karriere als Landrat in Schongau begann. Die Kinder von Franz Josef Strauß können mit dieser Biografie zufrieden sein: Der Vater kommt gut weg. Leider allzu gut. Horst Möller hat Strauß konsequent einem historiografischen Fotoshop-Verfahren unterworfen. Entsprechend plakativ ist das dabei entstandene Bild. Der wirkliche Franz Josef Strauß war viel destruktiver und viel interessanter, als er aus Möllers Buch hervortritt.
  Wenn Angela Merkel bloß dreimal pro Jahr öffentlich so lustig-pointierte Dinge sagte, wie sie Strauß allerwege aus dem Mund fielen, würde ihre steife Rhetorik nicht bemängelt werden. Wenn Horst Möller mehr der politisch unbedeutenden, aber gelungenen Aperçus von Franz Josef Strauß zitiert hätte, würden skeptische Leser dem „bayerischen Kraftwerk“, wie Möller ihn nennt, manch verbale Ausfälligkeit nachsehen. Strauß trug sein Herz auf der Zunge. Das ist der Grund, warum viele seiner politischen Gegner heute, da er nicht mehr ist, mit fast zärtlicher Nostalgie an ihn zurückdenken. So intrigant er sein konnte (etwa als es ihm 1956 darum ging, seinen Vorgänger im Verteidigungsministerium abzuservieren, weil er selbst den Posten haben wollte), so waghalsig und ohne Rücksicht auf Verluste überließ er sich bei vielen Auftritten seinem Redefluss. Könnte ein so offenherziger Mann heute noch als Politiker reüssieren? Möller stellt die Frage. Die Antwort zu finden überlässt der Historiker seinen Lesern.
  Möller konnte Strauß’ schriftlichen Nachlass einsehen. Nach dem zu urteilen, was er daraus zitiert, muss dieser Fundus ziemlich unergiebig sein. Sehr oft beruft Möller sich auf Straußens posthum erschienene „Erinnerungen“. Zwar merkt er es mehrmals an, wenn Strauß geflunkert hat, aber ebenso oft zitiert er aus den „Erinnerungen“, als wären sie eine verlässliche historische Quelle. Andere Quellen hingegen und wichtige Zusammenhänge übergeht Möller.
  Das Kapitel über einige Skandale, die den Verteidigungsminister Strauß umwaberten, hebt mit den beschwichtigenden Worten an: „Bis heute blieb es kaum einem Verteidigungsminister erspart, vor allem bei Fragen der Ausrüstungspolitik angegriffen zu werden.“ Wohl wahr. Nur dass die Dinge bei Strauß allzu oft ins Zwielichtige abglitten, macht den Unterschied. Ein Beispiel ist die Starfighter-Affäre: Die Anschaffung dieses unausgereiften Jägers hat Dutzende Militärpiloten das Leben gekostet.
  Stets war Strauß ein Freund der Atomtechnologie. Außerdem war er ein robuster Antikommunist. Beides gehört zu den wenigen politischen Konstanten in seinem Leben. Außerdem war Strauß ein Freund von Entspannungspolitik (worauf Möller Wert legt), dies freilich vor allem insofern, als er meinte: Begleitend müsse die Nato so gerüstet sein, dass die Chefs der Sowjetunion nicht im Traum an einen Erstschlag denken könnten. In den 50er-Jahren teilten die USA ihren Nato-Partnern die Direktive aus: Atomwaffen seien wichtiger als konventionelle Verteidigung. Das kam Franz Josef Strauß entgegen. Das Vehikel dafür war der Starfighter.
  Die Idee, atomar bewaffnete Flugzeuge zu besitzen, gefiel allen gut: sogar der SPD. Adenauer, mit der Gabe der Vereinfachung gesegnet, betrachtete Atomwaffen als eine „Weiterentwicklung der Artillerie“. Mit Strauß war er eines Sinnes: Europa brauchte eigene Atomwaffen, und wenn Europa nicht mitspielen wollte, dann sollte Westdeutschland das Zeug für sich allein anschaffen – letzteres hängten die Strategen in der kriegsversehrten Bundesrepublik aber nicht an die große Glocke.
  Möller hat recht: Von einer Woge politischer Zustimmung getragen, mag ein Verteidigungsminister dazu neigen, einen Fehler zu machen. Aber sollte er nicht dennoch vorher nachfragen? 1958, nach einem sinnlich befeuernden Besuch bei der Firma Lockheed in Kalifornien, bestellte Strauß 300 Starfighter. Voreilig: Die Experten des Luftwaffenführungsstabs waren noch dabei, die Konkurrenten Mirage III A und Super Tiger zu prüfen. Letzteres erwähnt Möller nicht.
  Der Starfighter war ein Schönwetterjäger. Für Deutschland musste er hektisch umgerüstet werden: zu einem Allwetterflugzeug, das zudem Atomwaffen trug. Die Umrüstung misslang. 1969 veröffentlichte der Bundesrechnungshof einen vernichtenden Bericht, den Möller mit keinem Wort erwähnt: „Von dem Minister wurde entschieden“, ein Flugzeug zu bestellen, das de facto eine „Neukonstruktion“ gewesen sei. Daraus hätten sich „Nachteile für den Bund“ ergeben, „die nicht wiedergutzumachen“ seien. In Möllers Augen hingegen ist die Starfighter-Affäre 1965 so gut wie erledigt. Er zitiert wohlwollend einen „objektiven Kommentar“ der Süddeutschen Zeitung von 1965: „Ärgerlich an der ganzen Sache“ sei nur die Geheimnistuerei des Verteidigungsministeriums.
  In den 70er-Jahren kam in den Vereinigten Staaten von Amerika ans Licht, dass Lockheed den Flugzeug-Absatz per Schmiergeld hochgeschraubt hatte. Dem japanischen Premier wurde deshalb der Prozess gemacht, Italiens Präsident trat zurück, und Prinz Bernhard der Niederlande durfte künftig nicht mehr in Uniform auftreten. Strauß blieb schon deshalb unbehelligt, weil die meisten Lockheed-Akten des deutschen Verteidigungsministeriums vernichtet worden waren. Möller aber schreibt lediglich von einem „Verdacht“, dass Lockheed bestochen haben könnte. Er treibt es mit der Strauß-Apologie wirklich zu weit.
Horst Möller: Franz Josef Strauß. Herrscher und Rebell. Piper Verlag, 2015. 832 Seiten, 39,99 Euro.
Möllers Strauß
hatte es nicht nötig,
aus dem Leben zu lernen
Das Vehikel für die neue
Strategie der Nato
war der „Starfighter“
Manch brisante Akten
finden in der Biografie
keinerlei Erwähnung
Untertanen-Pflege mit Orden und anderen Nettigkeiten: „Zum neuen Jahr – eine bayerische Wildfütterung“, hieß die Karikatur von Ernst Maria Lang im Jahr 1979.
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"Franz Josef Strauß wurde verehrt und geliebt, gehasst und bekämpft - die erste große Biografie legt ein quellenkritisches Bild einer komplexen Persönlichkeit vor.", Bayernkurier, 07.09.2015 20151120