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Die Schriftstellerin Connie Palmen und den Staatsmann Hans van Mierlo verband eine späte symbiotische Liebe. In diesem Buch beschreibt sie, mit vielen Rückblenden in die Zeit ihres Zusammenseins, seine Erkrankung, seinen Tod und ihren Umgang mit Trauer und Verzweiflung. Bewegende Notizen gegen das Vergessen."

Produktbeschreibung
Die Schriftstellerin Connie Palmen und den Staatsmann Hans van Mierlo verband eine späte symbiotische Liebe. In diesem Buch beschreibt sie, mit vielen Rückblenden in die Zeit ihres Zusammenseins, seine Erkrankung, seinen Tod und ihren Umgang mit Trauer und Verzweiflung. Bewegende Notizen gegen das Vergessen."
Autorenporträt
Connie Palmen, geboren 1955, studierte Philosophie und Niederländische Literatur und lebt in Amsterdam. Ihr erster Roman ¿Die Gesetze¿ erschien 1991 und wurde gleich ein internationaler Bestseller. Sie erhielt für ihre Werke zahlreiche Auszeichnungen, z. B. den renommierten AKO-Literaturpreis für den Roman ¿Die Freundschaft¿ und den Libris-Literaturpreis 2016 für ¿Du sagst es¿.
Rezensionen
»Connie Palmen schreibt tiefsinnige Romane, die warmherzig und unterhaltsam sind trotz messerscharfer Analysen menschlicher Gefühle.« Christa von Bernuth / Elle Elle

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Connie Palmens "Logbuch eines unbarmherzigen Jahres" ist eines der lebendigsten Bücher über den Tod, die Rezensentin Kristina Maidt-Zinke in den letzten Jahren gelesen hat. Palmen betrauert in diesem Buch den Tod ihres Lebensgefährten, des niederländischen Politikers Hans van Mierlo, und zwar mit beinahe beunruhigender Offenheit, erklärt die Rezensentin. Gerade in diesem ungezwungenen, irgendwie kindlichen Umgang mit den eigenen Gefühlen und dem geringen Respekt gegenüber geltenden Tabus hatte van Mierlo selbst die Anziehung vermutet, die Palmens Texte ausüben. Die Autorin schreibt, als wolle sie ihn in seiner Ansicht unbedingt noch einmal bestätigen, berichtet Maidt-Zinke, die "Selbstentblößung ist ihre Strategie der Verlustbewältigung". Aber das Buch ist auch für Leser interessant, die sich nicht an Palmens "Publikumstherapie" beteiligen wollen, die Erinnerungen der Autorin an verstorbene Kollegen und Freunde, an Begegnungen und Gespräche, machen es schon zu einem wertvollen Dokument, findet die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.05.2013

Tribut der Liebe
Schonungslos: Die Trauer der Connie Palmen

Connie Palmen beginnt 48 Tage nach dem Tod Hans von Mierlos mit ersten Notizen. "Ich wollte einen Roman schreiben, der den Titel Judas tragen sollte - da starb mein Mann." Elf Jahre Leben teilte sie mit dem in den Niederlanden beliebten Politiker. Ein paar Monate zuvor heiratete das Paar. Kann man als Außenstehender Zugang finden zur Trauer? Darf man? Wie schreibt man darüber?

Connie Palmen tut es zum zweiten Mal. "I.M." (1998) schrieb sie nach dem plötzlichen Tod des Journalisten und Talkmasters Ischa Meijer, mit dem sie vier Jahre zusammen war. Ein Buch des Schmerzes, fast ein Liebesroman. So intim manchmal, dass man sich nicht traute, mitzulesen. Jetzt ist das anders, obwohl Connie Palmen auch hier ihrer entwaffnend genauen Poetik vertraut. Sie schaut hin. Sie entblößt sich und ihre Hilflosigkeit, ihre Ausflüchte ins Trinken, ihr Verschwinden hinter dem Styx. Abends kochen Freunde mit ihr, morgens zwingt sie sich zur Zeitungslektüre. Das Leiden sieht sie als Tribut für diese Liebe, dieses Glück.

"Logbuch eines unbarmherzigen Jahres" ist anders als "I.M.". Es ist kein vom Schmerz gezeichneter Liebesroman, keine Litanei, auch kein Denkmal für Hans von Mierlo, die öffentliche Person. Palmens Buch drängt sich nicht auf, obwohl es so viel Gefühl enthält. Es nimmt sich aber auch nicht zurück, sondern rückt einem auf den Leib, gerade so nah, wie jeder es für sich verkraften mag. Es wird in seinem Protokollton, in seinen wie Fallbeile in diesem unbarmherzigen Jahr hereinbrechenden Todesnachrichten, zur "Chronik der Trauer", die zugleich auf eine seltsame Art eine Chronik des Lebens ist.

Kurz nach Hans von Mierlo stirbt dessen Schwester. Dann Palmens Graphiker. Der Autor Harry Mulisch. Anna Keel, die Frau des Diogenes-Verlegers Daniel Keel, ein Jahr darauf er selbst. Auch eine Großtante. "Wir stehen alle an, Kind", sagt Connie Palmens Mutter, als sie die Nachricht überbringt. Es stirbt, ein Jahr nach dem Vater, auch Marie, die Tochter Hans von Mierlos. Zu ihr hat Palmen eine enge Beziehung, auch der Leser, der sie durch das Buch noch begleitet. Dieser Tod wiegt am schwersten, falls das messbar ist.

Die Momentaufnahmen, die Connie Palmen in ihrem unglaublichen Trauermarsch zusammenträgt, verändern sich ständig. Schonungslos tastet sie dieses Jahr ab; seine Gegenwart, in der es keinen Halt gibt; seine Vergangenheit, die immer wieder hineinstrahlt wie aus einer anderen Zeit - durch Einschübe von älteren Einträgen und Reflexionen über den Tod; auch Hans von Mierlo, der anders wahrnahm durch Tagebuchschreiben, kommt zu Wort. Man muss schon auf die Jahreszahl achten, um die so gegenwärtig klingenden Passagen von der Tagesnotiz scheiden zu können. Hinter der persönlichen Verlusterfahrung macht Connie Palmen das Erleben Anderer sichtbar. Das sind viele Gründe, warum ihr Buch eines für viele werden kann, warum es sogar ein seltsam befreiendes Buch ist. Connie Palmen war schon immer eine ausgesucht Lesende, die einen an ihren Funden teilhaben lässt. Auch jetzt prüft sie Texte, die das Ungreifbare in eine Form bringen. In der Literatur bilden sie längst eine eigene Textfamilie: Roland Barthes "Tagebuch der Trauer" oder Anne Philipes "Nur einen Seufzer lang". P.F. Thomése schreibt in "Schattenkind": "Es gibt nur noch Wörter, die mit Un- und Ent- anfangen, also Wörter, die sich von etwas zu lösen, die etwas nicht zu sagen versuchen." Joyce Carol Oates schreibt, sie halte sich aufrecht als "Kunstfigur", die der Beruf ihr beschert. Immer die gleiche Geschichte, immer anders erzählt. Connie Palmen war auf der Suche nach einem Klagelied, aber "man braucht fast biblische Wörter, um das zu beschreiben", so weit weg ist diese Möglichkeit des Ausdrucks, des Lamentierens, sagt sie. In welcher Form? Dem Tagebuch misstraut sie. Die Vorstellung eines Logbuchs ist ihr lieber. Ein Logbuch verpflichtet zum Schreiben, denn es kann als Beweismittel wichtig sein. Man tut etwas, man tut nicht nichts, und man tut es unter dem Vorwand, es nicht zu veröffentlichen. Dass sie ihr Buch aus der Form gehen, es hierhin und dorthin wachsen lässt, ist notwendig. Connie Palmen nimmt die Trauer von allen Seiten in den Blick. Sie zeichnet auf, wie sie sich entwickelt, wiederholt, verändert; wie sie verschließt und vor allem öffnet. Ihr Sprechen über die Trauer ist eine Gratwanderung, die sich bedingungslos allem öffnet. Fast. Denn es heißt ja auch: "Ich weiß, das man mehr nicht aufschreibt." Dazwischen, dahinter ist Connie Palmens bewegender Bericht verortet.

ANJA HIRSCH

Connie Palmen: "Logbuch eines unbarmherzigen Jahres".

Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Diogenes Verlag, Zürich 2013. 265 S., geb., 21,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.06.2013

Deichbruch der Tränen
Abermals schreibt Connie Palmen über den Verlust eines geliebten Mannes
In seiner Ansprache zum 50. Geburtstag der Schriftstellerin Connie Palmen, seiner damaligen Lebenspartnerin und späteren Ehefrau, schilderte der niederländische Staatsmann Hans van Mierlo deren Wirkung auf deutsche Leserinnen: „Sie sind in sie vernarrt und vertrauen blind auf das, was sie sagt. In der emotionalen Entwicklung sind sie gehemmter und kennen mehr Tabus als niederländische Frauen. In Scharen kommen sie zu Connie, und wenn sie spricht, über ihre Kindheit, ihre Eltern, hören sechshundert Frauen gebannt zu.“ Von denen dann manche in Tränen ausbrächen, in Ohnmacht fielen oder vor Ergriffenheit den Saal verließen. Es sei die „Kraft des Kindes“, so formulierte es der Beobachter, die seine Gefährtin dazu befähige, Tabus zu brechen und „verdrängten und verbotenen Kummer“ zu offenbaren. Und er, der ihr ein Vierteljahrhundert an Lebenserfahrung voraus hatte, machte ihr das hintersinnige Kompliment: „Du bist so ein bisschen zum öffentlichen Kind der niederländischen Nation geworden.“
  Connie Palmen hat den vollen Wortlaut jener Rede in ihr „Logbuch eines unbarmherzigen Jahres“ aufgenommen, das ihr in den Monaten nach dem Tod van Mierlos im Frühjahr 2010 als literarisches Ventil und Auffangbecken ihrer Trauer diente. Und das sich liest, als sollten die Worte des Mannes, mit dem sie elf Jahre liiert und weniger als ein halbes Jahr verheiratet gewesen war, darin noch einmal bekräftigt werden: Der Schmerz, von dem diese Aufzeichnungen zeugen, ist der eines Kindes, wütend, grenzenlos, trost- und erklärungsresistent, und kindlich mutet auch die Unbefangenheit an, mit der Palmen ihren privaten Kummer publik macht, ungeachtet der Gefahr, sich und den Verstorbenen dabei voyeuristischer Neugier auszuliefern.
   Die Selbstentblößung ist ihre Strategie der Verlustbewältigung, und vermutlich wird sie damit wieder Scharen emotional gehemmter Leserinnen aus innerer Erstarrung erlösen, wird Schleusen öffnen und Verdrängtes freisetzen, so dass Eigentherapie und Publikumstherapie miteinander verschmelzen: Das „öffentliche Kind“ hat eine kathartische Mission.
  Natürlich durchdringt Connie Palmens schriftstellerische Erfahrung auch ihre persönlichsten Äußerungen. Die scheinbare Spontaneität und Ungeordnetheit, mit der ihre Notate zwischen Erinnerung und Gegenwart hin- und herspringen, ist kalkuliert; der Pragmatismus, der die niederländische Mentalität ebenso prägt wie die – im Vergleich zu deutschen Usancen – größere Direktheit und Lockerheit im Umgang mit Tabus, findet seinen Ausdruck in einer ungezwungen realistischen, gleichwohl formbewussten Sprache. Auch Palmen kennt Schranken der Diskretion, die sie nicht überschreitet, und sie weiß, dass selbst das bitterste Leid weder buch- noch abendfüllend ist.
   Man kann diese Trauer-Chronik daher auch dann mit Gewinn lesen, wenn man sich weniger für die seelischen Qualen der Autorin interessiert als für Interna aus der niederländischen Intellektuellenszene oder für die private Seite des Linksliberalen Hans van Mierlo, der zu den profiliertesten und populärsten Politikern seines Landes zählte. Unter den sich neuerdings stark vermehrenden Bücher über den Tod ist dieses eins der lebendigsten.
  Es sei nicht verschwiegen, dass das leidenschaftliche Lamento, das Connie Palmen gleich einem weiblichen Orpheus anstimmt, relativiert wird durch die Tatsache, dass sie 1998 schon einmal einen Mann literarisch betrauerte, genauso verzweifelt, noch intimer in den Enthüllungen und noch obsessiver im Ton.
  Vier Jahre hatte sie eine für die Ewigkeit gedachte Amour fou mit dem niederländischen Journalisten und Talkmaster Ischa Meijer zelebriert, als der Geliebte, gerade Anfang fünfzig, an einem Herzinfarkt starb – ein Ereignis, an dem sie nach eigenem Bekunden fast zugrunde ging. Hans van Mierlo, den sie kurz nach Erscheinen ihres Meijer-Gedächtnisbuchs „I.M.“ kennenlernte und mit dem sie dann eine ebenso symbiotische Beziehung verband, war nicht nur um vieles älter, sondern schon damals gezeichnet von einem Leberleiden, das seine Lebenserwartung einschränkte. Dass sein Tod nach elfjähriger Zweisamkeit sie abermals als unbegreifliche Katastrophe, als grausam ungerechtes Schicksal überwältigte und niederschmetterte, zeugt von einer Disposition zu starken Gefühlen und extremen Erfahrungen, aber auch von einer Weigerung, erwachsen zu werden, die ein wenig bestürzt.
  Andererseits scheint gerade dieses Festhalten an einem quasi-kindlichen, wie staunenden Blick auf das Leben und seine Gnadenlosigkeit auch eine Kraftquelle für die Autorin zu sein, generiert es doch den Schreibgestus, der Connie Palmens Markenzeichen ist. In jenem Jahr hatte sie nicht nur den Tod Hans van Mierlos, sondern auch den seiner Schwester Doll und seiner Tochter Marie zu verarbeiten, mit denen sie eng befreundet war. Es starben ferner Freunde wie der Schriftsteller Harry Mulisch und Anna Keel, die Frau des Diogenes-Verlegers Daniel Keel, dem danach nur noch ein Jahr Lebenszeit blieb. Palmens Buch versammelt eine ungewöhnliche Häufung von Todesfällen in einem bestimmten Milieu, und ihre bei aller Erschütterung klarsichtige Bilanz der Begegnungen, Gespräche, Reflexionen, die dadurch ausgelöst wurden, macht es zu einem wertvollen Dokument.
  Eingefügt hat sie außerdem einen früher verfassten Essay über Süchte, in dem sie, die nie einen Hehl aus ihrer diesbezüglichen Anfälligkeit gemacht hat, so etwas wie eine Rausch-Philosophie entwirft. Darin heißt es: „Alkoholismus hat etwas mit Tod und Trauer zu tun, nicht unbedingt mit einer schon erlebten Trauer, aber mit einer Trauer, die immer in Aussicht steht und täglich spürbar ist. Diese Trauer ist das Präludium zu einem Verlust, der sich irgendwann einstellen wird, das steht fest, dem entgeht niemand. Es ist nicht nur die Trauer um den möglichen Verlust geliebter anderer, es ist auch die Trauer um den Verlust der eigenen Existenz.“
  Hier schreibt nicht mehr das „öffentliche Kind“, sondern die leidgeprüfte Frau, die ihre eigenen Verstrickungen und Abhängigkeiten unbarmherzig ins Visier nimmt. Es ist wohl dieses Janusgesicht der Connie Palmen, das, wie Hans van Mierlo es formulierte, „Deiche brechen und Tränen zum Strömen bringen“ kann. Die Literaturkritik kann da allenfalls ein paar Sandsäcke in die Flut werfen, und die sind, wie man weiß, im Handumdrehen weggespült.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
  
Connie Palmen: Logbuch eines unbarmherzigen Jahres. Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Diogenes Verlag, Zürich 2013. 265 Seiten, 21,90 Euro.
Connie Palmen ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen der Niederlande. Sie war bis zu dessen Tod 1995 mit dem Journalisten und Talkmaster Ischa Meijer liiert und seit 1999 mit dem Politiker Hans van Mierlo, der 2010 verstarb. FOTO: OH
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