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Der preisgekrönte Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase ist ein geübter Beobachter und Meister des feinen Dialogs. Drehbücher könne er schreiben wie Billy Wilder, bestätigen ihm Filmkenner und -kritiker. Und was Kohlhaase über die Leute sagt, die seinen Weg kreuzten oder mit denen er an wichtigen Filmen arbeitete, gibt tiefe Einsichten, teilt genaue Beobachtungen mit und liefert manch hintergründig-komische Anekdote. Alle diese Texte füllen ein Buch, das so nah an Wirklichkeit und Geschichte ist und so unterhaltsam und lebensnah wie seine Filme. Texte über Konrad Wolf, Frank Beyer, Andreas Dresen,…mehr

Produktbeschreibung
Der preisgekrönte Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase ist ein geübter Beobachter und Meister des feinen Dialogs. Drehbücher könne er schreiben wie Billy Wilder, bestätigen ihm Filmkenner und -kritiker. Und was Kohlhaase über die Leute sagt, die seinen Weg kreuzten oder mit denen er an wichtigen Filmen arbeitete, gibt tiefe Einsichten, teilt genaue Beobachtungen mit und liefert manch hintergründig-komische Anekdote. Alle diese Texte füllen ein Buch, das so nah an Wirklichkeit und Geschichte ist und so unterhaltsam und lebensnah wie seine Filme.
Texte über Konrad Wolf, Frank Beyer, Andreas Dresen, Bernhard Wicki, Hermann Kant, Renate Krössner, Peter Hacks, Kurt Maetzig, Werner Stötzer, Wieland Herzfelde, Ulrich Plenzdorf, Eberhard Esche und andere.
Autorenporträt
Wolfgang Kohlhaase, geboren 1931 in Berlin, ist einer der wichtigsten Drehbuchautoren der deutschen Filmgeschichte, u. a. bekannt für »Berlin, Ecke Schönhauser« (1957), »Ich war neunzehn« (1968), »Solo Sunny« (1980) und »Sommer vorm Balkon« (2005), wurde mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Lubitsch-Preis, dem Goldenen Ehrenbär, dem Deutschen Filmpreis. Er ist verheiratet und lebt in Berlin und Reichenwalde.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.01.2015

Energische Aufrufe für ein besseres Kino
Wolfgang Kohlhaase streitet für gute Filme in der DDR und danach

Sein Name steht für ein halbes Dutzend herausragender Spielfilme, die zwischen 1953 und 1992 im Babelsberger Studio der Defa produziert worden sind. Wolfgang Kohlhaase schrieb die Drehbücher, aber seine Handschrift schlug jedes Mal auch im Regiestil eines Gerhard Klein, Konrad Wolf oder Frank Beyer durch. Er war kein bloßer Stofflieferant, dessen Vorlagen man nach Belieben zurechtbiegen durfte, sondern Autor in der vollen Bedeutung des Wortes und zweimal sogar der Koregisseur: 1978 bei Konrad Wolfs letztem Spielfilm "Solo Sunny" und 1992 bei Gabriele Deneckes Adaption seiner Erzählung "Inge, April und Mai". "Das kollektive Arbeiten liegt mir", bekannte er einmal, aber es lag ihm auch, zur kollektiven Sache der Defa zu sprechen, um die es nicht immer gut stand.

Davon zeugt nun ein Buch mit Texten aus sieben Jahrzehnten, die Günter Agde in den Archiven fand und gemeinsam mit Kohlhaase ausgewählt hat. Der kleinere Teil handelt von der eigenen Filmarbeit, der größere von film- und kulturpolitischen Fragen, die ihn in der DDR bedrängten. Am Schluss findet der Leser etwa dreißig glänzend geschriebene Kurzporträts von Weggefährten und Freunden, als Letztes ein Dankeswort an Andreas Dresen, der seinerseits eine Laudatio auf seinen älteren Freund beisteuerte - man kannte sich aus der Arbeit an den heiteren Komödien "Sommer vorm Balkon" (2005) und "Whisky mit Wodka" (2007). Auch im wiedervereinigten Deutschland hat Kohlhaase die Gelegenheit zum Reden gern genutzt, dabei indes oft nach hinten geblickt, in eine Zeit, wo Realismus unter dem Vorverdacht stand, sich mit den Herrschaftsverhältnissen anzulegen. Bis heute liegt ihm das berüchtigte 11. Plenum der SED im Jahr 1965 schwer im Magen, das fast eine gesamte Jahresproduktion in die Tresore verbannte, darunter auch Kohlhaases letzten Film mit Gerhard Klein, "Berlin um die Ecke".

Indem dieses vorzüglich edierte Buch von Kohlhaase handelt, dessen Biographie noch zu schreiben ist, sagt es auch viel über die Zeit, die der 1931 Geborene durchlebt hat, vom Einmarsch der Roten Armee in den Berliner Stadtteil Adlershof, wo das Arbeiterkind aufwuchs, bis in die Gegenwart, als ihn die Berlinale 2010 mit einem Ehren-Bären für sein Lebenswerk ehrte. 1949, als achtzehnjähriger Volontär bei der kurzlebigen Jugendzeitschrift "Start", hatte er sein Talent zum Schreiben das erste Mal unter Beweis gestellt und mit seinem frischen Urteil auch vor sowjetischen Filmen nicht haltgemacht. Viel mehr begeisterten ihn die großen neorealistischen Filme aus Italien mit ihrem scharfen Blick für die sozialen Verhältnisse. Ohne je ein Studium absolviert zu haben, konnte er bald in die Dramaturgieabteilung der Defa eintreten, um von dort bei erstbester Gelegenheit - die ihm die satirische Kurzfilmreihe "Das Stacheltier" bot - zu den Autoren hinüberzuwechseln. Dreißig Arbeiten in sechzig Jahren, einige beiläufige, die meisten aber bedeutende Werke, listet die Filmographie am Schluss des Bandes auf.

Als Autor wie als Regisseur durfte man sich in der DDR für Werbung nicht zu schade sein, zum Beispiel für einen offenen Brief an die Leser der FDJ-Zeitung "Junge Welt", um in Wolfs Film "Ich war neunzehn" einzuführen. Die Geschichte eines jungen Deutschen, der in sowjetischer Uniform nach Deutschland zurückkommt (es war weitgehend Wolfs Leben, das Kohlhaase aufschrieb), sollte 1968 nicht an der verbreiteten Aversion gegen "Russenfilme" scheitern. Andere Briefe gingen 1972 an das für Kultur zuständige Politbüromitglied Kurt Hager und den polnischen Botschafter in Ost-Berlin, um dem Warschauer Einspruch gegen angeblich antipolnische Tendenzen in Frank Beyer Film "Der Aufenthalt" zu begegnen. Es half nichts, die DDR musste den mit Sylvester Groth glänzend besetzten Film von der Berlinale zurückziehen.

Fast unermüdlich meldete sich der anerkannte Autor auf Tagungen zu Film- und Literaturfragen zu Wort, mal "Realismus", mal "Emanzipation" einfordernd. Man solle "die Dinge sehen, wie sie sind", wiederholte er energisch, aber auch so, wie man sie selbst sieht: durch keine vorgegebene Brille. Er wusste von den statistischen Kunststücken, leere Säle bei Prädikatsfilmen mit fiktiven Zahlen als voll abzurechnen, und wetterte gegen die Tricks, brisante neue sowjetische Arbeiten in Vorstadtkinos abzudrängen, damit sie wenig gesehen wurden. Manchmal stolpert man in diesen Reden über ideologische Formeln wie "geschichtliche Aufgabe der Arbeiterklasse", die Kohlhaase ebenso wenig nötig hatte wie 1978 die Floskel "Der Kapitalismus stirbt lange". Vielleicht hatte er mit Letzterem ja sogar recht, aber erst einmal starb der Sozialismus - sehr schnell.

HANS-JÖRG ROTHER

Wolfgang Kohlhaase: "Um die Ecke in die Welt". Über Filme und Freunde.

Hrsg. von Günter Agde. Verlag Neues Leben, Berlin 2014. 332. S., geb., 19,99 [Euro].

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