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Während an der Front gekämpft wird, feiern die beiden Schulfreundinnen Patience und Grete im April 1918 in einer kleinen Konditorei in Berlin ihr bestandenes Abitur. Beide sind froh, dass ihnen bei der Prüfung kein Bekenntnis zur Nation abverlangt wurde, stimmen sie doch schon lange nicht mehr in den patriotischen Überschwang ihrer Umgebung mit ein: Grete ist Sozialistin und Patience, die eine englische Mutter hat, wurde von den Mitschülerinnen ständig daran erinnert, dass sie "nicht dazugehört". Margaret Goldsmith schildert in ihrem erstmals 1931 veröffentlichten Roman "Patience geht vorüber"…mehr

Produktbeschreibung
Während an der Front gekämpft wird, feiern die beiden Schulfreundinnen Patience und Grete im April 1918 in einer kleinen Konditorei in Berlin ihr bestandenes Abitur. Beide sind froh, dass ihnen bei der Prüfung kein Bekenntnis zur Nation abverlangt wurde, stimmen sie doch schon lange nicht mehr in den patriotischen Überschwang ihrer Umgebung mit ein: Grete ist Sozialistin und Patience, die eine englische Mutter hat, wurde von den Mitschülerinnen ständig daran erinnert, dass sie
"nicht dazugehört".
Margaret Goldsmith schildert in ihrem erstmals 1931 veröffentlichten Roman "Patience geht vorüber" die Lebensentwürfe und Enttäuschungen der sympathischen Heldin Patience - von ihrer leidenschaftlichen Liebe zu Grete bis hin zu ihrem "neusachlichen" Umgang mit Beziehungen Ende der 1920er-Jahre. Zwischen den Klassen, den Nationen, aber auch den Geschlechtern stehend, lotet die junge Berlinerin die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Nachkriegskulturen, der Sexualmoral und der Rollenbilder in Deutschland und England aus. Aus der Sicht einer selbstbewussten jungen Frau entsteht dabei ein dichtes Zeitbild vom Ende des Ersten Weltkriegs und der Novemberrevolution über die Inflation 1923 bis ins Jahr 1930.
Der Roman ist der Künstlerin Martel Schwichtenberg gewidmet, mit der Goldsmith befreundet war und von der die Umschlagillustration stammt.
Autorenporträt
Ab 1928 verfasste Margaret Goldsmith sechs Romane und mehr als zwanzig Biografien und Sachbücher, u.a. zu Hindenburg, Zeppelin, Christina von Schweden und Sappho, und übersetzte ebenso viele Bücher aus dem Deutschen ins Englische. Goldsmith wurde 1895 im US-amerikanischen Milwaukee geboren und wuchs in Berlin auf. Nach einem Studium in Illinois kehrte sie 1921 wieder nach Berlin zurück und arbeitete als US-Handelskommissarin. Als Korrespondentin war sie mit ihren Berichten aus Deutschland in englischen und amerikanischen Zeitungen präsent. Bekannt ist Margaret Goldsmith (oder Goldsmith-Voigt, nach dem Journalisten Frederick Voigt, mit dem sie von 1926 bis 1935 verheiratet war) heute allerdings am ehesten für eine Episode, die weder mit ihren Büchern noch mit ihren sonstigen beruflichen Tätigkeiten zu tun hat: durch ihre Liebesaffäre mit Vita Sackville-West 1928. 1931 ging Goldsmith nach London und wurde dort eine wichtige Vermittlerin deutscher Literatur. Sie übertrug u.a. Werke von Anna Seghers, Oskar Maria Graf, Vicki Baum und Erich Kästner ins Englische und setzte sich für deutsche EmigrantInnen wie Grete Fischer und Siegfried Kracauer ein. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete sie beim Britischen Rundfunk. 1971 starb die Schriftstellerin, Übersetzerin und Journalistin, die sich als Feministin für die Rechte und Sichtbarkeit der Frauen einsetzte, im Alter von 76 Jahren in ihrer Wahlheimat London.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Rezensentin Edelgard Abenstein freut sich über die Neuausgabe dieses 1931 erschienenen Romans der englisch-deutsch-amerikanischen Autorin Margaret Goldsmith. Überraschend "unkonventionell" erscheint der Kritikerin der Roman, der ihr von der jungen Patience erzählt, die eine Menage-a-trois mit einem jungen Soldaten und einer Freundin eingeht, diese bald auflöst, ihr Geld als Journalistin und Ärztin verdient und allein eine Tochter großzieht. Psychologisches Einfühlungsvermögen, exakte Beobachtungen auch auf die politischen Hintergründe der Zeit und ein nüchterner Erzählton lassen die Rezensentin die Autorin in eine Reihe mit den "großen Namen" zwanziger Jahre einordnen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2020

Die Geduld trägt sie nur im Namen
Frauen in einer aufgewühlten Zeit: Margaret Goldsmiths Roman "Patience geht vorüber" aus dem Jahr 1931

Dieser Roman erschien 1931 zum ersten Mal, mitten in der Wirtschaftskrise. Er wurde deshalb schnell vergessen. Margaret Goldsmith, eine Deutschamerikanerin, hat ihn ihrer Freundin gewidmet, mit der sie eine leidenschaftliche Liebe verband. Den autobiographischen Hintergrund ihres auf Deutsch geschriebenen Werks versteckt sie nicht. Er wird aber erst so recht deutlich durch das umfangreiche Nachwort des Herausgebers Eckhard Gruber. Oft sucht man im Roman allerdings vergeblich nach Spuren der zahlreichen Berühmtheiten, die Margaret Goldsmith kannte. In der Romanfigur Gretel hat sie aber zumindest ihrer Freundin Vita Sackville-West, die zum Bloomsbury-Kreis um Virginia Woolf gehörte, ein Denkmal gesetzt.

Goldsmith war eine sehr produktive und vielseitige Publizistin. Sie arbeitete für die amerikanische Handelskommission, die BBC und für deutsche und englische Zeitungen, übersetzte deutsche Literatur ins Englische, darunter Bücher von Anna Seghers oder Erich Kästners "Emil und die Detektive", und sie fühlte sich generell als Vermittlerin zwischen angelsächsischer und deutscher Kultur. Mehr als zwanzig Sachbücher hat sie selbst geschrieben; dazu viele Biographien historischer Gestalten, insbesondere von Frauen.

Frauen in einer aufgewühlten Zeit, in der die Katastrophe des Ersten Weltkriegs nachwirkte, sind auch die Heldinnen ihres ersten Romans "Patience geht vorüber". Der Name der Titelfigur ist irreführend, denn die Erzählerin und spätere Journalistin Patience ist alles andere als ruhig und geduldig. Sie geht auch nicht vorüber, vielmehr lebt sie sehr intensiv in diesen Jahren zwischen den Kriegen, in denen Ordnungen zerbrachen und Traditionen sich im Chaos auflösten. Doch es gab auch Aufbrüche zu vielversprechendem Neuen und manchmal Parallelen zu unserer ähnlich unsicheren Zeit.

Der Spannung zwischen Politik und Privatem entsprechen die beiden Romanschauplätze Berlin und London. Patience ist die Tochter einer Engländerin aus bester Familie und eines deutschen Vaters aus verarmtem Adel; in beiden Ländern bleibt sie Außenseiterin, aber eben durch diesen Abstand auch eine gute Beobachterin. Sie bezeichnet sich selbst als pazifistische Sozialistin, ohne sich wie ihre Freundin Gretel ganz und gar einer politischen Partei anzuschließen. Ihre Mutter identifiziert sich mit den englischen Fabians und wird später nach der Rückkehr in ihre Heimat Parlamentsabgeordnete der Labour Party.

Die Neue Sachlichkeit war in den zwanziger Jahren nicht nur eine Richtung der Kunst, sie prägte als Grundeinstellung auch andere gesellschaftliche Bereiche. Sogar die Liebe und die Erotik. Jeder Anflug von Romantik war damals verpönt. Patience lässt Gefühle nur für ihre Freundin Gretel zu, heiratet jedoch einen Mann, einen Kriegsteilnehmer und Piloten, für den sie hauptsächlich Mitleid empfindet. Nach seinem Tod geht sie nie mehr eine länger dauernde Bindung ein, weder zu Frauen noch zu Männern. Aber Bindungen sind ja auch das, was sich in diesen Jahren am meisten verändert und auflöst. Der Versuch, Erotik und Sexualität durch technische Perfektion zu ersetzen, misslingt. Patience flüchtet sich geradezu in ein neues Studium, Medizin nämlich, das sie von ihren Selbstzweifeln erlöst.

Das alles teilt uns die Autorin in klarer schmuckloser Sprache mit; ganz ohne Klischees kommt sie aber doch nicht aus. Sie betreffen vor allem England, das anders als das Deutschland der Zwischenkriegszeit noch länger an seinen Traditionen festhielt. Dazu hätte man gern mehr erfahren als die Beispiele von understatement und unterkühlten Gefühlen.

MARIA FRISÉ

Margaret Goldsmith:

"Patience geht vorüber".

Roman.

Aviva Verlag, Berlin 2020. 224 S., geb., 19,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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