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Hans-Jochen und Bernhard Vogel haben die deutsche Geschichte nach 1945 von Anfang an erlebt. Als Betroffene und als Akteure. Die großen Daten von 70 Jahren deutscher Nachkriegsgeschichte sind verbunden mit Stationen ihres politischen Lebens. Vor über einem Jahrzehnt haben die beiden Brüder ihre Lebenswege zum ersten Mal in diesem ungewöhnlichen und spannend erzählten, persönlichen Geschichtsbuch niedergelegt. Zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit schauen sie noch einmal zurück, um die letzten Jahre deutscher Politik in den Blick zu nehmen. Gestützt auf die Summe der Erfahrungen zweier langer…mehr

Produktbeschreibung
Hans-Jochen und Bernhard Vogel haben die deutsche Geschichte nach 1945 von Anfang an erlebt. Als Betroffene und als Akteure. Die großen Daten von 70 Jahren deutscher Nachkriegsgeschichte sind verbunden mit Stationen ihres politischen Lebens. Vor über einem Jahrzehnt haben die beiden Brüder ihre Lebenswege zum ersten Mal in diesem ungewöhnlichen und spannend erzählten, persönlichen Geschichtsbuch niedergelegt. Zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit schauen sie noch einmal zurück, um die letzten Jahre deutscher Politik in den Blick zu nehmen. Gestützt auf die Summe der Erfahrungen zweier langer politischer Leben kommentieren sie die neuen Herausforderungen und massiven Umbrüche der Gegenwart. Und sie appellieren an uns Nachgeborene, uns für unsere erfolgreich aufgebaute demokratische Ordnung mit aller Kraft zu engagieren.
Autorenporträt
Bernhard Vogel, Prof. Dr., war Kultusminister und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Ministerpräsident von Thüringen und Präsident des Zentralkomitees der dt. Katholiken sowie Mitglied des Bundesvorstands der CDU. Bis 2011 Vorsitzender der Konrad Adenauer-Stiftung. Hans-Jochen Vogel, Dr. jur., geboren 1926, gestorben 2020, war Oberbürgermeister von München, Regierender Bürgermeister von Berlin, Bundesminister für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau, Bundesminister für Justiz, SPD-Vorsitzender und Oppositionsführer im Bundestag. Er lebte bis zu seinem Tod in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.06.2007

Das Hohelied der Bundesrepublik
Die Brüder Bernhard und Hans-Jochen Vogel erinnern sich im Wechselspiel

Eine pfiffige Idee, die beiden Vogel-Brüder, die in SPD und CDU erstaunliche Karriere machten, über Jahrzehnte nie gemeinsam auftraten, sich aber in allen politischen Kämpfen stets respektierten und freundschaftlich verbunden blieben, im Wechselspiel einen Blick zurück werfen zu lassen auf sechs Jahrzehnte deutscher Zeitgeschichte. Am Anfang steht, natürlich, das Ende des Krieges, aus dem der sechs Jahre Ältere, Hans-Jochen, mit einem Bauchschuss in Norditalien herauskommt, während der Jüngere amerikanischen Tanks am Ostermontag 1945 im heimatlichen Gießen begegnet. Dass die totale Niederlage zugleich eine Befreiung bedeutet, erschließt sich beiden erst allmählich, wobei Hans-Jochen, früh schon schulmeisterlich, Bernhards politische Bildung übernimmt, die wichtigsten Wochenereignisse abfragt, richtige Antworten mit 50 Pfennig honoriert. Dass ihm der jüngere Bruder jedoch 1950 nicht in die SPD folgen mag, stattdessen etwas später in die CDU eintritt, wird als notwendiger Emanzipationsakt mehr als erklärlich.

Währungsreform, Grundgesetz, Adenauer-Zeit - schon bei diesen Schilderungen wird deutlich, was beide Brüder prägt und über alle politischen Gräben hinweg neben einem tiefen Verfassungspatriotismus verbindet: eine katholisch fundierte, paternalistische Sozialethik. Wo Hans-Jochen Vogel in den fünfziger Jahren lange vom "Gedanken des Gemeineigentums an marktbeherrschenden Unternehmen" fasziniert ist und noch später als Bundesbauminister im Kabinett Brandt von einer "wirklichen Bodenreform" träumt, beruft sich sein Bruder auf die katholische Soziallehre, auf die Jesuitenpatres Gustav Gundlach und Oswald von Nell-Breuning. Zusammen verehren sie Johannes Paul II., loben seine Kapitalismuskritik. Auch Hans-Jochen Vogel, der erste praktizierende Katholik an der Spitze der SPD, wird ihn mehrmals treffen. Wirkliches Vertrauen in die Effizienz, die Gerechtigkeit des Marktes sieht anders aus, bei allem Lob für den Mut Ludwig Erhards und seine Wirtschaftsreformen.

Das Wirtschaftswunder und die gute Bezahlung als Münchner Stadtrat und Leiter des Rechtsreferates verhelfen Hans-Jochen Vogel 1958 zu seinem ersten Auto, einem VW-Käfer. Der Aufstieg zum jüngsten Oberbürgermeister Deutschlands folgt zwei Jahre später. Ein Menetekel für Adenauer - der amtierende Bundeskanzler ist fünfzig Jahre älter. Bruder Bernhard nimmt derweil unter dem Decknamen "Peter Pinto" mit Rückendeckung des Ministeriums für Gesamtdeutsche Fragen an den kommunistischen Weltjugendspielen in Wien teil. Auch seine Karriere gewinnt nach kommunalpolitischem Start an Fahrt, führt 1965 in den Bundestag. Wichtigster Förderer und Freund? Helmut Kohl, dem er in den dramatischen Wochen von Erhards Sturz, Kurt Georg Kiesingers Kür und der Bildung der ersten großen Koalition der Bundesrepublik jeden Abend telefonisch berichtet, der ihn wenig später zum Kultusminister in Rheinland-Pfalz berufen, 1976 als Nachfolger im Ministerpräsidentenamt vorschlagen wird. Bernhard Vogel im Rückblick: "Die Partei war Kohls Heimat. Mitunter - so schien es manchmal - war ihm sein Parteiamt noch wichtiger als sein Regierungsamt."

Der Band versammelt eine Fülle solcher Beobachtungen und Skizzen politischer Weggefährten. Brandts Kniefall in Warschau und sein Plädoyer für "compassion" auf dem SPD-Wahlparteitag 1972 haben Hans-Jochen Vogel besonders beeindruckt. Herbert Wehners Verstrickungen in die stalinistische Mordmaschinerie bewertet er milde: Wehner sei, selbst bedroht, "ein Rädchen im riesigen Verfolgungsapparat" gewesen. Über Helmut Schmidt erfahren wir, dass er Kabinettssitzungen vom ersten Tage an "straff und gut vorbereitet" führte, Helmut Kohl im Ministerkreis einst als "Zaunkönig, der keine Zukunft habe" bezeichnete - ein amüsantes Fehlurteil.

Gegner und bittere Niederlagen bleiben weitgehend ausgeblendet. Allerdings ärgert sich Hans-Jochen Vogel noch immer über den Vorwurf, dass die SPD sich 1989 bereits endgültig mit der Zweistaatlichkeit abgefunden und einen unkritisch engen Dialog mit dem SED-Regime gepflegt habe, und - historische Sensation - dass sein Stufenplan zur deutschen Vereinigung vor Kohls berühmten zehn Punkten übersehen wurde: "Dass ich zuvor in einem fünf-Punkte-Programm für meine Fraktion bereits dasselbe gefordert habe, ist weithin unbekannt geblieben." Oskar Lafontaines Verhalten ergrimmt ihn noch immer - dieser habe den SPD-Parteivorsitz weggeworfen "wie einen schmutzigen Anzug", habe einen Mangel an Solidarität, ein "Übermaß an Egozentrik" erkennen lassen.

Auffällig ist die brüderliche Übereinstimmung bei der Bewertung der Apo. Wo Hans-Jochen Vogel sich an "kalten, mitunter hasserfüllten Fanatismus, Unduldsamkeit und absolute Humorlosigkeit" der studentischen Ideologen erinnert, berichtet Bernhard fast schon lakonisch von chaotischen Zuständen an den Universitäten, offenen Rechtsbrüchen, resignierenden Professoren und davon, dass er selbst sich 1967/68 daran gewöhnen musste, "nahezu allabendlich mit Eiern und Tomaten beworfen zu werden".

Ihre größte Herausforderung allerdings bestand die Republik für beide Brüder vor dreißig Jahren, im sogenannten "deutschen Herbst" der Schleyer-Entführung. Der eine, Hans-Jochen, sitzt als Bundesjustizminister im Bonner Krisenstab, der andere als Freund und Vertrauter bei Familie Schleyer in Stuttgart. Die jeweilige Schilderung ist hier dicht, bedrückend: Ein Mensch wird geopfert für die Staatsräson. Beide wissen es, sind letztlich hilf- und machtlos wie alle. Dennoch wird Bernhard Vogel als Ministerpräsident - der älteste Sohn Schleyers ist sein Büroleiter - zehn Jahre später den ersten RAF-Verurteilten begnadigen, nach Rücksprache mit allen Beteiligten, vom Täter bis zu den Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, darunter für die SPD: Bruder Hans-Jochen. Ein weiteres bizarres Detail aus diesem seltsamen politischen Doppelleben. Auch dass Bernhard Vogel 1992 für elf Jahre als Ministerpräsident nach Thüringen gehen, als bislang einziger Politiker in zwei Bundesländern regiert haben wird, bleibt bemerkenswert. So bemerkenswert wie das kleine Buch, in dem in höchsten schwarz-roten Tönen die Erfolgsgeschichte der zweiten deutschen Republik besungen wird.

DANIEL KOERFER

Bernhard Vogel/Hans-Jochen Vogel: Deutschland aus der Vogel-Perspektive. Eine kleine Geschichte der Bundesrepublik. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2007. 256 S., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2007

Ziemlich ungleich
Zeitgeschichte, erzählt von Bernhard und Hans-Jochen Vogel
Jeden Samstagabend war der kleine Bernhard gefordert. Da musste er seinem großen Bruder Hans-Jochen Rede und Antwort stehen. Wenn er „einigermaßen fehlerfrei und vollständig berichten konnte, was sich in der zurückliegenden Woche politisch ereignet hatte” bekam er vom Älteren 50 Pfennig, bei Fehlern gab es weniger. So berichtet es ganz uneitel und ehrlich Bernhard Vogel selber in dem Gemeinschaftswerk, das er zusammen mit Hans-Jochen Vogel verfasst hat. Wie sehr und ob überhaupt dieses Lehrer-Schüler-Verhältnis auch die folgenden Jahrzehnte der Brüder geprägt hat, kann nur vermutet werden. In ihrer „kleinen Geschichte der Bundesrepublik” haben sie jedenfalls ihre Gefühle füreinander außen vor gelassen.
In Sachen Karriere muss eh keiner hinter dem anderen zurückstecken. Die Vogels dürften die erfolgreichsten Politiker-Brüder der deutschen Geschichte sein. Hans-Jochen Vogel wurde schon mit 34 Jahren Oberbürgermeister von München. Er war Regierender Bürgermeister von Berlin, Städtebau- und Justizminister in Bonn, SPD-Chef und Kanzlerkandidat. Bernhard Vogel war CDU-Kultusminister und Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und dann, als bislang einziger Politiker, noch einmal Regierungschef in einem anderen Bundesland – in Thüringen. Doch einen gemeinsamen Auftritt hat das doch ziemlich ungleiche Brüderpaar lange Zeit tunlichst vermieden. Allein schon deshalb ist das jetzt vorgelegte gemeinsame Buch bemerkenswert.
Ihnen glückte es auch – fast immer –, nicht gegeneinander ausgespielt zu werden. Wie der knapp sieben Jahre jüngere Bernhard schreibt, wurde nur ein einziges Mal – bei seiner ersten Bundestagskandidatur 1965 – versucht, die SPD-Mitgliedschaft des Bruders, der damals schon Münchner OB war, als Argument gegen ihn zu verwenden. Ohne Erfolg.
Wer nun erwartet, dass zumindest jetzt die beiden die Chance nützen würden, die versäumten politischen Scharmützel nachzuholen, der sieht sich getäuscht, vielleicht auch enttäuscht. Denn obwohl die Brüder nur drei der 25 Kapitel in dem neckisch mit einem schwarzen und einem roten Stoff-Bändchen versehenen Buch gemeinsam geschrieben haben, werden die Klingen kaum gekreuzt. Zwar stellen beide eingangs fest, dass sie „in nicht wenigen Punkten” bis heute unterschiedlicher Meinung geblieben seien, doch die angeblich so andere Sichtweise muss sich der Leser im Wesentlichen selber erarbeiten. Trotz ihrer unterschiedlichen Parteipräferenz leiten schließlich beide ihre Grundwerte explizit „aus christlichen Wurzeln her”. Und dass die Geschichte der Bundesrepublik „eine beispiellose Erfolgsgeschichte” ist, darüber sind sich die beiden auch einig.
Interessanter als das mühsame Unterfangen, den Dissens zu suchen, ist deshalb, sich auf die jeweilige Perspek-
tive einfach einzulassen. Prinzipiell fällt dabei auf, dass der Ältere sich weniger parteipolitisch äußert, während der Jüngere, der freilich auch noch bis vor kurzem politisch agierte, der SPD (nicht seinem Bruder) mehrere Seitenhiebe verpasst. Da ist von den „schlimmsten Auswüchsen sozialdemokratischer Bildungspolitik” die Rede, oder er kreidet Oskar Lafontaine und Egon Bahr an, dass sie selbst kurz vor dem Fall der Mauer nichts von der deutschen Einheit wissen wollten.
Wer es nicht sowieso schon weiß, der erfährt nur im Text des älteren Vogel, dass, wie fast alle damaligen Politiker auch, der vom jüngeren Vogel besonders verehrte Helmut Kohl gleichfalls noch nicht an die Einheit glauben konnte. Vogel d. Ä. zitiert aus einem Interview, das Kohl im August 1989 gegeben hatte: „Die Einheit der Deutschen ist nach meiner festen Überzeugung nur unter einem europäischen Dach (. . .) zu denken. Das dauert natürlich alles seine Zeit.”
Auch wenn das Buch nicht mit spektakulären neuen Erkenntnissen aufwartet, gibt es doch eine Menge Details, die die Lektüre lohnen. Etwa wenn Hans-Jochen Vogel schildert, wie der später als DDR-Spion entlarvte Günter Guillaume ihn „wiederholt ermuntert” habe, in den Auseinandersetzungen mit der Partei-Linken „schärfer aufzutreten”. Oder dass Bernhard Vogel Probleme mit dem Verfassungsschutz bekam, weil er in der DDR nicht nur im Laufe der Jahre „alle sozialistischen Klassiker” erwarb, sondern auch zwei Propaganda-Filme über den früheren KPD-Chef Ernst Thälmann, die er
„regelmäßig in Westdeutschland” vorführte. Was ausgerechnet den späteren Präsidenten des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken in den Verdacht brachte, „in Hinterzimmern pfälzischer Gasthöfe” würde er Betriebsräte für den Kommunismus schulen. RALF HUSEMANN
BERNHARD VOGEL/HANS-JOCHEN VOGEL: Deutschland aus der Vogelperspektive. Eine kleine Geschichte der Bundesrepublik. Herder, Freiburg 2007. 319 Seiten, 19,90 Euro.
Stillvergnügt und herzhaft lachend: Hans-Jochen und Bernhard Vogel, die wohl erfolgreichsten Politiker-Brüder Deutschlands. Foto: Reuters
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Rezensent Robert Leicht mochte diese "kleine Geschichte der Bundesrepublik" aus der "bodennahen Zwei-Vogelperspektive", also der Perspektive von Hans-Jochen und Bernhard Vogel. Denn darin finden sich seinen Informationen zufolge nicht nur sehr persönliche , bewegende Mitschriften aus sechzig Jahren bundesrepublikanischer Geschichte, wie die Schleyer-Entführung, die Hans-Jochen als Mitglied von Helmut Schmidts Krisenstab, Bernhard als Freund und Berater der Schleyer-Familie miterlebte. Zwar leidet aus Sicht des Rezensenten der literarisch-politisch "Sex-Appeal" der Darstellung gelegentlich unter allzu großer Disziplin. Auch die lediglich als "Nanopartikel" auszumachende Selbstkritik mancher Rechtfertigung lässt Fragen beim Rezensenten offen. Trotzdem ist sein Gesamteindruck positiv.

© Perlentaucher Medien GmbH