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Thomas Mann und der Zauberberg? Nietzsche und das Gebirge um Sils-Maria? Wilhelmine von Hillerns Geier-Wally und die Ötztaler Alpen? Johanna Spyri und Heidi? Nicht nur!Die Berge sind Quelle der Inspiration für viele Schriftstellerinnen. Es reizen sie Herausforderungen und Risiken, die stille Abgeschiedenheit - und die große Schönheit der steinernen Riesen. Es stören sie Touristenrummel und die Zerstörung der Natur, die 'staubgesaugten Wiesen und polierten Berge' (Ingeborg Bachmann). Es locken sie Freiheit und Grenzenlosigkeit. Einige, wie Annemarie Schwarzenbach und Elfriede Jelinek, leb(t)en…mehr

Produktbeschreibung
Thomas Mann und der Zauberberg? Nietzsche und das Gebirge um Sils-Maria? Wilhelmine von Hillerns Geier-Wally und die Ötztaler Alpen? Johanna Spyri und Heidi? Nicht nur!Die Berge sind Quelle der Inspiration für viele Schriftstellerinnen. Es reizen sie Herausforderungen und Risiken, die stille Abgeschiedenheit - und die große Schönheit der steinernen Riesen. Es stören sie Touristenrummel und die Zerstörung der Natur, die 'staubgesaugten Wiesen und polierten Berge' (Ingeborg Bachmann). Es locken sie Freiheit und Grenzenlosigkeit. Einige, wie Annemarie Schwarzenbach und Elfriede Jelinek, leb(t)en in bergigen und hügeligen Landschaften. Andere fühlen sich leidenschaftlich von den Höhen und Tiefen angezogen und erzählen vom Rausch, wie George Sand. Berge erscheinen ihnen als Orte des Loslassens und der Ruhe, der Bedrohung und der Gefahr, der Träumerei und Sehnsucht, der Emanzipation und Regenerierung. - Orte für innere Reisen -Mit dabei: Hilde DominIngeborg DrewitzJulia FranckNatalia Ginzburg Eveline Hasler Ricarda HuchElfriede JelinekElla MaillartVita Sackville-West George Sand Annemarie SchwarzenbachMary ShelleyMarina Zwetajewa u.v.a
Autorenporträt
Florence Hervé, geb. 1944 in Frankreich, ist promovierte Germanistin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2008

Frauen am Abgrund und Abenteurer am Fels: Die Berge in neu erschienenen Büchern
Schwestern der Berge
Im Jahre 1838 schockte Henriette d’Angeville ihre Umgebung mit dem Vorhaben, den Montblanc besteigen zu wollen. „Wenn es die Männer schaffen, so doch die Frauen auch!”, lautete die Losung der unerschrockenen Adeligen, die als erste Frau auf Europas höchstem Gipfel stehen mochte. Das war unerhört! Zur damaligen Zeit ziemte es sich für Damen nicht einmal, alleine Zug zu fahren. Aber die „Schwester der Alpen”, wie sich d’Angeville mit seinerzeit üblichem Pathos nannte, ließ sich nichts vorschreiben. Standesgemäß brach sie auf: mit sechs Bergführern, zehn Kofferträgern, 24 Brathähnchen, zwei Hammelkeulen, zwei Lendenbraten und einem Fass Tafelwein. Sie schaffte es tatsächlich.
Ihr Bericht darüber, wie sie unterwegs vor Erschöpfung alle zehn Schritte für zwei Minuten einschläft und ihre Begleiter anweist, im schlimmsten Fall ihre Leiche auf den Gipfel zu tragen, ist einer der Höhepunkte im Band „Sehnsucht nach den Bergen”. Darin sind 30 literarische Fundstücke von Schriftstellerinnen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis heute versammelt. Das Herausstellen dieses speziellen, weiblichen Blicks hat schon allein wegen der zumindest traditionell vorherrschenden männlichen Dominanz in der Bergwelt ihren guten Grund und verspricht ein besonderes Lesevergnügen. Aber wer es gewohnt ist, die Berge nicht nur in Gedanken, sondern auch mit Steigeisen an den Wanderschuhen aufzusuchen, muss bei der Lektüre erst durch einige allzu liebliche Täler gehen, bis es richtig interessant wird.
Ricarda Huch, Julia Franck und Eva Lehmann-Lilienthal etwa ergehen sich in betulichen und im Wortsinn blumigen Naturbetrachtungen und Kindheitserinnerungen, die sie schon im Mittelgebirge überkommen. Lesende Alpinisten fühlen sich da wohl kaum am Gipfel der Spannung angelangt. Dieses Phänomen wiederum erklärt Lavinia Greenlaw. Sie zitiert den Schriftsteller John Ruskin, wonach „der Geist der Hügel Tat, jener des Unterlandes Einkehr” sei – was laut Greenlaw bedeutet, „dass man in den Bergen dem Nächstliegenden nicht entkommt, während man im Flachland die Dinge zur Seite rücken und übersehen kann”. So sind dann auch die Texte am stärksten, die nicht aus behaglicher Talperspektive, sondern angesichts jenes Unentrinnbaren entstanden sind, das dem Wanderer in eisigen Höhen als existenzielle Herausforderung begegnet – wobei dann sogar zweitrangig wird, ob Frauen oder Männer darüber schreiben.
Die Widerstandskämpferin Lisa Fittko zum Beispiel führt den vor den Nazis flüchtenden Walter Benjamin über die Pyrenäen. Die depressive Journalistin Annemarie Schwarzenbach zieht als Nomadin durch die Hochregionen des Iran. Ihre Freundin Ella Maillart reflektiert in Kirgisistan über ein unabhängiges Leben. Im Anhang finden sich Kurzbiographien und Lesetipps zu den teils unbekannten Autorinnen. So wird durch diesen Band nicht nur die „Sehnsucht nach den Bergen” geweckt, sondern auch ein Einstieg geschaffen ins Werk von großen Frauen am Rande des Abgrunds. JOCHEN TEMSCH
FLORENCE HERVÉ (Hrsg.): Sehnsucht nach den Bergen. Schriftstellerinnen im Gebirge. Aviva, Berlin 2008. 192 Seiten, ca. 40 Abbildungen, 17,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2009

Picknick auf dem Gipfel

"Frauen-Bergsteigen" klingt fatal nach Frauen-Emanzipation. Doch auch nicht emanzipierte Frauen haben den Weg ins Gebirge und auf die Gipfel gefunden. So Henriette d'Angeville, eine Verehrerin Rousseaus, die im Jahr 1838 als erste Alpinistin den Montblanc bestieg. Sie erreichte ihr hohes Ziel mit Hilfe von sechs Bergführern und zehn Kofferträgern; Letztere schleppten, damit niemand unterwegs Hunger oder Durst leide, unter anderem vierundzwanzig Brathähnchen, zwei Hammelkeulen, zwei Lendenbraten sowie ein Fass Tafelwein auf den höchsten Berg Europas. Schon dreißig Jahre vorher war eine Frau, ein Serviermädchen aus Chamonix, von Freunden "unfreiwillig" zum Gipfel mitgenommen, ja getragen worden. Über ein weniger hochgestecktes Ziel schreibt Ricarda Huch, die sich an Bergwanderungen im Harz erinnert, deren Höhepunkt eine Besteigung des Brockens war. Es gibt eine Reihe hübscher, interessanter und lesenswerter Geschichten in dieser Anthologie. Nicht von alpinistischem Ehrgeiz oder emanzipatorischer Motivation wurden die Frauen bewegt, die über ihre Erlebnisse im Gebirge berichten, sondern von Sehnsucht nach Bergen. Unter den schriftstellernden Frauen im Gebirge begegnen uns so bemerkenswerte Autorinnen wie Annette von Droste-Hülshoff (mit einem Gedicht über den Säntis) und George Sand, die romantisch-schwärmerisch-ahnungslos über ihre Pyrenäen-Reise berichtet: "Das Leben der Hirten im Gebirge stellte sich meiner Einbildungskraft dar wie ein göttlicher Traum." Die österreichische Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ist mit einem Text vertreten, allerdings will der sich in den Rahmen dieser Anthologie - woran die Autorin schuldlos ist - nicht recht einfügen. Auch den Bericht von Lisa Fittko, die Walter Benjamin von Frankreich über die Pyrenäen nach Spanien geschmuggelt hat (wo er Selbstmord beging), erwartet man nicht unter dem Titel des Buchs. Sollte die Herausgeberin Textmangel für ihre Anthologie befürchtet haben, hätte sie sich nur bei den jungen Frauen umsehen müssen, die heute die extremsten Routen klettern und dazu auch etwas zu sagen haben.

H.E.R.

"Sehnsucht nach den Bergen - Schriftstellerinnen im Gebirge", herausgegeben von Florence Hervé. Aviva Verlag, Berlin 2008. 192 Seiten. Gebunden, 17,80 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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