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Wie eine Engländerin unser Land erlebte Als Austauschschülerin kam Patricia Clough 1954 zum ersten Mal nach Deutschland, das noch vom Krieg gezeichnet war. Damals brauchte sie fast zwei Tage für die Reise von Nordengland bis nach Marburg zu ihrer Gastfamilie. Eines ihrer ersten Aha-Erlebnisse bestand darin, dass man Kartoffeln tatsächlich schmackhaft zubereiten kann, aber auf keinen Fall mit dem Messer schneiden sollte. Über die nächsten Jahrzehnte hatte sie noch viel Gelegenheit, ihre Kenntnisse der deutschen Lebensart - nicht nur bei Kaffee und Kuchen - zu vertiefen und sich damit…mehr

Produktbeschreibung
Wie eine Engländerin unser Land erlebte
Als Austauschschülerin kam Patricia Clough 1954 zum ersten Mal nach Deutschland, das noch vom Krieg gezeichnet war. Damals brauchte sie fast zwei Tage für die Reise von Nordengland bis nach Marburg zu ihrer Gastfamilie. Eines ihrer ersten Aha-Erlebnisse bestand darin, dass man Kartoffeln tatsächlich schmackhaft zubereiten kann, aber auf keinen Fall mit dem Messer schneiden sollte. Über die nächsten Jahrzehnte hatte sie noch viel Gelegenheit, ihre Kenntnisse der deutschen Lebensart - nicht nur bei Kaffee und Kuchen - zu vertiefen und sich damit anzufreunden. Daraus entsteht ein erzählerisches Kaleidoskop, durch das einiges in den Blick kommt, wovon man so noch nicht gehört hat. Als langjährige Deutschlandkorrespondentin hatte sie selbstverständlich viel mit "Haupt- und Staatsaktionen" zu tun, die auch in diesem Buch eine Rolle spielen. Aber sie sind nicht ihr Hauptanliegen.
Autorenporträt
Patricia Clough hat viele Jahre als Korrespondentin in Deutschland für große englische Zeitungen wie die Times oder den Independent und hat zahlreiche Artikel zur deutschen Innen- und Außenpolitik veröffentlicht. Heute lebt sie in Umbrien.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Patricia Cloughs "Mein Germany" ist ein persönliches Buch, in dem die Journalistin ihre lange Geschichte mit dem Land erzählt, von Nierentischen, Kartoffelsalat und Kohl, immer wieder Helmut Kohl, berichtet Hannes Hintermeier. Clough hat die Ankunft der Gastarbeiter im Wirtschaftsaufschwung miterlebt, besuchte die Beisetzung Herbert Marcuses, war die letzte Journalistin, die von der SED ausgewiesen wurde und schrieb für "Times" und "Independent" über die deutsche Politik, fasst der Rezensent zusammen. Nur das Schlussfazit der Autorin, die den Deutschen eine gelungene Vergangenheitsbewältigung bekundet, weil es so viele Bücher über die jüngere Geschichte gebe, findet Hintermeier problematisch. Clough ist stärker, wenn sie über ihre Erfahrungen aus erster Hand schreibt, so der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.06.2014

Germany über alles
Die Britin Patricia Clough beschreibt ihr Lieblingsland

Mit der Deutschland-Liebe der Engländer ist das so eine Sache. Wenn sie existiert - wovon man bei einem kleinen Prozentsatz der Bevölkerung ausgehen darf -, wird sie nicht ständig nach außen getragen. Wo der Deutsche hemmungslos seine Anglophilie auslebt, als zahlendes Mitglied des National Trust im mehrmals täglich wechselnden Wetterreigen seine Sommerferien zubringt, macht der Brite bei seinen Reisen auf den Kontinent häufig einen Bogen um das schwergewichtige Germanien.

Das genau hat die 1938 in Bury nahe Manchester geborene Journalistin Patricia Clough nie gemacht. Im Alter von sechzehn Jahren war sie zum ersten Mal als Austauschschülerin in Marburg, noch mitten in der Nachkriegszeit. Die Anreise nahm zwei Tage in Anspruch. Den typischen Kohlegeruch könne sie im Buch nicht wiedergeben, aber die Eindrücke sitzen, das Land fasziniert sie. Clough beginnt ein Studium der Germanistik, wird Journalistin und arbeitet als Korrespondentin der "Times", später für den neugegründeten "Independent". Sie erlebt die Ankunft der ersten Gastarbeiter, das Wirtschaftswunder, die Studentenunruhen. Die lange Regentschaft Helmut Kohls kennt sie aus erster Hand. Heute lebt sie in Umbrien, und von dort aus blickt sie nun in ihrem neuen Buch ("a walk down memory lane") auf ihre Deutschland-Erfahrung.

Schon zweimal hat sie sich mit einem Sachbuch diesem Thema gewidmet, 2004 schrieb sie über die Flucht der Trakehner aus Ostpreußen, 2007 reiste sie entlang der alten Reichsstraße 1 von Aachen über Berlin nach Königsberg. Diesmal geht es persönlicher, anekdotischer zu, auch wenn sich die Autorin für die Jahre unmittelbar nach dem Krieg auf Zeitzeugen berufen muss, und nicht auf eigene Erlebnisse. Von anrührenden Szenen berichtet sie, wie Soldaten oder Vertriebene über Hunderte von Kilometern Zufallsfunde von Nachrichtenzetteln an ihren Bestimmungsort brachten - verzweifelt ersehnte Lebenszeichen für Angehörige, denen nur das Warten geblieben war.

Als Schülerin plumpst die Autorin mitten hinein in die Adenauer-Jahre, sitzt an Nierentischen, isst Kartoffelsalat, trinkt süßen Wein und lernt als Gegenentwurf zum Afternoon Tea den Kaffeeklatsch kennen. Viele Jahre später wird sie im Ost-Berlin des Mauerfalljahrs die letzte Journalistin sein, die das SED-Regime ausweist - per Befehl von ganz oben, weil man wegen das anstehenden Gorbatschow-Besuches keine ausländische Presse im Land haben wollte.

In loser Verknüpfung erzählt die Autorin entlang der Chronologie von so unterschiedlichen Lebenswelten wie derjenigen von Stasi-Spionen und Korpsstudenten. Immer wieder handelt das Buch von Helmut Kohl, jenem Bundeskanzler, dem Patricia Clough ebenso eine Biographie gewidmet hat wie dessen Frau Hannelore nach ihrem Freitod. Als erfahrene Reporterin kennt sie die Tricks von Politikern, Geschichtsschreibung durch ihr maßgeschneidertes Narrativ zu beeinflussen. Einem erfahrenen Lektor hätte immerhin auffallen können, dass die deutsche Grenze nicht 11 393 lang sein konnte, da sie sonst fast bis nach Namibia gereicht hätte.

Clough kann also sagen, sie sei dabei gewesen bei vielen kleinen, großen Momenten der deutschen Geschichte, wie etwa jenem Sommertag des Jahres 2003, als die Urne mit Herbert Marcuses Asche auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof zu Berlin beigesetzt wurde. So vermischen sich prominente Beispiele mit unbekannten Zeitzeugen und Gesprächspartnern. Freilich, das Textgewebe erreicht an keiner Stelle die Dichte ihres Landsmanns Patrick Leigh Fermor, der 1933 durch den ersten deutschen Winter nach Hitlers Machtergreifung stapfte.

Am Ende stellt Patricia Clough den Deutschen in Sachen Vergangenheitsbewältigung ein gutes Zeugnis aus. "Vor allem verglichen mit Österreich" habe Deutschland "einen ganz guten Job" gemacht, auch wenn man um die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten zu lange einen Bogen gemacht habe. Der Schlussbefund, in den vergangenen siebzig Jahren habe sich in erster Linie unsere Kommunikation geändert, ist dann aber doch etwas schlicht. Verräterisch ihr Satzanfang "Man liest so viel" - das ist der Unterschied zum eigenen Erleben, das Patricia Clough lange Zeit vergönnt war.

HANNES HINTERMEIER

Patricia Clough: "Mein Germany". Eine kleine Zeitreise durch Deutschland.

Aus dem Englischen von Henriette Zeltner. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2014. 239 S., br., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Neues, Unbekanntes und Ungewöhnliches im deutschen Alltag. Genügend interessanter Stoff, um ein Buch zu füllen."
radioeins rbb 16. April 2014