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Bis ich dich finde ist die Geschichte des Schauspielers Jack Burns. Seine Mutter ist Tätowiererin, sein Vater ein Organist, der verschwunden ist. Ein Roman über Obsessionen und Freundschaften; über fehlende Väter und (zu) starke Mütter; über Kirchenorgeln, Ringen und Tattoos; über gestohlene Kindheit, trügerische Erinnerungen und über die Suche nach der einen Person, die unserem Leben endlich einen Sinn gibt.

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Produktbeschreibung
Bis ich dich finde ist die Geschichte des Schauspielers Jack Burns. Seine Mutter ist Tätowiererin, sein Vater ein Organist, der verschwunden ist. Ein Roman über Obsessionen und Freundschaften; über fehlende Väter und (zu) starke Mütter; über Kirchenorgeln, Ringen und Tattoos; über gestohlene Kindheit, trügerische Erinnerungen und über die Suche nach der einen Person, die unserem Leben endlich einen Sinn gibt.
Autorenporträt
John Irving, geboren 1942 in Exeter, New Hampshire, lebt in Toronto und ist einer der begnadetsten Autoren Nordamerikas. Seine bisher 14 Romane wurden alle Weltbestseller, vier davon verfilmt. 2000 erhielt er einen Oscar für die beste Drehbuchadaption für die Verfilmung seines Romans ¿Gottes Werk und Teufels Beitrag¿.
Rezensionen
»Ein wirklich großer Geschichtenerzähler.«

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Matthias Altenburg ist genervt von John Irvings neuem, besonders dickem Roman "Bis ich dich finde". Hat da etwa jemand direkt ins Diktaphon gequatscht, ohne hinterher den Wortbrei wenigstens noch einmal durchzulesen? Diesen Eindruck hat Altenburg. Das Buch will nicht aufhören, klagt er, "fahrig" ist es und "unstrukturiert", und auch das überdrehte "Kuriosenkabinett", aus dem Irving sein Personal heranschleppt, hätte er am liebsten abgesperrt. Dass hier eine Eigentherapie mit literarischen Mitteln unternommen werde - von solchen Argumenten der Irving-Freunde mag der Rezensent nichts hören, nicht angesichts eines solchen "dicken Nichts". Aber lassen wir Altenburg selbst zu Wort kommen, sein kritischer Negativismus drängt geradezu dazu: "Niemals habe ich mich bei einem so dicken Buches so gelangweilt. Niemals war ich so oft versucht, die Lektüre abzubrechen. Und nie habe ich so sehr bereut, es nicht getan zu haben."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.02.2006

Tintensucht und Tätowierung
In diesem Schmöker steckt ein Drehbuch und ruft: „Ich will hier raus!” - John Irvings Roman „Bis ich dich finde”
Kann ein Mann seine Notdurft verrichten, wenn er dabei eine Oscar-Statue unter dem Arm trägt? Jack Burns, der Held in John Irvings neuestem und dickstem Roman „Bis ich dich finde”, gerät in diese peinliche Situation. Damit nicht genug: Er wird bei seinen Bemühungen von Arnold Schwarzenegger überrascht. Die betreffende Herrentoilette befindet sich, wie unschwer zu erraten ist, in Los Angeles. Und die Szene schreit förmlich danach, verfilmt zu werden. John Irving ist in der Welt des Kinos zu Hause, aber er benutzt die Milieus, in denen er sich auskennt, nur als Staffage. Sein eigentliches Thema ist John Irving, ein Selfmademan mit einem komplexen Kindheitstrauma und einer actionreichen Autorenbiografie: Er war Legastheniker, wurde dann Ringer und schließlich ein zuverlässiger Produzent von Bestsellern, die nicht eben den Eindruck erwecken, als würde er um Worte, Sätze und Formulierungen ringen. Darauf kommt es bei dieser Art von Literatur auch nicht an.
Hatte es in Irvings bisherigen Werken schon von ledigen Müttern und vaterlos aufwachsenden Knaben gewimmelt, geht es diesmal so richtig zur Sache. Denn nicht nur die ebenso sehnsüchtige wie fruchtlose Suche nach seinem Erzeuger hat John Irving ein Leben lang umgetrieben, sondern auch das Schicksal, als Elfjähriger von einer reifen Frau sexuell missbraucht worden zu sein. Diese traurige Geschichte lässt er nun seinen Stellvertreter Jack Burns durchleben, und zwar so lang und breit, dass der Leser sich im Laufe der gut 1100 Seiten immer mehr vorkommt wie die von Jack konsultierte Therapeutin Dr. García, die an der „melancholischen Logorrhö” ihres Patienten aber wenigstens gut verdient.
Kirchenmusik im Rotlichtviertel
Bevor Jack ins schulpflichtige Alter kommt, lässt sich sein Weg in die Psycho-Krise recht kurzweilig an. Dass seine Mutter Tätowiererin ist und sein Vater Kirchenorganist, bringt Farbe und Musik in die Handlung: Auf beiden Gebieten hat der Autor so eifrig recherchiert, dass seine Staffage-Technik hier hübsche Effekte zeitigt. Die Odyssee durch nordeuropäische Hafenstädte, zu der die in Kanada lebende Schottin Alice mit ihrem vierjährigen Sohn aufbricht, um den verschwundenen Kindsvater zu suchen, bezieht ihren Charme aus der fortwährenden Konfrontation zwischen der sakralen Sphäre und jenem sehr irdischen Ambiente, in dem sich Menschen unter Schmerzen ihre Körperhaut verzieren lassen, zumeist mit Symbolen und Emblemen der Fleischeslust.
Auch hat die Erzählperspektive des kleinen Jack ihren eigenen Reiz: Zwar wird vorsorglich mitgeteilt, er sei seinem Alter weit voraus, was Wortschatz, Erinnerungsvermögen und sein „Verständnis von linearer Zeit” betrifft, aber gerade das, was er nicht versteht und nicht durchschaut, verleiht diesen ersten Kapiteln etwas Rätselhaftes und zugleich Rührendes, das sie von allem Folgenden angenehm abhebt.
Alice also ist auf der Jagd nach dem schönen William Burns, der sie in Edinburgh geschwängert und bald darauf verlassen hat, und er scheint, was logisch wäre, vor ihr auf der Flucht zu sein. Viel später wird Jack erfahren, dass die Dinge in Wirklichkeit anders lagen, aber dann ist die Spannung längst dahin. Das Aufdröseln lebensgeschichtlicher Zusammenhänge mag unter psychologischem Aspekt interessant sein, entfaltet jedoch nicht zwingend einen erzählerischen Sog, zumindest nicht in der hier betriebenen Form. Die Begegnungen des Vierjährigen mit Kunden, Kundinnen und Berufskollegen seiner Mutter, mit Schülern, Schülerinnen und angeblichen Ex-Geliebten seines verschollenen Vaters sowie anderen merkwürdigen Gestalten sind dagegen auf skurrile Weise geheimnisumwittert und deshalb von einigem Unterhaltungswert.
Die Europareise, auf der Städte wie Kopenhagen, Stockholm und Helsinki kurzerhand als „Nordseehäfen” abgebucht werden, findet ihren Höhepunkt und ihr Ende im Rotlichtviertel von Amsterdam, wo William einst die Prostituierten (Alice nennt sie pädagogisch feinfühlig „Ratgeberinnen”) mit nächtlichen Konzerten auf der Riesenorgel der Oude Kerk beglücken konnte, weil „Gottes heiliger Lärm” durch die Kirchenmauern bis auf die Straße drang. Der leibhaftige William indes bleibt unauffindbar, obwohl sich seine Spur allerorten mühelos verfolgen lässt, schon wegen der zahlreichen Tattoo-Studios, die er in Nordeuropas Metropolen aufgesucht hat: Er ist nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern auch ein „Tintensüchtiger”, der es darauf anlegt, sich nach und nach den ganzen Körper flächendeckend tätowieren zu lassen, und zwar bevorzugt mit den Noten seiner Lieblingsstücke.
Die Graugänse von Toronto
Bei so vielen originellen Einfällen und Motiven bedauert man um so mehr, dass sie sich nicht zu einer literarischen Komposition fügen, weil Rhythmus und Dramaturgie immer mehr abhanden kommen. Denn der Autor folgt mit zermürbender Ausführlichkeit einem Prinzip, das Jack Burns einmal als Leitfaden seiner psychotherapeutischen Behandlung beschreibt: alles, was jemandem widerfahren ist, was ihn je „zum Lachen, zum Weinen oder in Wut gebracht hat”, in chronologischer Ordnung nachzuerzählen. „Ihre Therapie scheint ja geradezu Buchlänge zu haben”, sagt eine Ärztin zu Jack. Dieses Buch hat geradezu Therapielänge, aber es ist leider nicht der Leser, der therapiert wird.
Was Jack Burns, inzwischen nach Kanada zurückgekehrt, als einziger Knabe auf einer Mädchenschule in Toronto erlebt, mögen hartgesottene Irving-Fans goutieren. Andere könnten in Versuchung geraten zu glauben, dass jenseits des Atlantiks alle weiblichen Wesen, vom Schulmädchen bis zur Rentnerin, nichts anderes im Sinn haben, als mit kleinen Jungs herumzuferkeln. Wie dem auch sei: Jack bleibt von nun an sexuell auf ältere Damen fixiert wie die Graugans auf Konrad Lorenz und trägt auch sonst ein paar handfeste Beziehungs- und Identitätsstörungen davon.
Andererseits erhält er bei Schulaufführungen Gelegenheit, sein angeborenes Schauspieltalent auszubilden, wenngleich vorwiegend in Frauenkleidern. Er schließt eine Freundschaft fürs Leben, die über Umwege dazu führt, dass er später nicht nur als Darsteller, vor allem in Transvestitenrollen, sondern auch als Drehbuchautor reüssiert, und er entdeckt das Ringen als Ausgleichssport.
Das Psycho-Päcklein, das Jack Burns zu tragen hat, erlaubt ihm jedenfalls den Aufstieg zum Hollywoodstar, was seinem Autor reichlich Gelegenheit zum Namedropping gibt. Filmtitel, Oscar-Verleihungen, Namen von real existierenden Schauspielern und Regisseuren sind - neben soundtrackartig eingesetzten Songs von Bob Dylan - das Einzige, was in diesem Monumentalschmöker einen Bezug zur Zeitgeschichte herstellt: Im Übrigen rauschen die siebziger, achtziger, neunziger Jahre ereignislos vorbei, als wäre die Welt ein einziges Privatissimum.
Am Ende lernt Jack seine Halbschwester kennen und findet seinen Vater in einer teuren Schweizer Klapsmühle. Die nach Art eines Kuchenteigs ausgewalzte Szene mit einem fünfköpfigen Ärzteteam enthält wiederum viel Komisches, viel menschlich Anrührendes und viel Filmreifes, das jedoch in der Strukturlosigkeit der Erzählung untergeht. Vielleicht muss, was sich Roman nennt, eher als gewaltige Stoffsammlung für ein Drehbuch betrachtet werden, das John Irving sicher demnächst schreiben wird - in diesem Metier ist er ja immerhin Oscar-Preisträger, genau wie Jack Burns. Außerdem steht ungefähr auf jeder hundertsten Seite ein schöner, wahrer, rundum gelungener Satz, an dem man sich festhalten kann. Wie zum Beispiel dieser: „Man bekommt leicht Kopfschmerzen, wenn man versucht, die Tätowierungen eines nackten Mannes zu entziffern, der auf einem Bett auf- und abhüpft.” KRISTINA MAIDT-ZINKE
JOHN IRVING: Bis ich dich finde. Roman. Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren und Nikolaus Stingl. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 1140 Seiten, 24,90 Euro.
Auf diesem Waschbrettbauch ist noch viel Platz: Asiatische Schriftzeichen-Tattoos in Erwartung künftiger Nachbarn.
Foto: imago / Plusphoto
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2006

Schmalz auf meiner Haut
Heiße Nadelschau: John Irving reist einem Kindheitstrauma nach

Jeder Roman von John Irving beschert dem Leser über kurz oder lang eine Landung auf der Ringermatte. Auch in seinem elften Roman fehlt sie nicht: Der zukünftige Schauspieler Jack Burns - schmeichelhaft gezeichnetes Alter ego des Autors - lernt in der Sporthalle glücklicherweise alles, was ein vaterloser, androgyn-hübscher, nicht übermäßig kräftiger Kerl an Kniffen braucht, um sich notfalls unter Männern verteidigen zu können.

Eine Landung auf der Matte vollzieht sich allerdings auch beim Leser, wenn er aufhört, mit den von Irving-Fans in jedem neuen Buch als "Panoptikum der Skurrilität" begrüßten Charakteren zu hadern. Wer trotz einer obsessiven Beschäftigung mit Orgelmusik, Schultheateraufführungen, Tätowierkunst und Sprachfehlern die Lektüre der knapp 1200 Seiten umfassenden Lebensgeschichte von Jack nicht vorzeitig beendet, erreicht vielleicht irgendwann einen entspannten Zustand, in dem der Text die Wirkung einer psychedelisch gemusterten Tapete entfaltet: vor sich hin wuchernde Elemente in steter Wiederholung, deren ausdauernde Betrachtung das Hirn vom Hang zur Analyse befreit.

Nur zu Beginn fragt man sich noch, ob ein Roman, in dem ein zwölfjähriger Junge regelmäßig einer Vorschülerin zwischen die Beine faßt, von einem größeren Publikum so goutiert würde wie "Bis ich dich finde". Hier ist die umgekehrte Konstellation im Angebot: Klein-Jack, in dem alle Frauen seinen verschollenen charismatischen Vater William erkennen, gewöhnt sich als Fünfjähriger auf einer "Beinahe"Mädchenschule in Toronto daran, daß seine sieben Jahre ältere Mitschülerin und selbsternannte Mentorin Emma Oastler seinen Penis festhält. Vielleicht liegt es an der selbstverständlichen Regelmäßigkeit und der Lakonie, mit der dies geschieht, sicher auch an der "Verdrehtheit" der Erwachsenen rund um das ungleiche Paar, daß diese Umklammerung als nabelschnurartige "lifeline" gegen Haltlosigkeit und Verluste im Leben der beiden durchgeht. Es bleibt später nicht bei Emmas vergleichsweise zartem Zugriff, und Jacks "Kleiner" wird zum öffentlichen Gut. Im Verlauf des zweiten Teils wächst deshalb dem Autor gegenüber die Dankbarkeit für jedes weibliche Wesen, das ausnahmsweise kein Interesse an "Miiiester Penis" zeigt, wie ihn die unsägliche, den Jungen als Zehnjährigen zum Beischlafobjekt machende Mrs. Machado nennt.

Erst spät liefert der Roman Fakten nach, die Emmas Verhalten erklären sollen: Sie wurde mit neun Jahren vom letzten Freund ihrer inzwischen nur noch an Frauen interessierten Mutter vergewaltigt. Mußte man sich bis dahin mit der reichlich phantastischen Behauptung zufriedengeben, Emma sei eine frühreife Zwölfjährige, die "stark auf die 18 zuging" (eine Erklärung, die auch in bezug auf andere Mädchen wiederholt wird und eine Lolita-Phantasie der Erzählstimme ist), so kommt dieser Realitätseinbruch dann eher banal und unmotiviert daher. Ähnlich verhält es sich mit der Enthüllung, daß Jack sein Leben lang von der Frage gequält wird, "was an ihm so anders oder so schräg gewesen war, daß die Mädchen geglaubt hatten, es wäre nicht weiter verwerflich, ihn zu mißbrauchen".

Das erste Drittel des Romans will Jacks Kindheit so wiedergeben, wie sie sich ihm dank seines guten Gedächtnis- und Orientierungssinns eingeprägt hat. Doch da nicht aus der Ich-Perspektive erzählt wird, macht sich ein auktorialer Erzähler oft genug kommentierenderweise mit dem Text davon, so wie seine Mutter Alice den kleinen Jack stets ohne viel Federlesens mitgeschleift hat. Dessen pflichtvergessenem Vater William hart auf den Fersen, verdingt sich Alice Ende der sechziger Jahre in skandinavischen Hauptstädten und im Amsterdamer Rotlichtviertel als Tätowierkünstlerin. So flüchtig Jacks Erzeuger, so massiv und unübersehbar thront dessen Passion über diesen Episoden: William ist Kirchenorganist und reist von einem berühmten Instrument zum nächsten, um zu lernen, zu lehren und zu musizieren. Außerdem besucht er die örtlichen Tätowierungsmeister, um sich Musikstücke in die Haut stechen zu lassen, und zieht wie Don Juan eine umfangreiche Liste sehr junger Frauen mit gebrochenen Herzen hinter sich her. Manch harsches Detail verbirgt Alice vor den Augen und Ohren ihres Sohnes ("Nicht, wenn Jack dabei ist!"), anderes baut sie für ihn um (Prostituierte werden zu "Ratgeberinnen").

Die Umschichtung von Jacks Kindheitserinnerungen während einer Reise in die Vergangenheit, die der Mittdreißiger nach dem Tod der Mutter - und seiner langjährigen Weggefährtin Emma - unternimmt, beginnt spektakulär. Dann jedoch verläppert der Effekt, weil der Autor seinen Helden schlicht sämtliche Stationen seiner frühen Odyssee abklappern läßt und mit allem und jedem lange Gespräche führen läßt, ohne daß dadurch grundsätzlich Neues ans Tageslicht käme. Erzählökonomie ist wohl einfach nicht John Irvings Sache.

Wenn etwas Methode hat, dann das Aufhäufen von vermeintlichen Realitätssignalen wie Musikstücken, Ortsnamen, Filmen oder Restaurants. Das Spiel mit solchen Informationen ist ebenso penetrant wie wirkungsvoll, wenn das schnelle Leben des von Identitätskrisen geplagten Transvestiten-Darstellers Jack in Hollywood ausgemalt wird: Wie ein Forrest Gump steht Jack Burns während der Oscar-Verleihung neben Arnold Schwarzenegger auf dem Herrenklo. Immerhin spielte er einmal Nicole Kidmans "langsam sterbenden Ehemann". "Terminator 2" spielt leider wesentlich mehr Geld ein als "Nett und normal", Jacks Film nach Emmas Roman.

Trotz dieser Vielzahl von Flaschenpost-Sendungen aus der Realität bleibt der Roman zweidimensional wie eine Tapetenblume. Seelische Vorgänge wie die Entfremdung von seiner Mutter, vor deren Tätowierungsstudio samt Umfeld er sich irgendwann zu ekeln beginnt, spielen sich hinter den Kulissen ab. Jack ist halbherzig auf der Jagd nach Normalität, doch Hollywood ist der denkbar schlechteste Ort dafür, selbst wenn man nicht trinkt, keine Drogen nimmt und nicht tätowiert ist.

Schmerzhafter als eine Tätowierung auf der Innenseite des Oberschenkels ist die Lektüre des letzten Romanteils: Jack macht eine Therapie bei einer anstrengenden Psychiaterin, deren Gebot, alle Gefühle in eine chronologische Ordnung zu bringen, ihn fast um den Verstand bringt. Dann jedoch findet er seine gleichermaßen bodenständige, intelligente und attraktive Halbschwester in Edinburgh, entdeckt seinen psychisch zerrütteten Vater in einer noblen Klinik am Zürichsee und sagt beiden, wie lieb er sie hat. Und ist "endlich der wirkliche Jack Burns".

Man würde den zuckersüßen Schlußteil gern als ironisches Angebot an Hollywood verstehen, doch bald bei den Filmrechten zuzugreifen, doch steht zu fürchten, daß das alles ganz ernst gemeint ist. Vielleicht ist ja wenigstens der Verdacht unbegründet, das bodenlos alberne Kilchberger Ärzte-Ensemble sei eine Hommage an den "Zauberberg". Thomas Mann wäre wohl ziemlich pikiert.

ANNETTE ZERPNER

John Irving: "Bis ich dich finde". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Dirk van Gunsteren und Nikolaus Stingl. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 1139 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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