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Sie gilt als echtes Münchener Kindl, ist uns als Luke von der Au und Frau Magistratsfunktionär Huber in Erinnerung. Sie war die Frau Vogl in "Sturm im Wasserglas" und die Mutter Brandl in der beliebten Rundfunkserie Familie Brandl. Als Partnerin Karl Valentins war Liesl Karlstadt Teil eines unsterblichen Komikerduos. Sie war tragische Liebende und verhinderte Selbstmörderin, schwer depressive Schauspielerin und der einzige weibliche Mulitreiber der bayerischen Gebirgsjäger.Vor allem aber war sie eine große Künstlerin, die in einer Zeit, in der es für Frauen nahezu unmöglich war sich selbst zu…mehr

Produktbeschreibung
Sie gilt als echtes Münchener Kindl, ist uns als Luke von der Au und Frau Magistratsfunktionär Huber in Erinnerung. Sie war die Frau Vogl in "Sturm im Wasserglas" und die Mutter Brandl in der beliebten Rundfunkserie Familie Brandl. Als Partnerin Karl Valentins war Liesl Karlstadt Teil eines unsterblichen Komikerduos. Sie war tragische Liebende und verhinderte Selbstmörderin, schwer depressive Schauspielerin und der einzige weibliche Mulitreiber der bayerischen Gebirgsjäger.Vor allem aber war sie eine große Künstlerin, die in einer Zeit, in der es für Frauen nahezu unmöglich war sich selbst zu verwirklichen, selbstbewusst und mutig einen eigenen Weg beschritt, ungeachtet aller für sie oftmals tragischen Konsequenzen
Autorenporträt
Michaela Karl, Dr. rer. pol., geb. 1971, studierte Politologie, Geschichte und Psychologie in Berlin, München und Passau. Lehraufträge an der Universität der Bundeswehr und an der Hochschule für Politik in München.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.11.2011

Licht auf die Künstlerin
Eine Biographie würdigt Liesl Karlstadt, die am Erfolg Karl Valentins erheblichen Anteil hatte
Von Wolfgang Görl
Als Karl Valentin und Liesl Karlstadt in den zwanziger Jahren ihre ersten Gastspiele in Berlin absolvieren, hält sich die Begeisterung des Publikums in Grenzen. Erst allmählich kommen die Berliner mit dem vertrackten Humor des Komiker-Duos zurecht, dann aber sind sie so begeistert, dass selbst der unter Reisephobien leidende Valentin nicht anders kann, als regelmäßig in der Hauptstadt aufzutreten.
Auch die Kritik ist den beiden Münchner Komödianten gewogen. Noch heute gerne zitiert wird Kurt Tucholskys Essay „Der Linksdenker“, in dem Valentin als „großer Künstler“ gefeiert wird. So treffend und geistreich Tucholskys Analyse ist, in einem Punkt liegt der Kritiker daneben: Er lässt ausschließlich Karl Valentin hochleben, Liesl Karlstadt ignoriert er vollständig. Dass die Frau an Valentins Seite einen erheblichen Anteil am Werk des Meisters hat, ist mittlerweile bekannt – gleichwohl steht die Karlstadt weiterhin im Schatten ihres Partners.
Die Autorin Michaela Karl, die sich seit geraumer Zeit mit aufmüpfigen Menschen und insbesondere mit aufmüpfigen Frauen beschäftigt, hat sich darangemacht, Liesl Karlstadt wieder ins Licht zu rücken. Soeben hat die promovierte Politologin eine Biographie der Komikerin vorgelegt, in der die Karlstadt als „eine der facettenreichsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts“ gewürdigt wird und darüber hinaus als moderne Frau, die ausbricht aus den gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit. Damit schreibt Michaela Karl auch gegen das gängige Klischee von der mütterlichen und naiven Volksschauspielerin an, für das Liesl Karlstadt in den Fünfzigern freilich selbst den Stoff geliefert hat, etwa mit Rundfunkrollen wie der „Frau Brandl“.
Nun ist es nicht so, dass Michaela Karl die Erste wäre, die Liesl Karlstadt wieder aufs Podest hebt, auf gleiche Höhe mit Karl Valentin. Das haben auch schon Gunna Wendt und Monika Dimpfl unternommen – ja, man kann sogar Valentin selbst als Zeugen aufrufen, der, so egomanisch er ansonsten war, sie zur Mitarbeiterin und Mitverfasserin seiner Stücke erklärt hat. Auch wenn Michaela Karl in dieser Sache in den Spuren anderer wandelt, schmälert es nicht das Vergnügen, ihre Liesl-Karlstadt-Biographie zu lesen. In ihrem Buch, das in der verdienstvollen Reihe „Kleine bayerische Biografien“ im Pustet-Verlag erschienen ist, entwirft die Autorin das komplexe Bild einer Frau, die, aus kleinen Verhältnissen stammend, eine erstaunliche Künstlerkarriere hinlegt.
Und doch ist dies nicht nur eine Erfolgsgeschichte. Es ist auch die Geschichte eines Scheiterns, das in Liesl Karlstadts Selbstmordversuch am 6. April 1935 dramatischerweise sichtbar wurde. Sie hat überlebt, die seelischen Verletzungen aber, die ihr Valentin – gedankenlos vielleicht – zugefügt hat, sind wohl nie richtig verheilt.
Keine Frage, Karl Valentin war der Mann ihres Lebens. Als Komiker, als Künstler haben sie sich gegenseitig inspiriert, und man darf durchaus zweifeln, ob Valentin ohne Karlstadt auf Dauer in der Lage gewesen wäre, seine skurrilen Einfälle in eine feste und bühnenwirksame Form zu bringen. Aber die beiden waren nicht nur professionell verbandelt, der verheiratete Valentin hielt sich Liesl Karlstadt nebenher als Geliebte. „Es ist eine große, dreißig Jahre währende Liebe, die sie nicht leben darf“, schreibt Michaela Karl. Valentin braucht seine „liebe gute Lisi“ – als Mädchen für alles und überdies, wie Liesl Karlstadt einmal notiert, als „Nervenärztin“. Aber sie bräuchte ihn auch. Nur ist der launische und hypochondrische Valentin keiner, der ihr Halt bieten könnte. Im Gegenteil: Mit Pleiteprojekten wie seinem gruseligen Panoptikum verplempert er ihre Ersparnisse, was bei der ohnehin depressiven Karlstadt zum psychischen Zusammenbruch führt. „Tatsächlich hat der sensiblen Künstlerin das Zusammensein mit dem neurotischen Karl Valentin seelisch mehr geschadet als genützt“, resümiert Michaela Karl.
Wer eine bündige, gut recherchierte und ausgezeichnet geschriebene Biographie lesen möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient. Liesl Karlstadt, das weist ihre Biographin überzeugend nach, war weder bloße Stichwortgeberin ihres genialen Bühnenpartners noch der altbayerische Barockengel, als der sie vielen in Erinnerung geblieben ist. In ihrem letzten Lebensjahrzehnt mag sie sich damit begnügt haben, mit der Rolle der biederen Hausfrau ihr Einkommen zu sichern. Ihr Lebenslauf aber zeigt, dass sie alles andere als bieder war. Sie hat ihren Posten als Verkäuferin im Warenhaus Tietz aufgegeben, um als Soubrette auf der Bühne zu wirken. Sie hat sich nicht nur eine Liebschaft mit einem verheirateten Mann gestattet, sondern daneben auch andere Amouren gepflegt. Sie ist in Hosenrollen geschlüpft, auch jenseits der Bühne, als sie während des Zweiten Weltkriegs eine geradezu bizarre Existenz als „Obergefreiter Gustav“ inmitten einer Gebirgsjägertruppe führte. Sie hat, ungewöhnlich für eine Frau in der damaligen Zeit, schon in den Zwanzigern den Führerschein gemacht, sie ist Ski gefahren und auf Berge gekraxelt. Michaela Karl hat recht, wenn sie schreibt: „Sowohl die Künstlerin als auch die Frau Liesl Karlstadt, die in einer Zeit überholter Normen und Konventionen ein modernes selbstbestimmtes Leben führte, ist es wert, einem schleichenden Vergessen entrissen zu werden.“
Michaela Karl: Liesl Karlstadt. Gesichter einer Frau und Künstlerin. Verlag Friedrich Pustet, 160 Seiten, 12,90 Euro.
Münchner Seiten
Als Komiker harmonierten Liesl Karlstadt und Karl Valentin prächtig. Jenseits der Bühne hatte Karlstadt die Rolle der Geliebten, die sich damit abfinden musste, dass der Mann mit einer anderen verheiratet ist. Foto: SZ-Photo
Autorin mit einem „gewissen Hang zur Renitenz“: die Liesl-Karlstadt-Biographin Michaela Karl. Foto: privat
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